Mit dem Text „Clio and the Economics of QWERTY“ hat Paul A. David (vgl. David 1985) als einer der ersten Pioniere der Pfadabhängigkeit, den Sachverhalt demonstrativ an einem Beispiel dargestellt, das heute zum Symbol der Pfadabhängigkeitstheorie geworden ist. Er zeigte, daß die seit Jahrzehnten etablierte QWERTY-Tastatur im Vergleich mit alternativen Tastenbelegungen wie der Dvorsak-Tastatur uneffektiver ist (vgl. West 2004). Er stellte jahrelange Uneffektivität im angeblich immer effektiven System der Wirtschaft und des selbstregulierenden Marktes fest, was die klassische Ökonomie in Erklärungsnöte brachte. Wesentlich brisanter als diese Verschwendung von Ressourcen ist jedoch die Beobachtung, daß, obwohl dieser Mißstand bekannt wurde, es keinen Weg gab, um ihn zu beheben. Die Tastaturbelegung hat sich bis heute nicht geändert, so wie viele Institutionen trotz suboptimaler Ergebnisse unverändert bleiben. Das Aufkommen der Theorie der Pfadabhängigkeit lenkt nicht nur die Aufmerksamkeit auf solche Prozesse, sondern bietet auch ein Analysewerkzeug um sie zu erklären. Bezeichnen Leibowitz und Margolis die „Path Dependence“, so lautet der ursprüngliche englische Begriff, noch ironisch als Modeerscheinung in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen (vgl. 2004: 1), so kann man mittlerweile einen ernsthaften akademischen Erfolg dieses Ansatzes nicht leugnen. Um nur einige erfolgreiche Pfadabhängigkeits-Konzepte zu nennen, soll auf den Harvard Professor Paul Pierson und den Nobelpreisträger Douglas North verwiesen werden (siehe weiterführend Greener 2005:3ff.). Anhand eines weitergeführten und gefestigten Theoriegebildes der Pfadabhängigkeit konnten erste Fallbeispiele analysiert werden. Neben den anfänglichen Abhandlungen, die eher zur Illustration dienten, sind mittlerweile komplexere Pfadabhängigkeits-Analysen angefertigt worden, wie z.B. die Studie über die europäische Integration von Pierson (vgl. 1996). [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Konzept der Pfadabhängigkeit
- Analyse des Wahlsystems
- Anforderungen an Wahlsysteme
- Das relative Mehrheitswahlsystem in Einerwahlkreisen in Großbritannien
- Bewertung des Wahlsystems
- Die Geschichte des Unterhauses als pfadabhängiger Prozeß
- Entstehung des Parlaments aus regionalen Vertretungen
- Einsetzende Industrialisierung und Wahlrechtsreform von 1832
- Chartismus, Representation of The people Act von 1867 und 1884
- Wahlrechtsgesetz von 1918 und erste Defizite des relativen Mehrheitswahlsystems
- Einführung des demokratischen Wahlrechts und Protestbewegung der 1980er Jahre
- Gründe für den Reformstau aus dem Modell der Pfadabhängigkeit
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit dem Wahlsystem Großbritanniens und untersucht, ob dieses aufgrund pfadabhängiger Prozesse nicht reformiert wird. Sie zielt darauf ab, das Konzept der Pfadabhängigkeit als Analysewerkzeug zu verwenden, um die Stabilität des Wahlsystems zu erklären.
- Das Konzept der Pfadabhängigkeit
- Die Anforderungen an ein Wahlsystem
- Das relative Mehrheitswahlsystem in Großbritannien
- Die Geschichte des Unterhauses als pfadabhängiger Prozess
- Gründe für den Reformstau aus dem Modell der Pfadabhängigkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Thema der Seminararbeit vor und führt in das Konzept der Pfadabhängigkeit ein. Kapitel 2 beleuchtet das Konzept der Pfadabhängigkeit und seine Relevanz für die Analyse von Institutionen. Es werden zentrale Elemente des Modells, wie die Bedeutung der Geschichte und die Rolle von Kontingenz, erläutert.
Kapitel 3 analysiert das Wahlsystem Großbritanniens und setzt es in Bezug zu den theoretischen Anforderungen an ein Wahlsystem. Es bewertet das relative Mehrheitswahlsystem und seine Vor- und Nachteile.
Kapitel 4 beschäftigt sich mit der historischen Entwicklung des Unterhauses als pfadabhängigem Prozess. Es betrachtet verschiedene Meilensteine in der Geschichte des Wahlrechts und untersucht, wie diese Prozesse zur Stabilisierung des Wahlsystems geführt haben.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Themen Pfadabhängigkeit, Wahlsystem, relative Mehrheitswahl, Großbritannien, Unterhaus, historische Entwicklung, Institutionenstabilität, Reformstau.
- Quote paper
- Willem gr. Darrelmann (Author), 2005, Das unantastbare Wahlsystem Großbritanniens - Eine Betrachtung aus der Perspektive der Pfadabhängigkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59852