Während der Zeit der Verhandlungen zwischen den alliierten Gegnern des Deutschen Reichs im Zweiten Weltkrieg und Vertretern beider deutscher Staaten über die Zukunft eines neuen, womöglich wieder vereinigten Deutschlands nach dem Fall des so genannten Eisernen Vorhangs, kam es von vielen Seiten aus zu Formulierungen des Unbehagens. Es waren Befürchtungen einer Wiederholung von Geschichte, dem Wiedererwachen eines Deutschen Bösen. Diese Kritiker einer deutschen Wiedervereinigung waren letztlich nur mit dem Hinweis auf eine historisch begründete, autonome Problematisierung des eigenen Bildes und der eigenen Geschichte, der Begriffe deutsch und Deutschtum, zum Teil zu beruhigen.
Seit der vollzogenen Wiedervereinigung sind nun mehr als fünfzehn Jahre ins Land gegangen – und es ist, als ob sich mancher Kritiker nicht geirrt zu haben schien: in der Krise, die Deutschland heute erlebt, geht der Blick wieder zurück. Allerdings nicht, wie befürchtet, in die Zeit des Nationalsozialismus; es ist vielmehr ein Blick zurück nach innen, in die Seele der Nation – eine Rückbesinnung als Selbstvergewisserung.
Schon vor den Jahren der bürgerlichen Revolution im Jahr 1848 war es in der Zeit des Biedermeier zu einer ähnlichen Verinnerlichung, damit zu einer scheinbaren Entpolitisierung der Begrifflichkeiten des Deutschen gekommen: deutsch und Deutsche Nation waren zu psychologischen, zu archaischen Seelen-Begriffen mutiert (worden) – die romantische Idee einer Definition europäischer Landschaften als Deutsche Nation auf der Basis gemeinsamer Sprache wurde im Biedermeier in eine endgültige Idee einer Nation aus gemeinsamer Kultur weiterentwickelt: Sprache war damit nicht nur Definitivum, sie geriet zum Seelen-Ausdruck der Nation.
Inhaltsverzeichnis
- I Vom Deutschen
- Deutsch: Inszenierungen zwischen Ursprung und Zukunft
- Ziel der Arbeit
- Begriff: Mythos
- Problemfeld: Deutscher Mythos
- 2 Das Nibelungenlied
- Warum das Nibelungenlied?
- Hintergrund und Bearbeitungen des Original-Stoffs
- Der Kern des Mythos
- Die Wiederbelebung der Nibelungen
- Das Nationalepos: der Deutsche Mythos
- Die Rekonstruktion der Nibelungen
- Drei Phasen der Nibelungen-Rezeption
- 3 Richard Wagner: Der Ring des Nibelungen
- „Der Hügel: das ist unser Olymp."
- Das Schmieden des Rings
- Der Mythos der künstlerischen Tat
- Ein nationales Denkmal
- Wotan
- Siegfried
- Brünnhilde
- 4 Fritz Lang: Die Nibelungen
- „Dem Deutschen Volke zu eigen"
- Dolchstoß
- Verlebendigung des Mythos
- Heilige Räume
- Hagen
- Siegfried
- Kriemhild
- 5 Deutsche Mode..?
- Deutsch?
- Mythos: Marke
- Marke: Deutsch!
- Müller vs. Schleef
- Literaturverzeichnis
- Abbildungsverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit untersucht die kulturpolitische Konstruktion des Deutschen Mythos der Nibelungen und dessen Niederschlag in Dramen und Filmen zwischen 1876 und 1924. Die Arbeit fokussiert auf die Inszenierung des Deutschen durch Richard Wagner und Fritz Lang, insbesondere in Bezug auf die Darstellung von Kleidung und deren Bedeutung als Träger von Mythen und nationaler Identität.
- Die Rolle des Nibelungenliedes als Grundlage für die Konstruktion des Deutschen Mythos
- Die Bedeutung von Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen" als mythisches Gesamtkunstwerk und nationales Denkmal
- Die Verwendung des Nibelungen-Stoffes in Fritz Langs Film „Die Nibelungen" als Beispiel für die Verlebendigung des Mythos im 20. Jahrhundert
- Die Bedeutung von Kleidung als Symbol für nationale Identität und mythische Bedeutungsträger in den Werken von Wagner und Lang
- Die Frage nach der Nachhaltigkeit des Deutschen Mythos in der heutigen Zeit und dessen Einfluss auf die Modeindustrie.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Entwicklung des Begriffs „Deutsch" im Kontext der deutschen Geschichte, insbesondere im Hinblick auf die Suche nach einem mythischen Ursprung. Es werden die Einflüsse des Biedermeier und die Entstehung des Deutschen Gefühls als Grundlage für die spätere Verwendung des Nibelungenliedes als nationales Narrativ beschrieben.
Das zweite Kapitel widmet sich dem Nibelungenlied als Grundlage für die Konstruktion des Deutschen Mythos. Es beleuchtet die historischen Hintergründe des Werks und die Bedeutung seiner verschiedenen Interpretationen im Laufe der Zeit. Die Arbeit analysiert die Rezeption des Nibelungenliedes in verschiedenen Epochen, insbesondere im 19. und 20. Jahrhundert, und zeigt, wie der Stoff immer wieder als Ausdruck für nationale Identität und Schicksal genutzt wurde.
Das dritte Kapitel untersucht Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen" als ein Werk, das den Deutschen Mythos auf eine neue Ebene hebt. Es analysiert die Bedeutung von Wagners musikalisch-dramatischen Gesamtkunstwerk als nationales Denkmal und die Rolle von Kleidung als Symbol für die mythische Welt des Rings. Der Fokus liegt dabei auf den Kostümentwürfen von Carl Emil Doepler und deren Bedeutung für die Charakterisierung der Figuren Wotan, Siegfried und Brünnhilde.
Das vierte Kapitel befasst sich mit Fritz Langs Film „Die Nibelungen" als Beispiel für die Verlebendigung des Deutschen Mythos im 20. Jahrhundert. Es analysiert die Verwendung des Nibelungen-Stoffes in Langs Film und die Bedeutung von Kleidung als Ausdruck für die mythische Welt des Films. Der Fokus liegt dabei auf den Kostümen der Figuren Hagen, Siegfried und Kriemhild und deren Bedeutung für die Inszenierung von nationaler Identität und Schicksal.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Deutschen Mythos, das Nibelungenlied, Richard Wagner, Fritz Lang, nationale Identität, Kleidung, Mythen, Kulturpolitik, Geschichte, Romantik, Biedermeier, Weimarer Republik, Nationalsozialismus, Mode, Marke, Kapitalismus.
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- Diplom-Designerin (Mode-Design) Gritt Zothner (Author), 2006, Deutsche Mode ...? Zur Untersuchung des kulturpolitischen Konstrukts des Deutschen Mythos der Nibelungen und dessen Niederschlags in Drama und Bekleidung zwischen 1876 und 1924, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56363
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