Die Reformation mit ihrem fraglos bedeutsamsten Initiator Martin Luther setzte im 16. Jahrhundert eine große Erneuerungsbewegung innerhalb der abendländischen christlichen Kirche frei, die zur Abspaltung verschiedener protestantischer Kirchen von der römischkatholischen führte. Das Papsttum wurde erschüttert und damit zugleich die Grundfesten der europäischen Machtstruktur. Der Literatur kam bei der Verbreitung jener neuen Ideen, die für solch fundamentale Umwälzungen sorgten, eine wichtige Rolle zu: Schulmeister schrieben brisante Stücke, die die Missstände in der Kirche anprangerten, Geistliche diskutierten in Aufsätzen den Zustand des Papsttums und die lutherschen Thesen, Luther selbst versuchte u.a. mit Hilfe von Fabeln den Papst und die römisch-katholische Kirche zu entlarven. Die Voraussetzung für eine weitreichende und wirkungsvolle Agitation war definitiv die Gutenberg’sche Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern. Sie ließ die Buchdruckerzunft rasant anwachsen und bot eine schnelle Vervielfältigung von Schriftstücken und das in hohen Stückzahlen. Im deutschsprachigen Raum bedienten sich die kreativen Köpfe der Reformation neben der Lied- und Spruchdichtung, der Streit- und Flugschrift und der Fabel ebenfalls der Kunstform des Dramas. Vom „Reformationsdrama“ als eigenständigen Gattungsbegriff innerhalb der Dramentheorie bzw. -geschichte kann man jedoch nur insofern sprechen, als hier nicht neu entwickelte strukturelle und formale Merkmale sein Wesen ausmachen; vielmehr prägen Inhalt, Entstehungszeit und der gewichtige zeitgenössische Bezug diesen Terminus. Das Drama im allgemeinen Sinne darf hier als ein literarischer Text, der für die Aufführung in einem Theater bestimmt ist, definiert werden. Nach dem Thesenanschlag Luthers im Jahre 1517 entfaltete sich die dramatische Kunst mit antipäpstlicher Tendenz bemerkenswerterweise nicht im Herzen der reformatorischen Bewegung, in Wittenberg, sondern in der Schweiz und im Nordosten des Deutschen Reiches. Der Berner Niklas Manuel (1484-1530) und Bado von Minden seien hier als Vertreter des frühreformatorischen Dramas genannt, das „Pariser Reformationsspiel“ von 1524 als Beispiel für ein populäres Stück ohne namentlich bekannten Autor. Gegen Ende der 1520er Jahre wurden dann in Bühnenwerken erstmals biblische Geschichten verarbeitet, auch antilutherische Dramen hielten zu jener Zeit Einzug. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Vorgänger des Reformationsdramas
- Das geistliche Spiel
- Das Fastnachtspiel
- Das Humanistendrama
- Übernommene Techniken und Formen
- Stoffe der Reformationsdramen
- Paul Rebhuns „Susanna“
- Über Paul Rebhun
- Strukturelle Merkmale der „Susanna“
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit beleuchtet die Formen und Strukturen des Reformationsdramas am Beispiel von Paul Rebhuns "Susanna". Sie analysiert die Entstehung und Entwicklung dieser Dramenform und zeigt auf, welche Elemente aus früheren und zeitgenössischen Schauspielformen übernommen wurden. Darüber hinaus untersucht die Arbeit die Stoffe und Themen, die im Reformationsdrama behandelt werden.
- Die Entwicklung des Reformationsdramas aus früheren Formen
- Struktur und Form des Reformationsdramas
- Die Rolle der Reformation in der Gestaltung des Dramas
- Die Themen und Stoffe des Reformationsdramas
- Die Bedeutung von Paul Rebhuns "Susanna" für das Verständnis des Reformationsdramas
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung bietet einen Überblick über die Entstehung und Entwicklung des Reformationsdramas im 16. Jahrhundert. Sie beleuchtet die Rolle der Reformation im gesellschaftlichen und kulturellen Wandel und ihre Bedeutung für die dramatische Kunst. Anschließend werden die Vorgänger des Reformationsdramas, wie das geistliche Spiel, das Fastnachtspiel und das Humanistendrama, in Bezug auf ihre strukturellen und formalen Merkmale beleuchtet. Das zweite Kapitel widmet sich den Techniken und Formen, die das Reformationsdrama von seinen Vorgängern übernahm. Es werden die verschiedenen Gestaltungselemente wie die Verwendung von allegorischen Figuren, die szenische Darstellung von Bibelstellen und die Einbindung von Musik und Tanz in die Dramenhandlung untersucht. Das dritte Kapitel beleuchtet die Stoffauswahl des Reformationsdramas. Hier werden die wichtigsten Themen und Motive, die in den Stücken behandelt werden, wie z.B. die Kritik an der katholischen Kirche, die Verteidigung des protestantischen Glaubens und die Auseinandersetzung mit moralischen und gesellschaftlichen Fragen, näher betrachtet.
Schlüsselwörter
Reformationsdrama, geistliches Spiel, Fastnachtspiel, Humanistendrama, Struktur, Form, Technik, Stoff, Thema, Paul Rebhun, Susanna, Reformation, protestantische Kirche, katholische Kirche, Bibel, Allegorie, Moralität, Kritik, Verteidigung, Gesellschaft, Moral
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- Erik Springstein (Author), 2005, Formen und Strukturen des Reformationsdramas, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58882