„Haben wir je einen teutschen Shakespeare zu erwarten, so ist es dieser.“ (Wiese 1937: 102) Mit diesen Worten beschrieb der Rezensent der Erfurthischen Gelehrten Zeitung am 24. Juli 1781 den damals noch unbekannten Dichter der „Räuber“. Das Erstlingswerk Schillers, das 1779/80 zu seiner Zeit an der Karlsschule entstand und das er zunächst selbstfinanziert und anonym veröffentlichte, zählt heute als das bedeutendste Drama des Sturm und Drang. An seiner Uraufführung in Mannheim nahm Schiller unerlaubter Weise teil. Schon damals galt das Drama als eine Sensation. „Himmel und Hölle kamen hier zusammen, hier drückte sich das Lebensgefühl einer jungen Generation aus.“ (Koopmann 1988: 11)
Heute gehören „Die Räuber“ einerseits zum festen Literaturkanon, andererseits ziehen sie als Theaterstück inszeniert auch nach wie vor Zuschauer in ihren Bann, die sich zuvor nicht mit Literatur auseinandergesetzt haben. Dies liegt nicht zuletzt an der herausragenden Charakterisierung der Hauptfiguren Karl und Franz Moor: „Die Helden seiner Jugenddramen sind Monstren an Tugend oder Laster, von einer ungeheuren Einmaligkeit und Eindrücklichkeit.“ (Frey 1966: 83)
Ich möchte in dieser Abhandlung herausfinden, was diese Charaktere so besonders macht und welche Wirkung Schiller mit ihnen erzielen wollte. Hierzu werde ich das Drama in Hinblick auf das Nebeneinander von Tugend und Laster, von Gut und Böse analysieren.
Meiner Annahme nach hat Schiller sich stark an dem von Lessing geprägten Begriff des „gemischten Charakters“ orientiert. In Anschluss an meine Analyse möchte ich daher Rückschlüsse auf die Wirkungsabsicht der gemischten Charaktere in den „Räubern“ ziehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Welche Philosophen prägten den jungen Schiller und beeinflussten somit die Entstehung seines ersten Dramas und die Charakterisierung seiner Figuren?
- Was ist ein gemischter Charakter?
- „Die Räuber“ – Charakterisierung der Hauptfiguren
- Franz Moor – ein Betrüger aus Verstand?
- Karl Moor - ein Verbrecher aus Empfindung?
- Fazit: Mögliche Intentionen Schillers
- Franz Moor - Gefahren der Aufklärung
- Karl Moor - Probleme des Sturm und Drang
- Schlusswort
- Literaturverzeichnis
- Primärliteratur
- Sekundärliteratur
- Bildquellen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Abhandlung analysiert Friedrich Schillers Erstlingswerk „Die Räuber“ im Hinblick auf die Darstellung von Tugend und Laster in den Hauptfiguren Karl und Franz Moor. Ziel ist es, herauszufinden, welche philosophischen Einflüsse den jungen Schiller prägten und wie diese in der Charakterisierung der Figuren deutlich werden. Der Fokus liegt dabei auf dem Konzept des „gemischten Charakters“ nach Gotthold Ephraim Lessing und dessen Relevanz für Schillers Drama.
- Die Rolle von Tugend und Laster in Schillers „Die Räuber“
- Die philosophischen Einflüsse auf Schillers Werk, insbesondere die Lehren von Ferguson, Garve, Mendelssohn, Abel und Lessing
- Die Charakterisierung der Hauptfiguren Karl und Franz Moor als „gemischte Charaktere“ im Sinne Lessings
- Die möglichen Intentionen Schillers in Bezug auf die Darstellung der Figuren und deren Einfluss auf das Publikum
- Die Verbindung zwischen den „Räubern“ und den literarischen Strömungen des Sturm und Drang und der Aufklärung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Entstehungsgeschichte von Schillers „Die Räuber“ und setzt den Kontext des Sturm und Drang sowie der philosophischen Einflüsse auf das Werk. Besondere Aufmerksamkeit wird dem Konzept des „gemischten Charakters“ nach Lessing gewidmet.
Das zweite Kapitel widmet sich der detaillierten Charakterisierung der Hauptfiguren Franz und Karl Moor. Franz wird als intriganter und berechnender Charakter vorgestellt, der seine Ziele durch Täuschung und Manipulation erreicht. Karl hingegen verkörpert den impulsiven, idealistischen und emotionsgesteuerten Menschen, der sich für die Gerechtigkeit einsetzt, jedoch gleichzeitig zu gewalttätigen Handlungen greift.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter des Textes sind: „Die Räuber“, Friedrich Schiller, Sturm und Drang, Aufklärung, gemischter Charakter, Tugend, Laster, Franz Moor, Karl Moor, Philosophie, Lessing, Ferguson, Garve, Mendelssohn, Abel.
- Quote paper
- Ina Brauckhoff (Author), 2006, Tugend und Laster. Gemischte Charaktere in Friedrich Schillers "Die Räuber", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57066