Jean Racine gilt in der französischen Literaturgeschichte als der klassische Tragödien-autor schlechthin. Wenn von der ‚tragédie classique’ die Rede ist, denkt der heutige Franzose eher an das Theater des 17. Jahrhunderts zur Zeit des Königs Louis XIV und damit auch an Racine als an das antike griechische Theater und etwa Sophokles. Bereits die Zeitgenossen der Französischen Klassik waren zu der Auffassung gelangt, dass die Autoren ihrer Epoche die Antike an literarischer Kunstfertigkeit eingeholt, wenn nicht gar überholt hätten und von nun an selbst als Vorbild für kommende Generationen dienen könnten. Wenn wir von Französischer Klassik sprechen, so meinen wir damit vor allem die Dramen eines Pierre Corneille, Jean Racine und Jean-Baptiste Poquelin (besser bekannt als Molière) und damit die Zeit zwischen 1660 und 1680. Auch wenn es zeitlich weiter gedehnte Definitionen der Französischen Klassik gibt, gelten jene zwanzig Jahre immer noch als die ‚Hochklassik’.
Jean Racine wurde 1639 in La Ferté-Milon geboren. Nach dem frühen Tod seiner Eltern liegt die Erziehung des Knaben in den Händen der Großmutter. Er wurde von 1655-58 in Port-Royal erzogen, in einer jansenistisch geprägten Schule. Nach dem Studium in Paris sollte Racine eigentlich Geistlicher werden, doch wählte er sich die Dichtung zum Beruf und er konnte sich am Hofe des Königs einen Namen machen. Racine war derjenige Dramenautor, der dem sich wandelnden Geschmack des Publikums Rechnung trug. Gefragt sind seit den Fünfzigern immer mehr die ‚livres d’amour’, also Romane, in denen die Liebe eine zentrale Rolle spielt und nicht mehr der heroischgalante Roman. Also akzentuierte auch Racine das Thema Leidenschaft in seinen Stücken und hatte Erfolg damit, konnte sogar Pierre Corneilles Nachfolge in der Gunst des Publikums antreten. Thema dieser Arbeit sollen zwei elementare Dramen von Jean Racine sein, in deren Mittelpunkt eben die Passion steht: Andromaque,das dem Dichter 1667 den Durchbruch beschert und Phèdre,das bis heute als Racines Meisterwerk gilt. Beide Dramen werden hierbei analysiert und interpretiert mit dem Ziel, in einer Zusammenfassung eine kurze Charakteristik von Racines Tragödien zu geben.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Andromaque
- 1. Die Struktur des Dramas
- 2. Der Konflikt zwischen Liebe und Pflicht
- 3. Die Rolle der List und ihrer Folgen
- III. Phèdre
- 1. Die tragische Liebe der Phèdre
- 2. Die Macht der Leidenschaft und der Schuld
- 3. Die Rolle des Schicksals und der Götter
- IV. Zusammenfassung
- V. Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert und interpretiert zwei elementare Dramen von Jean Racine, Andromaque und Phèdre, die beide die Passion als zentrales Thema behandeln. Ziel ist es, die spezifischen Merkmale der tragischen Leidenschaft in Racines Werk zu untersuchen und eine kurze Charakteristik seiner Tragödien zu liefern.
- Die Rolle der Passion in Racines Tragödien
- Die Auswirkungen der Leidenschaft auf die Figuren
- Der Konflikt zwischen Liebe und Pflicht
- Die Bedeutung des Schicksals und der Götter
- Die Frage nach der Schuld und der Verantwortung
Zusammenfassung der Kapitel
II. Andromaque
Racines Andromaque markiert einen wichtigen Schritt in seiner dramatischen Entwicklung. Er löst sich hier von den durch Corneille geprägten Normen und setzt eigene, kreative Schwerpunkte. Das Drama basiert auf der so genannten Liebeskette, in der die Sehnsüchte der Figuren unerfüllt bleiben und so eine Abhängigkeit und Gefangenschaft schaffen. Die Handlung entfaltet sich in einem Kreis, der mit Orestes' Sehnsucht nach Hermione beginnt und mit seinem Wahnsinn und der Zerstörung all seiner Hoffnungen endet. Die tragischen Folgen der List und der egoistischen Erfüllung von Leidenschaften stehen im Zentrum der Handlung. Andromaques List, die sie zur Rettung ihres Sohnes anwendet, initiiert den blutigen Verlauf der Handlung und führt zum Tod von Pyrrhus und Hermione.
III. Phèdre
Racines Phèdre ist eines der bedeutendsten Werke der französischen Tragödie und schildert die leidenschaftliche Liebe der Phèdre zu Hippolytus, ihrem Stiefsohn. Die Tragödie erkundet die Macht der Leidenschaft, die Phèdre zu einer Reihe von Handlungen treibt, die sie letztlich ins Unglück stürzen. Die Frage nach der Schuld und Verantwortung steht im Zentrum des Dramas: Ist Phèdre für ihre Handlungen verantwortlich, oder ist sie Opfer ihres Schicksals und der Götter? Die Tragödie zeigt die komplexen Verflechtungen von Liebe, Leid, Schuld und Schicksal.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf zentrale Begriffe wie Passion, Tragödie, Liebe, Pflicht, List, Schicksal, Schuld und Verantwortung im Kontext von Jean Racines Dramen Andromaque und Phèdre.
- Quote paper
- Florian Burkhardt (Author), 2006, "Phèdre" und "Andromaque". Zwei Tragödien von Jean Racine, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57854