Die Handelsvertragspolitik der EU hat ein kompliziertes und undurchsichtiges System von Präferenzen hervorgebracht. Der Gesamtgruppe der Entwicklungsländer räumt die EU in Konformität mit den WTO-Verträgen, die eine Sonderbehandlung von Entwicklungsländern legitimieren, besondere Marktzugangsbedingungen ein. Diese besonderen Marktzugangsbedingungen werden in dem sogenannten Allgemeinen Präferenzsystem (APS) evident. Den Least Developed Countries (LDC), also den ärmsten Ländern der Erde, werden im Rahmen der „Everything-but-arms-Initiative“ (EBA) weitergehende Präferenzen in Form von zoll- und quotenfreiem Zugang zu den Märkten der EU gewährt (vgl. Valqi, 2005, S.7). Ausgenommen von der EBA-Initiative sind die Agrarprodukte Bananen, Reis und Zucker, denen allerdings bis zum Jahr 2009 spätestens zoll-und quotenfreier Marktzugang gewährt werden soll (vgl. McQueen, 2002, S.101-102). Entwicklungshistorisch durch die koloniale Vergangenheit einiger europäischer Staaten erklärbar, hat die EU darüber hinaus ein spezielles Präferenzsystem für 78 Staaten Afrikas, der Karibik und des pazifischen Raums (AKP) geschaffen. Die AKP-Staatengruppe setzt sich sowohl aus Entwicklungsländern als auch aus LDCs zusammen. Dieses spezielle Präferenzsystem sieht handelsvertraglich eine bevorzugte Behandlung der AKP-Staaten im Vergleich zu der Gesamtgruppe der Entwicklungsländer vor. Jedoch sind die Präferenzen der AKP-Staaten weniger weitgehend als diejenigen unter der EBA-Initiative für die LDCs (vgl. Valqi, 2005, S.7). Diese von der EU gewährten nicht-reziproken Handelspräferenzen für AKP-Staaten verstoßen gegen geltendes WTO-Recht (vgl. Meyn, 2005a, S.12). Das zwischen der EU und den AKP-Staaten im Jahr 2000 ausgehandelte Cotonou-Abkommen musste also die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den AKP-Staaten auf eine neue, mit dem WTO-Recht konforme Grundlage stellen. Hinzu kommt, dass die Vorläufer des Cotonou Abkommens (Lomé 1-4) entwicklungspolitisch keine Impulse setzen konnten. In dem Zeitraum 1975-2000 hat sich der Anteil der Exporte aus den AKP-Staaten an den Einfuhren in die EU etwa halbiert (vgl. Meyn, 2005a, S.11). Noch immer dominieren Primärgüter und Rohstoffe das Exportportfolio der AKP-Staaten und auch die sogenannten supply-side constraints, also interne Entwicklungshindernisse, konnten durch die Vorläufer des Cotonou Abkommens nicht beseitigt werden. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriffsbestimmungen- und abgrenzungen
- Definition und geographische Einordnung der AKP-Staaten
- Definition der Least Developed Countries (LDC)
- Die Rolle der Entwicklungsländer in der WTO
- Entwicklungsländer und AKP-Staaten im Welthandel
- Sonder- und Vorzugsbehandlung von Entwicklungsländern
- Genesis der Ermächtigungsklausel („enabling clause“)
- Gründung der UNCTAD- Ausnahme vom Prinzip der Reziprozität
- Das Allgemeine Präferenzsystem (GSP)
- Einigung auf den „enabling clause“
- Funktion und objektive Wirkungsweise des „enabling clause“
- Sonder- und Vorzugsbehandlung in den WTO Verträgen
- Güterhandel (GATT Art. XXIV)
- Dienstleistungen (GATS Art. V)
- WTO-Konformität der Handelsbeziehungen zwischen der EU und den AKP-Staaten
- Von Yaoundé nach Lomé
- Externer Grund des Scheiterns von Lomé: Mangelnde WTO-Konformität
- Interne Gründe des Scheiterns von Lomé: Mangelnde entwicklungspolitische Impulse und Supply side constraints
- Die Neugestaltung der Handelsbeziehungen nach Cotonou
- Cotonou-WTO Kompatibilität: Die theoretische Konzeption der EPAS
- Die wirtschaftswissenschaftliche Ratio der EPAs
- Potentielle Implikationen der EPAs auf die AKP-Staaten
- Handels- und Budgeteffekte
- Anpassungskosten
- Förderung oder Gefährdung regionaler Integrationsprozesse in den AKP-Staaten?
- Handelspolitische und rechtliche Alternativen
- Anpassung des Art. GATT XXIV- Das „EPA-light“ Konzept
- AKP-Staaten im Allgemeinen Präferenzsystem
- New Enhanced Regional Agreements (ERAs)
- Fazit und Bewertung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der WTO-Konformität der Handelsbeziehungen zwischen der EU und den AKP-Staaten. Sie analysiert die Entwicklung der Handelsabkommen zwischen der EU und den AKP-Staaten von den Yaoundé-Abkommen über die Lomé-Abkommen bis hin zum Cotonou-Abkommen. Ein Schwerpunkt liegt auf den Auswirkungen der geplanten Economic Partnership Agreements (EPAs) auf die AKP-Staaten.
- Die Rolle der Entwicklungsländer in der WTO und die Bedeutung der Sonder- und Vorzugsbehandlung
- Die WTO-Konformität der bisherigen Handelsbeziehungen zwischen der EU und den AKP-Staaten
- Die Potentiellen Implikationen der EPAs auf die AKP-Staaten, insbesondere die Handels- und Budgeteffekte und die Anpassungskosten
- Die Bewertung der Handelspolitischen und rechtlichen Alternativen zu den EPAs
- Die Diskussion der entwicklungspolitischen Implikationen der EPAs
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Hintergrund der Handelsvertragspolitik der EU und die besonderen Marktzugangsbedingungen für Entwicklungsländer vor. Es wird die Bedeutung der AKP-Staaten in diesem Kontext erläutert.
Das zweite Kapitel definiert den Begriff der AKP-Staaten und der Least Developed Countries (LDCs) und grenzt diese voneinander ab.
Das dritte Kapitel behandelt die Rolle der Entwicklungsländer in der WTO, wobei die Sonder- und Vorzugsbehandlung im Fokus steht. Es geht insbesondere auf die Genesis der Ermächtigungsklausel („enabling clause“) und deren Funktion und Wirkungsweise ein.
Das vierte Kapitel analysiert die WTO-Konformität der Handelsbeziehungen zwischen der EU und den AKP-Staaten. Es werden die Vorläufer des Cotonou-Abkommens (Yaoundé und Lomé) betrachtet und die Gründe für deren Scheitern diskutiert. Darüber hinaus wird die theoretische Konzeption und die wirtschaftswissenschaftliche Ratio der EPAs erläutert.
Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit den potentiellen Implikationen der EPAs auf die AKP-Staaten. Es werden die Handels- und Budgeteffekte, die Anpassungskosten sowie die möglichen Auswirkungen auf regionale Integrationsprozesse in den AKP-Staaten beleuchtet.
Das sechste Kapitel stellt handelspolitische und rechtliche Alternativen zu den EPAs vor, wie z. B. die Anpassung des Art. GATT XXIV, das „EPA-light“ Konzept, die Einbindung der AKP-Staaten in das Allgemeine Präferenzsystem und New Enhanced Regional Agreements (ERAs).
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt wichtige Themen wie die WTO-Konformität, die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den AKP-Staaten, Entwicklungsländer, Sonder- und Vorzugsbehandlung, Economic Partnership Agreements (EPAs), entwicklungspolitische Implikationen, Handels- und Budgeteffekte, Anpassungskosten, regionale Integrationsprozesse, Handelspolitische und rechtliche Alternativen.
- Quote paper
- Florian Feick (Author), 2006, Die Rolle der Entwicklungsländer in der World Trade Organisation. Die Konformität der EU-AKP Handelsabkommen und Implikationen der Economic Partnership Agreements, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57451