Zwei Herzogskinder verlieren ihre Eltern und wachsen in Eintracht und geschwisterlicher Liebe miteinander auf. Die Liebe geht so weit, dass sie miteinander Inzest begehen. Dieser wird zur Gewohnheit der beiden, bis die Schwester schwanger wird. Verzweifelt suchen sie Rat bei einem weisen Mann. Er schickt den Bruder auf Bußgang ans heilige Grab, bei dem er vor Sehnsucht nach der Schwester stirbt. Die Schwester setzt ihr Kind in einer Holzkiste auf einem kleinen Schiff aus und gibt ihm eine Tafel, die Aufschluss über seine Abstammung gibt, mit. Die Schwester wird Landesherrin. Sie lebt ein Leben voller Buße und Entsagung an die Ehe.
Das Kind gelangt schließlich zu einer Klosterinsel, wird von Fischern entdeckt, von einem von ihnen aufgenommen und steht unter persönlichem Schutz des Abtes. Es bekommt den Namen Gregorius. Auf dieser Insel wächst er auf. Er bekommt im Kloster eine hohe Bildung vermittelt. Dabei stellt sich heraus, dass er intelligent ist. Nach etwa vierzehn Jahren entdeckt Gregorius, dass er nicht der leibliche Sohn des Fischers ist. Er zieht in die weite Welt hinaus um Ritter zu werden. Dem Weg Gottes folgend, kommt er im Land seiner Mutter an. Dort schlägt er den größten Feind dieses Landes im Zweikampf und ehelicht daraufhin unwissent-lich seine leibliche Mutter. Die Inzestehe wird aufgedeckt. Daraufhin schwört Gregorius ein Leben voller Armut und Buße, lässt sich an einem Felsen anketten und überlebt dort 17 Jahre ohne Nahrung in freier Natur. Nach eben diesen 17 Jahren bestimmt Gott den neuen Papst – es ist Gregorius. Der Auserwählte nimmt die Wahl an und wird ein vorbildlicher Papst.
Dies ist der Inhalt von „Gregorius“, das zwischen 1180 und 1190 von Hartmann von Aue ge-schrieben wordenn ist. Über die Lebensdaten Hartmanns ist man sich heute nicht einig. Er soll zwischen 1160/70 geboren worden und etwa im Jahre1210 gestorben sein.
In manchen Ausgaben hat die Dichtung den Untertitel „Der gute Sünder“. Ist Gregorius solch ein guter Sünder? Trifft diese paradoxe Eigenschaft auf ihn zu? Dieser Fragestellung möchte ich mich in der nachfolgenden Arbeit widmen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Worin liegen die Sünden des Gregorius?
- Seine Abstammung
- Das Verlassen des Klosters
- Seine Ehe mit seiner Mutter
- Gregorius' Buße und Erhörung
- Der Weg zum Felsen
- Die Buße am Felsen
- Gregorius als Papst
- Zusammenfassung – Warum ist Gregorius ein guter Sünder?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, ob Gregorius, der Protagonist in Hartmanns von Aues „Gregorius“, als ein „guter Sünder“ bezeichnet werden kann. Die Arbeit analysiert die Sünden Gregorius', seinen Weg der Buße und seine Erhörung zum Papst, um die Frage nach seiner Schuld und der Bedeutung des Begriffs „guter Sünder“ im Kontext der Dichtung zu beleuchten. Dabei werden die zeitgenössischen theologischen und rechtlichen Auffassungen zu den angesprochenen Themen berücksichtigt.
- Die Sünde des Inzests und ihre Folgen für Gregorius
- Die Bedeutung von Buße und Erhörung im Werk
- Die Rolle des Teufels und die Frage der freien Entscheidung
- Gregorius' Weg vom Kloster in die Welt und sein Ritt zum Helden
- Die Frage nach Schuld und Sühne in der mittelalterlichen Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung präsentiert die Geschichte Gregorius und stellt die zentrale Frage nach seiner „guten Sündhaftigkeit“ in den Vordergrund. Das erste Kapitel untersucht die verschiedenen Sünden Gregorius', beginnend mit seiner Abstammung aus dem inzestuösen Verhältnis seiner Eltern. Hier wird die Sünde des Inzests als schwere Missetat dargestellt und die Rolle des Teufels bei der Verführung der Geschwister analysiert. Das zweite Kapitel analysiert Gregorius' Entscheidung, das Kloster zu verlassen, und hinterfragt, ob diese Handlung als Sünde angesehen werden kann. In diesem Kontext wird die Rechtssituation der Zeit und die Möglichkeit des Klosteraustritts im Kontext des kanonischen Rechts beleuchtet. Die Kapitel zu Gregorius' Buße und Erhörung sowie die Zusammenfassung des Werkes fokussieren auf die Entwicklung des Protagonisten und die Frage nach seiner "guten Sündhaftigkeit" im Lichte seines Weges der Buße und seiner Erhebung zum Papst.
Schlüsselwörter
Die Arbeit widmet sich der Analyse des „Gregorius“ von Hartmann von Aue, wobei die zentralen Themen der Sündhaftigkeit, Buße, Erhörung, Inzest, Kloster, Rittertum und die Frage nach der "guten Sündhaftigkeit" im Mittelpunkt stehen. Die Arbeit bezieht sich auf zeitgenössische theologische und rechtliche Strömungen, insbesondere auf die Rolle des Teufels und die Problematik der freien Entscheidung im Kontext des mittelalterlichen christlichen Denkens. Die Analyse des Werkes erfolgt unter Berücksichtigung der zeitgenössischen Gesellschaft und ihren Wertvorstellungen, um die Bedeutung des "guten Sünders" im Kontext der Dichtung besser zu verstehen.
- Arbeit zitieren
- Doreen Kötschau (Autor:in), 2006, Hartmann von Aue 'Gregorius' - Ist Gregorius ein guter Sünder?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60730