Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Seminar für Allgemeine Rhetorik
HS: Die Sprache des Institutionellen Handelns, Sommersemester 1997
Unternehmenskultur - Modell für die Kommunikation in Betrieben
Am Beispiel der Deutschen Lufthansa AG
von: Sebastian Hoos
Abstract
Anhand zweier Argumentationsstränge soll die Bedeutung der Rhetorik, im Rahmen der kommunikativen Herausforderungen an Unternehmen, als Kern einer glaubwürdigen Unternehmenskultur erläutert werden. Zuerst sollen Überlegungen zum Wesen der Institution die Frage der Rolle von Sprache und Sprechen in der Institution Unternehmen verdeutlichen. Der zweite Ansatz geht aus von Habermas′ Überlegungen zum gestörten Zusammenspiel der Lebenswelten, denen Individuen heute ausgesetzt sind. Darauf aufbauend soll geprüft werden, ob und wie Kommunikationsentwicklung unter Berücksichtigung rhetorischer Maßgaben den gestellten Anforderungen gerecht werden kann. Auf die theoretische Erörterung folgt ein Beispiel aus der Unternehmenspraxis. Der Weg der Deutschen Lufthansa AG zwischen Globalisierung und Privatisierung auf der einen und Servicekultur und Unternehmenskultur auf der anderen hat in den vergangenen Jahren zu einer Umsetzung einiger der vorgestellten Ideen geführt. Diese Maßnahmen sollen kurz vorgestellt werden um dann die Arbeit mit einer zusammenfassenden Bemerkung zu beschließen. Diese Arbeit soll die Grundlagen schaffen für eine weiterführende empirischrhetorische Untersuchung von spezifischen Kommunikationsakten in der Unternehmenssprache der Lufthansa AG*. In dem hier vorgegebenen Rahmen wird sich keine Gelegenheit finden, linguistisch zu arbeiten oder auf kleinere sprachliche Einheiten einzugehen.
(* wie z.B. in Hoos 2002: Wie sagt man es den Flugbegleitern? Interner Dialog bei der DLH AG oder in Hoos 1998: Dialogizität als Form einer Neuen Mündlichkeit bei der DLH AG.)
Inhaltsverzeichnis
EINLEITUNG
1. Problemstellung
2. Vorgehensweise
DURCHFÜHRUNG
3. Zum Wesen der Institution
4. Transzendente Institutionalisierung
5. Die Rolle der Sprache
6. Institution und private Lebenswelt -
7. Unternehmenskultur - Corporate Identity
8. Kommunikation im Unternehmen
9. Kernfrage Ethos
9.1 Praxisbeispiel: Lufthansa AG
SCHLUSS
10. Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
EINLEITUNG
1. Problemstellung
2. Vorgehensweise DURCHFÜHRUNG
3. Zum Wesen der Institution
4. Transzendente Institutionalisierung
5. Die Rolle der Sprache
6. Institution und private Lebenswelt
7. Unternehmenskultur - Corporate Identity
8. Kommunikation im Unternehmen
9. Kernfrage Ethos
9.1 Praxisbeispiel: Lufthansa AG SCHLUSS
10. Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
EINLEITUNG
1. Problemstellung
„Immerhin sei zur Orientierung daran erinnert, daß Organisation ein bewußt geschaffener und gesteuerter Zweckverband ist. (...)[68]
Wahr ist, daß die Gesellschaft sich nicht gegen die Natur behaupten, sich nicht hätte am Leben erhalten können ohne Organisation, und daß sie es heute weniger als je vermöchte. (...)[72]
Nicht darum kann es sich handeln, das Menschliche, Unmittelbare oder Individuelle in die Organisation einzubauen. (...)[83]
Wer glaubt, man könne sich am runden Tisch zusammensetzen ... verhält sich weltfremd.[84]“[1]
Ich glaube, man kann, man muß es glauben und schließlich versuchen; es auszuschließen jedenfalls kommt einer Kapitulationserklärung gleich. So wie Adorno den inhärenten Widerspruch zwischen lebenserhaltendem, notwendigem Zweckverband auf der einen, und unabänderlicher Ferne zu allen sonstigen menschlichen Bedürfnissen, abgesehen vom bloßen Überleben und von der Arterhaltung, auf der anderen Seite darstellt, ist jede weitere Diskussion, jedes Bemühen sinnlos: Die Abschaffung der "menschenfernen Organisation" aber würde das Überleben schwer oder ganz unmöglich machen, hier kann man nur zustimmen. Muß aber die Verbesserung der Organisation durch Dialog zwischen den an ihr Beteiligten bzw. deren Vertretern als "weltfremder Versuch" abgetan werden?
Die oben angeführten Adornozitate sind Kerngedanken, welche in entsprechendem 1953 erschienenen kultur- und gesellschaftskritischen Aufsatz über 16 Seiten verteilt in derselben Chronologie auftauchen. Letztere zwei Sätze eben dieses Zitates scheinen mir einen bedenklich fatalistischen Schluß zuzulassen, was mich dazu bewogen hat, meine gegenteilige Forderung durch Rückgriff auf soziologische, unternehmenstheoretische, betriebswirtschaftliche und kommunikations- wissenschaftlich-rhetorische Literatur zu entwickeln und zu stützen.
2. Vorgehensweise
Anhand zweier Argumentationsstränge soll die Bedeutung der Rhetorik, im Rahmen der kommunikativen Herausforderungen an Unternehmen, als Kern einer glaubwürdigen Unternehmenskultur erläutert werden.
Zuerst sollen Überlegungen zum Wesen der Institution die Frage der Rolle von Sprache und Sprechen in der Institution Unternehmen verdeutlichen. Der zweite Ansatz geht aus von Habermas' Überlegungen zum gestörten Zusammenspiel der Lebenswelten, denen Individuen heute ausgesetzt sind. Darauf aufbauend soll geprüft werden, ob und wie Kommunikationsentwicklung unter Berücksichtigung rhetorischer Maßgaben den gestellten Anforderungen gerecht werden kann.
Auf die theoretische Erörterung folgt ein Beispiel aus der Unternehmenspraxis. Der Weg der Deutschen Lufthansa AG zwischen Globalisierung und Privatisierung auf der einen und Servicekultur und Unternehmenskultur auf der anderen hat in den vergangenen Jahren zu einer Umsetzung einiger der vorgestellten Ideen geführt.
Diese Maßnahmen sollen kurz vorgestellt werden um dann die Arbeit mit einer zusammenfassenden Bemerkung zu beschließen.
Diese Arbeit soll die Grundlagen schaffen für eine weiterführende empirisch-rhetorische Untersuchung von spezifischen Kommunikationsakten in der Unternehmenssprache der Lufthansa AG. In dem hier vorgegebenen Rahmen wird sich keine Gelegenheit finden, linguistisch zu arbeiten oder auf kleinere sprachliche Einheiten einzugehen.
HAUPTTEIL
3. Zum Wesen der Institution
Überall, wo sich Organisation als Typ der Institutionalisierung durchsetzt, steigert dies die Produktivität, so daß niedrigere Stufen zwangsläufig den kürzeren ziehen. Dies führt laut der Theorie zu einer Dominanz der Organisation. Die Wirkung generalisierter Formen und Organisationen „nach unten“ wie „zur Seite“ ist unwiderstehlich. Identitäten, Interaktionen, Gruppen werden auf sie hin ausgerichtet. Wo die entstehenden extensiven und abstrakten Interaktionszusammenhänge institutionalisiert werden, entsteht so ein räumlich wie sozial ausgedehntes Feld, aus dem zugleich durch den hohen Formalisierungsgrad vieles an psychischer und sozialer Realität ausgeschlossen oder nicht zugelassen wird. Allerdings ist kein formal strukturiertes Feld so dicht, daß jene zweite Realität keinen Platz fände. Organisationen sind geradezu ein Nährboden für informelle Prozesse aller Art, gerade weil sie in ihrer Struktur einseitig ausdifferenziert sind. Zur Folge hat dies Klatsch, Tratsch und möglicherweise auch persönlich eingefärbte Sachentscheidungen auf allen Ebenen. Wo Handlungen überdeterminiert, Anforderungen übersteigert und Interaktionen doppelbödig sind, entwickeln Organisationen regelrechte informelle Eigenwelten.
Institutionen funktionieren weil und soweit sie in der Lage sind, dieses vielschichtige Innenleben zuzulassen, also intern einen Mikrokosmos der verschiedenen Stufen der Institutionalisierung aufzubauen und für ihre eigenen produktiven und reproduktiven Zwecke zu nutzen wissen.
Generalisierte Interaktionsformen sind in Bausteinen verfügbare Prinzipien, also Elemente der Institutionalisierung, die vom System situativ genutzt werden können, gleichzeitig aber fast unbegrenzt spezialisiert und kombiniert werden können.
Organisationen sind aus dieser Sicht institutionalisierte Aggregationen von Formen.
"Die Institutionalisierung generalisierter Formen wird auf den unteren Ebenen bezahlt und setzt voraus bzw. hat zur Folge, daß Identität, Interaktion und Gruppenstruktur angepaßt werden."[2]
Hieraus kann leicht eine Gefahr für die Organisation entstehen, indem sich Informelles in den Bereich der illegitimen Nutzung verschiebt. Jede Festlegung liefert die Möglichkeit zum Mißbrauch, zur Konfrontation mit ihr. (Wo es Geld gibt, kann es gefälscht werden, wo es Einbahnstraßen gibt, kann man in der verkehrten Richtung fahren.)
Als Konsequenz sind also Ausgleichsmechanismen zu schaffen, welche die Zulassung der informellen Bedürfnisse zu regeln versuchen. Es müssen Wege zur Kompensierung dieses, der gemeinsamen Sache gegenläufigen Potentials gefunden werden.
4. Transzendente Institutionalisierung
Zur Linderung der beschriebenen Auswirkungen von Institution macht Schülein hier sogenannte transzendente Formen der Institutionalisierung aus.
"Transzendentere Formen sind aus dem Kontext herausgelöste Institutionselemente, die nicht unmittelbar auf eine bestimmte Einheit oder einen Teilbereich zugeschnitten sind. Sie sind beliebig transferierbar und können bei verschiedenen Problembehandlungen und Situationen eingebracht werden."[3]
Das geschieht zwar im konstanten Austausch zwischen Transzendenter Interaktionsform und Teilbereich aber eben durch ganz unterschiedliche Konkretisierungen, man könnte sie zur Verdeutlichung auch "Transmissionsriemen" nennen. Wir haben es also mit Subsystemen und Subkulturen zu tun, welche somit alle gewissermaßen "ausgerichtet" werden können auf eine gemeinsame Richtung, die des Unternehmenserfolges.
Transzendente Formen können also von einem höheren, abstrakten Niveau aus immer wieder auf bestimmte Themenausschnitte hin spezialisiert werden. Sie sind prinzipiell beliebig vermehrbar, sei es als Verkehrs- und Umgangsformen, Tauschprinzipien, Normen, als Sprachgebrauch, Mythen oder Heldengeschichten.
So ermöglicht erst die Transzendenz einer Institution die Ausdifferenzierung einer erworbenen oder betehenden allgemeinen Unternehmenssprache in persönliche, informelle und instrumentelle Spezialsprachen.
5. Die Rolle der Sprache
Erst wenn die Unternehmensleitung eine eigene, gemeinsame Sprache findet, die beispielsweise topisch eindeutig ausgerichtet ist, werden sich die Mitarbeiter ihrerseits zu den so aufgeworfenen Themen artikulieren - auf ihre Weise, aber eben im Rahmen des geschaffenen Dialogangebots, der institutionalisierten Sprache.
"Das Schaffen einer gemeinsamen Sprache ist eine deutliche Managementaufgabe. Der Kampf um die Führung im Unternehmen ist ein Kampf um die bessere und erfolgreichere Erklärung widersprüchlicher Ereignisse, der Kampf um die Macht ist ein Kampf um die Anerkennung bestimmter Einschätzungen und Erklärungen der gemeinsamen Wirklichkeit."[4]
Letzteres gilt sicher auch für die Gesellschaft als Ganzes, in stärkerem Maße aber für eine Institution oder eine Organisation. Besonders dann, wenn diese überdurchschnittlich nutzenorientiert funktionieren soll, wie es bei einem Wirtschaftsbetrieb, einem Unternehmen beispielsweise der Fall ist.
Und wir ahnen, daß die Antwort auf die Notwendigkeit einer transzendenten Institutionalisierung für Unternehmen die in vielen Betrieben bereits existente und viel diskutierte Unternehmenskultur , die Corporate Identity sein könnte. Diese Begriffe tauchen in der Literatur erst in den 90er Jahren vermehrt auf. Dieses transzendente Institutionskonzept, Unternehmenskultur, und seine Bestandteile werden in Kapitel 8 noch mehr Beachtung finden.
[...]
[1] Adorno 1971, 68-84
[2] Schülein 1987, 215
[3] Schülein 1987, 219
[4] Schneider 1990, 140
- Arbeit zitieren
- MA Sebastian Hoos (Autor:in), 1997, Unternehmenskultur - Modell für die Kommunikation in Betrieben, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59375
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