Im Zuge der Föderalismusreform wird entschieden, welche Aufgaben Bund und Ländern demnächst übernehmen werden und wie diese dann finanziert werden sollen. Ein wichtiger Bestandteil dieser Verflechtung ist der Länderfinanzausgleich der Bundesrepublik Deutschland. In dieser Arbeit soll, ausgehend von einer historischen Einbettung, der momentan aktuelle Finanzausgleich dargestellt und erläutert werden. Im Anschluß daran werden einige Verbesserungsvorschläge exemplarisch vorgestellt, welche unterschiedliche Problemstellen thematisieren. Zum Abschluß dieser Arbeit soll im vierten Kapitel darüber diskutiert werden, ob und warum ein Politiker, der an seinem Eigennutz interessiert ist, sich dafür einsetzen soll, dass Änderungen am momentanen Finanzausgleich durchgeführt werden. Dies wird unter Anwendung der Public Choice Theorie geprüft.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Finanzausgleich in der BR Deutschland
2. 1 Definition
2. 2 Historische Entwicklung in Deutschland
2. 3 Der geltende Finanzausgleich
3. Reformvorschläge
4. Public-Choice orientierter Ansatz
4.1 Begriffsbestimmungen
4.2 Anwendung der Theorie
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der deutsche Bundesstaat ist seit seiner Gründung im Jahre 1949 föderal organisiert. Dies bedeutet, dass es zwei unterschiedliche Ebenen im Aufbau des Staates gibt, zum einen die Bundesebene und zum anderen die Länderebene, zu der auch die Gemeinden gezählt werden. Im Rahmen der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern übernehmen beide Parteien verschiedene Rollen: während die Aufgabe der Bundesebene darin besteht, sich mit Themen zu befassen, die für den Gesamtstaat von Bedeutung sind, sollen die Regionalregierungen sich bei Fragestellungen engagieren, die für ihre Region entscheidend sind.[1] So entscheidet die Bundesregierung über die Außen- und Verteidigungspolitik, während die einzelnen Landesregierungen die Befugnis über die Landespolizei besitzen. Damit die Länder aber ihre Aufgaben wahren können, benötigen sie Finanzmittel, welche sie im Rahmen des Finanzausgleiches zugewiesen bekommen.
Das zweite Kapitel stellt den Aufbau des Finanzausgleiches in der Bundesrepublik Deutschland dar. In diesem Zusammenhang werden die vier verschiedenen Bestandteile dargelegt und ihre Wirkungsweise soll erläutert werden. Hierbei wird – wie auch in der restlichen Arbeit – der Fokus auf den horizontalen Finanzausgleich zwischen den Ländern gelegt. Neben der Analyse des aktuellen Finanzausgleiches wird auch ein Überblick über die Entwicklung des Finanzausgleiches in Deutschland gegeben.
Der Länderfinanzausgleich unterliegt in der wissenschaftlichen Literatur verstärkter Beobachtung, da die bestehenden Regeln kompliziert und schwer durchschaubar sind[2]. Verschiedene Ansätze zur Reform des Finanzausgleiches sollen im dritten Kapitel dargestellt und zusammenfassend verglichen werden.
Zum Abschluß dieser Arbeit soll im vierten Kapitel darüber diskutiert werden, ob und warum ein Politiker, der an seinem Eigennutz interessiert ist, sich dafür einsetzen soll, dass Änderungen am momentanen Finanzausgleich durchgeführt werden. Dies wird unter Anwendung der Public Choice Theorie geprüft.
2. Der Finanzausgleich in der Bundesrepublik Deutschland
2.1 Definition
Der Begriff „Finanzausgleich“ kennzeichnet ein finanzverfassungsrechtliches Ordnungs- und Verteilungssystem, welches den Teilgliedern eines Staatsverbandes Verpflichtungen und Befugnisse zuordnet und ihre untereinander bestehenden Finanzbeziehungen regelt.[3] Die Auslegungsweite der Definition ist aber nicht eindeutig festzulegen. So ist zum einen eine weite Lesart möglich. Hierbei wird der Finanzvergleich aufgefasst als Verteilung der Aufgaben auf öffentliche Körperschaften und die Finanzierung derselben. Zum anderen sind im engen Sinne die Aufgaben schon verteilt und es muss noch festgelegt werden, wie die unterschiedlichen Kompetenzen finanziert werden. Da bei der Ausführung von Aufgaben Ausgaben entstehen, muss die Einnahmenverteilung so gestaltet werden, das die einzelnen Körperschaften auch die ihnen zugedachten Aufgaben durchführen können.[4]
Ein Finanzausgleich lässt sich auch durch weitere Begriffspaare differenzieren.
Beim passiven Ausgleich werden die einzelnen öffentlichen Aufgaben, beim aktiven Ausgleich die möglichen Einnahmen auf die Ebenen verteilt.[5] Bei einem vertikalen Ausgleich sind Gebietskörperschaften verschiedener Ebenen involviert. Da hierbei der Kompensation der Unterschiede in der Finanzverteilung nur ungenügend entsprochen wird, wird eine „Feinjustierung“ in Form eines horizontales Ausgleiches vorgenommen. Der horizontale Ausgleich zwischen den Bundesländern wird in der BR Deutschland auch Länderfinanzausgleich im engeren Sinne genannt.
2.2 Historische Entwicklung in Deutschland
Die ersten Ansätze eines horizontalen Finanzausgleiches auf deutschem Boden lassen sich Anfang des 18. Jahrhunderts mit der Gründung des Deutschen Zollvereines erkennen: die wegen ihrer geographischen Lage im Süden benachteiligten Staaten erhielten einen größeren Anteil des Gesamtaufkommens als die norddeutschen Staaten.[6] Im deutschen Kaiserreich bekamen die einzelnen Bundesstaaten auf Grundlage der Reichsverfassung auch verschiedene Kompetenzen zugewiesen. Während das Reich selbst die Vertretung nach außen hin übernahm und sich um das Heer und die Marine kümmerte, waren die Bundesstaaten Hauptträger der öffentlichen Verwaltung und zuständig für etwa das Bildungs- oder das Wohlfahrtswesen. Die Ertragshoheit für direkte Steuern lag bei den einzelnen Ländern, das Reich war deswegen auf die Einnahmen durch Zölle und indirekte Steuern angewiesen. Sollten Finanzierungslücken beim Reich auftreten, so hatte es die Möglichkeit, von den Ländern Matrikularbeiträge zur Unterstützung zu fordern.
Der erste Weltkrieg hatte dazu geführt, das die Bundesstaaten sich in der Weimarer Republik näher standen, sich stärker mit einem Reichsgedanken befassten und versuchten, ein souveränes Gesamtvolk zu bilden.[7] Es kam aber nicht nur zu einem Wandel in der politischen Mentalität, sondern auch zu Veränderungen in der Finanzverfassung. Damit die Weimarer Republik die ihr auferlegten Kriegsfolgelasten - wie zum Beispiel die Reparationszahlungen oder Versorgungsansprüche - bewältigen konnte, wurde die Ertragshoheit über die Verwendung der Steuereinnahmen auf das Reich übertragen. Im Gegenzug verpflichtete sich die höhere Ebene, die Lebensfähigkeit der Länder zu sichern. Im Zusammenhang mit dem Ermächtigungsgesetz vom März 1933 wurden die Hoheitsrechte der Länderregierungen beschnitten. Die Regierungen wurden zu reinen Verwaltungsstellen zur Ausübung der Reichsgewalt degradiert[8].
Die Neugestaltung der Finanzverfassung für die Bundesrepublik Deutschland war deutlich geprägt durch die Vorgaben der alliierten Militärgouverneure.[9] Nach dem Willen der West-Alliierten wurde ein Trennsystem für alle Steuern eingeführt.[10] Ein Trennsystem sieht vor, dass das Aufkommen einer Steuerart einer Gebietskörperschaft zusteht, im extremsten Fall kann sie auch autonom die Art und Höhe dieser Steuer bestimmen.[11] Diese Trennung führte aber zu einer Ungleichverteilung, weswegen ein System von Ausgleichszahlungen unter den Ländern eingerichtet worden ist. Dies wird auch Länderfinanzausgleich im engeren Sinne genannt. Dem Bund wurden die Erträge aus den Zöllen und Finanzmonopolen, den meisten Verbrauchssteuern und der Umsatzsteuer zugewiesen; die Länder erhielten die Einnahmen aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie die der meisten Verkehrsteuern.[12] Falls der Bund aber in die Lage gekommen wäre, dass er seine Ausgaben nicht durch die Einnahmen decken konnte, so durfte er, mit der Zustimmung des Bundesrates, einen Teil der Einkommen- und Körperschaftsteuer für sich beanspruchen.[13] Der horizontale Länderfinanzausgleich nach dem Grundgesetz gestaltete sich folgendermaßen: Zuerst wurde aus der Summe der Steuereinnahmen abzüglich bestimmter Lasten (wie Kriegsfolgelasten, Flüchtlingslasten oder Hafenlasten für Hamburg und Bremen) eine Finanzkraftmesszahl ermittelt. Diese Meßzahl wurde dann dem Bundesdurchschnitt gegenübergestellt und bei Differenzen wurden diese durch Zuweisungen zwischen den Ländern bereinigt.
Da bei der Ausarbeitung des Grundgesetzes die Zukunft noch ungewiss war und man noch keine finanzpolitischen Erfahrungen hatte, galten die ausgearbeiteten Regeln noch als Provisorium.[14] Eine endgültige und festgeschriebene Formulierung der Verteilung der Steuereinnahmen zwischen Bund und Ländern wurde 1955 / 56 im Finanzverfassungsgesetz getroffen. Während die Umsatzsteuer nach wie vor zu 100 % dem Bund zur Verfügung stand, erhielt der Bund nun von der Einkommen- und Körperschaftsteuer jeweils 1/3 und die restlichen 2/3 verblieben bei den Ländern.[15] Man wendete sich also vom Trennsystem zum Quotensystem, bei welchem sich mehrere Gebietskörperschaften das Aufkommen einer oder mehrerer Steuern nach Quoten aufteilen.[16]
Der Länderfinanzausgleich wurde durch das Länderfinanzausgleichgesetz von 1955 vereinfacht[17]: Bei der Berechnung der Finanzkraftmesszahl wurde auf fast alle Sonderlasten, mit Ausnahme der Hafenlasten verzichtet. Die Meßzahl errechnete sich nun aus allen Steuereinnahmen des Landes sowie den auf die Hälfte reduzierten Realsteuereinnahmen der Gemeinden. Auch wurde eine Einwohnerveredelung für Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern eingeführt, da man davon ausging, dass der Aufwand pro Einwohner mit zunehmender Siedlungsdichte überproportional ansteigen würde. Mit Hilfe des Ausgleiches wurde versucht, die finanzschwachen Länder bis auf 88,75 % an den Bundesdurchschnitt heranzuführen. Da eine Stabilisierung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern aber nicht erreicht wurde[18], wurde im Mai 1969 ein neues Finanzreformgesetz eingeführt.[19] Der Länderfinanzausgleich läuft nun in mehreren Stufen ab: der Umsatzsteuerverteilung, dem Länderfinanzausgleich im engeren Sinne und den Ergänzungszuweisungen.
[...]
[1] Vgl. GRAF (1999): 284.
[2] BRÜMMERHOFF (2003): 660. 1
[3] Vgl. im Folgenden LENK (1993): 37.
[4] Vgl. BRÜMMERHOFF (2001): 638f.
[5] Vgl. im Folgenden LENK (1993): 38.
[6] Ebenda 90f. 2
[7] Vgl. im Folgenden LENK (1993): 94f.
[8] Ebenda 103.
[9] Vgl. JUNG (2000): 20.
[10] Vgl. BLANKART (2003): 601.
[11] Vgl. BRÜMMERHOFF (2001): 648. 3
[12] JUNG (2000): 20f.
[13] Vgl. im Folgenden LENK (1993): 113ff.
[14] Vgl. im Folgenden LENK (1993): 118f.
[15] BLANKART (2003): 603.
[16] ZIMMERMANN / HENKE (2005): 207.
[17] Vgl. im Folgenden LENK (1993): 121.
[18] LENK (1993): 124. 4
[19] Vgl. im Folgenden LENK (1993): 125ff.
- Arbeit zitieren
- Markus Keßler (Autor:in), 2006, Vorschläge zur Reform des Länderfinanzausgleichs in der BR Deutschland im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57561
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