Das Recht der Ordnungswidrigkeiten ist geprägt vom Opportunitätsgrundsatz der §§ 47, 53 OWiG. Im Rahmen der Anwendung dieses Grundsatzes können Verwarnungs- und Bußgeldbeträge ggf. bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ermäßigt werden. Dieser Aufsatz erläutert die juristischen Voraussetzungen für rechtmäßige Amtshandlungen.
Polizeibeamte, aber auch Außendienstmitarbeiter der kommunalen Verkehrsüberwachung begegnen im Zusammenhang mit ihrer Aufgabe der Verkehrsüberwachung von Verkehrsteilnehmern und ihren Fahrzeugen oft Betroffenen, die zwar allem Anschein nach glaubwürdig und reumütig Einsicht in ihr zuvor an den Tag gelegtes verkehrsrechtliches Fehlverhalten zeigen, gleichzeitig aber auf jede nur erdenkliche Weise mit argumentativen Mitteln versuchen, das im Anhang der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV), dem Bußgeldkatalog – respektive im länderspezifischen Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog (BTKat) – vorgesehene Verwarnungsgeld, wenn irgend möglich, um einige Euro herunterzuhandeln. Dieselbe Überlegung gilt auch im schriftlichen Verwarnungsverfahren, wenn sich Betroffene im Rahmen ihrer Anhörung tatsächlich einmal zur Sache äußern, ihre Verstöße zugeben und gleichzeitig um eine „milde“ oder um eine „gerechte“ Bestrafung bitten.
Nicht selten lassen sich Polizeibeamte wie auch die Mitarbeiter des kommunalen Vollzugsdienstes zunächst in einem ersten Schritt auf dieses Zwiegespräch ein und willigen dann wenig später auch in die erbetene Ermäßigung ein, um den Einzelfall zügig und vor allem ohne einen schriftlichen Vorgang zu einem allseits gütlichen Ende bringen zu können. Dieses Verhalten begegnet grundsätzlichen Bedenken. Einerseits haben die Betroffenen ein Recht darauf, dass auch die Ermäßigung eines Verwarnungsgeldes als rechtmäßiges Verwaltungshandeln auf der berechenbaren Grundlage des für alle geltenden Ordnungswidrigkeitenrechts vorgenommen wird. Andererseits hat der Staat ein Recht darauf, dass seine Beamten ihre Verwarnungspraxis rechtsstaatlich berechenbar umsetzen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Allgemeine gesetzliche Grundlagen im Verwarnungsverfahren
- II. Rechtsgrundlagen für die Herabsetzung von Verwarnungsgeldern
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Text befasst sich mit der Frage, ob die Ermäßigung von Verwarnungsgeldern im Ordnungswidrigkeitenrecht rechtmäßig ist. Er analysiert die Rechtsgrundlagen für die Ermäßigung und hinterfragt die Praxis, die im Rahmen der Verkehrskontrolle oft angewandt wird.
- Rechtmäßigkeit der Ermäßigung von Verwarnungsgeldern
- Rechtliche Grundlage für die Ermäßigung
- Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „offenkundig außergewöhnlich schlechte wirtschaftliche Verhältnisse“
- Praktische Anwendung des Ermessens bei der Verwarnungspraxis
- Rechtliche Bedenken gegen die bisherige Praxis der Ermäßigung
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung beschreibt die häufig vorkommende Situation, in der Verkehrsteilnehmer versuchen, Verwarnungsgelder im Rahmen von Verkehrskontrollen zu reduzieren. Es werden grundsätzliche Bedenken gegen dieses Vorgehen hinsichtlich der Rechtssicherheit und der staatlichen Interessen angesprochen.
I. Allgemeine gesetzliche Grundlagen im Verwarnungsverfahren
Dieses Kapitel befasst sich mit den allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen des Verwarnungsverfahrens. Es werden insbesondere das Opportunitätsprinzip und die Ermessenskriterien der Behörden bei der Beurteilung von Ordnungswidrigkeiten behandelt.
II. Rechtsgrundlagen für die Herabsetzung von Verwarnungsgeldern
In diesem Kapitel werden die Rechtsgrundlagen für die Herabsetzung von Verwarnungsgeldern analysiert. Es werden insbesondere die Vorschriften des Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) und des Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalogs (BTKat) betrachtet, die die Ermäßigung bei „offenkundig außergewöhnlich schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen“ des Betroffenen ermöglichen. Die Schwierigkeiten bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „offenkundig außergewöhnlich schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse“ werden diskutiert.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter und Themen des Textes sind Ordnungswidrigkeitenrecht, Verwarnungsverfahren, Ermäßigung von Verwarnungsgeldern, Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV), Bundeseinheitlicher Tatbestandskatalog (BTKat), Opportunitätsprinzip, Ermessensausübung, unbestimmter Rechtsbegriff, „offenkundig außergewöhnlich schlechte wirtschaftliche Verhältnisse“, Rechtsstaatlichkeit, Verkehrskontrolle.
- Quote paper
- Prof. Dr. jur. Dieter Müller (Author), 2020, Ermäßigung von Bußgeldern und Verwarnungsgeldern im Ordnungswidrigkeitenrecht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/595440