Es war eine brillante Geschäftsidee, die der Brite Henry Robinson Mitte des 17. Jahrhunderts hatte - und der Beginn einer umsatzstarken Industrie mit stetigem Wachstum. Was Robinson 1650 noch klangvoll „Office of Addresses and Encounters“ nannte, heißt heute “Elite-Partner-Agentur”, „traumpartner.tv“ oder schlicht “neu.de”: das Geschäft mit einsamen Herzen, die sich den Partner fürs Leben wünschen. Der Single wird als Markt entdeckt, was nicht verwunderlich ist angesichts der ständig steigenden Zahl der Alleinlebenden in Deutschland. Ihre genaue Zahl ist in keiner Statistik erfasst, Schätzungen aber reichen von vier Millionen bis hin zu elf Millionen Singles . Die Industrie hat reagiert: Single-Küchen, Singleeinsamen Kunden. Doch versprechen zahllose Angebote den unfreiwillig Alleingebliebenen Abhilfe. Single-Partys mit Flirtfaktor, Single-Kochevents zum Kennenlernen zwischen Töpfen und Pfannen, Flirtcoaching für den Schüchternen und Hunderte von Online-Partnerbörsen: Liebe per Mausklick. Rund 6,2 Millionen Menschen suchen ihren Traumpartner im Internet und haben der Industrie damit allein 2005 einen Umsatz von etwa 76,3 Millionen Euro beschert, schätzt die Initiative Singlebörsenvergleich.de. Einer der traditionelleren Wege nach einem Partner zu suchen ist die Kontaktanzeige. Von BILD bis Frankfurter Allgemeine, von ZEIT bis Brigitte - in nahezu jeder Zeitung und Zeitschrift sind die kurzen Texte zu finden; Akademiker, alleinerziehende Bürokauffrau oder arbeitsloser Tischler - sie alle inserieren. Die wachsende Partnerlosigkeit und Partnersuche der Deutschen ist längst zum gesellschaftlich relevanten Thema avanciert. Umso erstaunlicher ist es, dass die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Textsorte Kontaktanzeige bislang kaum stattgefunden hat. Ist die Einstellung der Wissenschaft gegenüber der Textsorte noch immer „überwiegend negativ“, oder ist es so, dass „man dieser Gattung eine legitime Funktion […] überhaupt abspricht“, wie Stolt 1976 vermutete ? Die wenigen umfassenden Analysen von Kontaktanzeigen beschränken sich meist auf soziologische Aspekte, so etwa die Arbeiten von Glinsmann (1985) und Roman (1983) , und skizzieren die demographischen Folgen der zunehmenden Partnerlosigkeit der Deutschen. Detaillierte (sozio-)linguistische Untersuchungen der Textsorte finden sich bei Stolt (1976), Riemann (1999) und Gottburgsen (1995). [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Korpusbeschreibung und Fragestellung
- 3. Quantitative Analyse
- 3.1. Wortzahl
- 3.2. Verwendung von Abkürzungen
- 4. Qualitative Analyse
- 4.1. Semantische Bereiche der Selbst- und Partnerdarstellung
- 4.2. Selbst- und Partnerbezeichnung
- 4.3. Stellvertretende Substantive der Selbst- und Partnerbezeichnung
- 5. Ergebnisauswertung und Vergleich mit der Untersuchung Gottburgsens
- 5.1. Quantitative Analyse
- 5.2. Qualitative Analyse
- 6. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die sprachliche Inszenierung von Geschlecht in Kontaktanzeigen und setzt sich mit der Frage auseinander, wie Männer und Frauen ihr Geschlecht in diesen Texten präsentieren. Sie baut auf der Analyse von Anja Gottburgsen auf und erweitert diese, indem sie den Einfluss des Mediums auf die sprachliche Gestaltung der Anzeigen berücksichtigt. Die Arbeit befasst sich mit der Frage, ob sich die sprachliche Gestaltung von Kontaktanzeigen in verschiedenen Printmedien unterscheidet und wenn ja, worin diese Unterschiede bestehen.
- Sprachliche Inszenierung von Geschlecht in Kontaktanzeigen
- Vergleich der Ergebnisse mit der Untersuchung Gottburgsens
- Einfluss des Mediums auf die sprachliche Gestaltung von Anzeigen
- Quantitative und qualitative Analyse von Kontaktanzeigen
- Bedeutung des Untersuchungskriteriums "Gender" bei der Analyse von Kontaktanzeigen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Kontaktanzeigen als Textsorte ein und beleuchtet die wachsende Bedeutung von Partnerbörsen und Online-Dating im Kontext der steigenden Zahl von Singles in Deutschland. Sie skizziert die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Textsorte Kontaktanzeige und stellt die Arbeit von Anja Gottburgsen als Auslöser und Bezugspunkt der vorliegenden Arbeit vor.
Das zweite Kapitel beschreibt das Korpus, das für die Untersuchung verwendet wird, und stellt die Fragestellung der Arbeit vor. Es werden 180 Kontaktanzeigen aus verschiedenen Printmedien analysiert, wobei die Auswahl der Anzeigen nach Geschlecht und Erscheinungsmedium erfolgt. Die Medienprofile der ZEIT, Prinz und HAZ werden kurz vorgestellt.
Die quantitative Analyse im dritten Kapitel beschäftigt sich mit der durchschnittlichen Wortzahl pro Annonce und der Anzahl der verwendeten Abkürzungen in den Inseraten.
Das vierte Kapitel widmet sich der qualitativen Analyse der Kontaktanzeigen. Es werden die semantischen Bereiche der Selbst- und Partnerdarstellung, die Selbst- und Partnerbezeichnung sowie die stellvertretenden Substantive der Selbst- und Partnerbezeichnung untersucht.
Kapitel 5 stellt die Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Analyse dar und vergleicht diese mit den Ergebnissen von Gottburgsens Untersuchung.
Schlüsselwörter
Kontaktanzeigen, Geschlechterinszenierung, Gender, Sprache, Medien, Quantitative Analyse, Qualitative Analyse, Wortzahl, Abkürzungen, Semantik, Selbst- und Partnerdarstellung, Gottburgsen, ZEIT, Prinz, HAZ
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- Jasmin Ostermeyer (Author), 2006, "Besitzer eines fliegenden Teppichs, 65, sucht sinnliche Co-Pilotin für gemeinsamen Flugbetrieb", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56428