Simon Magus als historische Person zu ergründen ist schwierig, da es so gut wie keine objektiven Quellen über den Wanderprediger und Sektenführer aus Samaria gibt. Seine Darstellung in der Apostelgeschichte ist vom Kampf der jungen christlichen Kirche mit der Konkurrenz durch das Sektenhaupt geprägt. Später, bei den Kirchenvätern, wird er als der Ursprung jeder Ketzerei geradezu verteufelt. Dazu kommt, dass seine Anhänger die Lehren gnostisch weiterentwickelten, wodurch die historische Person nahezu völlig hinter Legenden verschwindet. Schon sein Beiname ‚Magus’ ist unhistorisch und diente bereits der ersten abwertenden Charakterisierung als Gaukler. Richtiger wäre die Bezeichnung Simon von Gitta, doch da die erstere Benennung die verbreitetste ist, wird sie auch in dieser Arbeit verwendet, ohne damit eine Wertung abzugeben.
Ausgehend von der Apostelgeschichte und mit Blick auf die Darstellung Simons bei den Kirchenvätern ist es Ziel dieser Arbeit, ein möglichst objektives Bild vom Sektenführer und seiner Lehre zu erhalten, was allerdings durch die teilweise stark unhistorische Berichterstattung der Quellen erschwert wird. Diese stammen fast ausnahmslos von seinen Gegnern, die mit ihren Erzählungen das Bild von Simon Magus als Vater aller Häresien prägten. Des weiteren soll geklärt werden, welchen Einfluss Simon auf die ihm nachfolgenden christlichen Gnostiker hatte und ob man ihn selbst bereits als einen solchen bezeichnen kann.
Inhalt
1. Einleitende Bemerkungen
2. Die Darstellung des Simon Magus in der Apostelgeschichte
3. Simon Magus aus Sicht der Kirchenväter
3.1. Justin
3.2. Hermas
3.3. Irenäus von Lyon
3.4. Häresiologische Tradition
3.5. Hippolyt
3.6. Auswirkungen der kirchlichen Erzählungen über Simon Magus
4. Simon Magus – Historische Person vs. Legende
4.1. Einordnung der Quellen
4.2. Simon von Gitta
4.3. Die Grundzüge der simonianischen Lehre
4.4. Die Herkunft der simonianischen Gnosis
4.5. Gründe für die Ablehnung des Simonianismus durch die Kirchenväter
5. Die Nachfolger Simons
5.1. Menander
5.2. Satornilos
5.3. Christlich-gnostische Systeme
6. Fazit
7. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Einleitende Bemerkungen
Simon Magus als historische Person zu ergründen ist schwierig, da es so gut wie keine objektiven Quellen über den Wanderprediger und Sektenführer aus Samaria gibt. Seine Darstellung in der Apostelgeschichte ist vom Kampf der jungen christlichen Kirche mit der Konkurrenz durch das Sektenhaupt geprägt. Später, bei den Kirchenvätern, wird er als der Ursprung jeder Ketzerei geradezu verteufelt. Dazu kommt, dass seine Anhänger die Lehren gnostisch weiterentwickelten, wodurch die historische Person nahezu völlig hinter Legenden verschwindet. Schon sein Beiname ‚Magus’ ist unhistorisch und diente bereits der ersten abwertenden Charakterisierung als Gaukler. Richtiger wäre die Bezeichnung Simon von Gitta, doch da die erstere Benennung die verbreitetste ist, wird sie auch in dieser Arbeit verwendet, ohne damit eine Wertung abzugeben. Ausgehend von der Apostelgeschichte und mit Blick auf die Darstellung Simons bei den Kirchenvätern ist es Ziel dieser Arbeit, ein möglichst objektives Bild vom Sektenführer und seiner Lehre zu erhalten, was allerdings durch die teilweise stark unhistorische Berichterstattung der Quellen erschwert wird. Diese stammen fast ausnahmslos von seinen Gegnern, die mit ihren Erzählungen das Bild von Simon Magus als Vater aller Häresien prägten. Des weiteren soll geklärt werden, welchen Einfluss Simon auf die ihm nachfolgenden christlichen Gnostiker hatte und ob man ihn selbst bereits als einen solchen bezeichnen kann.
2. Die Darstellung des Simon Magus in der Apostelgeschichte
Die älteste Quelle, welche von Simon Magus berichtet, ist mit der Simon-Perikope in der gegen Ende des 1. Jahrhunderts verfassten Apostelgeschichte zu finden.[1] Die Erzählung beginnt mit Vers 9 in der Apostelgeschichte 8 mit der Erwähnung Simons und seiner Taten in Samaria und sie endet mit Vers 25 mit der Zurückweisung Simons durch die Apostel. Dass mit Vers 9 eine eigenständige Erzählung beginnt, wird zum einen durch die Einführung einer neuen Person deutlich, da nach der Beschreibung der Missionserfolge durch den Diakon Philippus in Samaria (Apg. 8,4-8) nun Simon ins Spiel kommt, und zum anderen, weil Lukas mit der Beschreibung von Simons Wirken in Samaria auf eine Zeit vor Philippus Erscheinen verweist.[2] Trotz dieser Abgrenzung ist die Simon-Perikope in Zusammenhang mit den vorangehenden Versen 4 bis 8 zu sehen, da diese auf die Darstellung des Simon Magus vorbereiten, indem darin die erfolgreiche Missionstätigkeit Philippus in Samaria geschildert wird. Er predigte Jesus als den Messias, führte Exorzismen und Wunderheilungen durch, womit er die Menschen Samarias begeistern konnte.
In den nachfolgenden Versen 9 bis 11 wird dann von den vorangegangenen Taten des Simon Magus berichtet. Er sei schon länger als Zauberer in Samaria tätig und werde als die „Kraft Gottes, die man die Große nennt“[3], bezeichnet. Durch seine Zauberkünste habe er sich eine große Anhängerschaft aufbauen können. Dem wird dann mit Vers 12 das Ergebnis Philippus Missionstätigkeit gegenübergestellt. So ließen sich die Bewohner Samarias von Philippus taufen und selbst Simon konnte bekehrt werden, wie in Vers 13 berichtet wird. Auch er wurde von Philippus getauft und wurde wohl anscheinend sogar Anhänger des christlichen Missionars. Dieses eventuell mit dem Ziel, die Fähigkeiten Philippus zu erlernen, um seine eigene Macht zu erweitern, was nicht ungewöhnlich wäre, wenn man davon ausgeht, dass Simon eine synkretistische Vorstellung von Glauben hatte. Über den weiteren Verlauf der Beziehung zwischen diesen beiden Männern wird allerdings in der Apostelgeschichte nicht berichtet.
Darauf folgend beginnt mit der Sendung von Petrus und Johannes durch die Apostel ein neues Teilstück der Erzählung. Die beiden Apostel wurden nach Samaria geschickt, um durch Handauflegen den durch Philippus getauften Samaritanern den Heiligen Geist zu verleihen, was in den Versen 14 bis 17 geschildert wird. Beeindruckt durch diese Macht, bot Simon in den Versen 18 und 19 Geld an, um die Fähigkeit der Verleihung des Heiligen Geistes durch Handauflegen von den Aposteln zu erwerben. Seiner hellenistisch geprägten Glaubensvorstellung getreu ging Simon wohl davon aus, dass die Apostel direkt im Besitz dieser Gabe seien, über die sie folglich auch frei verfügen könnten.[4] Dies ist mit der judenchristlichen Vorstellung des Apostels Petrus, wonach eine jegliche solche Macht nicht von einzelnen Personen ausgeht, auch nicht von den Aposteln, sondern nur von Gott, der durch sie wirkt, nicht vereinbar.[5] Petrus Zurückweisung in den Versen 20 bis 24 erfolgt dementsprechend heftig. Mit Vers 20 wird Simon für seine Anmaßung, eine Gabe Gottes mit Geld kaufen zu wollen, von Petrus verflucht und in Vers 21 spricht der Apostel eine „feierliche Exkommunikationsformel in biblischem Stil“[6] aus. Die vorherige Taufe durch Philippus ist also damit durch Petrus aufgehoben worden und Simon wird folglich nicht mehr als Teil der christlichen Heilsgemeinschaft gesehen. Diese sieht sich aber natürlich nicht über Gott stehend und wagt es auch nicht Gottes Urteil vorwegzunehmen, was in Vers 22 deutlich wird. Dort wird Simon die Möglichkeit eingeräumt, sein Begehren zu bereuen und bei Gott um Vergebung zu beten. Mit Vers 23 beendet Petrus das Gespräch mit Simon, indem er nochmals den sündigen Zustand des Magiers beschreibt. Dieser gesteht als Antwort auf Petrus Abweisung und Verfluchung in Vers 24 seine völlige Unterlegenheit gegenüber der Kirche ein, indem er die Apostel darum bittet für ihn zu beten, womit er zugibt, dass er nicht einmal für sich selbst bei Gott um Gnade bitten kann, sondern auf die Fürbitte der Apostel angewiesen ist.[7] Die Apostel reagieren nicht auf diese Bitte durch Simon und kehren in Vers 25 nach Jerusalem zurück. Um das Bild vom Missionserfolg und auch vom damit verbundenen siegreichen Kampf gegen die Konkurrenz durch den Magier zu vervollständigen, wird auch an dieser Stelle von weiteren Bekehrungen in samaritanischen Gemeinden berichtet. Davon ausgehend kann man angelehnt an Roloffs Darstellung die Erzählung dann in folgende fünf Einzelszenen teilen:
1. Die Missionierungserfolge Philippus in Samaria (Apg. 8,4-8)
2. Die Begegnung Philippus mit Simon und dessen Bekehrung (Apg. 8,9-13)
3. Die Gabe des Heiligen Geistes an die Neubekehrten durch Petrus und Johannes (Apg. 8,14-17)
4. Die Konfrontation zwischen Simon und Petrus (Apg. 8,18-24)
5. Die Rückkehr der Apostel nach Jerusalem (Apg. 8,25).[8]
Anhand dieser Gliederung ist die Bearbeitung der ursprünglichen Geschichte durch den Verfasser deutlich zu erkennen. So geht Schille von einer ursprünglichen Erzählung aus, die von einer Konfrontation des Simon Magus mit den Aposteln berichtet, welche versuchen, die Einwohner Samarias zu bekehren. Diese Urform sei nun mit der vorrangehenden Missionstätigkeit Philippus (Apg. 8,4-8) durch Lukas ausgeschmückt worden, was sein Verschwinden im weiteren Verlauf der Erzählung erklärt. Diese Veränderung und auch die Abwertung des Simon durch seine Darstellung als Gaukler, seine Taufe, die demonstrative Überlegenheit der Apostel, sowie Simons Betteln um Gnade am Ende der Geschichte seien von Lukas dazu bestimmt, Simon erst als einen unvollständig Getauften (ihm wurde nie der Heilige Geist verliehen) und dann als einen Abtrünnigen darzustellen. So werde aus der externen Konkurrenz, welche die junge Kirche bedroht, ein internes Problem, dass mit der Exkommunikation durch Petrus gelöst wurde.[9]
Auch Roloff geht von einer ursprünglichen Erzählung aus, die von Lukas editiert wurde. Doch er sieht Philippus Auseinandersetzung mit Simon als den historischen Kern der Geschichte, in die mit der Tätigkeit der Apostel ein neuer Schwerpunkt eingefügt wurde. Nur die Hellenisten der Jerusalemer Gemeinde seien so wie Philippus zur Bekehrung in Samaria unterwegs gewesen und das Erscheinen der beiden Apostel sei lediglich zur Legitimation der Philippus-Mission zu sehen. Außerdem solle damit bekräftigt werden, dass jegliche Missionstätigkeit von Jerusalem ausging.[10]
Trotz dieser Uneinigkeit in der Erklärung der Unstimmigkeiten in dieser Erzählung besteht Konsens darüber, dass das Aufeinandertreffen der frühen Kirche mit der Konkurrenz durch Simon Magus in der Apostelgeschichte historisch nicht richtig geschildert wird. Das ist auch nicht das Anliegen Lukas. Es geht ihm nicht darum, Fakten zu berichten, sondern um die Darstellung der erfolgreichen Verkündigung des Evangeliums. Simon wird daher nicht als ernstzunehmender Konkurrent dargestellt, sondern als Gaukler, als einer von vielen Wanderpredigern jener Zeit. An ihm wird exemplarisch die Überlegenheit des christlichen Glaubens gegenüber solchen synkretistischen Strömungen bewiesen. Die Darstellung Simons in der Apostelgeschichte wurde für die meisten nachfolgenden Autoren, die über ihn oder über seinen Kult berichteten zur Ausgangsliteratur. So setzen die Kirchenväter fort, was Lukas begann.
3. Simon Magus aus Sicht der Kirchenväter
3.1. Justin
Einer der bedeutendsten Kirchenväter war der Philosoph, spätere Christ und Märtyrer Justin, der ca. 167 n. Chr. verstarb. Er berichtet Mitte des 2. Jahrhunderts anscheinend unabhängig von der Apostelgeschichte in seiner Apologie von Simon Magus, der seiner Erzählung nach wie Justin selbst auch aus Samaria, genauer aus dem Dorfe Gitta (auch Getthon), stammte. Er sei dort von seinen samaritanischen Anhängern als ‚erster Gott’ verehrt worden. Justin bestätigt mit seiner Darstellung des Magiers also die Apostelgeschichte in diesem Punkt. Der Apologet schreibt auch, dass der Kult um Simon sogar in Rom unter Kaiser Claudius (Amtszeit: 41-54 n. Chr.) stattfand und dass Simon Magus selbst dort als Gott anerkannt war. Er will dies mit einer Statue, die sich am Tiber befände und Simon mit den Worten ‚Simoni Deo Sancto’ (‚Für Simon, den heiligen Gott’) preise, belegen.[11] 1574 wurden allerdings Überreste dieser Statue auf der Tiberinsel entdeckt. Sie trug die Inschrift ‚Semoni Sanco Deo Fideo Sacrum’ und ehrt damit den altrömischen Schwurgott Semo Sancus. Die Forschung ist sich uneinig in bezug auf die Bedeutung dieser Bildsäule. Fakt ist, dass sie von Justin oder aber von seinen Mitarbeitern falsch interpretiert wurde. Es ist jedoch trotzdem gut möglich, dass dies geschah, weil die Simonianer ihren vermeintlichen ersten Gott Simon mit Semo gleichsetzten. Der altrömische Schwurgott Semo wurde mit Zeus identifiziert und auch Simon soll von seinen Anhängern als Zeus verehrt worden sein.[12] Ob Justin nun mit seiner Interpretation absichtlich falsche Informationen verbreiten wollte, um die aus seiner Sicht durchaus existente Bedrohung durch die Sekte zu unterstreichen, oder ob er seine Fehldeutung nur aufgrund des Verhaltens der Simonianer vornahm, ist heute nicht mehr eindeutig zu klären. Justin erwähnt in seiner Apologie darüber hinaus zum ersten Mal den Helena-Mythos. Helena, die im System der Simonianer als der ‚Erste Gedanke’ (‚Ennoia’) eine zentrale Stellung einnimmt, wie von weiteren Berichterstattern zu erfahren ist, habe in einem Bordell gearbeitet und reiste nach ihrer Befreiung durch Simon mit ihm herum.
[...]
[1] Vgl. Rudolph, K.: Die Gnosis. 1994, S. 315.
[2] Vgl. Schille, G.: Die Apostelgeschichte des Lukas. 1989, S. 202.
[3] Apostelgeschichte 8,10
[4] Vgl. Leisegang, H.: Die Gnosis. 1985, S. 84 – 87.
[5] Vgl. Schille, G.: Die Apostelgeschichte des Lukas. 1989, S. 206.
[6] Roloff, J.: Die Apostelgeschichte. 1988, S. 136.
[7] Vgl. Schille, G.: Die Apostelgeschichte des Lukas. 1989, S. 207.
[8] Vgl. Roloff, J.: Die Apostelgeschichte. 1988, S. 131.
[9] Vgl. Schille, G.: Die Apostelgeschichte des Lukas. 1989, S. 200-208.
[10] Vgl. Roloff, J.: Die Apostelgeschichte. 1988, S. 130-137.
[11] Vgl. Müller, G. (Hrsg.): Theologische Realenzyklopädie. Band 31. 2000, S. 273.
[12] Vgl. Rudolph, K.: Die Gnosis. 1994, S. 317.
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