Immer wieder sind in den letzten Jahren Exemplare einer Art neolithischer Keramik gefunden worden, die als Riesenbecher bekannt ist. Das Ziel der vorliegenden Arbeit soll es sein, einen Überblick über Riesenbecher im Allgemeinen und das aus Westfalen vorliegende Material im Besonderen zu präsentieren.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
a) Allgemeines zu Riesenbechern
b) Forschungsgeschichte
II. Material aus Westfalen
a) Einzelfunde
b) Grabfunde
c) Siedlungen
III. Zusammenfassung
IV. Literatur
I. Einleitung
a) Allgemeines zu Riesenbechern:
Immer wieder sind in den letzten Jahren Exemplare einer Art neolithischer Keramik gefunden worden, die als Riesenbecher bekannt ist. Das Ziel der vorliegenden Arbeit soll es sein, einen Überblick über Riesenbecher im Allgemeinen und das aus Westfalen vorliegende Material im Besonderen zu präsentieren.
Ganz allgemein wird mit dem Terminus Riesenbecher eine Gruppe von Gefäßen bezeichnet, die durch ihre ungewöhnliche Größe, zwischen 30 und 55 cm[1], im Vergleich zu anderer neolithischer Ware auffällt. Keramik dieser Art ist vor allem in den Mittelniederlanden angesiedelt, aber auch aus Westfalen und Niedersachsen bekannt. Nördlich der Elbe allerdings sind erst wenige Fälle belegt. Im Süden sind Riesenbecher bis nach Hessen und ins nördliche Rheinland verbreitet.[2] Die Form der Riesenbecher variiert von Bechern mit S-förmigem Profil über solche mit kurzem zylindrischem Hals hin zu großen bauchigen Gefäßen. Die Verzierung kann aus Buckeln, Rillen, Wulstrillen, Fingertupfen, Fingernageleindrücken, Tupfen- und Kerbleisten, Schnur- und Winkel-schnureindrücken bestehen. Es gibt aber auch komplett unverzierte Becher. Die Magerung ist oft recht grob und enthält unter Umständen kiesige Bestandteile; die Oberfläche ist meist rauh. Die Wanddicke beträgt zum Teil bis zu 2 cm.[3] Riesenbecher sind sowohl aus Gräbern als auch aus Siedlungen bekannt, wobei jedoch keine bestimmte Form oder Verzierung auf Grab bzw. Siedlung beschränkt ist. Chronologisch werden Riesenbecher einem Zeitraum von der ausgehenden Einzelgrabkultur bis in die frühe Bronzezeit angesiedelt.[4]
b) Forschungsgeschichte:
An dieser Stelle werde ich einige der im Laufe der Zeit entstandenen Typologien vorstellen, ohne mich jedoch auf eine bestimmte davon festzulegen, da in den meisten Fällen Untersuchungen auf regionaler Ebene vorgenommen wurden und die von den verschiedenen Autoren benutzte Terminologie zum Teil stark variiert.
Der Begriff Riesenbecher geht zurück auf Jacob-Friesen, der damit im Jahr 1939 vollständig mit Fingertupfen verzierte Becher vom sogenannten „Bentheimer Typus“ bezeichnete, die er im Rahmen der Einzelgrabkultur behandelte und in diese einordnete.[5]
In den folgenden Jahren wurde verschiedentlich der Versuch unternommen, die Gruppe der Riesenbecher typologisch und chronologisch zu fassen. Den Anfang machte hierbei 1954 Stegen. Er definierte einen Riesenbecher als Becher mit S-Profil und kleiner Standfläche, sowie einer Höhe von 30 – 55 cm. Die Magerung beschrieb er als sehr grob; die Wanddicke beträgt nach seinen Annahmen bis zu 2 cm. Eine Gliederung in mit Verzierung oder Fingertupfen versehene Riesenbecher und solche, die entweder unverziert oder aber mit Wulst, Wellenleiste oder Rippe versehen sind, wurde von ihm vorgenommen. Aufgrund der Seltenheit von Riesenbechern in Gräbern nahm Stegen an, es handele sich um die Siedlungskeramik der Einzelgrabkultur.[6]
1961 folgte Uenze mit einer Bearbeitung des in Hessen vorliegenden Materials. Er ordnete die dortigen Funde ebenfalls der Einzelgrabkultur zu, faßte jedoch verschiedene Formen und Verzierungen von Gefäßen unter dem Begriff Riesenbecher zusammen. Die Heterogenität dieser Gruppe erklärte er mit der Herkunft der einzelnen Gefäße aus verschiedenen Verbreitungsgebieten der Einzelgrabkultur.[7]
In den Niederlanden wurde das Problem das Riesenbecher, die dort unter der Bezeichnung Topfbecher bekannt sind, von Lehmann und Lanting behandelt.
Lehmann nahm 1965 eine Gliederung des niederländischen Materials hauptsächlich anhand der Form der Gefäße vor. Hierbei unterschied er Halstopfbecher, die einen zylindrischen oder konischen Hals besitzen. Dieser Hals ist auch dadurch vom Rest des Gefäßkörpers abgehoben, daß die Verzierung am Halsansatz anders ist als auf dem unteren Gefäßteil. Weiter unterschied Lehmann zwei Arten von S-förmigen Bechern: dies sind zum einen Trompetentopfbecher mit ausladender Mündung, deren Verzierung auf dem gesamten Gefäß, meist in verschiedene Zonen gegliedert, gleich bleibt. Außerdem gibt es Gürteltopfbecher, bei denen sich ein Schulteransatz zeigt, der durch von der übrigen Verzierung abweichende Muster hervorgehoben ist. Becher mit S-Profil verfügen häufig über eine Reihe von Löchern unter dem Rand, die möglicherweise dazu dienten, eine Art von Abdeckung am entsprechenden Gefäß zu befestigen. Beim Vergleich der Topfbecher mit Gefäßen der Glockenbecherkultur stellte Lehmann Ähnlichkeiten zwischen den Halstopfbechern und den Veluwe - Bechern, die der Glockenbecherkultur zugerechnet werden, einerseits und den Bechern mit S-Profil und den Maritimen Glockenbechern andererseits fest, so daß er die Topfbecher der Glockenbecherkultur zusprach.[8]
Lanting faßte 1973 unter der Bezeichnung Bechertöpfe große Gefäße der Becherkulturen zusammen, zu denen er die von Lehmann heraus-gestellten Topfbecher und die Wickelschnurtöpfe zählte. Diese Bechertöpfe sind aufgeteilt in Halstopfbecher (Trompeten- und Gürteltopfbecher sind hier zusammengenommen) und Bechertöpfe vom Bentheimer Typus, die ein S-förmiges Profil und eine nicht in Zonen aufgeteilte Verzierung haben. Lanting sieht eine typologische Entwicklung, die bei den Halstopfbechern einsetzt und zu den Bechern mit S-Profil führt, die nun einige Merkmale wickelschnurverzierter Becher, wie Löcher unter dem Rand, einen kurzen wegstehenden, Standfuß und in manchen Fällen Innenrandverzierung aufweisen. Dies, die C-14 Daten verschiedener Becher und deren Fundumstände veranlaßten Lanting eine Datierung des größten Teils seines Materials in die frühe Bronzezeit anzusetzen. Er sah aber auch Parallelen zur Glockenbecherkultur.[9]
Die Riesenbecher in Hessen wurde zuletzt umfassend von 1979 von Lichardus bearbeitet, der sie aufgrund von Verzierungsstil und Plazierung derselben in vier Merkmalgruppen unterschieden hat.[10]
Gruppe A werden von Lichardus jene Becher zugeordnet, die mit Fingernagelabdrücken oder deren Imitation verziert sind. Diese Abdrücke können nur im oberen Gefäßteil vorkommen oder aber das gesamte Gefäß bedecken. Dazu kommen solche Becher, deren Oberfläche absichtlich mit sogenannter Besenstrichverzierung aufgerauht wurde. Auch plastische Leisten, die einzeln oder in Reihen untereinander auftreten und zusätzlich auch mit Fingernageleindrücken oder Finger-tupfen verziert sein können, sind in Gruppe A anzutreffen. Die Form dieser Becher ist im Grunde S-förmig, variiert aber im Halsbereich. Dieser kann entweder kurz sein oder aber ausladend (Trompetenbecher).[11]
Gruppe B sind Becher, die mit echter oder imitierter Wickelschnur verziert sind. Die Verzierung kann die gesamte Oberfläche bedecken, aber auch nur den oberen Gefäßteil. Die Linien selbst können horizontal, schräg oder im Zick-Zack verlaufen. Die Form der Gefäße dieser Gruppe variiert von tonnenförmig mit kurzem nach außen geneigtem Hals über annähernd zylindrische Becher mit leicht ausladender Mündung hin zu Gefäßen, die einen Standfuß und einen kurzen ausladenden Hals aufweisen.[12]
In Gruppe C faßt Lichardus totalverzierte Gefäße zusammen, deren Verzierung in schmaleren oder breiteren horizontalen Zonen angeordnet ist. An Verzierungen gibt es hier Fingerkniffe, Fingernagelabdrücke oder deren Imitation, aber auch ovale oder rechteckige Abdrücke. Die Form dieser Becher entspricht der der Halstopfbecher nach Lehmann und Lanting.[13]
Riesenbecher, die komplett unverziert oder aber über eine plastische Halsleiste bzw. Zapfen verfügen, hat Lichardus versuchsweise in einer Gruppe D zusammengefaßt.[14]
Die Riesenbecher sieht Lichardus nicht als grobe Siedlungskeramik der Einzelgrabkultur an, sondern als Ausdruck einer eigenen Kulturgruppe, die parallel zu Einzelgrab- und Glockenbecherkultur bis in die frühe Bronzezeit existierte.[15]
[...]
[1] Lichardus, J.: Zum Problem der Riesenbecher und der frühen Bronzezeit im Hessischen Bergland. Fundberichte Hessen 19/20 (1979/80), S.335.
[2] Jacob-Friesen, K. H.: Einführung in Niedersachsens Urgeschichte. Darstellungen aus Niedersachsens Urgeschichte 1 (1939), S. 77 – 81; Jockenhövel, A.: Vorgeschichte Hessens. Stuttgart 1990, S. 182; Lehmann, L. Th.: Placing the Pot Beaker. Helinium 5 (1965), S. 3 – 31; Lichardus 1979/80, 327 – 329; Moser, A.: Zur zeitlichen Stellung der „Riesenbecher“ des Hannoverschen Wendtlandes. Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte 63 (1994), S. 3 – 38; Nahrendorf, U.: Westfalen in Endneolithikum und früher Bronzezeit. Untersuchungen zur Besiedlungsgeschichte der Nordwestdeutschen Landschaft zwischen Niederrhein und Mittelweser. Band I Diss. Münster 1989, S. 6 – 12; Stegen, K.: Der nordwestdeutsche Riesenbecher der jüngeren Steinzeit. Germania 32 (1954), S. 269 – 284.
[3] Lehmann 1967, 3 – 5; Moser 1994, 23 – 31; Stegen 1954, 269 – 284.
[4] Nahrendorf 1989 I, 8 – 12.
[5] Jacob-Friesen 1939, 77 – 81.
[6] Stegen 1954, 269 – 284.
[7] Uenze, O.: Neue Riesenbecher aus Nordhessen. Fundberichte Hessen 1 (1961), S. 1 – 9.
[8] Lehmann 1965, 3 – 31..
[9] Lanting, J. N.: Laat Neolithicum en vroege Bronstijd in Nederland en N. W. Duitsland: Continue Ontwokklingen. Palaeohistoria 15 (1973), S. 316f.
[10] Lichardus 1979/80, 338.
[11] Lichardus 1979/80, 338f.
[12] Lichardus 1979/80, 339.
[13] Lichardus 1979/80, 339.
[14] Lichardus 1979/80, 340f.
[15] Lichardus 1979/80, 357f.
- Arbeit zitieren
- Magister Artium Christian E. Schulz (Autor:in), 2001, Riesenbecher in Westfalen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5759
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.