In Anbetracht der Sachlage, dass im frühen Mittelalter von den erhaltenen Urkunden mehr als fünfzig Prozent ge- oder verfälscht wurden, ist es wenig überraschend, dass auch in den Reihen der Kirche eine Vielzahl unechter Dokumente produziert und in Umlauf gebracht wurden. Diese Arbeit beschäftigt sich nun mit den Aktivitäten des Mönches Eberhards, der Mitte des 12. Jahrhunderts im Auftrag seines Abtes, eine große Sammlung der Rechte und Güter seines Klosters, den nach ihm benannten Codex Eberhardi anlegte, und dabei auch nicht davor zurückschreckte, viele Dokumente, darunter sogar päpstliche Privilegien, zu fälschen, um so seinem krisengeschüttelten Klosters wieder zu wirtschaftlicher Potenz und Ansehen zu verhelfen.
Um den Hintergrund Eberhards Arbeit zu erkennen, ist es daher erforderlich, zunächst auf Aspekte der Fuldaer Geschichte, die eng mit der des dortigen Klosters verbunden ist, in der unmittelbaren Zeit vor der Entstehung der Schriftstücksammlung einzugehen. Nach der Vorstellung des Codex Eberhardi erfolgt ein Überblick der päpstlichen Privilegien , die dem Kloster Fulda ausgestellt wurden, wobei zuerst eine Darstellung eines echten Privilegs erfolgt, um danach detailliert auf drei Fälschungen Eberhards, samt realhistorischer Einordnung der Texte, einzugehen. Bevor dann abschließend der Versuch unternommen wird, Absichten und Motive des Fuldaer Mönchs zu verstehen, behandelt ein Kapitel die Fälschungen, die Eberhard im Bereich der Termineiurkunden, d.h. der Festlegung des zum Kloster gehörenden Gebiets, vornahm.
Äußerst hilfreich war bei der Bearbeitung des Themas insbesondere die zweibändige Abhandlung der dänischen Historikers Mogens Rathsack, der sich intensiv mit den päpstlichen Privilegien des Klosters Fulda beschäftigt und dabei natürlich auch nicht umhin kam, die Fälschertätigkeit Eberhards zu beleuchten.
Daneben unverzichtbar war die zweibändige Edition des Codex Eberhardi von Heinrich Meyer zu Ermgassen aus dem Jahr 1995, der die umfangreiche Aufgabe annahm, die Sammelhandschrift Eberhards, die zuvor schon von den Historikern Dronke (1844), Roller (1901) und Stengel (1958) in Ansätzen editiert wurde, zusammenzustellen.
Einen Einblick in die Schwierigkeit dieser Aufgabe gewährt eben erwähnter Edmund Stengel: „Wer vermöchte sich auch in der vom Unkraut eberhardischer Fälschungen durchsetzten Fuldaer Privilegienreihe
zurechtfinden, ehe ihr Ordnung geschaffen ist.“
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Aspekte der Fuldaer Geschichte bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts
- Der Codex Eberhardi
- Überblick der Fuldaer Papstprivilegien
- Das Privileg Clemens II. vom 31.12.1046
- Die unechten Texte bei Eberhard
- Gefälschte Papstprivilegien
- Benedikt-Rohing-Text
- Silvester II.-Erkanbald-Text
- Silvester II.-Richard-Text
- Realhistorische Einordnung der Texte
- Gefälschte Termineiurkunden
- Absichten und Motive Eberhards
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit den Fälschungsaktivitäten des Mönches Eberhard von Fulda im 12. Jahrhundert. Sie untersucht, wie er im Auftrag seines Abtes eine Sammlung von Rechten und Gütern des Klosters, den Codex Eberhardi, anlegte und dabei päpstliche Privilegien fälschte, um das Kloster wieder zu wirtschaftlicher Potenz und Ansehen zu verhelfen.
- Die Geschichte des Klosters Fulda vor der Entstehung des Codex Eberhardi
- Die Fälschungen Eberhards von Papstprivilegien
- Die Fälschungen Eberhards von Termineiurkunden
- Die Motive und Absichten Eberhards
- Die Bedeutung des Codex Eberhardi für die Geschichte des Klosters Fulda
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung erläutert die Bedeutung der Fälschungen im frühen Mittelalter und stellt Eberhard von Fulda als Fälscher vor. Sie beschreibt den Hintergrund seiner Arbeit und die Struktur der Arbeit. Das zweite Kapitel behandelt die Geschichte des Klosters Fulda im Kontext der Entstehung des Codex Eberhardi. Das dritte Kapitel befasst sich mit dem Codex Eberhardi und seinem Inhalt. Das vierte Kapitel bietet einen Überblick über die päpstlichen Privilegien des Klosters Fulda, darunter ein echtes Privileg und drei Fälschungen Eberhards. Das fünfte Kapitel behandelt die Fälschungen Eberhards im Bereich der Termineiurkunden, die die Festlegung des zum Kloster gehörenden Gebiets betreffen.
Schlüsselwörter
Codex Eberhardi, Kloster Fulda, Fälschungen, Päpstliche Privilegien, Termineiurkunden, Mittelalterliche Geschichte, Eberhard von Fulda, Mogens Rathsack, Heinrich Meyer zu Ermgassen, Edmund Stengel
- Quote paper
- Stefan Schusterbauer (Author), 2005, Eberhard von Fulda als Fälscher, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56289