Die Arbeit verfolgt das Ziel, unterrichtspraktische Vorschläge poststrukturalistisch orientierter Literaturdidaktiker im Hinblick auf ihre Realisierbarkeit und ihre Wirksamkeit zu beurteilen. Nach einer einführenden Darstellung wesentlicher Grundgedanken und Strömungen der poststrukturalistischen Theorie im Allgemeinen und der poststrukturalistischen Literaturdidaktik im Besonderen werden – anhand zweier Aufsatzsammlungen – Vorschläge für die didaktische Realisierung poststrukturalistischer Literaturaneignung im Unterricht analysiert. Gemeinsam ist allen Aufsätzen, dass sie nicht versuchen, neue Gegenstände für den Literaturunterricht zu erschließen, sondern sich vielmehr mit geläufigen kanonischen Schulklassikern beschäftigen, dabei aber eine neuartige Herangehensweise anstreben, die sich von der traditionellen Hermeneutik abhebt. Dabei lassen sich zwei wesentliche Ansätze unterscheiden: die Dekonstruktion bzw. Pluralisierung von Deutungsansätzen sowie die Untersuchung intertextueller Verflechtungen und gegenläufiger Diskurse. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass die Unterrichtsvorschläge immer dann sinnvoll und realitätstauglich erscheinen, wenn sie übermäßige Komplexität vermeiden, konkrete Aufgabenstellungen für die Schüler entwickeln und die poststrukturalistische Analysetätigkeit mit handlungs- und produktionorientierten Methoden kombinieren. Wenig praktikabel sind allerdings diejenigen Aufsätze, die mit übertriebener Wissenschaftlichkeit an die jeweiligen Texte herangehen und dabei die zeitökonomischen Beschränkungen des Unterrichts ignorieren, zu wenig Wert auf eine angemessene didaktische Reduktion legen und dabei auf methodische Vielfalt verzichten. Besonders häufig anzutreffende negative Merkmale dieser Ansätze sind eine unzureichende Übertragung der oft ausufernden literaturwissenschaftlichen Überlegungen in praxistaugliche didaktische Vorschläge sowie eine grundsätzliche Geringschätzung der Bedeutung von Lesevergnügen und Leseförderung im Unterricht.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretische Grundlagen
- Die poststrukturalistische Kritik der Hermeneutik
- Poststrukturalismus im Unterricht
- Praktische Vorschläge
- Dekonstruktion und Pluralisierung von Deutungsansätzen
- Untersuchung intertextueller Verflechtungen und gegenläufiger Diskurse
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht poststrukturalistische Ansätze im Umgang mit kanonischen Texten im Literaturunterricht. Sie befasst sich mit der Frage, inwiefern diese Ansätze einen zeitgemäßen Literaturunterricht ermöglichen, der Schüler*innen zu einem vertieften analytischen Umgang mit literarischen Texten befähigt und ihr allgemeines Interesse an Literatur fördert.
- Kritik der hermeneutischen Interpretationsmuster
- Möglichkeiten und Grenzen eines poststrukturalistischen Literaturunterrichts
- Dekonstruktion von Deutungsansätzen
- Analyse intertextueller Verflechtungen
- Relevanz von Diskurstheorien im Kontext von Schulklassikern
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung beleuchtet die aktuelle Kanondiskussion und die Renaissance des schulischen Literaturkanons. Sie stellt die Frage nach der Auswahl und dem Umgang mit kanonischen Texten im Unterricht und argumentiert für die Relevanz eines poststrukturalistischen Ansatzes.
- Theoretische Grundlagen: Dieses Kapitel erläutert die Grundlagen der poststrukturalistischen Kritik der Hermeneutik. Es werden zentrale Kritikpunkte an hermeneutischen Interpretationsmustern und die veränderte Sicht auf den literarischen Text im poststrukturalistischen Kontext beleuchtet.
- Praktische Vorschläge: Der dritte Teil präsentiert konkrete Vorschläge für die Anwendung der poststrukturalistischen Theorie im Literaturunterricht. Es werden zwei wesentliche Vorgehensweisen unterschieden: die Dekonstruktion und Pluralisierung von Deutungsansätzen sowie die Untersuchung intertextueller Bezüge und gegenläufiger Diskurse.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Schlüsselfragen eines poststrukturalistischen Umgangs mit kanonischen Texten im Literaturunterricht. Die zentralen Themen sind die Dekonstruktion von hermeneutischen Interpretationsmustern, die Pluralisierung von Deutungsansätzen, die Analyse intertextueller Verflechtungen, die Berücksichtigung von Diskursen und die Bedeutung eines kritischen und reflexiven Umgangs mit literarischen Texten im Unterricht.
- Quote paper
- Torsten Halling (Author), 2003, Poststrukturalistische Ansätze zum Umgang mit kanonischen Texten im Literaturunterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57288