In der kurzen Rede, welche Albert Camus am 10.12.1957 anläßlich der Entgegennahme des Nobelpreises hielt,nannte er zwei zentrale Begriffe, denen sich seine bis dahin entstandenen Werke gemäß ihrer Grundhaltung zuordnen lassen:La négation und le positif. Ersterer steht in einem engen Zusammenhang mit Camus’ philosophischem Konzept des Absurden, welches den ersten Teil seines Schaffens bestimmt und Hauptgegenstand dieser Arbeit ist. Findet die Theorie des Absurden in dem Roman L’étranger sowie in den Dramen Caligula und Le malentendu bereits konkrete Anwendung, so wird sie in dem Essay Le mythe de Sisyphe ausführlich dargelegt und hergeleitet. Letzterer stellt also einen Schlüssel zu ihrem Verständnis dar, aber auch zu jenem der übrigen drei Werke. Er erschien am 16.10.1942 in einer Auflage von 2750 Exemplaren beim Verlag Gallimard in Paris, d.h. unter deutscher Besatzung. Deswegen mußte das Kapitel über den jüdischen Autor Kafka in der Erstveröffentlichung weggelassen werden. Verfaßt wurde das Werk von 1938 bis 1941, der Gedanke, einen Essay über das Absurde zu schreiben, geht jedoch schon auf 1936 zurück. Die geistige Auseinandersetzung mit dem Thema muß also noch früher begonnen haben. Welche Rolle spielt das Absurde eigentlich in Camus’ frühem Schaffen? Spielt es überhaupt eine Rolle? Immerhin tauchen Werke wie die Essaybände Noces oder L’envers et l’endroit nicht in dem oben zitierten Kanon „absurder“ Werke auf. Berücksichtigen wir aber, daß L’envers et l’endroit 1935/36 verfaßt wurde und eine frühe Fassung dieser Sammlung bereits 1934 vorlag,so wird deutlich, daß die Arbeit an dem Werk spätestens seit 1936 zeitlich mit Überlegungen zum Absurden zusammenfiel, daß eine Einflußnahme letzterer auf die Essaysammlung daher durchaus denkbar ist. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Das Absurde
- Der Umgang mit dem Absurden
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Albert Camus' Konzept des Absurden und dessen Bedeutung für sein Werk L'envers et l'endroit. Die Hauptziele sind die Erläuterung des Konzepts des Absurden basierend auf Camus' Le mythe de Sisyphe und die Analyse, inwieweit dieses Konzept in L'envers et l'endroit zum Ausdruck kommt.
- Camus' philosophisches Konzept des Absurden
- Der unüberwindbare Gegensatz zwischen Mensch und Welt
- Die Rolle der Vernunft und ihre Grenzen
- Die Erfahrung der Sinnlosigkeit und die daraus resultierende Krise
- Der Umgang mit dem Absurden und die Frage nach dem Selbstwert des Lebens
Zusammenfassung der Kapitel
Einführung: Die Einleitung stellt Albert Camus' Konzept des Absurden als zentralen Bestandteil seines frühen Werks vor und erläutert den Zusammenhang mit seinen Werken L'étranger, Caligula, Le malentendu und Le mythe de Sisyphe. Sie hebt die besondere Bedeutung von Le mythe de Sisyphe als Schlüssel zum Verständnis des Konzepts hervor und diskutiert die zeitliche Nähe der Entstehung von L'envers et l'endroit zu Camus' Auseinandersetzung mit dem Absurden, was eine mögliche Beeinflussung der Essaysammlung nahelegt. Die Einleitung führt in die Thematik ein und skizziert den weiteren Verlauf der Arbeit.
Das Absurde: Dieses Kapitel beschreibt Camus' Konzept des Absurden als unüberwindbaren Gegensatz zwischen dem menschlichen Bedürfnis nach Sinn und Identität und der Irrationalität der Welt. Es erklärt, wie die menschliche Vernunft zwar die Welt klassifizieren und Gesetzmäßigkeiten erkennen kann, aber letztendlich die existentiellen Fragen unbeantwortet lässt. Die Unvereinbarkeit dieser beiden Pole – der menschlichen Sehnsucht nach Sinn und der Sinnlosigkeit der Welt – führt zum Zustand des Absurden, einer inneren Zerrissenheit, die den Menschen einzigartig betrifft. Der Tod als ultimative Irrationalität wird als zentraler Aspekt des Absurden hervorgehoben.
Der Umgang mit dem Absurden: Dieses Kapitel erörtert die Frage nach dem angemessenen Umgang mit dem Absurden. Es stellt die existenzielle Krise dar, die aus dem Bewusstwerden der Sinnlosigkeit entsteht, und untersucht, wie ein mechanisches Leben und die Ausrichtung auf zukünftige Ziele die Menschen anfällig für diese Krise machen können. Auslöser dieser Krise können unerklärliche Ereignisse wie Krankheit oder Tod sein, die die bestehenden Ordnung und die damit verbundene Sinngebung ins Wanken bringen. Das Kapitel beleuchtet die existenzielle Frage nach dem Selbstmord als Reaktion auf die Sinnlosigkeit des Lebens, wie sie von Camus selbst aufgeworfen wird.
Schlüsselwörter
Albert Camus, Absurdität, L'envers et l'endroit, Le mythe de Sisyphe, Sinn, Irrationalität, Vernunft, Existenzialismus, Identität, Tod, Sinnkrise, menschliches Drama.
Häufig gestellte Fragen zu: Analyse von Albert Camus' Konzept des Absurden in "L'envers et l'endroit"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Albert Camus' Konzept des Absurden und seine Bedeutung in seiner Essaysammlung L'envers et l'endroit. Sie untersucht den unüberwindbaren Gegensatz zwischen dem menschlichen Bedürfnis nach Sinn und der Irrationalität der Welt, wie Camus ihn beschreibt.
Welche Werke von Camus werden betrachtet?
Die Analyse bezieht sich primär auf L'envers et l'endroit. Zusätzlich werden Le mythe de Sisyphe, L'étranger, Caligula und Le malentendu herangezogen, um Camus' Konzept des Absurden umfassender zu verstehen und den Kontext von L'envers et l'endroit zu beleuchten. Le mythe de Sisyphe wird als Schlüsselwerk für das Verständnis des Konzepts des Absurden hervorgehoben.
Was sind die Hauptziele der Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, Camus' philosophisches Konzept des Absurden zu erläutern, seinen Ausdruck in L'envers et l'endroit zu analysieren und die damit verbundenen Themen wie den Gegensatz zwischen Mensch und Welt, die Rolle der Vernunft und die Sinnkrise zu untersuchen. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Umgang mit dem Absurden und der Frage nach dem Selbstwert des Lebens.
Wie wird das Konzept des Absurden bei Camus definiert?
Camus beschreibt das Absurde als den unüberwindbaren Gegensatz zwischen dem menschlichen Bedürfnis nach Sinn, Identität und Ordnung und der grundlegenden Irrationalität der Welt. Die Vernunft kann die Welt zwar beschreiben und Gesetzmäßigkeiten erkennen, doch existenzielle Fragen bleiben unbeantwortet. Diese Unvereinbarkeit führt zu einer inneren Zerrissenheit und einer Sinnkrise.
Welche Rolle spielt der Tod im Konzept des Absurden?
Der Tod wird als ultimative Irrationalität und ein zentraler Aspekt des Absurden hervorgehoben. Er stellt die Sinnlosigkeit des Lebens in Frage und verstärkt die existenzielle Krise.
Wie wird der Umgang mit dem Absurden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit untersucht die existenzielle Krise, die aus dem Bewusstsein der Sinnlosigkeit entsteht. Sie analysiert, wie ein mechanisches Leben und die Orientierung an zukünftigen Zielen die Anfälligkeit für diese Krise erhöhen können. Unerklärliche Ereignisse wie Krankheit oder Tod können diese Krise auslösen, indem sie die bestehende Ordnung und Sinngebung ins Wanken bringen. Die Frage nach dem Selbstmord als Reaktion auf die Sinnlosigkeit wird ebenfalls diskutiert.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant für die Analyse?
Die wichtigsten Schlüsselbegriffe sind: Albert Camus, Absurdität, L'envers et l'endroit, Le mythe de Sisyphe, Sinn, Irrationalität, Vernunft, Existenzialismus, Identität, Tod, Sinnkrise, menschliches Drama.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in ihnen?
Die Arbeit besteht aus einer Einführung, einem Kapitel über "Das Absurde" und einem Kapitel über "Den Umgang mit dem Absurden". Die Einleitung stellt Camus' Konzept des Absurden vor und erläutert den Zusammenhang mit seinen anderen Werken. Das Kapitel über "Das Absurde" beschreibt das Konzept selbst, während das Kapitel über "Den Umgang mit dem Absurden" die existenzielle Krise und mögliche Reaktionen darauf behandelt.
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- Thomas Roghmann (Author), 2002, Albert Camus' Konzept des Absurden und seine Bedeutung für l'Envers et l'endroit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59440