Diese Arbeit wird sich mit dem Problem der Auslegung eines nach ausländischem Recht formunwirksamen Testaments bei rechtlicher und faktischer Nachlassspaltung befassen. Durch den Umstand, dass schätzungsweise eine Millionen Bundesbürger über Grundbesitz im Ausland verfügen dürfte die Zahl der erbrechtlichen Streitigkeiten eine zunehmende Tendenz erhalten. In diesen könnten Probleme im Mittelpunkt stehen, die ihre Ursache in dem unkoordinierten nebeneinander verschiedener Kollisionsrechte finden. In dieser Arbeit wird darauf eingegangen, indem aufgezeigt wird, wo die Ursachen der rechtlichen und der faktischen Nachlassspaltung liegen, wobei der Kern darin liegen wird zu problematisieren ob und wie die Folgen zu korrigieren sind. Hierbei wird die Auslegung als primäres Instrumentarium zentral behandelt werden, indem eine Abgrenzung zu anderen Instrumentarien durchgeführt wird und auf die Vorgehensweise eingegangen wird. Ausschlaggebend ist hier ein Fall der vom BGH zu entscheiden war, auf den bei den jeweiligen Punkten eingegangen wird.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Nachlassspaltung und Nachlasskonflikt
2.1 Rechtliche Nachlassspaltungen
2.1.1. Rück- und Weiterverweisung
2.1.2. Rechtswahl Art. 25 II EGBGB
2.1.3. Beachtung „besonderer Vorschriften“ Art. 3 III EGBGB
2.1.4. Völkerrechtliche Verträge
2.2. Faktische Nachlassspaltung
2.2.1. Unterschiedliche Anknüpfung des Gesamtstatuts
2.2.2. Präferenz für die eigene Staatsangehörigkeit bei Mehr-rechtsstaatern
2.2.3. Abbrechen einer Rückverweisung
2.2.4. Einseitige Anerkennung einer Rechtswahl
2.3. Formstatut
3. Kumulation von rechtlicher und faktischer Nachlassspaltung
3.1. Gesetzgeberische Intention zu Art. 3 III EGBGB
3.2. Formstatut
3.2.1. Problem der Nichtanerkennung der Testamtensform vom Belegenheitsrecht
3.2.2.Folge der Nichtanerkennung
4. Instrumentarien zur Realisierung des Erblasserwillens
4.1. Begriff und methodische Einordnung der Auslegung
4.1.1. Abgrenzung zur einfachen Testamentsauslegung
4.1.2. Abgrenzung zur Anpassung
4.1.3. Voraussetzung der ergänzenden Testamentsauslegung
4.1.4 Methodik der ergänzenden Auslegung
4.3. Maßgebliches Recht für die Auslegung
4.4. Auswirkungen der rechtlichen Nachlassspaltung
4.4.1. Erbeinsetzung
4.4.2. Vermächtnisanordnung oder Enterbung
4.4.3. Handeln unter falschem Recht
4.5. Auswirkung der faktischen Nachlassspaltung
5. Fazit
1. Einleitung
Diese Arbeit wird sich mit dem Problem der Auslegung eines nach ausländischem Recht formunwirksamen Testaments bei rechtlicher und faktischer Nachlassspaltung befassen.
Durch den Umstand, dass schätzungsweise eine Millionen Bundesbürger über Grundbesitz im Ausland verfügen[1] dürfte die Zahl der erbrechtlichen Streitigkeiten eine zunehmende Tendenz erhalten. In diesen könnten Probleme im Mittelpunkt stehen, die ihre Ursache in dem unkoordinierten nebeneinander verschiedener Kollisionsrechte finden. In dieser Arbeit wird darauf eingegangen, indem aufgezeigt wird, wo die Ursachen der rechtlichen und der faktischen Nachlassspaltung liegen, wobei der Kern darin liegen wird zu problematisieren ob und wie die Folgen zu korrigieren sind. Hierbei wird die Auslegung als primäres Instrumentarium zentral behandelt werden, indem eine Abgrenzung zu anderen Instrumentarien durchgeführt wird und auf die Vorgehensweise eingegangen wird. Ausschlaggebend ist hier ein Fall der vom BGH zu entscheiden war, auf den bei den jeweiligen Punkten eingegangen wird.
2. Nachlassspaltung und Nachlasskonflikt
2.1 Rechtliche Nachlassspaltungen
Eine Nachlassspaltung wird vorliegend, wenn aus der Warte des deutschen Kollisionsrechts auf ein und denselben Sachverhalt mehrere Erbstatute in der Weise nebeneinander Anwendung finden, dass unterschiedliche Rechtsordnungen für die Vererbung der zum Nachlass gehörenden einzelnen Vermögenswerte maßgeblich werden[2]. Die verschiedenen Teilnachlässe sind dabei grundsätzlich unabhängig voneinander nach dem jeweils für sie feststehenden materiellen Recht zu beurteilen, so, als handele es sich bei ihm um den gesamten Nachlass[3]. Für ursächlich ersieht das deutsche Kollisionsrecht verschieden Punkte.
2.1.1. Rück- und Weiterverweisung
Zum einen kommt hier die die Rück- und Weiterverweisung des berufenen Heimatrechts des Erblassers gem. Art. 25 I EGBGB in Betracht, welches unterschiedliche Normen für bewegliches und unbewegliches Vermögen bereitstellt. Solche Verweisungen sind für den deutschen Rechtsanwender beachtlich und das Resultat der Nachlassspaltung ist kein Widerspruch i. S. d. Art. 4 I 1 Alt.2 EGBGB[4].
2.1.2. Rechtswahl Art. 25 II EGBGB
Des Weiteren ist ursächlich, wenn ein ausländischer Erblasser für sein im Inland belegenes unbewegliches Vermögen die Wahl für deutsches Recht gem. Art. 25 II EGBGB trifft und Art. 25 I EGBGB nicht auf deutsches Recht zurückverweist, so findet folglich die Spaltung des Nachlasses statt.
2.1.3. Beachtung „besonderer Vorschriften“ Art. 3 III EGBGB
Zum anderen tritt eine Nachlassspaltung ein, sobald zur Erbmasse Vermögensgegenstände im Ausland gehören, die nach dem Recht des Belegenheitsstaates bezüglich der Vererbung von Gegenständen dieser Art „besonderen Vorschriften“ unterliegen. Dem Regelungsanspruch des Lageortes wird der Vorrang eingeräumt gem. Art 3 III EGBGB, obgleich hiermit die Einheitlichkeit des Vermögensstatuts im Familien- und Erbrecht durchbrochen wird[5].
2.1.4. Völkerrechtliche Verträge
Zudem tritt beschriebener Erfolg ein, wenn durch staatsvertragliche Sonderregelungen, die eine Anspruch auf Vorrang gem. Art. 3 II 1 EGBGB gegenüber dem nationalem IPR innehaben, bestimmt wird, dass die Erbfolge in den unbeweglichen Nachlass der lex rei sitae, in den beweglichen Nachlass dem Heimatrecht bzw. dem Aufenthaltsrecht unterstellt wird. Einschlägig beim deutsch-türkischem und beim deutsch sowjetischen Konsularvertrag.
2.2. Faktische Nachlassspaltung
Eine faktische Nachlassspaltung wird tragend, wenn der Geltungsanspruch zweier unterschiedlicher Rechtsordnungen kollidiert und daher von den Gerichten der beteiligten Länder unterschiedliches materielles Recht angewandt wird[6]. Der ausschlaggebende Unterschied zur sog. kollisionsrechtlichen Nachlassspaltung besteht darin, dass bei der Letzteren der einheitliche Entscheidungseinklang gewahrt wird und Erstere die Durchsetzung der Sicht eines beteiligten IPR’s verhindert. Hierbei wird häufig auch von „hinkenden“ Rechtsverhältnissen gesprochen[7], weil die eigene Sicht nicht durchgesetzt werden kann. Anlass für diese Rechtsverhältnisse bietet der Umstand, dass ein ausländischer Staat ein anderes Anknüpfungsmoment für das Erbstatut wählt. Dieses tritt in vier Varianten auf.
2.2.1. Unterschiedliche Anknüpfung des Gesamtstatuts
Die unterschiedliche Anknüpfung für das Gesamtstatut ist zum größten Teil Konsequenz daraus, dass ein Staat an die Staatsangehörigkeit, wie in Deutschland gem. Art. 25 I EGBGB, ein anderer Staat an den letzten Wohnsitz, vorliegend z. B. beim Recht der Schweiz, anknüpft.
2.2.2. Präferenz für die eigene Staatsangehörigkeit bei Mehr-rechtsstaatern
Besteht die Sachlage darin, dass der Erblasser Mehrrechtsstaater ist, so geht nach deutschem Recht gem. Art. 5 I 2 EGBGB die Stellung als deutscher Staatsangehöriger vor. Die faktische Nachlassspaltung tritt jedoch dann ein, wenn ein anderer Staat, dem der Erblasser auch angehörte, eine ähnliche Regelung nach dem lex patriae-Prinzip aufweist.
2.2.3. Abbrechen einer Rückverweisung
Dem Ziel, den internationalen Entscheidungseinklang zu fördern, wird mit Art. 4 I 1 EGBGB Folge geleistet. Findet jedoch eine Rückverweisung auf das deutsche Recht statt, so wird diese gem. Art. 4 I 2 EGBGB angenommen, sodass deutsches Sachrecht zur Anwendung gelangt. Aus Sicht der ausländischen Richter wird jedoch in der Verweisung eine Gesamtverweisung vorliegen, womit wieder das ausländische Recht maßgeblich wird und der Fall der faktischen Nachlassspaltung eintritt.
2.2.4. Einseitige Anerkennung einer Rechtswahl
Des Weiteren ist diese Art der Nachlassspaltung einschlägig, wenn das Recht eines Staates dem Testator die Möglichkeit der Rechtswahl gibt, ein anderer Staat diese Rechtswahl jedoch nicht kennt. Auch hier sind Entscheidungsdivergenzien möglich.
2.3. Formstatut
Im Fall der Nachlassspaltung ist die Frage der formellen Wirksamkeit für jeden Spaltnachlass getrennt zu beurteilen[8]. Aus der Warte des deutschen IPR ist das anzuwendende Recht hierbei jedoch nicht das Erbstatut oder das Recht nach Art. 11 EGBGB , sondern wird durch die Regelungen des Haager Übereinkommens über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht (HTestFÜ) vom 5.10.1961 bestimmt[9]. Die wesentlichen Bestimmungen des Übereinkommens wurden in den Art. 26 I-III EGBGB übernommen bzw. inkorporiert. In Bezug auf die Nachlassspaltung hat es eine große Rolle eingenommen, da es aufgrund der „loi-uniforme-Klausel“ in Art. 6 HTestFÜ eine allseitige Anwendbarkeit bietet und es daher nicht der Ratifikation bzw. der Stellung als Vertragsstaats zur Anwendung bedarf, welches jedoch nicht durch die Inkorporierung in das autonome Kollisionsrecht zu einer Ausweitung des räumlichen Anwendungsbereichs führt[10]. Um das Ziel der Vermeidung ungültiger Errichtungen oder aufgrund der Form widerrufbarer letztwilliger Verfügungen bestmöglich zu erreichen, bietet das Übereinkommen in Art. I 1 HTestFÜ ein Katalog von alternativen Anknüpfungsmöglichkeiten, wonach es dann genügt, wenn das Testament nach einer der nach dem Übereinkommen bzw. nach dem Art. 26 I-IV EGBGB berufenen Rechtsordnungen formwirksam ist[11]. Weitere Untermauerung findet diese Intention des favor testamenti in der Art der Verweisung als Sachnormverweisung, welches ausdrücklich in Art. I HTestFÜ mit „innerstaatlich“ geregelt wurde.
Zwar muss, wie bereits referiert, die formelle Wirksamkeit für jeden Spaltnachlass gesondert beurteilt werde, jedoch kann das HTestFÜ bzw. Art. 26 EGBGB dem favor testamenti sehr gut Folge geleistet werden, da es die Wahrscheinlichkeit unterbreitet, dass der gesamte Nachlass aus formeller Sicht einem materiellen Recht unterfällt und diesem in wirksamer Weise entspricht.
3. Kumulation von rechtlicher und faktischer Nachlassspaltung
Bereits das einzelne Auftreten von der rechtlichen oder der faktischen Nachlassspaltung kann Probleme nach sich ziehen[12]. Treten diese jedoch in Kumulation auf, so wird die rechtliche Beurteilung erheblich erschwert. Vor genanntem Problem stand der IV. Senat des BGH[13]. Sachlage des Falles war, dass ein deutscher Erblasser kurze Zeit vor seinem Tod ein eigenhändiges Testament errichtete. In diesem sprach er der Klägerin, die gleichzeitig eines seiner drei Kinder ist, Pflichtanteile aus dem Verkauf seiner Häuser, abzüglich der Bankschulden, zu. Seine zwei ehemaligen Lebenspartnerinnen sollten jeweils zur Hälfte die sonstigen Lebensversicherungen plus den Überschuss aus dem Verkauf der Häuser erhalten. Bemerkenswert war, dass unter den angesprochenen Häusern, eines in Florida belegen ist und dies Probleme hinsichtlich des Erbstatuts, des Formstatuts sowie der Auslegung nach sich zog.
3.1. Erbstatut
Wie bereits erwähnt ist nach Art. 25 I EGBGB das maßgebliche Erbstatut durch die Staatsangehörigkeit zu ermitteln. Im vorliegenden Fall musste sich der BGH jedoch mit der Konstellation befassen, dass der Staat Florida hinsichtlich unbeweglichen Vermögens das lex rei sitae anwendet, also das eigene materielle Recht zur Anwendung heranzieht. Dies führt, wie oben bereits unter anderem als Ursache hierfür[14] beschrieben, durch die Einräumung eines Vorrangs der „besonderen“ Vorschriften, gem. Art. 3 III EGBGB zur rechtlichen Nachlassspaltung.
3.1. Gesetzgeberische Intention zu Art. 3 III EGBGB
Die umstrittenste Frage zum angesprochenen Art. befasst sich damit, ob unter dem Begriff „besonderer“ Vorschriften auch kollisionsrechtliche Sonderregeln des ausländischen IPR’s fallen[15].
[...]
[1] Dörner LMK 2004, 222, 223.
[2] Staudinger – Dörner Art. 25 EGBGB Rn.: 723.
[3] Bamberger/Roth – Lorenz Art. 25 EGBGB Rn.: 50.
[4] V. Hoffmann/Thorn § 9 Rn.: 59.
[5] Palandt – Heldrich Art. 3 Rn. 12.
[6] Steiner ZEV2003, 145.
[7] Bezüglich der Ursachen der faktischen Nachlassspaltung s. Steiner ZEV2003 145, 146.
[8] Soergel – Schurig Art. 25 EGBGB Rn.: 101.
[9] V. Hoffmann/Thorn § 9 Rn.: 33.
[10] S. Fn.: 9 Rn.: 34
[11] S. Fn.: 9 Rn.: 36.
[12] Looschelders IPRax 2005, 232.
[13] BGH, 7.7.2004 – IV ZR 135/03; NJW 2004, 3558, 3561.
[14] S. 2.1.
[15] Looschelders, IPR, Art. 3 EGBGB Rn.: 30.
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