Verschwörungsideologien sind im Zeitalter der Globalisierung und der damit verbundenen Ängste und „subjektiver Bewältigungsprobleme“ ein interessantes Forschungsobjekt geworden. Dieses soll besonders in historischer Weise untersucht werden, denn die Geschichtswissenschaft hat das Phänomen der Verschwörungsideologien bislang kaum erforscht. Dabei bilden die islamistischen Ideologien keine Ausnahme, auf die ein besonderes Augenmerk gelegt werden soll. Der Mangel an Forschungsliteratur zum Thema heißt fürwahr nicht, dass sich keine Bücher zu den unterschiedlichsten Verschwörungsideologien finden ließen. Im Gegenteil, der Büchermarkt quillt scheinbar über vor pseudowissenschaftlichen Abhandlungen, die allerdings zum Großteil eine theoretisch-wissenschaftliche Vorgehensweise vorgaukeln und denen es in erster Linie darum geht, eine Richtigkeit oder Wahrheit der vornehmlich abstrusen Geschichten zu „belegen“ oder zu erhärten. Schon eine oberflächliche Recherche im Netz genügt, um sich der Dimension gewahr zu werden, die Verschwörungsideologien im weltweiten Netzwerk einnehmen. Fehlt dem Menschen nämlich die Begründung für eine bestimmte, typischerweise negative Entwicklung auf der Welt oder auch im eigenen Umfeld, liefert der Glaube an die Verschwörung das verzweifelt gesuchte Verbindungsstück, beobachtete Fehlentwicklungen oder wahrgenommene Ungerechtigkeiten zu erklären.Zu wenige Publikationen betrachten Verschwörungsideologien in ihrer offenkundigen Verwandtheit und ihrer historischen Kontinuität. Deshalb muss das Thema als Forschungslücke wahrgenommen werden. Diese Arbeit soll dazu beitragen, dass sich neben der derzeit vorherrschenden proideologischen Betrachtungsweise in Sachbüchern und Internetunwahrheiten, eine kritische, falsifizierende Wissenschaft der verschwörungsideologischen Ansätze in der Geschichtswissenschaften und jenseits des kompetenten Journalismus etabliert.
In dieser Arbeit soll zuerst der Unterschied zwischen Verschwörungstheorie und -Ideologie erläutert werden, bevor die anthropologische Konstante der Verschwörungsideologien beschrieben wird. Anschließend folgt eine kleine Geschichte der klassischen Verschwörungsideologien. Im Folgenden soll auch untersucht werden, ob die islamistischen Verschwörungsideologien von Sayyid Qutb bis zur Charta der Hamas in einer ideologischen Kontinuität mit „westlichen“ Verschwörungsansätzen zu sehen sind und inwiefern eine allen Ideologien gemeinsame Intention und Ursache auszumachen ist.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theorie versus Ideologie
- Erkenntnisinteresse
- Analyse
- Die anthropologische Konstante
- Kleine Geschichte der klassischen Verschwörungsideologien
- Antisemitismus und europäische Wurzeln arabischer und islamistischer Verschwörungsideologien
- Ideologiekritik und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Phänomen der Verschwörungsideologien, insbesondere im Kontext islamistischer Ideologien. Sie analysiert die historischen Wurzeln und die ideologische Kontinuität von Verschwörungstheorien und beleuchtet deren Bedeutung in der heutigen Zeit. Die Arbeit möchte dazu beitragen, eine kritische, falsifizierende wissenschaftliche Betrachtungsweise von Verschwörungsideologien in der Geschichtswissenschaft zu etablieren.
- Die Abgrenzung von „Verschwörungstheorie“ und „Verschwörungsideologie“
- Die Rolle von Verschwörungsideologien in der Bewältigung von Ängsten und „subjektiven Bewältigungsproblemen“
- Die historischen Wurzeln und die Kontinuität von Verschwörungsideologien
- Die Verbindung von islamistischen Verschwörungsideologien mit „westlichen“ Verschwörungsansätzen
- Die Analyse der Intention und Ursache von Verschwörungsideologien
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung erläutert die Abgrenzung zwischen „Verschwörungstheorie“ und „Verschwörungsideologie“ und begründet die Verwendung des Begriffs „Verschwörungsideologie“ in dieser Arbeit. Sie stellt außerdem das Erkenntnisinteresse der Arbeit dar und betont den Mangel an wissenschaftlicher Forschung zum Thema Verschwörungsideologien, insbesondere im Kontext islamistischer Ideologien.
Analyse
Das Kapitel „Analyse“ befasst sich zunächst mit der anthropologischen Konstante von Verschwörungsideologien, die auf die Suche nach Erklärungen für Ungerechtigkeiten und negative Entwicklungen in der Welt zurückzuführen ist. Anschließend wird ein Überblick über die Geschichte der klassischen Verschwörungsideologien gegeben. Schließlich werden die europäischen Wurzeln arabischer und islamistischer Verschwörungsideologien und deren Verbindungen zum Antisemitismus analysiert.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen dieser Arbeit sind Verschwörungsideologien, Islamismus, Antisemitismus, Geschichtswissenschaft, Ideologiekritik, historische Kontinuität, anthropologische Konstanten, Globalisierung und Ängste.
- Quote paper
- Mirko Berger (Author), 2006, Verschwörungsideologien - Eine geschichtswissenschaftliche Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung islamistischer konspirativer Theorien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60159