Der erste Teil der Arbeit widmet sich der Kritik Müllers an Heinzles Theorie. Anschließend werden die Überlegungen erläutert, die Müllers Konzept zugrunde liegen. Im dritten Teil wird die Herangehensweise an das Epos geschildert und an einigen Beispielen anschaulich gemacht.
Jan-Dirk Müller kann Joachim Heinzles Argumentation, dass man das Nibelungenlied aufgrund seiner Lückenhaftigkeit und Widersprüchlichkeit nicht interpretieren könne, nicht nachvollziehen. Gerade die besagten Brüche in der Erzählstruktur sind in Müllers Augen der Schlüssel zur Deutung des Epos.
Klärt man die für die Interpretation vorauszusetzenden Begriffe von Literatur und Kultur, wird klar, dass angebliche Defizite des Textes auf seine Vokalität zurückzuführen sind. Da der Erzähler das kulturelle Wissen der Rezipienten kannte, musste er nicht jede Einzelheit, die zum Verständnis des Nibelungenliedes nötig war, ausführen, sondern konnte es häufig bei Anspielungen belassen. Dass den heutigen Lesern die Erzählung defizitär erscheint, rührt daher, dass ihnen das Wissen des damaligen Publikums fehlt. Um den Text in seiner historischen Korrektheit erfassen zu können, muss man deshalb die Bedingungen, an welche der Text gebunden ist, rekonstruieren. Müller bezeichnet diese als die „Spielregeln“, nach denen das Epos funktioniert.
Die Welt des Nibelungenliedes ist sowohl von den Regeln der archaischen als auch von denen der höfischen Welt geprägt, die miteinander konkurrieren und sich gegenseitig aufheben. Müller hat dies an zahlreichen Motiven herausgearbeitet, von denen in dieser Hausarbeit gruoz, zorn und arm als Beispiele gedienten. Die Spielregeln der Welt des Nibelungenliedes sind nicht miteinander vereinbar und können daher nur zum Untergang führen. Müller bezeichnet daher die Selbstaufhebung als ästhetisches Prinzip.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Jan-Dirk Müllers „Spielregeln für den Untergang“ – Eine Neuorientierung in der Nibelungenliedforschung
- 1. Müllers Kritik an der Position Joachim Heinzles
- 2. Grundlagen für Müllers Konzept
- 2.1 Klärung des Literaturbegriffs
- 2.2 Prägung des Nibelungenliedes durch seine Vokalität
- 3. Müllers Konzept
- 3.1 ,,Widersprüche“ als Ausgangspunkt der Analyse
- 3.2 Müllers Vorgehen
- 3.3 Beispiele
- 3.3.1 gruoz
- 3.3.2 Kapitel III
- 3.3.3 Kapitel IV
- 3.4 Müllers,,Chaos-Theorie“
- C. Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht Jan-Dirk Müllers „Spielregeln für den Untergang“, eine wegweisende Monographie in der Nibelungenliedforschung. Sie analysiert Müllers Kritik an Joachim Heinzles Position, die eine Interpretation des Nibelungenlieds aufgrund seiner vermeintlichen „Trümmerstruktur“ als unmöglich erachtet. Anschließend werden die Grundlagen und das Konzept von Müllers Neuorientierung in der Nibelungenliedforschung dargestellt, die eine streng kulturanthropologische Lesart des Epos fordert.
- Kritik an Heinzles These der Unmöglichkeit einer Interpretation
- Die „Trümmerstruktur“ des Nibelungenlieds als Ausgangspunkt der Analyse
- Klärung des Literaturbegriffs und die Prägung des Nibelungenliedes durch seine Vokalität
- Müllers Konzept der „Widersprüche“ und dessen Anwendung
- Die „Chaos-Theorie“ als Grundlage für Müllers Interpretation
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und den Aufbau der Arbeit vor, die sich auf Müllers Kritik an Heinzles Position und dessen neu entwickeltes Interpretationskonzept konzentriert. Der erste Teil analysiert Müllers Argumentation gegen Heinzles These der Unmöglichkeit einer Interpretation des Nibelungenliedes aufgrund seiner „Trümmerstruktur“.
Der zweite Teil erläutert die Grundlagen von Müllers Konzept, darunter die Klärung des Literaturbegriffs und die besondere Bedeutung der Vokalität für die Entstehung des Nibelungenliedes.
Im dritten Teil wird Müllers Herangehensweise an das Epos vorgestellt, wobei das Konzept der „Widersprüche“ als Ausgangspunkt der Analyse dient.
Anhand von Beispielen aus dem Text wird Müllers Vorgehen veranschaulicht. Darüber hinaus wird Müllers „Chaos-Theorie“ als Grundlage für seine Interpretation des Nibelungenliedes diskutiert.
Schlüsselwörter
Nibelungenlied, Interpretation, Joachim Heinzle, Jan-Dirk Müller, „Spielregeln für den Untergang“, Trümmerstruktur, Widerspruch, Vokalität, Kulturanthropologie, Chaos-Theorie.
- Citation du texte
- Felix Brenner (Auteur), 2006, Jan-Dirk Müllers "Spielregeln für den Untergang", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56579