Mit seinen Kurzgeschichten um den Hobbydetektiven C. Auguste Dupin, oder wie er sie selbst nennt „tales of ratiocination“, hat Edgar Allan Poe zweifellos den Beginn eines neuen Genres initiiert. Die Detektivgeschichte war geboren und fand viele Nachahmer. Wenngleich mehrere Kurzgeschichten Poes Charakteristika der Detektivgeschichte beinhalten, sind es doch nur drei Geschichten, die heute zu den „wahren“ ihrer Gattung zählen,The Murders in the Rue Morgue(1841),The Mystery of Marie Roget(1842) undThe Purloined Letter(1844). Sie unterscheiden sich von ersten Versuchen, wieThe Oblong Box(1844) undThou Art the Man(1844), vor allem durch die Erzählperspektive. Während bei letzteren der Erzähler der Geschichten zugleich derjenige ist, der das Rätsel löst, gibt es bei den „wahren“ Detektivgeschichten einen Erzähler und einen Detektiven mit scheinbar übermenschlichen analytischen Fähigkeiten. Der Erzähler fungiert sozusagen als Vermittler zwischen diesem Detektiv und dem Leser. Anhand der drei genannten Kurzgeschichten ist deutlich Poes Entwicklung des Genres zu erkennen.The Purloined Letterschließt die Trilogie um den Detektiv Dupin ab und wird meist auch als ausgereiftestes Werk in dieser Reihe betrachtet. Poe hat mit vielen seiner Kurzgeschichten und Gedichte die Leser vor große Rätsel gestellt. Die Detektivgeschichten stechen jedoch in einer Eigenschaft besonders hervor; der Leser fühlt sich dem nahezu allmächtigen Protagonisten Dupin unweigerlich geistig unterlegen. Eben dieser besticht dazu noch durch seine fast schon narzisstische Arroganz, die ihn zwar einerseits zu einer faszinierenden literarischen Figur macht, andererseits aber nicht unbedingt Sympathien in jedem Leser weckt. Zudem erscheinen viele Ereignisse und Situationen zu zufällig, gar verdächtig. Einige Autoren sind sogar der Meinung, Poe führe den Leser mit seinen Dupin-Geschichten gründlich an der Nase herum. Sie gehen sogar so weit zu behaupten, Dupin sei nicht nur einfach der harmlose Detektiv der Geschichten, sondern der wahre Täter und ein Mittel Poes, um als Leser auf unsere Leichtgläubigkeit aufmerksam zu machen. Diesen Thesen soll in der nachfolgenden Arbeit nachgegangen werden. Es soll gezeigt werden, an welcher Stelle die Vermutungen und Verdächtigungen begründet sind und an welcher nicht. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Der Minister D-(upin)?
- 3. Fähigkeiten eines Doppelmörders?
- 4. Dupin und der Erzähler
- 5. Informationspolitik der Vertuschung
- 6. Tat ohne Motiv
- 7. Eingebaute Fehler und Rätsel Poes
- 8. Bedeutung von Einleitungen und Beispielen
- 9. Das Vorbild Vidocq
- 10. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Doppeldeutigkeiten in Edgar Allan Poes Detektivgeschichten „Der Mord in der Rue Morgue“ und „Der gestohlene Brief“. Sie analysiert, ob der Protagonist C. Auguste Dupin der wahre Täter in den Geschichten ist und untersucht, an welchen Stellen die Vermutungen und Verdächtigungen begründet sind.
- Die Rolle von Dupin als Täter
- Die Ähnlichkeiten zwischen Dupin und dem Minister D-
- Die Informationspolitik der Vertuschung in den Geschichten
- Die Motive hinter Dupins Handlungen
- Die Interpretation der Doppeldeutigkeiten in Poes Werken
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1: Einleitung
Die Einleitung stellt die Detektivgeschichten von Edgar Allan Poe vor, insbesondere die drei wichtigsten Werke: „Der Mord in der Rue Morgue“, „The Mystery of Marie Roget“ und „Der gestohlene Brief“. Es wird die Entwicklung des Genres der Detektivgeschichte und die besondere Rolle von Dupin als Protagonisten mit seinen analytischen Fähigkeiten beleuchtet.
Kapitel 2: Der Minister D-(upin)?
In diesem Kapitel werden die Ähnlichkeiten zwischen Dupin und dem Minister D- im „Der gestohlene Brief“ analysiert. Es werden Parallelen in Charaktereigenschaften, Gewohnheiten und Namensähnlichkeiten aufgezeigt. Die Vermutung, dass Dupin und der Minister D- dieselbe Person sind, wird untersucht.
Kapitel 3: Fähigkeiten eines Doppelmörders?
Dieses Kapitel betrachtet die Fähigkeiten von Dupin aus der Perspektive eines möglichen Täters. Es werden die analytischen Fähigkeiten, das Wissen über den Minister D- und die Möglichkeit, sich zu tarnen, untersucht.
Kapitel 4: Dupin und der Erzähler
In diesem Kapitel wird die Beziehung zwischen Dupin und dem Erzähler beleuchtet. Die Rolle des Erzählers als Vermittler zwischen dem Detektiv und dem Leser wird analysiert, und es werden die Auswirkungen der Erzählperspektive auf die Interpretation der Geschichten untersucht.
Kapitel 5: Informationspolitik der Vertuschung
Das fünfte Kapitel befasst sich mit der Art und Weise, wie Informationen über den Minister D- in den Geschichten vermittelt werden. Es wird untersucht, ob die Informationen gezielt manipuliert werden und ob dies Hinweise auf Dupins wahre Rolle gibt.
Kapitel 6: Tat ohne Motiv
Dieses Kapitel analysiert die Motive hinter Dupins Handlungen. Es wird untersucht, ob Dupin tatsächlich ein Motiv für die Verbrechen hat oder ob seine Handlungen aus einer anderen, vielleicht verborgenen Motivation heraus entstehen.
Kapitel 7: Eingebaute Fehler und Rätsel Poes
In diesem Kapitel werden die Rätsel und Fehler in Poes Geschichten untersucht. Es wird analysiert, ob diese Fehler absichtlich von Poe eingebaut wurden, um den Leser auf die Täterschaft von Dupin hinzuweisen.
Kapitel 8: Bedeutung von Einleitungen und Beispielen
Dieses Kapitel untersucht die Bedeutung von Einleitungen und Beispielen in Poes Geschichten. Es wird analysiert, ob diese Elemente wichtige Hinweise auf die Täterschaft von Dupin geben.
Kapitel 9: Das Vorbild Vidocq
Das neunte Kapitel betrachtet die mögliche Inspiration für die Figur von Dupin, nämlich den berühmten französischen Detektiv Eugène François Vidocq. Es werden Parallelen zwischen Dupins Charakter und Vidocqs Leben untersucht.
Schlüsselwörter
Edgar Allan Poe, Detektivgeschichte, C. Auguste Dupin, „Der Mord in der Rue Morgue“, „Der gestohlene Brief“, Doppeldeutigkeiten, Täter, Minister D-, Informationspolitik, Doppelrolle, Täterschaft, Analyse, Motiv, Rätsel, Fehler, Inspiration, Eugène François Vidocq.
- Quote paper
- Kerstin Müller (Author), 2005, Dupin als Täter - Analyse der Doppeldeutigkeiten in Poes 'Der Mord in der Rue Morgue' und 'Der gestohlene Brief', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57931