Seit ca. vierzig Jahren ist die Familie in der Bundesrepublik Deutschland wie auch in anderen hochentwickelten Industriegesellschaften ausgeprägten Wandlungsprozessen unterworfen. Nie zuvor war eine Form von Ehe und Familie so dominant wie in der Nachkriegszeit bis etwa Mitte der 60er Jahre. Die gegenwärtige Situation erscheint vielen deshalb so krisenhaft, weil der Zustand vorher ungewöhnlich homogen war. Das moderne Ehe- und Familienmodell hatte sich faktisch und normativ nahezu universell durchgesetzt. Obwohl auch heute noch die Mehrheit der Bevölkerung nach konventionellen Mustern lebt, dürfte kaum bestritten werden, dass im Zuge des gesellschaftlichen Modernisierungsprozesses beträchtliche Veränderungen weg von diesem Modell stattgefunden haben. In allen entwickelten Industrieländern geht die Heiratsneigung zurück, die Geburtenrate sinkt und immer häufige lassen sich Ehepaare scheiden. Ein- Eltern- Familien sind auch kein neues Phänomen. In den Personenstandsregistern der vorindustriellen Zeit findet man häufig Witwen und ledige Frauen mit Kindern. Am meisten verbreitet waren Ein-Eltern- Familien in den Städten, vor allem in den unteren Sozialschichten, in denen Armut, Wohnungsnot und Standesschranken vielen Eltern eine Eheschließung verwehrten. Demgegenüber hat sich die soziale und ökonomische Situation der heutigen Ein-Eltern-Familien wesentlich verbessert. Ich möchte in dieser Arbeit das Bild familiarer Lebensformen in Deutschland darstellen. Ob Alleinerziehende auch unter den heutigen Verhältnissen noch als eine „Problemgruppe“ anzusehen sind und ob sich immer mehr ledige Frauen für ein freiwilliges Alleinerziehen entschließen, ist u.a. Gegenstand der folgenden Ausführungen.
Gliederung
I. Einleitung
1.1. Zum Begriff „Ein-Eltern-Familie“
II. Zur Lebenssituation Alleinerziehender
III. Typologie
3.1. Mutterfamilien aufgrund lediger Mutterschaft
3.2. Mutterfamilien aufgrund Scheidung/Trennung
3.3. Vaterfamilien
3.4. Alleinerziehende Eltern durch Verwitwung
IV. Entwicklung der Kinder
V. Ökonomische Situation
5.1.Wirtschaftliche Situation
5.2. Erwerbstätigkeit
VI. Wissenschaftliche Erkenntnisse
VII. Schlußbemerkung
VIII. Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Seit ca. vierzig Jahren ist die Familie in der Bundesrepublik Deutschland wie auch in anderen hochentwickelten Industriegesellschaften ausgeprägten Wandlungsprozessen unterworfen. Nie zuvor war eine Form von Ehe und Familie so dominant wie in der Nachkriegszeit bis etwa Mitte der 60er Jahre. Die gegenwärtige Situation erscheint vielen deshalb so krisenhaft, weil der Zustand vorher ungewöhnlich homogen war. Das moderne Ehe- und Familienmodell hatte sich faktisch und normativ nahezu universell durchgesetzt.
Obwohl auch heute noch die Mehrheit der Bevölkerung nach konventionellen Mustern lebt, dürfte kaum bestritten werden, dass im Zuge des gesellschaftlichen Modernisierungsprozesses beträchtliche Veränderungen weg von diesem Modell stattgefunden haben. In allen entwickelten Industrieländern geht die Heiratsneigung zurück, die Geburtenrate sinkt und immer häufige lassen sich Ehepaare scheiden.[1]
Ein- Eltern- Familien sind auch kein neues Phänomen. In den Personenstandsregistern der vorindustriellen Zeit findet man häufig Witwen und ledige Frauen mit Kindern. Am meisten verbreitet waren Ein-Eltern- Familien in den Städten, vor allem in den unteren Sozialschichten, in denen Armut, Wohnungsnot und Standesschranken vielen Eltern eine Eheschließung verwehrten. Demgegenüber hat sich die soziale und ökonomische Situation der heutigen Ein-Eltern-Familien wesentlich verbessert.[2]
Ich möchte in dieser Arbeit das Bild familiarer Lebensformen in Deutschland darstellen. Ob Alleinerziehende auch unter den heutigen Verhältnissen noch als eine „Problemgruppe“ anzusehen sind und ob sich immer mehr ledige Frauen für ein freiwilliges Alleinerziehen entschließen, ist u.a. Gegenstand der folgenden Ausführungen.
1.1. Zum Begriff „Ein-Eltern-Familie“
Unter einer Ein-Eltern-Familie wird eine Familienform verstanden, in der ein Elternteil für ein oder mehrere Kinder allein sorgeberechtigt ist und mit diesen eine Haushaltgemeinschaft bildet. Strukturell und ökonomisch bestehen erhebliche Unterschiede zwischen Ein-Eltern-Familien. So wird unterschieden zwischen Mutter-Kind - und Vater-Kind-Familien. Nach den Gründen für das Alleinerziehen wird weiter differenziert nach ledigen, geschiedenen, verheiratet getrenntlebenden und verwitweten Alleinerziehenden. Im Hinblick auf die Lebenssituation von Ein-Eltern-Familien sind auch Variationen nach Schichtzugehörigkeit und Erwerbstätigkeit bedeutsam.
Das Kind hat weiterhin zwei Eltern, lebt aber nur mit einem Elternteil zusammen. Der Begriff der Ein-Eltern-Familie suggeriert darüber hinaus, dass der nicht mit dem Kind zusammenlebende Elternteil (in fast 9 von 10 Fällen ist dies der Vater) plötzlich aus dem Familienleben verschwunden und völlig bedeutungslos geworden ist. Nach der Trennung oder Scheidung kümmern sich in vielen Ein-Eltern-Familien beide Eltern intensiv um die Kinder. „Nur“ ein Drittel der nichtsorgeberechtigten Eltern hat den Kontakt zur Familie ganz abgebrochen.[3]
II. Zur Lebenssituation Alleinerziehender
Alleinerziehende sind heute aufgrund der Ausbreitung und der damit einhergehenden Veralltäglichung dieser Lebensform nicht mehr so starken sozialen Vorurteilen und Diskriminierungen ausgesetzt wie noch vor einigen Jahrzehnten. Dennoch sind immer noch 80 % der Bevölkerung davon überzeugt, dass sie nicht allen Bedürfnissen ihrer Kinder gerecht werden können. Müttern, die ihr Kind alleine erziehen, fehlt angeblich eine väterliche Autoritätsfigur, die ihnen zur Seite steht. Vätern dagegen wird eher die Fähigkeit abgesprochen, ihren Kindern eine ausreichende emotionale Zuwendung geben zu können.[4] Ledige Mütter intensivieren ihre Beziehung zur eigenen Mutter, mit der sie häufig auch zusammenziehen. Die Beziehung zur bisherigen (gemeinsamen) Freunden und Bekannten werden ebenfalls häufig eingeschränkt.
An ihre Stelle treten im Laufe der Zeit unverheiratete Freunde des gleichen Geschlechts, oft ebenfalls Alleinerziehende.
Jeder zweite Alleinerziehende leidet nach eigener Aussage unter sozialer Isolation und Einsamkeit.[5]
Dies zeigt sich auch am Umfang und an der Art wie sie ihre Freizeit gestalten. Alleinerziehende berichten über weniger außerhäusliche Freizeitaktivitäten (Besuch kultureller Veranstaltungen, Ausflüge, Sport etc.) als Ehepaare mit Kindern. Deutliche Unterschiede bestehen auch zwischen den berufstätigen und den nichtberufstätigen Alleinerziehenden.. Hausfrauen z.B. sind von der sozialen Umwelt noch stärker abgegrentzt als berufstätige Mütter. Auch für die alleinstehenden Hausmänner ist es am schwersten, denn sie fühlen sich von den anderen Männern diskriminiert und verachtet. Die soziale Isolation erwerbstätiger Alleinerziehender ergibt sich eher aus ihrer Doppelbelastung durch Beruf und Familie, die für außerhäusliche Aktivitäten keinen Raum läßt.
Alle Alleinerziehenden müssen sich mit dem Problem auseinandersetzen, das ein Elternteil fehlt, das für direkte Unterstützung sorgt. Sie tragen alleine die Verantwortung für alle Dinge des täglichen Lebens und müssen alle Entscheidungen selbst treffen. Diese alleinige Zuständigkeit wird sehr unterschiedlich gesehen, einerseits als Erleichterung, als Chance zur Förderung der Selbständigkeit und des Selbstbewußtseins, andererseits als Zwang, als Überforderung.[6]
Da berufstätige Alleinerziehende in ihrer knapp bemessenen Freizeit ständig für ihre Kinder verfügbar sein müssen, fühlen sie sich häufig emotional erschöpft.
Die bei der Koordination von Familie und Beruf auftretenden Schwierigkeiten haben bei vielen Alleinerziehenden zu einer Neugestaltung des Alltags geführt. Als wichtige Vorteile ihrer Erwerbsarbeit nennen Alleinerziehende, dass sie finanziell unabhängig und unter Kolleg/innen sind, dass sie den beruflichen Anschluß nicht verlieren möchten und mit der Arbeit zufrieden sind, was sich auch positiv auf das Familienleben auswirkt. Nachteilig wirkt sich aus, dass zu wenig Zeit für sie selbst und für die Familie bleibt.
Ähnlich doppelwertig ist die Einschätzung der Lebenssituation auch im Falle ausschließlicher Familienarbeit, wobei die Aussagen vor dem Hintergrund der meist sehr negativen sozio-ökonomischen Lage gesehen werden müssen. Als Vorteile nennen alleinerziehende Mütter, dass sie sich die Haus- und Familienarbeit selbständig einteilen können, dass für die Kinder besser gesorgt ist, sie die Zeit mit den Kindern genießen können und sie bei Aufnahme einer Berufstätigkeit ihre Kontakte und persönlichen Interessen stark einschränken müßten. Fast jede zweite Frau (74% der verwitweten, aber nur 21% der ledigen Mütter) fühlt sich als Hausfrau wohl. Noch wesentlich negativer bewerten alleinerziehende Hausmänner ihre Situation. Als Nachteile der ausschließenden Arbeit in der Familie nennen die Mütter fehlende Rentenansprüche, ihre finanzielle Abhängigkeit, Eintönigkeit und soziale Isolation. Jede zweite alleinstehende Mutter und zwei von drei alleinstehenden Vätern möchten wieder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Allerdings die schwierige finanzielle Lage und die Überlastungen führen zur körperlichen und physischen Folgeerscheinungen.[7]
Etwa seit Anfang der 80er Jahre entstehen erste Veröffentlichungen, die die Lebensform „Alleinerziehend“ als ein bewußtes Abstandnehmen von der traditionellen Familienform thematisieren und die Situation des alleinerziehenden Vaters mitberücksichtigen.
Ein Problem der alleinerziehenden Frauen stellt eine niedrige Einkommenssituation aufgrund von Nichterwerbstätigkeit, Minderqualifikation oder einer Halbtagsbeschäftigung dar. Die Mehrzahl der alleinerziehender Väter ist hingegen in leitenden beruflichen Positionen und hat geringere Schwierigkeiten mit der Kinderbetreuung. Diese Väter haben- nach den Ergebnissen einer empirischen Untersuchung- mehr finanzielle Ressourcen, öffentliche Betreuungseinrichtungen in Anspruch zu nehmen, werden eher auf privater Basis von Betreuungspersonen (Verwandte, Freunde) unterstützt und versorgen häufiger ältere, schulpflichtige Kinder, die weniger öffentlicher Betreuung bedürfen.[8]
III. Typologie
3.1. Mutterfamilien aufgrund lediger Mutterschaft
Das Ansehen lediger Mütter war in der Vergangenheit sehr gering. In bestimmten Zeiten und Regionen mußten sie sogar mit öffentlicher Bestrafung (Zuchthaus, körperlicher Züchtigung in der Öffentlichkeit u.a.m.) rechnen.[9]
Mit der Durchsetzung des bürgerlichen Familienideals ab dem 17. Jahrhundert wurde vor allem in dieser sozialen Schicht lediger Mutterschaft immer stärker „undenkbar“. Deshalb mußten die Frauen bei Schwangerschaft im möglichst frühen Stadium schnell heiraten, sonst erwartete die ledigbleibende Mutter ein fast ausweglos hartes Schicksal.
Erst Anfang dieses Jahrhunderts bahnten sich langsame Veränderungen an. Ferner haben sich nicht nur die rechtlichen Rahmenbedingungen verändert, sondern die medizinische Forschung hat die Planbarkeit von Kindern erhöht.
Die Zahl der Familien aufgrund von lediger Mutterschaft hat in den letzten Jahren in Deutschland zugenommen.[10]
Die Ehe ist für die Gruppe lediger Mütter nicht mehr unbedingt ein kulturelles Selbstverständnis bei der Familiengründung. Die Vorteile im Hinblick auf die Kinder in Ein-Eltern-Familien mit ledigen Müttern können gegenüber den Nachteilen überwiegen. Die Kinder sind z.B. eher selbständig, selbstbewußter, können mehr Eigenverantwortung und auch Verantwortung für andere übernehmen und sind anpassungsfähiger.[11]
3.2. Mutterfamilien aufgrund von Scheidung/Trennung
Ehescheidung war in unserem Kulturbereich bei den besitzenden Schichten extrem selten und wurde möglichst verhindert, sowohl aus den ideologischen als auch aus den materiellen Gründen.
Vor allem mußte eine klare und eindeutige Schuldzuschreibung an einen Partner bei der Ehescheidung möglich sein, was häufig nicht einfach war, aber zuweilen einfach gehandhabt wurde.
[...]
[1] Peuckert; Rüdiger: Familienformen im sozialen Wandel, S. 9.
[2] Peuckert; Rüdiger: Familienformen im sozialen Wandel, S. 98.
[3] Peuckert; Rüdiger: Familienformen im sozialen Wandel, S. 99.
[4] Napp-Peters; A.: Ein-Elternteil-Familien. Soziale Randgruppe oder neues familiales Selbstverständnis? Weinheim und München 1985; in: Familienformen im sozialen Wandel, Peuckert; Rüdiger, S. 103.
[5] Napp-Peters; A.: Ein-Elternteil-Familien. Soziale Randgruppe oder neues familiales Selbstverständnis? Weinheim und München 1985; in: Familienformen im sozialen Wandel, Peuckert; Rüdiger, S. 104.
[6] Peuckert; Rüdiger: Familienformen im sozialen Wandel, S. 104.
[7] Peuckert; Rüdiger: Familienformen im sozialen Wandel, S. 105.
[8] Nave-Herz; Rosemarie, Krüger; Dorothea: Ein-Eltern-Familien. Eine empirische Studie zur Lebenssituation und Lebensplanung alleinerziehender Mütter und Väter, S. 23.
[8] Peiper; A. : Chronik der Kinderheilkunde, S. 234; in: Familie heute. Wandel der Familienstrukturen und Folgen für die Erziehung; hrsg. von Nave-Herz; Rosemarie, S. 95.
[9] Nave-Herz; Rosemarie: Familie heute. Wandel der Familienstrukturen und Folgen für die Erziehung, S.96.
[9] Peiper; A. : Chronik der Kinderheilkunde, S. 234; in: Familie heute. Wandel der Familienstrukturen und Folgen für die Erziehung; hrsg. von Nave-Herz; Rosemarie, S. 95.
[10] Nave-Herz; Rosemarie: Familie heute. Wandel der Familienstrukturen und Folgen für die Erziehung, S.96.
[11] Nave-Herz; Rosemarie: Familie heute. Wandel der Familienstrukturen und Folgen für die Erziehung, S.99.
- Arbeit zitieren
- Magdalena Palarz (Autor:in), 2005, Alleinerziehende - Familien wie andere auch? Zur Lebenssituation von Ein-Eltern-Familien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59298
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