Die vorliegende Bachelorarbeit beschäftigt sich mit dem Thema „Bindungstheoretische Aspekte und Kinderschutz bei misshandelten und vernachlässigten Kindern in Vollzeitpflegefamilien“. Sie geht darauf ein, wie Kinder in Vollzeitpflegefamilien durch die Gesetzgebung in Deutschland geschützt sind und wie das Jugendamt handelt, um das Kindeswohl zu gewähren. In diesem Zusammenhang ist die Beratung einer Pflegefamilie eine zentrale Leistung der Jugendhilfe und zur Sicherung des Kindeswohls unabdingbar. Des Weiteren bildet die von John Bowlby entwickelte Bindungstheorie den großen theoretischen Rahmen dieser Arbeit. Die Bindungstheorie beschäftigt sich mit der emotionalen Entwicklung des Menschen, mit seinen lebensnotwendigen soziokulturellen Erfahrungen und insbesondere mit den emotionalen Folgen, die sich aus unangemessenen Bindungserfahrungen, wie ungewollte Trennung und Verlust ergeben haben. Bei Kindern, die in ihrer Herkunftsfamilie Vernachlässigung und Misshandlung erlebt haben und vielfältige Beziehungsabbrüche erfahren haben kommt er zu einer Beeinträchtigung der Bindungsentwicklung, die als Bindungsstörung bezeichnet wird.
In diesem Zusammenhang wird auf die Fragestellung: „Wie äußern sich Bindungserfahrungen bei misshandelten oder vernachlässigten Kindern in Vollzeitpflegefamilie?“, eingegangen. Der Einstieg der Arbeit erfolgt mit dem Kapitel „Rechtliche Grundlagen“. Anhand verschiedenen Paragrafen im Grundgesetz und Bürgerlichen Gesetzbuch wird die Bedeutung von Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung, als auch der Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung erläutert. Im dritten Kapitel werden die Themenbereiche Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung dargestellt. Zunächst wird der Begriff Kindeswohl definiert und anschließend die Grundbedürfnisse von Kindern beschrieben. Als Nächstes folgt die Definition des Begriffs Kindeswohlgefährdung. Im Folgenden werden die vier zentralen Formen der Kindeswohlgefährdung erläutert. Im vierten Kapitel werden die Grundlagen der Pflegekinderhilfe näher beschrieben, um eine theoretische Basis zu schaffen. Neben der Entwicklung der Vollzeitpflege wird vor allem auf die Formen der Vollzeitpflege eingegangen. Dabei werden die rechtlichen Rahmenbedingungen der Vollzeitpflege näher beschrieben. Darauf aufbauend wird im vierten Kapitel der Kinderschutz in der Fremdpflege umfangreich erläutert. Im Fokus des fünften Kapitels steht die Bindungstheorie nach John Bowlby.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkurzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Rechtliche Grundlagen
2.1 Kindeswohl im Grundgesetz
2.2 Kindeswohlgefahrdung im Burgerlichen Gesetzbuch
2.3 Schutzauftrag bei Kindeswohlgefahrdung
3 Kindeswohl und Kindeswohlgefahrdung
3.1 Kindeswohl
3.2 Grundbedurfnisse von Kindern
3.3 Kindeswohlgefahrdung
3.4 Formen der Kindeswohlgefahrdung
3.4.1 Vernachlassigung
3.4.2 Psychische Formen der Misshandlung
3.4.3 Korperliche Misshandlung
4 Grundlagen der Vollzeitpflege
4.1 Entwicklung der Vollzeitpflege
4.2 Rechtliche Rahmenbedingungen und Formen der Vollzeitpflege
4.3 Kinderschutz in der Fremdpflege
5 Historischer Kontext und Grundlagen der Bindungstheorie
5.1 Entstehung der Bindungstheorie
5.2 Grundzuge der Bindungstheorie
5.3 Bindungen und Bindungsverhalten
5.4 Intemale Arbeitsmodelle und Bindung
5.5 Bindung im Sauglings und Kleinkindalter
5.5.1 Konzept der kindlichen Bindungsqualitat
5.5.2 Klassifikation der kindlichen Bindungsqualitat
5.5.3 Feinfuhligkeit und Bindungsqualitat
6 Bindungsstorung
7 Interviewanalyse
8 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Pyramide einergesunden kindlichen Entwicklung Abbildung 2: Fallzahlen zur Vollzeitpflege und Heimerziehung
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Lebensbedurfnisse eines Kindes
Tabelle 2: Finanzielle Leistung bei normaler Vollzeitpflege
Abkiirzungsverzeichnis
bzw. Beziehungsweise
etc. Et cetera
WPF Westfalische Pflegefamilien
z.B. zum Beispiel
1. Einleitung
Die vorliegende Bachelorarbeit beschaftigt sich mit dem Thema „Bindungstheoretische Aspekte und Kinderschutz bei misshandelten und vernachlassigten Kindern in Vollzeitpflegefamilien". Sie geht darauf ein, wie Kinder in Vollzeitpflegefamilien durch die Gesetzgebung in Deutschland geschutzt sind und wie das Jugendamt handelt, um das Kindeswohl zu gewahren. In diesem Zusammenhang ist die Beratung einer Pflegefamilie eine zentrale Leistung der Jugendhilfe und zur Sicherung des Kindeswohls unabdingbar (vgl. Munstermann 2013: S. 85). Des Weiteren bildet die von John Bowlby entwickelte Bindungstheorie den grofcen theoretischen Rahmen dieser Arbeit. Die Bindungstheorie beschaftigt sich mit der emotionalen Entwicklung des Menschen, mit seinen lebensnotwendigen soziokulturellen Erfahrungen und insbesondere mit den emotionalen Folgen, die sich aus unangemessenen Bindungserfahrungen, wie ungewollte Trennung und Verlust ergeben haben (vgl. Grossmann/Grossmann 2006: S. 30). Bei Kindern, die in ihrer Herkunftsfamilie Vernachlassigung und Misshandlung erlebt haben und vielfaltige Beziehungsabbruche erfahren haben kommt er zu einer Beeintrachtigung der Bindungsentwicklung, die als Bindungsstorung bezeichnet wird (vgl. Brisch 2010: S. 102 ff.). In diesem Zusammenhang wird auf die Fragestellung: „Wie auGern sich Bindungserfahrungen bei misshandelten oder vernachlassigten Kindern in Vollzeitpflegefamilie?" eingegangen. Der Einstieg der Arbeit erfolgt mit dem Kapitel „Rechtliche Grundlagen". Anhand verschiedenen Paragrafen im Grundgesetz und Burgerlichen Gesetzbuch wird die Bedeutung von Kindeswohl und Kindeswohlgefahrdung, als auch der Schutzauftrag bei Kindeswohlgefahrdung erlautert. Im dritten Kapitel werden die Themenbereiche Kindeswohl und Kindeswohlgefahrdung dargestellt. Zunachst wird der Begriff Kindeswohl definiert und anschliefcend die Grundbedurfnisse von Kindern beschrieben. Als nachstes folgt die Definition des Begriffs Kindeswohlgefahrdung. Im Folgenden werden die vier zentralen Formen der Kindeswohlgefahrdung erlautert. Im vierten Kapitel werden die Grundlagen der Pflegekinderhilfe naher beschrieben, um eine theoretische Basis zu schaffen. Neben der Entwicklung der Vollzeitpflege wird vor allem auf die Formen der Vollzeitpflege eingegangen. Dabei werden die Rechtlichen Rahmenbedingungen der Vollzeitpflege naher beschrieben. Darauf aufbauend wird im vierten Kapitel der Kinderschutz in der Fremdpflege umfangreich erlautert. Im Fokus des funften Kapitels steht die Bindungstheorie nach John Bowlby. Hierzu werden eingangs im funften Kapitel ein historischer Uberblick uber die Entstehung der Bindungstheorie gegeben und die Grundlagen von Bindung erlautert. Kapitel sechs befasst sich mit dem Thema der Bindungsstorung. Im siebten Kapitel findet die Interviewanalyse statt, die mit einer Sozialpadagogin aus dem Pflegekinderdienst durchgefuhrt wurde. AbschlieGend werden im Fazit die theoretischen Erkenntnisse zusammengefasst und auf die oben genannte Leitfrage Stellunggenommen.
2. Rechtliche Grundlagen
In diesem Kapitel werden die rechtlichen Grundlagen zum Thema Kindeswohl in Betracht genommen. Hierzu werden Paragraphen aus dem Grundgesetz, Burgergesetzbuch und Sozialgesetzbuch erlautert.
2.1 Kindeswohl im Grundgesetz
Der Artikel 6 Grundgesetz, stellt besonders in Absatz 2 den verfassungsrechtlichen Ausgangspunkt in Bezug auf den Schutz des Kindeswohls dar. GemaB Artikel 6 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes, ist die Pflege und Erziehung der Kinder, das naturliche Recht der Eltern und die zuvorderst ihnen obliegende Pflicht. In Satz 2 wird ebenfalls das staatliche Wachteramt benannt, in dem die staatliche Gemeinschaft uber die Betatigung der Eltern wacht. Sofern durch die Eltern das Kindeswohl nicht mehr gewahrleistet ist, ist ein staatliches Einschreiten geboten. Nach Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz ist es die Aufgabe bzw. Pflicht der staatlichen Gemeinschaft, als Wachter der elterlichen Pflege und Erziehung fur den Schutz des Kindeswohls zu sorgen. GemaB Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes, ist das Kind Grundrechtstrager und hat demzufolge einen Anspruch auf Schutz durch den Staat (vgl. Pinkvoss 2009: S. 11).
2.2 Kindeswohlgefahrdung im Burgerlichen Gesetzbuch
Im Burgerlichen Gesetzbuch sind insbesondere die Paragraphen 1626,1631,1666,1666a und 1697a mafcgebend (vgl. Pinkvoss 2009: S. 12).
In § 1626 BGB wird die elterliche Sorge in Betracht genommen, diese umfasst die Personensorge als auch die Vermogenssorge des Kindes. Demgegenuber haben die Eltern die wachsenden Fahigkeiten des Kindes und sein wachsendes Bedurfnis nach selbststandigen und verantwortungsbewussten Handeln zu berucksichtigen. Als Grundsatz der elterlichen Sorge wird das Wohl des Kindes betrachtet. Die Eltern tragen die Verantwortung, damit das Kind zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfahigen Personlichkeit heranwachsen kann (vgl. ebd.).
Der § 1631 BGB erganzt § 1626, hier wird die Personensorge ausfuhrlich beschrieben. Unter dem Begriff Personensorge fallt sowohl die Pflege und Erziehung des Kindes als auch die Beaufsichtigung und das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Der Begriff Pflege beinhaltet die Sorge fur das Wohlbefinden und die physische Existenz und der Begriff Erziehung umfasst die Sorge fur die geistige, seelische und sittliche Entwicklung (vgl. Pinkvoss 2009: S. 12 f.).
Im Zusammenhang der Beaufsichtigung haben die Eltern stets das Recht, sich uber die das Kind betreffende Angelegenheiten zu informieren. Andererseits ist es die Pflicht der Eltern, dass Kind zu uberwachen, dass es zu keiner Schadigung Dritter durch das Kind kommt. Gemaf? Absatz 2 haben Kinder das Recht auf gewaltfreie Erziehung, d.h. korperliche Bestrafung, seelische Verletzung oder andere entwurdigende MaGnahmen sind nicht erlaubt, denn diese ErziehungsmaGnahmen beeintrachtigen die Ausbildung von Selbstachtung und Selbstwertgefuhl (vgl. ebd.: S. 13).
„Der § 1666 BGB (Gerichtliche MaGnahmen bei Gefahrdung des Kindeswohls) ist die Konkretisierung der verfassungsrechtlichen Vorgaben zum staatlichen Wachteramt und ist als zentrale Kinderschutznorm anzusehen" (Pinkvoss 2009: S. 13). Sofern der Schutz eines Kindes durch die Eltern bzw. das Elternrecht ferner nicht gewahrleistet ist, hat der Staat sein Wachteramt auszuuben (vgl. Munder 2005: zit. n. Pinkvoss 2009: S. 13). Entsprechend § 1666 BGB wird der Begriff des Kindeswohls in das korperliche, geistige und seelische Wohl des Kindes kategorisiert. Im Rahmen jeder gerichtlichen Entscheidung ist die konkrete und prazise Ermittlung des jeweiligen Einzelfalls zwingend erforderlich, bei der die tatsachliche Gefahr fur das Kindeswohl eindeutig festgestellt werden muss. Aufgrund dessen, dass der Begriff Kindeswohl ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, ermoglicht es die unterschiedlichen und individuellen Bedingungen des Einzelfalls zu berucksichtigen, urn flexibel und angemessene Hilfe zu leisten (vgl. ebd.). „Die Gefahr fur das Kindeswohl muss dabei gegenwartig oder nahe bevorstehend und so ernst zu nehmen sein, dass sich bei einem Fortbestehen der Gefahr eine erhebliche Schadigung des korperlichen, geistigen und seelischen Wohls mit grower Sicherheit voraussehen lasst" (Pinkvoss 2009: S. 13). Die Gefahrdungsursachen gemafc § 1666 BGB sind die missbrauchliche Ausubung der elterlichen Sorge, Vernachlassigung, unverschuldetes Versagen der Eltern wie auch das Verhalten Dritter. Vorausgesetzt eines dieser Ursachen ist zutreffend, ist ein Eingreifen seitens des Gerichts gerechtfertigt. Ferner ist eine weitere Eingriffsvoraussetzung in der fehlenden Bereitschaft oder Fahigkeit der Eltern begrundet, die Gefahr fur ihr Kind abzuwenden (vgl. Pinkvoss 2009: S. 13 f.).
In § 1666a BGB wird der Grundsatz der VerhaltnismaGigkeit und der Vorrang offentlicher Hilfen erlautert, die das Familiengericht bei der Ausubung des staatlichen Wachteramts insbesondere bei Eingriffen in die Personensorge der Eltern zu berucksichtigen hat. Laut dem VerhaltnismaGigkeitsprinzip, sollen lediglich die MaGnahmen getroffen werden, die einerseits das Kindeswohl sichern, allerdings andererseits ebenso den geringsten notigen Eingriff in die Eltemrechte bedeuten. Die gesamte Personensorge soil erst dann entzogen werden, vorausgesetzt andere MaGnahmen zur Gefahrenabwehr sind nicht ausreichend (vgl. Pinkvoss 2009: zit. n. Munder 2005: S. 180). Der § 1666a bestimmt im Ubrigen auch, das offentliche Hilfen Vorrang vor dem Eingriff durch das Familiengericht haben, da zunachst versucht werden soil, moglichst durch, helfende, unterstutzende und auf Wiederherstellung des verantwortungsbewussten Verhaltens der Eltern gerichtete MaGnahmen des Kindeswohls zu sichern. Sofern dies nicht gelingt, sind gerichtliche Eingriffe zu rechtfertigen (vgl. ebd.: S. 13).
„ln § 1697a BGB wird erneut ausdrucklich bestimmt, dass das Kindeswohl der zentrale und beherrschende MaGstab fur alle Entscheidungen ist, die das Gericht zu treffen hat" (Weinrich 2005: zit. n. Pinkvoss 2009: S. 14).
2.3 Schutzauftrag bei Kindeswohlgefahrdung
Der § 8a SGB VIII beinhaltet den Schutzauftrag des Jugendamtes die bei einer Kindeswohlgefahrdung eine konkrete und eindeutige gesetzliche Formulierung enthalt. Sofern das Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte fur die Gefahrdung des Wohls eines Kindes oderJugendlichenwahmimmt,sohatdasJugendamtzurAbschatzungdesGefahrdungsrisikos mehrere Fachkrafte heranzuziehen. Falls eine drohende Gefahrdung des Kindeswohls festgestellt wird, hat das Jugendamt alles daran zu setzte, dass diese durch Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung abzuwenden ist. Sind die Eltern nicht in der Lage oder bereit, die Gefahr durch die Annahme der HilfemaGnahmen abzuwenden, ist die Einschaltung des Familiengerichts erforderlich (vgl. Ziegenhain/Fegert 2008: S. 23 ff.). 3. Kindeswohl und Kindeswohlgefahrdung Dasfolgende Kapitel beschaftigt sich mitdenThemen Kindeswohl und Kindeswohlgefahrdung in Hinblick auf die Bedurfnisse von Kindem. Weder der Begriff Kindeswohl noch der Begriff der Kindeswohlgefahrdung ist konkret definiert, beides sind unbestimmte Rechtsbegriffe (vgl. ISA - Institut fur soziale Arbeit e.V. 2016).
3. Kindeswohl und Kindeswohlgefahrdung
In dem folgenden Kapitel werden die Begriffe Kindeswohl unter Berucksichtigung der Grundbedurfnisse nach Maslow und Kindeswohlgefahrdung definiert. Des Weiteren werden die Formen von Kindeswohlgefahrdung naher erlautert.
3.1 Kindeswohl
Die Definierung des unbestimmten Rechtsbegriffs erfolgt in jedem Einzelfall durch eine eigenstandige Interpretation. Fur die Orientierung werden im folgenden einige Anhaltspunkte bekannt gegeben. Sofern die kindlichen Grundbedurfnisse ausreichend befriedigt sind, wird normalerweise davon ausgegangen, dass das Kindeswohl gesichert ist. Demzufolge ist die Voraussetzung fur ein Heranwachsen junger Menschen zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfahigen Personlichkeiten gegeben. Anzeichen diesbezuglich gibt uns das Verhalten und Erscheinungsbild des Kindes bzw. beobachtbare Erscheinungsformen einer gesunden Entwicklung. Die Beeintrachtigung des Kindeswohls ist selbstverstandlich noch nicht gleichzusetzen mit einer Kindeswohlgefahrdung, wichtig ist hier die Nachhaltigkeit der Auswirkung dieser Beeintrachtigung. Abraham Maslow, ein Vertreter der humanistischen Psychologie hat die menschlichen Grundbedurfnisse in einer Bedurfnispyramide veranschaulicht. Fur die korperliche, geistige und seelische Entwicklung der Kinder und fur die Entfaltung und Entwicklung ihrem Alter entsprechende Fahigkeiten und Fertigkeiten, ist die Befriedigung der Grundbedurfnisse Voraussetzung. Kinder benotigen wahrend des Entwicklungsprozesses die Unterstutzung durch andere (vgl. ISA - Institut fur soziale Arbeit e.V. 2016). MaGgeblich bei der Bedurfnispyramide ist, dass lediglich dann eine hohere Entwicklungsstufe entfalten kann, wenn die Bedurfnisse der darunter liegenden Stufe befriedigt wurden (Krech et. al. 2006: zit. n. Pinkvoss 2009: S. 23). Nach Abraham Maslow lassen sich funf Grundbedurfnisse benennen, er unterscheidet nach physiologischen Bedurfnissen, Sicherheitsbedurfnis, Zugehorigkeits- und Liebesbedurfnis, Wertschatzung- und Geltungsbedurfnis und dem Bedurfnis nach Selbstverwirklichung (vgl. ISA - Institut fur soziale Arbeit e.V. 2016). Diese werden in Kapitel 3.2 naher beschrieben.
3.2 Grundbedurfnisse von Kindern
Kinder benotigen Nahrung und Pflege, Zuwendung und Forderung, Erziehung und Bildung. Mangelnde Nahrung und unzureichende Pflege fuhren unverzuglich zu gesundheitlichen Schadigungen. Je kleiner die Kinder sind, desto schneller und deutlicher entstehen die Schadigungen (vgl. Institut fur Sozialarbeit und Sonderpadagogik e.V. 2008: S. 57). „Aus entwicklungspsychologischen und padiatrischen Forschungen gibt es konkrete Erkenntnisse „was ein Kind braucht" um an Leib und Seele gesund grofc werden zu konnen" (ebd.). In der folgenden Tabelle sind die „Lebensbedurfnisse eines Kindes" dargestellt (vgl. Schmidtchen 1989: zit. n. Institut fur Sozialarbeit und Sonderpadagogik e.V. 2008: S. 58):
Tabelle 1: Lebensbedurfnisse eines Kindes (Institut fur Sozialarbeit und Sonderpadagogik e. V. 2008: S.57, eigene Darstellung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
„Diese Erfordernisse einer gesunden kindlichen Entwicklung lassen sich in einer Pyramide so ordnen, dass deutlich wird, die physiologischen Basisbedurfnisse nach etwa Nahrung, Schlaf und Schutz (Stufe 1 und 2) mussen ausreichend erfiillt sein, damit auf den nachsten Stufen (Stufe 3 bis 6) weitere Bedurfnisse entwickelt und deren Unterstutzung eingefordert werden konnen" (Institut fur Sozialarbeit und Sonderpadagogik e.V. 2008: S. 57).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Pyramide einer gesunden kindlichen Entwicklung (Maslow 1983, zit. nach Institut fur Sozialarbeit und Sonderpadagogik e. V. 2008: S. 59, eigene Darstellung)
3.3. Kindeswohlgefahrdung
Vorausgesetzt dem Kind droht in seiner Entwicklung ein konkreter Schaden, konnen stattliche Hilfen und Interventionen gegen den Willen der Eltern erfolgen, denn die Eltern haben in ihrer elterlichen Erziehung Vorrang. Die gesetzliche Eingriffsschwelle ist die Kindeswohlgefahrdung nach §§ 1666, 1666a BGB. In den Paragraphen geht es darum, ob die unabdingbare Mindestbedingungen fur das Aufwachsen des Kindes zu gewahrleistet sind. Ausschlaggebend sind in der momentanen Rechtspraxis insbesondere die Grundversorgung des Kindes mit Nahrung und Kleidung, seine korperliche und seelische Gesundheit wie auch ein Mindestmaf? an Anregung und Entfaltungsmoglichkeiten (vgl. Sutterluty/Flick 2017: S. 20).
3.4 Formen der Kindeswohlgefahrdung
Im Folgenden werden die verschiedenen Formen der Gewalt gegen Kinder dargestellt. Bei der Haufigkeit der verschiedenen Gewaltformen ist zu erkennen, dass Vernachlassigung am haufigsten verbreitet ist (vgl. Egle, Hoffmann und Joraschky 2005: S. 4).
3.4.1 Vernachlassigung
Bei der Vernachlassigung handelt es sich urn Eltern oder Betreuungspersonen die ihre Kinder vernachlassigen, indem die Kinder unzureichend ernahrt gepflegt, gefordert, gesundheitlich versorgt, beaufsichtigt und vor Gefahren geschutzt werden (vgl. ebd.). Vernachlassigung in der fruhen Kindheit geht von physischer uber seelische bis hin zur geistigen Vernachlassigung (vgl. Ziegenhain/Fegert 2008: S. 53). „Der Zustand der Vernachlassigung zeichnet sich dadurch aus, dass uber langere Zeit bestimmte Versorgungsleistungen materieller, emotionaler oder kognitiver Art ausbleiben und so ein chronischer Zustand der Mangelversorgung des Kindes entsteht" (ebd.). Vernachlassigung ergibt sich aus Mangel an Wissen, Uberforderung und Unfahigkeit von Sorgeberechtigten, angemessen auf die Bedurfnisse der Kinder einzugehen. Vernachlassigung ist eine Art grundlegende Beziehungsstorung zwischen Eltern und Kindern, gerade bei Sauglingen und Kleinkindem kann die Vernachlassigung lebensbedrohliche Formen annehmen, da sie physisch und psychisch von den erwachsenen Bezugspersonen abhangig sind (vgl. ebd.).
„Die Lebensrealitat vernachlassigter Kinder ist bestimmt von materiellen und sozialen Notlagen der Familien und von aufcerst eingeschrankten Lebensbedingungen - von Nahrungsentzug und chronischer Unteremahrung uber unzulangliche Bekleidung, mangelnde Versorgung und Pflege, fehlende Gesundheitsvorsorge, unbehandelte Krankheiten bis hin zum Fehlen jeglicher Anregung und Forderung" (ebd.).
Eltern vernachlassigter Kinder konnen ihre eigene Lebenssituation und ihre eigene Zukunft genauso nicht steuern als auch gestalten wie die ihrer Kinder. Die Sorgeberechtigten suchen aus Schuldgefuhlen oder Angst vor Eingriffen und Strafen oder auch vor Kritik oder Vorwurfen oft nicht nach Unterstutzung. Vernachlassigung kann folglich innerhalb der Familien verborgen werden oder verborgen bleiben. Je junger die Kinder sind, umso effektiver sind die Wirkungen. Sauglinge und Kleinkinder sind von den Defiziten der Eltem-Kind-Beziehung und den resultierenden Mangelsituationen ohne Weiteres betroffen, da sie ihnen nicht ausweichen oder sie aus eigenen Ressourcen ausgleichen konnen. Die Vemachlassigung von Sauglingen und Kleinkindern auf Grundlage der Beziehungsstorungen sind grundsatzlich schichtunabhangig. Sie fuhrt erst unter bestimmten Kontextbedingungen zu einer ernsthaften Kindeswohlgefahrdung. Die eindeutigen Ursache-Wirkung-Zusammenhange lassen sich nicht definitiv bestimmen, dennoch hangt die Vemachlassigung mit bestimmten einschrankenden Faktoren des familiaren Lebens zusammen. Es wird vermutet, dass von einer erhohten Gefahrdung auszugehen ist je mehr Faktoren in einer Familie zusammentreffen. Folgende Aspekte werden als Basis fur eine Vemachlassigung von Kindern dargestellt (vgl. ebd.: S. 53 f.):
- „psychische Krise der Familie, die sich in langanhaltenden Spannungen und Konflikten zwischen den Eltern ausdruckt (Trennung und Scheidung, instabile und wechselnde Partnerbeziehungen etc.);
- wirtschaftliche Krisensituation bzw. andere Notlagen mit hoher Beeintrachtigung des Selbstwertgefuhls der Eltern (z.B. Arbeitslosigkeit);
- soziale Isolation der Familie in Verwandtschaft und Nachbarschaft;
- ungunstige und beengte Wohnbedingungen;
- gesellschaftliches Umfeld mit aggressiven Handlungen;
- negative Erfahrungen bzw. Belastungen aus der Lebensgeschichte der Eltern (restringierte Muster und Moglichkeiten der Problembewaltigung) (Ziegenhain/Fegert 2008: S. 54).
Risikofamilien sind zunachst Familien, bei denen mehrere dieser Aspekte zusammentreffen. Die innerfamiliare Belastung ist in solchen Risikofamilien sehr hoch, zugleich sind die okonomischen, sozialen und psychischen Ressourcen zur erfolgreichen Problembewaltigung aufcerst begrenzt. Kindesvemachlassigung ergeben sich nicht aus extremen und unerwartet eintretenden Belastungssituationen heraus, vielmehr durch Auseinandersetzungen zwischen den Partnem, unkontrollierte und unberechenbare Erziehungsstile und Erziehungsmittel, Kontrollverlust, Aussichtlosigkeit, Verdrangung und Leugnung etc. Kindesvemachlassigung entwickelt sich aus der „Normalitat" von Familien, die unfreiwillig in diese Belastungssituation verwickelt werden ohne kurzfristig eine Losungsmoglichkeit entwickeln zu konnen (vgl. ebd.).
3.4.2 Psychische Formen der Misshandlung
„Unter psychischer Misshandlung versteht man alle Handlungen oder Unterlassungen von Eltern oder Betreuungspersonen, die Kinder angstigen, iiberfordem, ihnen das Gefiihl der Wertlosigkeit vermitteln" (Egle, Hoffmann und Joraschky 2005: S. 6). Psychische Misshandlung kann charakterisiert werden als wiederholtes Verhaltensmuster von Betreuungspersonen, die die Absicht haben, Kinder das Gefiihl zu geben, sie waren wertlos, ungeliebt, ungewollt, in Gefahr, oder nur dazu da, urn die Bediirfnisse eines anderen Menschen zu befriedigen (vgl. American Professional Society on Abuse of Children 1995: zit. n. Galm et. al. 2010: S. 22). Bei der psychischen Misshandlung wirken sich einzelne Vorfalle vorwiegend nicht erheblich schadigend auf das Kind aus, folglich wird in der Definition ein wiederkehrendes Verhaltensmuster gefordert. Eine weitere Definition von psychischer Misshandlung liegt vor, wenn Eltern oder Bezugspersonen ein Kind andauemd oder wiederholt terrorisieren (Drohungen, Einschiichterungen, Uberforderungen etc.), ablehnen (standig Kritik, Herabsetzungen, Einrichtungen etc.), isolieren (einsperren, vielfache Kontaktverbote etc.) oder korrumpieren (antisoziales Verhalten fordern etc.) (vgl. Galm, Hees und Kindler 2010: S. 22).
3.4.3 Kdrperliche Misshandlung
„Unter korperlicher Misshandlung versteht man Schlage, oder andere gewaltsame Handlungen (StoBe, Schiitteln, Verbrennungen, Stiche usw.) die beim Kind zu Verletzungen fiihren konnen" (ebd.: S. 7). Unter Korperlichen Misshandlung konnen „alle Handlungen von Eltern oder anderen Bezugspersonen verstanden werden, die durch Anwendung von korperlichem Zwang bzw. Gewalt fur einen einsichtigen Dritten vorhersehbar zu erheblichen physischen oder psychischen Beeintrachtigungen des Kindes und seiner Entwicklung fiihren oder vorhersehbar ein hohes Risiko solcher Folgen bergen" (Kindler 2006: zit. n. Galm et al. 2010: S. 21 f.).
3.4.4 Sexuelle Misshandlung
Sexuelle Misshandlung liegt vor, wenn ein later/ eine Taterin direkt den Korper (Brust oder Genitalien) eines Kindes beruhrt, um seine/ ihre sexuellen Bedurfnisse zu befriedigen und/ oder wenn der later/ die Taterin das Kind vaginal, anal oder oral vergewaltigt (Wipplinger/Amann 1998: zit. n. Galm et. al. 2010: S. 22). Sexuelle Handlungen konnen aber auch mit indirektem Korperkontakt z.B. durch Kleidungsstucke und ohne Korperkontakt wie z.B. Exhibitionismus schadigend wirken (vgl. Galm et. al. 2010: S. 22).
„Sexueller Missbrauch ist jede sexuelle Handlung, die an oder vor einem Kind entwedergegen den Willen des Kindes vorgenommen wird oder der das Kind aufgrund korperlicher, psychischer, kognitiver oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen kann. Der Tater nutzt seine Macht- und Autoritatsposition aus, um seine eigenen Bedurfnisse auf Kosten des Kindes zu befriedigen" (Bange/Deegener 1996: zit. n. Galm et. al. 2010: S. 22).
4. Grundlagen der Vollzeitpflegefamilie
lm Rahmen der Hilfen zur Erziehung stehen neben der Heimerziehung und sonstigen betreuten Wohnformen nach § 34 KJHG sowie der intensiven sozialpadagogischen Einzelbetreuung nach § 35 KJHG insbesondere die Unterbringung, Betreuung und Erziehung eines Kindes in einer anderen Familie sprich die Vollzeitpflegefamilie gemafc § 33 KJHG zur Verfugung. Eine befristete oder dauerhafte Unterbringung in einer anderen Familie findet ausschliefclich vor dem Hintergrund einer belastenden und meist akut gescheiterten Familienerfahrung statt. Dieser Lebensort Wechsel hangt stets mit einem krisenhaften Vorgang zusammen (vgl. Gintzel 1996: S. 7 f.). „Die Beratung einer Vollzeitpflege ist gesetzlich verpflichtet" (Munstermann 2013: S.85). Die Beratung ist eine zentrale Leistung der Jugendhilfe und zur Sicherung des Kindeswohls zwingend notwendig. Die Fachkrafte der Pflegekinderdienste haben eine entscheidende Rolle in der Unterstutzung von Pflegefamilien und ihren Kindern. Sie ermoglichen den Prozess der Unterbringung, die Vermittlung zwischen Kindern, Pflegeeltern und Herkunftseltem (vgl. ebd.: S.85). Die Beratung einer Pflegefamilie umfasst die gesamte Familie als System" (ebd.: S.86). Auf der Grundlage einer vertrauensvollen Beziehung, geht es darum ein verlassliches Umfeld im familiaren Alltag fur das Pflegekind zu entwickeln (vgl. ebd.)
4.1 Entwicklung der Vollzeitpflege
In der Nachkriegszeit fand die Unterbringung uberwiegend der Kriegswaisen insbesondere in Heimen statt. Pflegefamilien gab es nicht viele und waren zu Beginn nicht im Zentrum bei der Losung der anstehenden Unterbringungsprobleme. Erst in den 1960er Jahren kam dieser Arbeitsbereich wieder in den Vordergrund und entwickelte sich zu einer Option fur die Dauerunterbringung von Kindern und Jugendlichen. Pflegefamilien waren eine kostengunstige Alternative zur kostenintensiven Heimerziehung. Zunachst erfolgte eine Feststellung der „Familienreife" in der vorherigen Heimunterbringung, im Anschluss dann die Vermittlung der Pflegekinder (vgl. Kuhls, Glaum und Schroer 2014: S. 24). „Die u.a. durch die Heimkampagne sowie die Studentlnnenbewegung angestofcenen Reformen im Bildungs- und Jugendhilfebereich zum Ende der 1960er Jahre bewirken eine Neugestaltung der Heimerziehung" (ebd.: S. 25). Es entstand eine Interessenvertretung gegen die Heimerziehung und deren standig belastenden Missverstandnissen. Mit dem Slogan „Holt die Kinder aus den Heimen" wurde einerseits die aktuelle Form der Heimerziehung kritisiert, andererseits die Notwendigkeit der Suche nach anderen Losungen offensichtlich. Im Jahr 1967 begann mit den Empfehlungen zum Pflegekinderwesen des Deutschen Vereins eine Phase der gezielten Anerkennung der Vollzeitpflege. Besonders die 1970er Jahren konnen als Jahrzehnte der qualitativen und quantitativen Entwicklung der Vollzeitpflege festgesetzt werden. Die Zahlen der Unterbringung in Pflegefamilien stiegen zwischen 1969 und 1979 von 32,5 Prozent auf 46 Prozent (vgl. ebd.: S. 25). Die Zielgruppe in dem 1970er Jahren hauptsachlich Kinder mit individuellen Forderungsbedarf, die auf eine lange Heimerfahrung anknupfen oder Jugendliche, die fur ein normales Heim zu alt waren. Es wurden also zusatzlich Pflegepersonen benotigt, die im Umgang mit diesen Kindern ausgebildet waren und einen fachlichen Hintergrund hatten. Die zweite Zielgruppe die in den 1970er Jahren zunehmend in Pflegefamilien untergebracht werden sollten, sind Kinder im Alter von null bis zwei Jahren gewesen. Der prozentuale Anteil der Heimunterbringung lag Ende der 1960er Jahren bei 68 Prozent und die Pflegefamilienunterbringung bei 32 Prozent. Mitte 1970er Jahren anderte sich bereits das Verhaltnis von Heim- und Pflegefamilienunterbringung auf 46 Prozent zu 54 Prozent. In den 1980er Jahren hat sich das Verhaltnis ausgeglichen (vgl. Blandow 1999: zit. n. Kuhls et. al. 2014: S. 25). „ln den 1990er Jahren ging die Zahl der Kinder in Pflegefamilien insgesamt zuruck, was u.a. mit dem Ausbau der ambulanten MaGnahmen im Bereich Hilfen zur Erziehung zusammen hing" (Kuhls et. al. 2014: S. 25). In der folgenden Abbildung werden die Fallzahlen zur Vollzeitpflege und Heimerziehung (Westdeutschland einschlieRlich Berlin: 1969 -2010, Angaben pro 10.000 Person der unter 18-Jahrigen) dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Fallzahlen zur Vollzeitpflege und Heimerziehung (Kuhls et. al. 2014: S. 26, eigene Darstellung)
Zwischen 1991 und 2005 liegt die Inanspruchnahme der Hilfen zur Erziehung insgesamt auf den niedrigsten Entwicklungsstand. Im Jahre 2005 bis 2010 realisiert die Vollzeitpflege eine beeindruckende Entwicklung. Die Entwicklung der Vollzeitpflege entstand vor allem durch, in er Obhut ihrer uberforderten Eltern zu Tode gekommen Kinder in verschiedenen Teilen der Republik. In den Folgejahren ist die Zahl der Nachfrage insbesondere nach Unterbringungsmoglichkeiten fur jungere Kinder in Vollzeitpflegefamilien enorm gestiegen (vgl. Kuhls et.al. 2014: S. 26 f.).
4.2 Rechtliche Grundlagen und Formen der Vollzeitpflege
Allgemeine Vollzeitpflege:
„Die allgemeine Vollzeitpflege wird von qualifizierten Einzelpersonen, Paare oder Lebensgemeinschaften durchgefuhrt, bei denen keine padagogische Ausbildung vorausgesetzt wird" (ebd.: S.185). Die Vollzeitpflege bezieht sich auf die Versorgung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen, die in ihrer Entwicklung bzw. Behinderung in einem Umfang beeintrachtigen Kinder und Jugendliche sind ohne professionelle Hilfe zu bewaltigen.
Besonders Kinder und Jugendliche deren Personenberechtigten in der Herkunftsfamilie dauerhaft ausfallen, sind fur diese Pflegeform geeignet. Die Allgemeine Vollzeitpflege bietet den Kindern und Jugendlichen auf langere Sicht einen Aufenthalt in familiaren Rahmen. Solange sich im Rahmen der Kindeswohlsicherung bzw. durch familiengerichtliche Entscheidungen keine umfassenden Anderungen der Situation in der Herkunftsfamilie ergeben, handelt es sich in der allgemeinen Vollzeitpflege prinzipiell urn eine auf Dauer oder auf dauerhaften Verbleib angeeignete Lebensform fur das Kind (ebd.: S. 185). „ln dieser Pflegeform entspricht die zu leistende Aufgabe der Erziehung und Betreuung der Dynamik einer „Normalfamilie" (ebd.: S. 185).
Die allgemeine Vollzeitpflege ist in §§ 27, 33, 39, (41) SGB VIII geregelt. Ziel der allgemeinen Vollzeitpflege ist die Forderung einer altersentsprechenden Entwicklung in den Bereichen „Sprache", „Motorik", „Kognition" und „Sozialverhalten". Ebenfalls die Entwicklung eines altersentsprechenden Umgangs mit emotionaler Bindung und Ablosung, die Aufarbeitung von Entwicklungsdefiziten und die Vermittlung sozialer Kompetenzen. Das allgemeine Ziel der Vollzeitpflege ist weiterhin die Integration in ein neues Umfeld als auch die Integration in Schule und Ausbildung. Die Erlangung von Schul- und Ausbildungsabschlussen, die (Wieder-) Herstellung/Beibehaltung einer tragfahigen Eltern-Kind-Beziehung sind auch Ziele der allgemeinen Vollzeitpflege. Sowohl die Verselbststandigung bzw. Reintegration in die Herkunftsfamilie als auch die Entwicklung eines positiven Selbstbildes zahlen zu den Zielen der allgemeinen Vollzeitpflege. In der Regel sind die Kinder/Jugendliche zwischen null und siebzehn Jahre alt. Sie haben grofcenteils Entwicklungsverzogerungen und leichte Verhaltensauffalligkeiten, die in einer „normalen" Familie aufgefangen werden konnen. Die Eltern bzw. das alleinerziehende Elternteil der Pflegekinder sind nicht mehr erziehungsfahig, unter anderem wegen Beeintrachtigung/psychischer Krankheit, psychiatrischer Versorgung oder Inhaftierung. Eine ungeeignete Prognoseentscheidung im Hinblick auf eine erreichbare Stabilisierung von Personen der Herkunftsfamilie trotz Unterstutzung. Sowohl der Tod der Hauptbezugsperson als auch der Ruckzug der Personen der Herkunftsfamilie vom Kind/Jugendlichen oder die Ablehnung des Kindes/Jugendlichen fuhrt zu einer Unterbringung in einer allgemeinen Vollzeitpflege. Die Pflegeeltern sind dazu verpflichtet, an den GrundqualifizierungsmaGnahmen fur Pflegeltem erfolgreich teilzunehmen. Sie haben aufcerdem die Aufgabe mit dem offentlichen Trager zu kooperieren und bei dem Hilfeplan mitzuwirken. Zu den Inhalten der Leistungen gehoren die Forderung lebenspraktischer Fertigkeiten und Fahigkeiten, Forderung sozialer, emotionaler, motorischer, kognitiver und sprachlicher Kompetenzen und die Forderung der schulischen bzw. beruflichen Entwicklung des Kindes und Jugendlichen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Integration des Kindes/Jugendlichen in das Netzwerk im Umfeld der Pflegefamilien. Die Pflegeeltem haben die Aufgabe den Kindern bei der Aufarbeitung der eigenen Biografie und Entwicklung eines positiven Elternbildes und bei der Aufarbeitung von erzieherischen und sozialen Defiziten zu unterstutzen. Sowohl bei der Gesundheitliche Prophylaxe und Versorgung als auch bei der Problemspezifischen Versorgung und Erziehung stehen die Pflegeeltem ihren Pflegekindem zur Seite. Sofern die Pflegekinder padagogische und/oder therapeutische Hilfen benotigen werden diese von den Pflegeeltem organisiert und unterstutzt. Die Zusammenarbeit mit der Herkunftsfamilie, soweit dies dem kindlichen Bedarf entspricht gehoren ebenfalls zu der sozialpadagogischen Betreuung. Kinder und Jugendliche in der allgemeinen Vollzeitpflege leben im familiaren Bereich der Pflegepersonen und verfugen uber ein eigenes Zimmer, die fur Kinder/Jugendlichen entwicklungsbedingt vorzuhalten ist. Die Pflegekinder werden uber Tag und Nacht materiell versorgt. Die Pflegefamilie bzw. Pflegeperson muss ein Grundverstandnis von der Entwicklung eines Kindes und von der Entwicklung und Bedeutung familiarer Beziehungen vorwiegend von Kind-Eltem-Beziehungen und Zeit fur eine bedarfsgerechte Betreuung des Kindes haben. In dieser Pflegeform konnen gewohnlich nicht mehr als drei Pflegekinder betreut werden (vgl. ebd.: S. 185 f.). In der folgenden Abbildung werden die Finanzielle Leistungen bei normalen Vollzeitpflege aufgefuhrt. „ln die Berechnung des Tagessatzes wurden die materielle Aufwendung, der Erziehungsbeitrag und die Sonderbedarfe einbezogen" (ebd.: S. 187). Des Weiteren sind die Altersvorsorge und Unfallversicherung fur die Person, die fur die Betreuung des Pflegekindes hauptsachlich zustandig ist hinzuzurechnen (vgl. ebd.: S. 187).
Tabelle 2: Finanzielle Leistungen bei normaler Vollzeitpflege (Kuhls et. al. 2014: S. 187, eigene Darstellung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
„Die Modellrechnungen beziehen sich auf den Runderlass des Niedersachsischen Ministeriums fur Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration „Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege - Festsetzung der monatlichen Pauschalbeitrage (Pflegegeld)" vom 29.03.1996, zuletzt geandert 01.11.13" (ebd.).
Sozialpadagogische Vollzeitpflege:
„Die sozialpadagogische Vollzeitpflege wird von personlich qualifizierten und/oder fachlich ausgewiesenen Einzelpersonen, Paaren oder Lebensgemeinschaften durchgefuhrt" (ebd.: S. 188). Sie bezieht sich auf die Versorgung, Erziehung und Forderung von besonders entwicklungsbeeintrachtigten/verhaltensauffalligen Kindern und Jugendlichen. Der erzieherische Bedarf ergibt sich vor dem Hintergrund unterschiedlicher Konstellationen in der Herkunftsfamilie und aus Entwicklungsbeeintrachtigung des Kindes oder der/des Jugendlichen, deren Durchfuhrung eines fachlichen Anspruchs erfordert bzw. die Dynamik einer „Normalfamilie" uberfordert. Ferner sollen mit dieser Pflegeform Kinder und Jugendliche versorgt werden, die aufgrund einer angeborenen oder chronischen Erkrankung oder einer Behinderungsform einer besonderen pflegerischen und erzieherischen Unterstutzung bedurfen. Vorausgesetzt, dass sich im Rahmen der Kindeswohlsicherung bzw. durch familiengerichtliche Entscheidungen keine maGgeblichen Anderungen der Situation in der Herkunftsfamilie ergeben, handelt es sich grundsatzlich urn eine auf langere Dauer oder dauerhaften Verbleib angelegte Lebensform fur das Kind. Die Sozialpadagogische Vollzeitpflege basiert auf der Rechtsgrundlage §§ 27, 33, 35a, 39, (41) SGB VIM (vgl. ebd.: S. 188). Die allgemeine Zielsetzung beinhaltet:
- „F6rderung einer altersentsprechenden Entwicklung in den Bereichen"Sprache", „Motorik", „Kognition", „Sozialverhalten"
- Entwicklung eines altersentsprechenden Umgangs mit emotionaler Bindung und Ablosung
- Aufarbeitungvon Entwicklungsdefiziten
- VermittlungsozialerKompetenzen
- Integration in ein neues soziales Umfeld
- Integration in Schule und Ausbildung
- Erlangung von Schul- und Ausbildungsabschlussen
- (Wieder-)Herstellung/Beibehaltung einer tragfahigen Eltem-Kind-Beziehung
- Reintegration in die Herkunftsfamilie bzw. Verselbststandigung" (ebd.)
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