Es ist Spätherbst 1932. Das Deutschland der jungen Weimarer Republik ist gezeichnet von den Folgen des verlorenen Krieges - politische, gesellschaftliche und soziale Wirren prägen den Alltag jener Zeit. Die düsteren Seiten des kapitalistischen Systems sind bereits unübersehbar: sechs Millionen Arbeitslose, Wirtschaftskrisen, zahllose hungernde und frierende Menschen, die tatenlos zusehen müssen, wie Getreide verbrannt und Kaffee ins Meer geschüttet wird, nur damit die Preise hoch bleiben - Armut und Elend überall. Die sozialen und gesellschaftlichen Missstände sind wiederum der perfekte Nährboden für die Wahlpropaganda der verschiedene politischen Parteien. Es zeichnet sich mit jedem Wahlgang ein immer gravierender Konkurrenzkampf zwischen den linken und rechten Extremen ab. Ein jäher Abbau der erst jüngst geschaffenen Demokratie beginnt - Entparlamentarisierung und Radikalisierung bestimmen die politischen Auseinandersetzungen, welche jetzt (wortwörtlich) bis auf die Straßen getragen werden: Aufmärsche, Anschläge, Straßenschlachten. Mit der, am 01.06.1932 neu gewählten Regierung unter Reichskanzler Franz von Papen gibt es nur noch einen Kurs, der geradewegs auf eine rechtsextreme Diktatur zusteuert. Bereits am 30.01.1933 wird ein Mann namens Adolf Hitler zum neuen Reichskanzler gewählt werden. Nur einen Monat später (05.03.1933) wird die Weimarer Republik aufgelöst und eine nationalsozialistische Diktatur errichtet werden. Aber schon jetzt (im Herbst 1932) haben sich auch an den Universitäten typische nationalsozialistische Erscheinungsformen unter den Professoren - die der Theologie inbegriffen - herausgebildet. Umso mehr fällt der junge, noch eher unbekannte Privatdozent und Studentenpfarrer, Dietrich Bonhoeffer, in seinem akademischen Umgang mit den Studenten und der methodischen Vermittlung von Lerninhalten aus dem Rahmen: soziales Lernens und Lernen durch Erleben (beispielsweise durch Exkursionen; offene Abende, etc.) prägen seine Veranstaltungen. Auch bei Dietrich Bonhoeffers Tätigkeiten außerhalb der Universität steht nicht die dogmatische Vermittlung der Theologie, sondern die christliche Gemeinschaft („sanctorum Communio“) im Mittelpunkt. Bonhoeffer engagiert sich in der Sozialen Arbeitsgemeinschaft Berlin Ost und unterrichtet eine bis dahin sehr verwilderte Konfirmandengruppe - die Zionsgemeinde im Arbeiterviertel am Prenzlauer Berg, die derzeit mit den schlimmsten sozialen und gesellschaftlichen Verhältnissen in ganz Berlin zu kämpfen hat.[...]
INHALTSANGABE
1. Zeit und Umstände der Entstehung des Werkes
2. Zum Werk
2.1. Vom Vorlesungsmanuskript zum Druck
2.2. Kurze Inhaltsangabe zum Kapitel „Das Bild Gottes auf Erden“
3. Intentionen zu „Das Bild Gottes auf Erden“
4. Bibliographie
4.1. Quellenverzeichnis
4.2. Literaturverzeichnis
4.3. Multimediale Literatur
1. ZEIT UND UMSTÄNDE DER ENTSTEHUNG DES WERKES
Es ist Spätherbst 1932. Das Deutschland der jungen Weimarer Republik ist gezeichnet von den Folgen des verlorenen Krieges – politische, gesellschaftliche und soziale Wirren prägen den Alltag jener Zeit. Die düsteren Seiten des kapitalistischen Systems sind bereits unübersehbar: sechs Millionen Arbeitslose, Wirtschaftskrisen, zahllose hungernde und frierende Menschen, die tatenlos zusehen müssen, wie Getreide verbrannt und Kaffee ins Meer geschüttet wird, nur damit die Preise hoch bleiben - Armut und Elend überall.[1] Die sozialen und gesellschaftlichen Missstände sind wiederum der perfekte Nährboden für die Wahlpropaganda der verschiedene politischen Parteien. Es zeichnet sich mit jedem Wahlgang ein immer gravierender Konkurrenzkampf zwischen den linken und rechten Extremen ab. Ein jäher Abbau der erst jüngst geschaffenen Demokratie beginnt – Entparlamentarisierung und Radikalisierung bestimmen die politischen Auseinandersetzungen, welche jetzt (wortwörtlich) bis auf die Straßen getragen werden: Aufmärsche, Anschläge, Straßenschlachten. Mit der, am 01.06.1932 neu gewählten Regierung unter Reichskanzler Franz von Papen gibt es nur noch einen Kurs, der geradewegs auf eine rechtsextreme Diktatur zusteuert. Bereits am 30.01.1933 wird ein Mann namens Adolf Hitler zum neuen Reichskanzler gewählt werden. Nur einen Monat später (05.03.1933) wird die Weimarer Republik aufgelöst und eine nationalsozialistische Diktatur errichtet werden.[2]
Aber schon jetzt (im Herbst 1932) haben sich auch an den Universitäten typische nationalsozialistische Erscheinungsformen unter den Professoren – die der Theologie inbegriffen – herausgebildet. Umso mehr fällt der junge, noch eher unbekannte Privatdozent und Studentenpfarrer, Dietrich Bonhoeffer, in seinem akademischen Umgang mit den Studenten und der methodischen Vermittlung von Lerninhalten aus dem Rahmen: „soziales Lernens“ und Lernen durch Erleben (beispielsweise durch Exkursionen; „offene Abende“, etc.) prägen seine Veranstaltungen.[3] Auch bei Dietrich Bonhoeffers Tätigkeiten außerhalb der Universität steht nicht die dogmatische Vermittlung der Theologie, sondern die christliche Gemeinschaft („sanctorum Communio“) im Mittelpunkt. Bonhoeffer engagiert sich in der „Sozialen Arbeitsgemeinschaft Berlin Ost“ und unterrichtet eine bis dahin sehr verwilderte Konfirmandengruppe – die Zionsgemeinde im Arbeiterviertel am Prenzlauer Berg, die derzeit mit den schlimmsten sozialen und gesellschaftlichen Verhältnissen in ganz Berlin zu kämpfen hat. Nach der Schließung der, keineswegs kirchengebundenen „Charlottenburger Jugendstube“, die Bonhoeffer zusammen mit der Jüdin Anneliese Schnurmann gründete, um arbeitslose Jugendliche von den Straßen zu holen und ihnen einen Ort zum Treffen, Reden und Lernen zu geben, mietet er sich 1932 eine Baracke, in der „seine“ Jugend untertauchen, weiterhin ihre Freizeiten gestalten und ihre Jugendarbeit fortsetzen kann.[4] Dass ihm die soziale Gemeinschaft wichtiger ist als eine wissenschaftliche Karriere, wird er nach Ablauf des Wintersemesters 1932/33 durch den Rücktritt von seiner Lehrtätigkeit deutlich machen. Ab diesem Zeitpunkt wird Bonhoeffer sich zum einen als Pfarrer ganz seiner Gemeinde widmen, aber zum anderen auch der kritischen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und den Deutschen Christen. Wie schon in den Jahren vor 1932 vergisst Bonhoeffer dabei nicht, die ökumenischen Kontakte, vor allem ins Ausland zu pflegen – durch die Teilnahme an verschiedenen internationalen kirchlichen Konferenzen.[5]
Aber jetzt erstmal wieder zurück zu den Herbsttagen 1932. Dietrich Bonhoeffer, der nun seit 1931, also seit der Rückkehr von seinem einjährigen Studienaufenthalt am New Yorker Union Theological Seminar, als Lehrkraft an der Berliner Technischen Hochschule tätig ist, bereitet sich auf sein drittes Semester als Dozent vor. Bereits im Wintersemester 1931/32 gab er eine zweistündige Vorlesung zur „Geschichte der systematischen Theologie des 20.Jahrhunderts“ und im darauf folgenden Sommersemester eine zum „Wesen der Kirche“. Für das nun bevorstehende Wintersemester 1932/33 kündigte Dietrich ein Kolleg mit dem Titel „Schöpfung und Sünde. Theologische Auslegung zu Genesis 1-3“ und weiterhin eine einstündige Vorlesung über „Jüngste Theologie“ sowie „Dogmatische Übungen“ über theologische Psychologie an.[6]
2. ZUM WERK
2.1. Vom Vorlesungsmanuskript zum Druck
Am Dienstag, den 8. November 1932 hielt Bonhoeffer die erste Sitzung seiner Vorlesung „Schöpfung und Sünde. Theologische Auslegung von Genesis 1-3“. Insgesamt umfasste das Kolleg 14 Vorlesungsstunden und endete somit am 21. Februar 1933.[7] Nach Semesterende baten die Hörer um den Druck und die Veröffentlichung des Vorlesungsmanuskripts. Für dieses Anliegen können mehrere Gründe ausschlaggebend gewesen sein: zum einen der bisher unbekannte Umgang mit der theologischen Auslegung biblischer Texte; oder die grundlegende Aktualität der Vorlesung, d.h. in Vergegenwärtigung der heraufziehenden Umbrüche in kirchlichen, gesellschaftlichen und politischen Angelegenheiten trotzdem der stete Blick auf die alttestamentlichen Bibeltexte (Genesis). Natürlich sind auch gewiss nicht die inhaltlichen Aspekte im Einzelnen außer Acht gelassen worden, wie beispielsweise das genaue Nachsinnen über: Ebenbildlichkeit, Gemeinschaft, Geschlechtlichkeit und die Bedeutungsveränderung von „Leben“ durch den Sündenfall.[8] Der damalige Religionsgeschichts- (nicht Theologie-!) Student Hans Hinrich Flöter schreibt in einem Brief seine Beweggründe für diese Bitte nieder: „Dietrich Bonhoeffer war es! Für mich wirkte er in der ersten Vorlesung bereits – und der Eindruck befestigte sich dann – als ein Mann des Tiefpflügens…, der – so schien es mir – von einem `extra historischen Standpunkt´ … neue Wesentlichkeiten im Texte fand, die von Bedeutung waren für Leben und Erkenntnis … Der ganze Vortrag war ein Drängen auf und ein Ringen um sprachliche Richtigkeit und um Deutlichkeit: Redestil des genus subtile – ohne, davon war ich überzeugt, daß rhetorische Mittel bewußt eingesetzt wurden. Es ging im Ernst um Kompromißloses… Also keine übliche Dogmatikvorlesung. Natürlich standen Systematik und Exegese im Hintergrund – aber es sprach – Bonhoeffer! … Dieser außerordentliche Mensch Bonhoeffer sprengte in dieser Vorlesung für mich alles Gewohnte – Tradierte – in Theologie/ Kirche, Staat/ Politik, Wissenschaft/ Forschung und so fort.“(sic)[9]
Das unermüdliche Drängen nach einer Veröffentlichung hat wesentlich dazu beigetragen, dass dieses Manuskript in vollem Umfang in Bonhoeffers Formulierungen erhalten geblieben ist. Umso bedeutender wird dies, wenn man bedenkt, dass von den übrigen Aufzeichnungen, die Bonhoeffer für die Lehrveranstaltungen an der Berliner Universität erarbeitete, bis auf einige wenige alle verschwunden sind. Für den Druck musste allerdings der Titel geändert werden, da 1931 das Buch „Schöpfung und Sünde“ von Emanuel Hirsch heraus kam. So wurde die gedruckte Fassung unter der Überschrift „Schöpfung und Fall. Theologische Auslegung zu Genesis 1-3“ noch 1933 veröffentlicht. Das Vorwort und die Einleitung, die auf den ersten Seiten stehen, wurden von Bonhoeffer eigens für die Druckversion verfasst. Auch ist anzunehmen, dass in der eigentlichen Vorlesung höchstwahrscheinlich oftmals Bemerkungen eingebunden, die nicht im Manuskript niedergeschrieben wurden.[10]
[...]
[1] Vgl. Wind: Dem Rad…, S.77.
[2] Vgl. Hein-Mooren u.a.: Von der Französischen Revolution, S.357-363.; Kinder/ Hilgemann: dtv-Atlas, S.471f.
[3] Vgl. Wind: Dem Rad…, S.79f.
[4] Vgl. www.heiligenlexikon.de/start.html?BiographienD/Dietrich_Bonhoeffer.htm; Wind: Dem Rad…, S.74-78.
[5] Vgl. www.heiligenlexikon.de/start.html?BiographienD/Dietrich_Bonhoeffer.htm; Wind: Dem Rad…, S.79f.
[6] Vgl. Rüter/ Tödt: Dietrich Bonhoeffer, S.9f.
[7] Der Versuch einer groben zeitlichen Zuordnung der Themenabhandlung befindet sich bei: Rüter/ Tödt: Dietrich Bonhoeffer, S.9.
[8] Vgl. Rüter/ Tödt: Dietrich Bonhoeffer, S.7.
[9] Flöter, Hans Hinrich, zitiert nach: Rüter/ Tödt: Dietrich Bonhoeffer, S.7f.
[10] Vgl. Rüter/ Tödt: Dietrich Bonhoeffer, S.7/ 10f.
- Arbeit zitieren
- Theres Vorkäufer (Autor:in), 2006, Dietrich Bonhoeffer - Schöpfung und Fall: Theologische Auslegung zu Genesis 1-3, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57346
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