Der Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EG-Vertrag) zielt auf die Verwirklichung eines einheitlichen Wirtschaftsraums, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleitungen und Kapital gewährleistet ist. Die Errichtung dieses einheitlichen Wirtschaftsraums bedingt auch die Vereinbarung gewisser Regeln über das Zusammenspiel der Steuerrechtsordnungen der Mitgliedsstaaten und damit einen gewissen Grad an Harmonisierung.
Die Harmonisierung des europäischen Steuerrechts durch den Gesetzgeber war in der Vergangenheit lediglich bei den indirekten Steuern mittels Richtlinien erfolgreich. Die Harmonisierung der direkten Steuern ist demgegenüber bisher nur ansatzweise erfolgt. Dem fehlenden Willen zur politischen Einigung über das europäische Steuerrecht und damit zu einer umfassenden Harmonisierung durch den Gesetzgeber stehen die Harmonisierungsbestrebungen des EuGH gegenüber. Der EuGH hat mit seinen Urteilen zu den direkten Steuern in den vergangenen Jahren verdeutlicht, dass er die entscheidenden Impulse für eine Harmonisierung des europäischen Steuerrechts setzt. Ausgehend von den Diskriminierungsverboten der Grundfreiheiten des EG-Vertrages entwickelt der EuGH in seinen Urteilen klare Grundsätze, an denen sich das nationale Steuerrecht messen lassen muss, wobei die in den weiteren Ausführungen zu bearbeitenden Einwirkungen der Kapitalverkehrsfreiheit auf das Recht der direkten Steuern in der Rechtsprechung des EuGH bisher nur eine untergeordnete Rolle spielten.
Bevor nun in Kapitel 4 im Einzelnen auf das Verhältnis der direkten Steuern zu der Kapitalverkehrsfreiheit eingegangen wird, soll in den Kapiteln 2 „Europäisches Steuerrecht“ und 3 „Grundfreiheiten und Steuerrecht“ zunächst ein kurzer Einblick in das Verhältnis „direkte Steuern“ und „Europa“ gegeben werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Europäisches Steuerrecht
- Legitimation für ein europäisches Steuerrecht
- Kompetenzverteilung auf europäischer Ebene
- Einwirkung des Europarechts auf das nationale Steuerrecht
- Definition des Begriffs „Steuern“ auf europarechtlicher Ebene
- Grundfreiheiten und Steuerrecht
- Vorrang supranationalen Rechts
- Die vier Grundfreiheiten
- Das allgemeine Diskriminierungsverbot
- Einwirkungen auf das Recht der direkten Steuern
- Die Prüfung nach einem Verstoß
- Die Auswirkungen eines Verstoßes
- Rechtfertigungsgründe bei einem Verstoß
- Direkte Steuern und Kapitalverkehrsfreiheit – Allgemeiner Teil –
- Die Entwicklung der Kapitalverkehrsfreiheit
- Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit
- Verhältnis der Kapitalverkehrsfreiheit zu den anderen Grundfreiheiten
- Verhältnis zur Warenverkehrsfreiheit
- Verhältnis zur Dienstleistungsfreiheit
- Verhältnis zur Niederlassungsfreiheit
- Auslegung des Art. 43 Abs. 2 EG
- Auslegung des Art. 58 Abs. 2 EG
- Überschneidung der Schutzbereiche
- Abgrenzung der Schutzbereiche durch den EuGH
- Direkte Steuern und Kapitalverkehrsfreiheit – Besonderer Teil
- Gesellschafter – Fremdfinanzierung - § 8a KStG
- Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit
- Keine Rechtfertigung des Eingriffs
- Investitionen aus Drittstaaten
- Neureglegung durch den Gesetzgeber
- Eingriff der Neuregelung in die Kapitalverkehrsfreiheit
- Rechtfertigung
- Schlussfolgerung
- Dividendenbesteuerung - § 8b Abs. 5 KStG
- Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit
- Rechtfertigung des Eingriffs
- Neuregelung durch den Gesetzgeber
- Eingriff der Neuregelung in die Kapitalverkehrsfreiheit
- Rechtfertigung des Eingriffs
- Anrechnungsverfahren - § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG
- Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit
- Rechtfertigung des Eingriffs
- Auswirkungen des Verfahrens „Manninen“ auf deutsche Anteilseigner
- Wegzugsbesteuerung - § 6 AStG
- Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit
- Rechtfertigung des Eingriffs
- Hinzurechnungsbesteuerung - §§ 7-14 AStG
- Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit
- Rechtfertigung des Eingriffs
- Verlustausgleich über die Grenze - § 2a EStG
- Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit
- Rechtfertigung des Eingriffs
- Gesellschafter – Fremdfinanzierung - § 8a KStG
- Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Einwirkungen der Kapitalverkehrsfreiheit auf das Recht der direkten Steuern. Sie untersucht, inwieweit die rechtliche Entwicklung der Kapitalverkehrsfreiheit im Rahmen der Europäischen Union eine Harmonisierung des Steuerrechts der Mitgliedstaaten erforderlich macht und welche Auswirkungen diese Harmonisierung auf das nationale Steuerrecht hat.
- Entwicklung und rechtliche Grundlagen der Kapitalverkehrsfreiheit
- Einwirkung der Kapitalverkehrsfreiheit auf die direkten Steuern
- Rechtfertigungsgründe für staatliche Eingriffe in die Kapitalverkehrsfreiheit
- Analyse von spezifischen Steuerbestimmungen im Kontext der Kapitalverkehrsfreiheit
- Harmonisierungstendenzen im Steuerrecht der Europäischen Union
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung, die die Bedeutung der Kapitalverkehrsfreiheit für die Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes der Europäischen Union beleuchtet. Kapitel 2 behandelt das europäische Steuerrecht und geht auf die Legitimation für ein europäisches Steuerrecht, die Kompetenzverteilung auf europäischer Ebene, die Einwirkung des Europarechts auf das nationale Steuerrecht und die Definition des Begriffs "Steuern" auf europarechtlicher Ebene ein.
Kapitel 3 befasst sich mit den Grundfreiheiten und dem Steuerrecht, wobei der Schwerpunkt auf den Vorrang des supranationalen Rechts, den vier Grundfreiheiten, dem allgemeinen Diskriminierungsverbot und den Einwirkungen auf das Recht der direkten Steuern liegt.
Kapitel 4 widmet sich dem Verhältnis der direkten Steuern zur Kapitalverkehrsfreiheit. Hier werden die Entwicklung der Kapitalverkehrsfreiheit, der Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit und das Verhältnis der Kapitalverkehrsfreiheit zu den anderen Grundfreiheiten analysiert. Kapitel 5 untersucht konkrete Beispiele für die Einwirkung der Kapitalverkehrsfreiheit auf das nationale Steuerrecht, wie beispielsweise die Gesellschafter-Fremdfinanzierung, die Dividendenbesteuerung, das Anrechnungsverfahren, die Wegzugsbesteuerung, die Hinzurechnungsbesteuerung und den Verlustausgleich über die Grenze.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter in der Arbeit sind: Kapitalverkehrsfreiheit, direktes Steuerrecht, europäisches Steuerrecht, Harmonisierung, Grundfreiheiten, Diskriminierung, Rechtfertigungsgründe, Eingriffe in die Kapitalverkehrsfreiheit, nationale Steuerrecht, Europäische Union.
- Quote paper
- LL.M. Eur. Michael Winkler (Author), 2005, Einwirkungen der Kapitalsverkehrsfreiheit auf das Recht der direkten Steuern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59130