„Ein Schwabe, der eigenes Geld einsetzt, ist fast eine Garantie dafür, dass dem Unternehmen nichts passiert.“(Lothar Späth, zitiert aus Behr, Kind 1999, Seite 68)
Die Aussage Lothar Späths basiert mehr auf kulturellen oder verhaltenswissenschaftlichen Ansätzen als auf der Gründungsforschung. Dennoch regt sie zur Stellung einer Frage an, die Hauptgegenstand dieser Seminararbeit ist: Wie kann ein junges und innovatives Unternehmen bereits in den frühesten Entwicklungsphasen objektiv bezüglich seiner potentiellen Entwicklungspfade beurteilt werden? Wie ermittelt beispielsweise Yahoo! Inc. im Januar 2006 einen offiziell nicht bestätigten Akquisitionspreis von 7 Millionen US Dollar für das 2004 gegründete Unternehmen webjay, dessen einziges Produkt eine Internetplattform zum Austausch von Musikplaylisten ist (o.V. 2006a, Seite 1)?
Die Frage ist seit Beginn des Jahrzehnts vermehrt in den Fokus getreten. Zum einen wird die Finanzierung von Innovation in Zeiten konjunkturellen Abschwungs von verschiedener Seite als Problemfeld identifiziert. Zum anderen haben weite Wirtschaftskreise in Zeiten unaufhaltbar scheinenden Wachstums nicht hinterfragt, wie die Analysten und Fondsmanager täglich neue und extreme Wachstumspotentiale versprechende Unternehmen an die Oberfläche brachten. Als die Gewinnmargen begannen einzubrechen und sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen starke Verluste bei den Investitionen in zukunftsorientierte Unternehmen zu verzeichnen hatten, fragte man sich verstärkt, anhand welcher Annahmen und Kriterien die Unternehmen in der Praxis bewertet werden.
Diese Arbeit stellt den Anspruch, den gegenwärtigen Stand der wesentlichen Bewertungsverfahren für junge und innovative Unternehmen darzulegen. Dazu werden zunächst grundlegend die beteiligten Akteure, die Lebensphasen junger innovativer Unternehmen und eine Auswahl von Bewertungsverfahren dargestellt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse münden in einer Gegenüberstellung und Beurteilung der Verfahren zur Unternehmensbewertung für die ersten drei Lebensphasen. Abschließend dient eine Fallstudie mittels zweier sich im Laufe der Arbeit herauskristallisierender Verfahren zur greifbaren Darstellung und argumentativen Unterstützung der erzielten Ergebnisse.
1 Inhaltsverzeichnis
2 Abbildungsverzeichnis
3 Tabellenverzeichnis
4 Einleitung
5 Grundlagen zur Bewertung junger innovativer Unternehmen
5.1 Akteure
5.1.1 Gründer/ Management
5.1.2 Eigenkapitalgeber
5.1.3 Fremdkapitalgeber
5.1.4 Weitere Akteure
5.2 Merkmale junger innovativer Unternehmen
5.3 Ratingverfahren zur Bestimmung von Unternehmenswerten
5.3.1 Kapitalwertorientierte Verfahren
5.3.2 Marktwertorientierte Verfahren
5.3.3 Gesamtbewertungsverfahren
5.3.4 Realoptionsansatz
6 Eignungsanalyse der Ratingverfahren
6.1 Kapitalwertorientierte Verfahren
6.2 Marktwertorientierte Verfahren
6.3 Gesamtbewertungsverfahren
6.4 Realoptionsansatz
6.5 Phasenbezogener Vergleich der Bewertungsverfahren
7 Fallstudie
7.1 Die Unternehmen
7.2 Bewertung der Unternehmen
7.2.1 Erfolgsfaktorenbasierte Bewertung
7.2.2 Bewertung gemäß des Equity-Ansatzes der DCF Methode
7.3 Ergebnisse der Untersuchung
8 Schlussbetrachtung
9 Literaturverzeichnis
10 Anhang
2 Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Eignung von Bewertungsverfahren in Abhängigkeit vom Lebenszyklus
Abbildung 2: Erfolgsfaktorenbasierte Bewertung von eBay
Abbildung 3: Erfolgsfaktorenbasierte Bewertung von easyJet
Abbildung 4: Idealtypische Gründungsphasendarstellung
Abbildung 5: Multiplikatoren
Abbildung 6: Bewertungsverfahren bei VC-Finanzierungen
Abbildung 7: Entwicklungsprozess eBay
Abbildung 8: Entwicklungsprozess easyJet
3 Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Geschäftsdaten easyJet 2005
Tabelle 2: quantitative Unternehmensbewertung eBay
Tabelle 3: quantitative Unternehmensbewertung easyJet
4 Einleitung
„Ein Schwabe, der eigenes Geld einsetzt, ist fast eine Garantie dafür, dass dem Unternehmen nichts passiert.“
(Lothar Späth, zitiert aus Behr, Kind 1999, Seite 68)
Die Aussage Lothar Späths basiert mehr auf kulturellen oder verhaltenswissenschaftlichen Ansätzen als auf der Gründungsforschung. Dennoch regt sie zur Stellung einer Frage an, die Hauptgegenstand dieser Seminararbeit ist: Wie kann ein junges und innovatives Unternehmen bereits in den frühesten Entwicklungsphasen objektiv bezüglich seiner potentiellen Entwicklungspfade beurteilt werden? Wie ermittelt beispielsweise Yahoo! Inc. im Januar 2006 einen offiziell nicht bestätigten Akquisitionspreis von 7 Millionen US Dollar für das 2004 gegründete Unternehmen webjay, dessen einziges Produkt eine Internetplattform zum Austausch von Musikplaylisten ist (o.V. 2006a, Seite 1)?
Die Frage ist seit Beginn des Jahrzehnts vermehrt in den Fokus getreten. Zum einen wird die Finanzierung von Innovation in Zeiten konjunkturellen Abschwungs von verschiedener Seite als Problemfeld identifiziert. Zum anderen haben weite Wirtschaftskreise in Zeiten unaufhaltbar scheinenden Wachstums nicht hinterfragt, wie die Analysten und Fondsmanager täglich neue und extreme Wachstumspotentiale versprechende Unternehmen an die Oberfläche brachten. Als die Gewinnmargen begannen einzubrechen und sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen starke Verluste bei den Investitionen in zukunftsorientierte Unternehmen zu verzeichnen hatten, fragte man sich verstärkt, anhand welcher Annahmen und Kriterien die Unternehmen in der Praxis bewertet werden.
Diese Arbeit stellt den Anspruch, den gegenwärtigen Stand der wesentlichen Bewertungsverfahren für junge und innovative Unternehmen darzulegen. Dazu werden zunächst grundlegend die beteiligten Akteure, die Lebensphasen junger innovativer Unternehmen und eine Auswahl von Bewertungsverfahren dargestellt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse münden in einer Gegenüberstellung und Beurteilung der Verfahren zur Unternehmensbewertung für die ersten drei Lebensphasen. Abschließend dient eine Fallstudie mittels zweier sich im Laufe der Arbeit herauskristallisierender Verfahren zur greifbaren Darstellung und argumentativen Unterstützung der erzielten Ergebnisse.
5 Grundlagen zur Bewertung junger innovativer Unternehmen
In diesem Kapitel werden die für die Arbeit benötigten Grundlagen hinsichtlich der Akteure, Ratingverfahren sowie Wachstumsphasen junger Unternehmen gelegt. Dazu werden die beteiligten Akteure und ihre jeweiligen Interessen im Prozess der Unternehmensbewertung dargestellt, drei Entwicklungsphasen idealtypisch definiert und eine Auswahl von in der Praxis Anwendung findenden und in der Theorie stark diskutierten Bewertungsverfahren dargestellt.
5.1 Akteure
5.1.1 Gründer/ Management
Das größte Interesse an der Werteinschätzung eines jungen Unternehmens haben in der Regel der Gründer bzw. Eigentümer sowie das aktuelle Management. Je früher der Zeitpunkt der Betrachtung desto wahrscheinlicher ist es, dass diese Akteure sich auf eine Person bzw. einen kleinen Personenkreis vereinen. Je nach persönlicher oder finanzieller Lage des Unternehmens sieht der Gründer den Zeitpunkt für eine Finanzierungsrunde oder für den persönlichen Exit aus dem Unternehmen gekommen und benötigt für die Kapitalerhöhung oder die Veräußerung seiner Anteile eine Werteinschätzung (Rudolf, Witt 2002, Seite 25f).
Diese Interessensgruppe hat den besten Überblick über die Gesamtsituation des Unternehmens. Für weitere Interessensgruppen sind objektive Bewertungsschemata notwendig, um z.B. potentielle Geldgeber von einem frühen Investment überzeugen zu können. Eine Erklärung für die Tatsache, dass potentielle Geldgeber häufig erst bei der Einführung erster Produkte Interesse zeigen, liefert die neoinstitutionalistische Finanzierungstheorie. Eine asymmetrische Informationsverteilung zwischen Kapitalsuchendem und Kapitalgeber führt zu einer Qualitätsunsicherheit und einer Unsicherheit bezüglich der Eigenschaften des Kapitalsuchenden auf Seiten des Investors (Behr, Kind 1999, Seite 63). Je jünger das Unternehmen ist, desto ausgeprägter ist annahmegemäß die Asymmetrie, da geringere Teile des Business Plans bis zum Bewertungsstichtag realisiert worden sind und die Bewertung mehr auf der Geschäftsidee als auf dem Geschäftsbetrieb basiert.
5.1.2 Eigenkapitalgeber
In der frühesten Unternehmensphase werden als Eigenkapitalgeber die vier „F“ angefügt: Founder, Family, Friends und Fools (vgl. hierzu Rudolf, Witt 2002, Seite 27). Junge und innovative Unternehmen sind häufig in sehr finanzintensiven Branchen, wie der Biotechnologie oder der Softwaretechnik aktiv und benötigen aus diesem Grund eine hohe Startfinanzierung. Aus diesem Grund reichen die finanziellen Mittel der genannten Personengruppen in der Regel nicht aus. Da mit Kapitaleingängen aus dem regulären Geschäftsbetrieb in den ersten Phasen nicht zu rechnen ist, ist das Gründungsunternehmen auf externe Geldgeber angewiesen.
Als Eigenkapitalgeber treten dabei auf dem Private Equity Markt Business Angels und Venture Capital Gesellschaften auf. Bei erstgenannten handelt es sich zu meist um Privatpersonen, die sich mit ihrem Vermögen an jungen innovativen Unternehmen beteiligen, um an möglichen Wachstumschancen zu partizipieren. Eine Unterscheidung zwischen aktiven und passiven Business Angels ist möglich, wobei erstere ihre beruflichen Erfahrungen und Kenntnisse aktiv in den Ausbau des Geschäftsprozesse einfließen lassen (Rudolf, Witt 2002, Seite 28f).
Das durch Business Angels zu erlangende Eigenkapital ist in aller Regel begrenzt. Bei darüber hinausgehendem Kapitalbedarf sind die Gründer auf Venture Capital Gesellschaften angewiesen. Sie legen Fonds auf, deren Kapital von professionellen Managementkräften verwaltet wird und in definierte, zu meist branchenspezifische Unternehmen investiert. Beide Gruppen stellen dem jungen Unternehmen das Eigenkapital ohne eine Form der Kreditsicherheit zur Verfügung. Als Gegenleistung erhalten sie entsprechende Anteile am Unternehmen deren Berechnung auf den Bewertungsverfahren basiert, die Gegenstand dieser Arbeit sind.
5.1.3 Fremdkapitalgeber
Fremdkapital von Kreditinstituten ist für junge innovative Unternehmen nur sehr schwer zu erlangen, da sie vor allem in den Frühphasen nach ihrer Gründung die auferlegten Kreditsicherheitshürden nicht erfüllen können. Frühestens in der letzten der im Folgenden betrachteten Wachstumsphasen können die Kriterien ggf. erfüllt werden. In diesem Fall sind auch Fremdkapitalgeber auf objektive und standardisierte Verfahren angewiesen.
5.1.4 Weitere Akteure
Zu dieser Interessengruppe zählen potentielle Investoren oder Kaufinteressenten, die sich für junge und innovative Unternehmen interessieren. Fondsmanager und Analysten suchen unterbewertete und extrem hohe Wachstumsraten versprechende Unternehmen. Für diesen Prozess bedarf es entsprechender Verfahren (Rudolf, Witt 2002, Seite 27).
5.2 Merkmale junger innovativer Unternehmen
An dieser Stelle werden Kriterien mit grundlegendem Einfluss auf den Bewertungsprozess von jungen, innovativen Unternehmen dargestellt.
Kurze Dauer der wirtschaftlichen Existenz des Unternehmens -
zeichnet Verantwortung dafür, dass dem Unternehmen der sog. Track Record fehlt, d.h. bewertungsrelevante Unternehmensdaten aus der Vergangenheit liegen nicht vor (Rieg 2004, Seite 109).
Potenziertes Maß an Unsicherheit, sowie Unsicherheit bezüglich künftiger Absatz- und Umsatzpotentialen -
besteht bei Neugründungen häufig aufgrund unbekannter, weil innovativer Produktideen, die bei positiver Entwicklung zu extremen Wachstumspotentialen führen (Schwetzler 2001, Seite 62);
Veränderte Werttreiber -
existieren bei jungen innovativen Unternehmen, die ihr Tätigkeitsfeld im Bereich der New Economy haben. Häufig sind immaterielle Werte maßgeblicher für den Erfolg als Substanzwerte (Behr, Caliz 2001, Seite 1140).
Die genannten Eigenschaften beziehen sich auf alle Neugründungen, unabhängig von ihrer jeweiligen Lebensphase. Im Folgenden werden die einzelnen Lebensphasen näher betrachtet. Hierbei wird die in der Literatur vielfältige Phasenaufteilung reduziert auf die drei Abschnitte Early, Expansion und Later Stage. Eine graphische Darstellung ist im Anhang in Abbildung 4 zu finden. Im Fokus der folgenden Betrachtung steht die jeweilige Finanzsituation. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine idealisierte Gliederung handelt, welche sich im Einzelfall aufgrund spezifischer Entwicklungspfade von Unternehmen abweichend darstellen kann.
Finanzmerkmale junger Unternehmen in der Early Stage:
Kapitalverwendung: hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung;
Kapitalbeschaffung: Gründer, Business Angels, staatliche Förderprogramme;
Keine Kapitaleingänge;
Höchstes Risiko des Totalverlustes;
Häufig festzustellender Mangel an kaufmännischen Fähigkeiten.
Finanzmerkmale junger Unternehmen in der Expansion Stage:
Kapitalverwendung: kapitalintensive Forschung und Entwicklung sowie Markteinführung erster Testprodukte;
Kapitalbeschaffung: Business Angels und früh investierende Venture Capital Gesellschaften;
Geringe Kapitaleingänge, negativer Cashflow;
Ertragsabhängigkeit von meist nur einem Produkt;
Hohes Risiko des Totalverlustes.
Finanzmerkmale junger Unternehmen in der Later Stage:
Kapitalverwendung: verstärkte Marktbearbeitung und Personalrekrutierung;
Kapitalbeschaffung: Venture Capital Gesellschaften und Fremdkapital;
Erhöhte Kapitaleingänge, Break-Even;
Überdurchschnittliche Wachstumsraten bei positivem Geschäftsverlauf;
Gemindertes Risiko und Ablesbarkeit erster Markt- und Unternehmensindikatoren.
5.3 Ratingverfahren zur Bestimmung von Unternehmenswerten
Im Folgenden werden vier traditionelle Verfahren zur Bestimmung von Unternehmenswerten dargestellt. Sofern es für die spätere Beurteilung für die Anwendung bei jungen Unternehmen sinnvoll ist, werden schon an dieser Stelle Subverfahren der einzelnen Methoden in den Mittelpunkt gerückt.
5.3.1 Kapitalwertorientierte Verfahren
Der Unternehmenswert ergibt sich bei der Bewertung mit kapitalwertorientierten Verfahren aus den zunächst geschätzten und im Anschluss diskontierten Erfolgen der Zukunft. Als gängigste Methode ist die Discounted Cashflow Methode (im Folgenden DCF Methode) anzusehen. Mitentwickelt von Unternehmensberatern bezieht sich die DCF Methode, im Vergleich zur verwandten Ertragswertmethode, stärker auf das Prinzip des Shareholder Values (Rudolf, Witt 2002, Seite 78). Sie ermittelt den Unternehmenswert als den Barwert aller zukünftigen, an die Unternehmenseigner ausgeschütteten Dividendenzahlungen. Zur Diskontierung wird ein dem Investment risikoäquivalenter Faktor benötigt. Im Rahmen der formal korrekten DCF Methode geschieht dieses mit Hilfe des Capital Asset Pricing Models. Der zugehörige Beta-Faktor ist für börsennotierte Unternehmen per Single-Index-Modell zu schätzen. Bei nicht börsennotierten Unternehmen, zu denen eine Mehrzahl der im Rahmen dieser Arbeit betrachteten zählt, wird der Faktor mittels Pure Play-Beta bestimmt. Dieser Schätzwert wird aus den Beta-Faktoren von vergleichbaren, börsennotierten Unternehmen abgeleitet (Schwetzler 2001, Seite 68ff).
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- Quote paper
- Marcel Duee (Author), Christoph Möhl (Author), 2006, Spezifische Anforderungen an das Rating für junge Unternehmen in Hinblick auf ihren Lebenszyklus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57314
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