Die Soziologie hat es sich zur Aufgabe gemacht, soziale Phänomene zu begreifen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind bisweilen einige Theorien entstanden, welche sich über verschiedene Wege darum bemühen, die Entstehung solcher sozialen Ereignisse analysieren zu können. Eine dieser Theorien ist die Rational-Choice-Theorie- die Theorie der rationalen Wahlhandlung. Dabei ist es wichtig zu erwähnen, „dass es nicht „die“ RC-Theorie gibt, sondern je nach Modellannahmen unterschiedliche Varianten.“ (Diekmann/Voss, 2004: 13) Sie greifen dabei unter anderem sowohl auf Grundkonzepte der Ökonomie, als auch auf die Spiel- und neoklassische Theorie zurück. (Vgl. Brentel, 1999: 157) Da jeglichen Varianten, wie zum Beispiel der „harten“ und der „weichen“ Variante (Vgl. Diekmann/Voss, 2004: 19 f.), im Großen und Ganzen jedoch dasselbe Grundkonzept - das der rationalen Wahlhandlung - zu Grunde liegt, wird in dieser Arbeit zur Vereinfachung immer nur vonderRational-Choice-Theorie die Rede sein. Zwei bekannte Vertreter dieser Theorieform sind die Soziologen James S. Coleman und Hartmut Esser, die in ihren Theorien als Ausgangspunkt das Individuum sehen (vgl. Coleman, 1991: 6). Kurz zusammengefasst geht die RC-Theorie davon aus, dass soziale Phänomene auf einer niedrigeren Ebene, durch individuelles Handeln zu erklären sind. Dieses Handeln verläuft dabei nach „dem Prinzip der Nutzenmaximierung“ (Colemann, 1991: 19), welches durch gegebene Randbedingungen bestimmt wird. Diese Arbeit besteht aus zwei Teilen: Der erste soll eine Art „Theorieteil“ sein, in dem die Eckpfeiler der RC-Theorie möglichst en Detail dargestellt werden. Der zweite Teil stellt eine Art „Anwendungsteil“ dar, welcher sich mit dem Thema Emotionen beschäftigt. Es stellt sich die Frage, ob Emotionen überhaupt Rationalität bzw. eine Art „Wahlhandlungen“ zulassen und wenn ja, wie sich emotionales Handeln in die RC-Theorie einfügen lässt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Rational-Choice-Theorie
2.1 Gründe für den methodologischen Individualismus
2.2 Die drei Schritte der „Makro-Mikro-Verbindung“
2.2.1 Schritt 1: Die Logik der Situation
2.2.2 Schritt 2: Die Logik der Selektion
2.2.3 Schritt 3: Die Logik der Aggregation
3. „Die Rationalität der Emotionen“
3.1 Emotionen
3.2 Individualität
3.3 Rationalität
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Soziologie hat es sich zur Aufgabe gemacht, soziale Phänomene zu begreifen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind bisweilen einige Theorien entstanden, welche sich über verschiedene Wege darum bemühen, die Entstehung solcher sozialen Ereignisse analysieren zu können.
Eine dieser Theorien ist die Rational-Choice-Theorie – die Theorie der rationalen Wahlhandlung. Dabei ist es wichtig zu erwähnen, „dass es nicht „die“ RC-Theorie gibt, sondern je nach Modellannahmen unterschiedliche Varianten.“ (Diekmann/Voss, 2004: 13) Sie greifen dabei unter anderem sowohl auf Grundkonzepte der Ökonomie, als auch auf die Spiel- und neoklassische Theorie zurück. (Vgl. Brentel, 1999: 157) Da jeglichen Varianten, wie zum Beispiel der „harten“ und der „weichen“ Variante (Vgl. Diekmann/Voss, 2004: 19 f.), im Großen und Ganzen jedoch dasselbe Grundkonzept – das der rationalen Wahlhandlung – zu Grunde liegt, wird in dieser Arbeit zur Vereinfachung immer nur von der Rational-Choice-Theorie die Rede sein.
Zwei bekannte Vertreter dieser Theorieform sind die Soziologen James S. Coleman und Hartmut Esser, die in ihren Theorien als Ausgangspunkt das Individuum sehen (vgl. Coleman, 1991: 6). Kurz zusammengefasst geht die RC-Theorie[1] davon aus, dass soziale Phänomene auf einer niedrigeren Ebene, durch individuelles Handeln zu erklären sind.[2] Dieses Handeln verläuft dabei nach „dem Prinzip der Nutzenmaximierung“ (Colemann, 1991: 19), welches durch gegebene Randbedingungen bestimmt wird.
Diese Arbeit besteht aus zwei Teilen: Der erste soll eine Art „Theorieteil“ sein, in dem die Eckpfeiler der RC-Theorie möglichst en Detail dargestellt werden. Der zweite Teil stellt eine Art „Anwendungsteil“ dar, welcher sich mit dem Thema Emotionen beschäftigt. Es stellt sich die Frage, ob Emotionen überhaupt Rationalität bzw. eine Art „ Wahl handlungen“ zulassen und wenn ja, wie sich emotionales Handeln in die RC-Theorie einfügen lässt.
2. Die Rational-Choice-Theorie
Ein großer Unterschied, der zwischen der RC-Theorie und anderen soziologischen Theorien besteht, ist der Aspekt des methodologischen Individualismus´. Dieser besagt, dass die Funktionsweisen von sozialen Systemen nicht auf der Systemebene selbst, sondern durch individuelles Handeln auf einer tieferen Ebene, der Mikroebene, analysiert werden müssen. „Ziel der RC-Theorie ist die Erklärung kollektiver Effekte aus Annahmen über individuelles Handeln, …“ (Diekmann/Voss, 2004: 14)
2.1 Gründe für den methodologischen Individualismus
Zur Untermauerung der oben genannten Sichtweise führt James S. Coleman fünf Gründe an, welche die Wichtigkeit des methodologischen Individualismus unterstreichen sollen:
1. Da in der Soziologie der Großteil aller Beobachtungen auf der Individualebene gemacht wird, ist es sinnvoll, die Erklärung des Systemverhaltens auch auf genau dieser, auf den Beobachtungen basierenden, Ebene anzusetzen.
2. Auch wenn bestimmte „Eingriffe“ auf der Individualebene, seien sie z.B. politischer Art, einen Einfluss auf das System selbst haben, so muss eine Erklärung auf der niederen Ebene ansetzen, da die so genannten „Eingriffe“ ja auf dieser stattfinden.
3. Das Problem der Stabilität: Durch Bezug auf die Individuen eines Systems, ist eine bessere Vorhersagbarkeit des Systemverhaltens möglich, da dieses Verhalten schließlich „aus den Handlungen seiner Bestandteile hervorgeht.“ (Coleman, 1991: 4)
4. Das Fundamentalitätsproblem[3]: Bezieht man sich auf den in Punkt 3 zitierten Sachverhalt, dass Systemverhalten sich aus den individuellen Handlungen ergäbe, so ist eine Analyse auf der Individualebene ebenfalls fundamentaler, als auf der Systemebene selbst. „Sie [ermöglicht] ein Verständnis des Systemverhaltens [.]“(Coleman, 1991: 4)
5. Das Problem der Ethik: Die Tatsache, dass ein Individuum durch soziale Strukturen bestimmt sein soll, lässt sich durch Argumentation auf der Makroebene, im Gegensatz zur Mikroebene, nicht widerlegen.
(Vgl. Coleman, 1991: 3 ff.)
2.2 Die drei Schritte der „Makro-Mikro-Verbindung“
Die in der Soziologie weit verbreitete „Badewanne“, bekannt durch den Soziologen Max Weber, hilft den Weg der Analyse, ausgehend von (1) einer Situation der Makroebene, über (2) die Handlungen von Akteuren auf der Mikroebene, zurück zu (3) einem kollektiven sozialen Phänomen auf der Makroebene, zu beschreiben:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.: Grundmodell der soziologischen Erklärung (Esser, 1993: 98)
Um anschließend, nachdem die „Fokussierung auf die Akteursperspektive“ (Brentel, 1999: 158) festgelegt ist, zu dem Grundprinzip der RC-Theorie, dass „Akteure Ziele haben, begrenzte Ressourcen und einer Entscheidungsregel folgen“ (Diekmann/Voss, 2004: 20) zu gelangen, müssen die drei Schritte von Makro- zu Mikro- zu Mikro- zu Makroebene exakter definiert werden. Hierbei handelt es sich um die drei Logiken: Die Logik der Situation [in der Abbildung Pfeil (1)], die Logik der Selektion (2) und die Logik der Aggregation (3).
2.2.1 Schritt 1: Die Logik der Situation
Die Logik der Situation beschreibt „die Rekonstruktion der sozialen Situation, der sich die Akteure ausgesetzt sehen“ (Esser, 1993: 94), was bedeutet, dass diese soziale Situation aus der Perspektive des einzelnen Akteurs verstanden und „neu formuliert“ werden muss. Dazu dienen die so genannten Brückenhypothesen, die den Zusammenhang zwischen der objektiv gegebenen und der subjektiv erlebten Situation beschreiben. Außerdem ergeben sich an dieser Stelle die Randbedingungen der rationalen Wahlhandlung: da „diese Situationen ihre Handlungsoptionen genauso wie die Ziele, die sie erreichen können, begrenzen.“ (Schnabel, 2003: 21) Diese Randbedingungen sind durch eine Verfügbarkeit über bestimmte Ressourcen[4] und eine (eingeschränkte) Handlungswahl gekennzeichnet.
Eingeschränkt wird diese Handlungswahl durch Restriktionen, welche die Breite der Handlungs alternativen begrenzt. Es wird zwischen natürlichen[5] und sozialen[6] Restriktionen unterschieden.
Es handelt sich hier immer um sich voneinander unterscheidende, individuelle Situationen, in und von denen jeder Akteur andere Erwartungen und Bewertungen hat. Daher ist es unumgänglich, bei der Analyse auch von genau dieser Individualität der Erwartungen auszugehen.[7] (Vgl. Esser, 1993: 83)
[...]
[1] Zur Vereinfachung wird der Begriff der Rational-Choice-Theorie ab diesem Punkt als RC-Theorie abgekürzt
[2] „… geht die Soziologie vom Makro-Bereich aus, geht so auf den Mikro-Bereich der Akteure und des Handelns und kehrt mit der Aggregation (…) auf die Makro-Ebene zurück.“ (Esser, 1993: 97)
[3] „Eine Erklärung [ist] fundamental genug [.], wenn sie eine Grundlage für einen sinnvollen Eingriff bietet, der das Systemverhalten ändern kann.“ (Coleman, 1991: 5)
[4] „Eine Voraussetzung der Rational-Choice-Theorie ist, dass Akteure über Ressourcen verfügen, die sie für ihre Ziele einsetzen können. Verfügbarkeit über Ressourcen heißt, dass Personen zwischen mindestens zwei Alternativen wählen können.“ (Diekmann/Voss, 2004: 14)
[5] Natürliche Restriktionen: Alle Restriktionen, welche eine Handlung rein „technisch“ gesehen ausschließen (z.B. Verfügbarkeit von Ressourcen).
[6] Soziale Restriktionen: Alle Restriktionen, welche bestimmte Handlungen aus sozialen Gründen ausschließen (Werte, Normen, etc.).
[7] Aufgrund dieser Individualität können auch „ganz und gar „irrationale“ Motive (…) mit den Mitteln der Logik dargestellt und erklärt werden.“ (Esser, 1993: 84), indem man sich in die spezifische Situation des Akteurs versetzt.
- Arbeit zitieren
- Miriam Pähler (Autor:in), 2005, Rational-Choice-Theorie - Ein Einblick in die Rational-Choice-Theorie nach Coleman und Esser mit anschließender Anwendung des Themas Emotionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56636
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