1 Einleitung
Die vorliegende Arbeit untersucht die ethnologische Debatte um die Darstellung fremder Lebensformen. Gegenstand der Untersuchung ist vor allem die als „Writing Culture-Debatte“ bekannt gewordene Repräsentationskrise in der Ethnologie.
Zunächst soll die ethnographische Textsorte der klassischen ethnographischen Monographie definiert und beschrieben werden. Des Weiteren soll die „Writing Culture-Debatte“, die zu Beginn der 1980er Jahre mit der Problematisierung der klassischen ethnographischen Monographie beginnt, erklärt werden.
Im Vordergrund dieser Debatte steht ein bedeutender Ethnologe: Clifford Geertz. Seine Thesen und Forderungen bezüglich der Repräsentationskrise in der Ethnologie sollen aufgezeigt und konkretisiert werden.
Abschließend sollen die Ergebnisse und Auswirkungen der „Writing Culture-Debatte“ anhand aktueller ethnographischer Darstellungsformen herausgearbeitet werden. Ist im folgenden die Rede von Ethnograph und Ethnographierten, so ist der Ethnograph als der Forscher, „der mit der Methode der „teilnehmenden Beobachtung“ traditionelle und industrielle Gesellschaften untersucht, in ländlichen und städtischen Regionen forscht und gleichermaßen unter Wissenschaftlern arbeitet“ und Ethnographierte als Personen, „deren Lebensformen bzw. Weltbild zum Gegenstand einer empirischen Untersuchung und einer darauf aufbauenden Beschreibung geworden ist, welche die betroffene Kultur oder Lebenswelt aus der Perspektive ihrer Mitglieder zu zeigen bemüht ist“ zu verstehen. [...]
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die klassische ethnographische Monographie
3 Die „Writing Culture-Debatte“ S.6-7
3.1 Clifford Geertz’ Rolle in der „Writing Culture-Debatte“
4 Formanalyse ethnographischer Texte
4.1 Experimentelle ethnographische Schreibweise
5 Schlussteil
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Die vorliegende Arbeit untersucht die ethnologische Debatte um die Darstellung fremder Lebensformen. Gegenstand der Untersuchung ist vor allem die als „Writing Culture-Debatte“ bekannt gewordene Repräsentationskrise in der Ethnologie.
Zunächst soll die ethnographische Textsorte der klassischen ethnographischen Monographie definiert und beschrieben werden. Des Weiteren soll die „Writing Culture-Debatte“, die zu Beginn der 1980er Jahre mit der Problematisierung der klassischen ethnographischen Monographie beginnt, erklärt werden.
Im Vordergrund dieser Debatte steht ein bedeutender Ethnologe: Clifford Geertz. Seine Thesen und Forderungen bezüglich der Repräsentationskrise in der Ethnologie sollen aufgezeigt und konkretisiert werden.
Abschließend sollen die Ergebnisse und Auswirkungen der „Writing Culture-Debatte“ anhand aktueller ethnographischer Darstellungsformen herausgearbeitet werden.
Ist im folgenden die Rede von Ethnograph und Ethnographierten, so ist der Ethnograph als der Forscher, „der mit der Methode der „teilnehmenden Beobachtung“ traditionelle und industrielle Gesellschaften untersucht, in ländlichen und städtischen Regionen forscht und gleichermaßen unter Wissenschaftlern arbeitet“[1] und Ethnographierte als Personen, „deren Lebensformen bzw. Weltbild zum Gegenstand einer empirischen Untersuchung und einer darauf aufbauenden Beschreibung geworden ist, welche die betroffene Kultur oder Lebenswelt aus der Perspektive ihrer Mitglieder zu zeigen bemüht ist“[2] zu verstehen.
2 Die klassische ethnographische Monographie
Die klassische ethnographische Monographie ist eine wissenschaftliche Darstellungsweise, die der ganzheitlichen Perspektive der „teilnehmenden Beobachtung“ entspricht. Sie ist eine, der Feldforschung kongeniale (ebenbürtige), literarische Form.
Die klassische Feldmonographie ist eine synchrone Momentaufnahme und gibt ein statisches Bild der untersuchten Gesellschaft wieder. Die Zeit gilt als ein reversibler (umkehrbarer) Faktor, was durch die Verwendung des Präsens in den klassischen Monographien belegt werden kann.
Die Involvierung des Forschers in die Ereignisse während seiner Feldforschung wird in diesem ethnographischen Text ausgeblendet. Momente des persönlichen Erlebens sind aus dem fortlaufenden Text eliminiert und tauchen allenfalls im Paratext, wie Vorwort oder Fußnote auf, wodurch die methodische Trennung von Erkenntnissubjekt (Beobachteter) und Erkenntnisobjekt (Beobachter) deutlich wird. Das Erkenntnissubjekt werde zum Verstummen gebracht, könnte die drastische Formulierung lauten. Auf Grund der Trennung von Erkenntnissubjekt und Erkenntnisobjekt erweckt der Text den Eindruck einer absolut objektiven Beschreibung.
Der Widerspruch von Untersuchungsmethode und Darstellungsform ist erkennbar. Die Untersuchungsmethode der teilnehmenden Beobachtung versucht die Distanz zwischen Beobachter und Beobachtetem fast aufzuheben und die ethnographische Darstellungsform der klassischen Monographie lässt die Distanz „nahezu absolut“[3] werden. Dieser Widerspruch wird untermalt von dem Paradoxon, dass historische, ökonomische und politische Zusammenhänge, die zum Zeitpunkt der Untersuchung vorliegen, aus der Monographie ausgeblendet werden, um die ethnographischen Daten kontextuell wiederzugeben.
Die Beschreibung einer fremden Kultur gilt zur Zeit der klassischen Monographie (Anfang/Mitte des 20.Jahrhunderts) als Übersetzungsarbeit. „Lebensformen, Verhaltensweisen, Denkkategorien, Normen und Werte gilt es so wiederzugeben, dass der Leser […] sie auf die eigenkulturellen Erfahrungen abzubilden vermag.“[4]
Dieser Anspruch wird in der klassischen Monographie erfüllt, indem Institutionen, wie Sozialordnung, Wirtschaft, Politik oder Verwandtschaft der dem Leser eigenen Gesellschaft als Rahmen für die Darstellung der fremden Kultur gewählt werden.
Die Monographien der klassischen Feldforschungsepoche sind sich in ihrem strukturellen Aufbau sehr ähnlich. Zunächst wird die geographische Lage beschrieben, dann die natürlichen Gegebenheiten benannt und anschließend wird die Gesellschaft systematisch geschildert: ihre soziale Organisation, der Feldbau, die Kunst, ihr spirituelles Leben, die Ökonomie, die Geschlechterverhältnisse, ihre Tänze, Lieder und Legenden. Diese kanonische Form galt in der Ethnologie lange als Richtlinie und Leitfaden für das Verfassen ethnographischer Texte.
Diese Darstellung soll erkennbar machen, welche Probleme sich durch die Darstellung fremder Kulturen in der klassischen ethnographischen Monographie ergeben. Denn erst durch das Bewusstwerden dieser problematischen Darstellungsform konnte sich zu Beginn der 1980er Jahren die so genannte „Writing Culture-Debatte“ in der Ethnologie entwickeln.
[...]
[1] Gottowik 1997, S.12
[2] Gottowik 1997, S.12
[3] Geertz 1990, S. 85
[4] Kohl 2000, S.121
- Quote paper
- Vanessa Scharmann (Author), 2005, Die Frage nach der Darstellung fremder Lebensformen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59508
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.