26 Jahre währte Goethes Direktorat des Weimarer Hoftheaters. Gespielt wurde an 4136 Abenden, wie jemand sorgfältig nachgerechnet hatte, und zwar 2797 Sprechstücke - von der Tragödie über das Schauspiel bis zur Posse -, dazu 1084 Opern, Singspiele, Operetten, 255 Ballette. Erst nach mehreren erfolglosen Abschiedsgesuchen erhält Goethe 1817 auf seinen Protest gegen die Aufführung eines Schauspiels, in dem ein Hund die Hauptrolle einnahm, seinen Abschied. Auf Betreiben der ehemaligen Schauspielerin Karoline Jagemann, nunmehrige Maitresse des Weimarer Herzogs Carl August, hatte der kaiserlich-königliche Wiener Schauspieler Karsten auf der Weimarer Hofbühne das Gastspiel mit seinem dressierten Hundes geben dürfen, der in„Der Hund des Aubry des Mont Didier oder Der Wald bei Bondy“bei der Weimarer Gesellschaft offenbar besser ankam als die Goethesche Kunstanschauung. 1791, mitten in der Arbeit an naturwissenschaftlichen Aufgabenstellungen -Goethe arbeitete damals an„prismatischen Erscheinungen“und war dabei,„das erste Stück ›Optischer Beiträge‹ herauszugeben“-, kam ihm das Angebot Herzog CARL AUGUSTs, das Weimarer Hoftheater zu übernahmen, recht gelegen.„[M]it Vergnügen“,wie Goethe später berichtet, übernahm er „die Leitung des Hoftheaters“,damit - durch die ausdauernde Beschäftigung mit Wissenschaftlichen Stoffen - die„dichterische und ästhetische Seite nicht allzu kurz käme“. Die Jahre zuvor (1777 bis 1786) arbeitete Goethe amWilhelm Meister Roman, dessen Held vom Ehrgeiz auf die Bühne getrieben wird, ein „treffliche[r] Schauspieler“zu werden und der„Schöpfer eines künftigen Nationaltheaters, nach dem er so vielfältig hatte seufzen hören“. Der Roman sollte ursprünglich den TitelWilhelm Meisters theatralische Sendungtragen, doch die Arbeit kam ins Stocken, der Stoff bereitete Goethe einige Schwierigkeiten. In einem Gespräch mit Eckermann bekennt Goethe, dass gerade in den Jahren, da er Weimarer Theaterdirektor wurde,„die eigentliche Zeit[seines]Theater-Interesses schon vorüber“ war - was ihn auch daran hinderte, sein Romanprojekt in der geplanten Form fertig zu stellen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 26 Jahre währte Goethes Direktorat des Weimarer Hoftheaters
- 1791, mitten in der Arbeit an naturwissenschaftlichen Aufgabenstellungen
- Die Jahre zuvor (1777 bis 1786) arbeitete Goethe am Wilhelm Meister Roman
- Am 5. April 1791 verabschiedete sich wie angekündigt BELLOMO - Goethes entlassener Vorgänger – mit KOTZEBUES Kind der Liebe von der Bühne
- Die Oberdirektion des Hoftheaters übernahm Goethe und Hofkammerrat KIRMS
- In der ersten Zeit änderte sich zunächst kaum etwas: auf dem Spielplan standen viele Übernahmen aus BELLOMOS Zeit
- Goethe war im Verlauf seiner Theaterleitung bestrebt, die Stellung und die Bindung des Schauspielers an das Theater zu verändern.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text beleuchtet die 26-jährige Leitung des Weimarer Hoftheaters durch Johann Wolfgang von Goethe. Er untersucht Goethes Visionen und Reformen im Hinblick auf das Theater der Zeit sowie die Herausforderungen, die sich ihm stellten. Darüber hinaus werden die Hintergründe seiner Ernennung, seine künstlerischen Ziele und die Entwicklung des Repertoires unter seiner Leitung analysiert.
- Goethes Engagement für das Weimarer Hoftheater und seine Visionen
- Die Entwicklung des Repertoires und die Einführung neuer Stücke
- Goethes Reformen im Bereich der Schauspielerführung und Ensemblearbeit
- Die Auswirkungen des Hoftheaters auf die Weimarer Gesellschaft und die deutsche Theaterlandschaft
- Der Einfluss des Hoftheaters auf Goethes eigene literarische Arbeit
Zusammenfassung der Kapitel
Der Text schildert Goethes Übernahme des Weimarer Hoftheaters im Jahr 1791. Die Ernennung erfolgte inmitten seiner naturwissenschaftlichen Forschungen, doch Goethe sah in der Theaterleitung die Möglichkeit, seine künstlerischen und ästhetischen Fähigkeiten weiterzuentwickeln.
Die Jahre vor der Übernahme waren von Goethes Arbeit an Wilhelm Meister geprägt, einem Roman, der die Bühne als zentrale Metapher für die Selbstfindung des Helden verwendet. Die Schwierigkeiten, die sich Goethe beim Schreiben des Romans stellte, spiegeln sich in seinen späteren Äußerungen über seine Theaterleitung wieder. Im Jahr 1791 übernahm Goethe die Leitung des Hoftheaters und begann, das Repertoire zu reformieren.
Obwohl er zunächst das bestehende Repertoire aus der Zeit seines Vorgängers Bellomo übernahm, begann Goethe, neue Stücke einzuführen, und setzte sich für die Werke von Mozart, Lessing und Shakespeare ein. Er schuf ein Ensemble aus talentierten Schauspielern aus verschiedenen deutschen Städten und verfolgte eine strenge Ensemblearbeit, um die Qualität des Theaters zu verbessern. Die Reformen führten zu Konflikten mit einigen Schauspielern, die sich der strengen Disziplinierung widersetzten.
Schlüsselwörter
Goethe, Weimarer Hoftheater, Theaterleitung, Repertoire, Ensemblearbeit, Schauspielkunst, Mozart, Lessing, Shakespeare, Wilhelm Meister, Theaterreformen, Theatergeschichte, Dramaturgie, Klassik, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Deutschland.
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- Jaroslaw Piwowarski (Author), 2003, Goethe und das Weimarer Hoftheater, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58651