In der Klassischen Testtheorie beinhaltet der Itemschwierigkeitsindex die Schwierigkeit des Items und die Fähigkeit der zu testenden Person, wohingegen in den so genannten modernen Latet- Trait- Modellen davon ausgegangen wird, dass es latente Dimensionen gibt, die sich in den zu messenden Merkmalen manifestieren. Einen ersten Schritt in diese Richtung stellt die Gutmann- Skala dar, die jedoch streng deterministisch ist, da die Items so geordnet werden, dass ein Proband, der ein Item zu lösen vermag, auch alle leichteren Items lösen können müsste. Erst wenn er versagt, wird davon ausgegangen, dass die Schwierigkeit des Items an dieser Stelle seine Fähigkeit in Bezug auf die zu messende Dimension unterschreitet und der Schwellwert gefunden worden ist, ab dem er bei allen folgenden schweren Items versagen müsste. Natürlich kann sich diese Art der Skalierung auch auf Einstellungen oder andere latente Variablen beziehen, die sich in einer aufsteigenden Reihenfolge präsentieren lassen. Der Vorteil dieser Methode liegt in der Stichprobenunabhängigkeit, sein Nachteil in der schwierigen empirischen Realität, die das geforderte Antwortmuster selten bestätigt. Wenn es funktionieren würde, hätte man mit dem Rohwert einer Versuchsperson auch die genaue Kenntnis seines Lösungsmusters, wohingegen bei der Klassischen Testtheorie schon bei einem kurzen Test mit sieben Items, Sieben Fakultät, also 5040 verschiedene Permutationen denkbar wären. Wenn eine Person im gesamten Test einen höheren Rohwert hat als eine andere, kann sie auch bei einer Teilmenge der Items, keinen geringeren erreichen. Dem theoretisch zwar stärkeren, weil deterministischeren Gutman- Modell wurde mit der Rasch- Skalierung ein „weicheres“ aber praktisch brauchbareres gegenüber gestellt. Das Rasch- Modell ist weniger deterministisch, da Verletzungen des Gutman- Kriteriums durch stochastische Überlegungen in einem bestimmten Rahmen und unter gewissen Bedingungen vertretbar gemacht werden, wodurch es in der Praxis anwendbarer ist. Während in der Klassischen Testtheorie einfach davon ausgegangen wird, dass der Rohwert in einem Test die Ausprägung der zu erfassenden Eigenschaft hinreichend abbildet, wenn man den Messfehler weitgehend im Griff hat, wird im Rasch- Modell behauptet, dass sich die Fähigkeit der Person und der Aufgabenparameter stochastisch aus dem Testwert extrahieren lässt.
Inhaltsverzeichnis
- 0. Einleitung
- 1. Latent-Trait-Modelle
- 1.1 Die Item Charakteristik Kurve (ICC)
- 2. Die Raschskala
- 2.1 Die Modellannahmen des Raschmodells
- 2.1.1 Eindimensionalität
- 2.1.2 Lokale statistische Unabhängigkeit
- 2.2 In fünf Rechenschritten zur Raschskala
- 2.2.1 Die Schwierigkeitsmatrix
- 2.2.2 Umwandlung in eine Logit-Matrix
- 2.2.3 Annäherung an die Personen- und Itemparameter
- 2.2.4 Rechnerische Reproduktion der Schwierigkeitsindizes aus den Item- und Personenparametern
- 2.2.5 Standardisierungen der bestätigten Parameter
- 2.1 Die Modellannahmen des Raschmodells
- 3. Kritische Zusammenfassung
- 4. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Ausarbeitung hat zum Ziel, die Probabilistische Testtheorie und das Raschmodell zu erläutern. Es werden die Modellannahmen des Raschmodells vorgestellt und die praktische Anwendung anhand eines fünfstufigen Rechenbeispiels demonstriert. Die Arbeit setzt sich kritisch mit dem Modell auseinander und vergleicht es mit der Klassischen Testtheorie und dem Gutman-Modell.
- Probabilistische Testtheorie im Vergleich zur Klassischen Testtheorie
- Modellannahmen des Raschmodells (Eindimensionalität, lokale stochastische Unabhängigkeit)
- Praktische Anwendung des Raschmodells: Rekonstruktion einer Raschskala
- Vergleich des Raschmodells mit dem Gutman-Modell
- Kritische Bewertung des Raschmodells
Zusammenfassung der Kapitel
0. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und erläutert den Hintergrund der zunehmenden Bedeutung probabilistischer Testmodelle in der psychologischen Diagnostik angesichts der Fortschritte in der Rechentechnik. Sie vergleicht die Klassische Testtheorie mit den Latent-Trait-Modellen und hebt die Vorteile und Grenzen des deterministischen Gutman-Modells hervor. Die Einführung des Raschmodells als eine praktikablere Alternative zum Gutman-Modell wird vorbereitet, indem die Mängel des letztgenannten Modells im Hinblick auf die empirische Realität aufgezeigt werden.
1. Latent-Trait-Modelle: Dieses Kapitel beschreibt die grundlegenden Konzepte der Latent-Trait-Modelle. Es erklärt, wie latente Dimensionen in beobachtbaren Merkmalen manifest werden und bildet somit die Grundlage für das Verständnis des Raschmodells. Der Schwerpunkt liegt auf der Darstellung der Item-Charakteristik-Kurve (ICC) als zentrales Element der Latent-Trait-Modellierung. Die ICC visualisiert den Zusammenhang zwischen der Fähigkeit eines Probanden und der Wahrscheinlichkeit, ein bestimmtes Item korrekt zu beantworten. Der Abschnitt legt die theoretische Basis für die anschließende detaillierte Beschreibung des Raschmodells.
2. Die Raschskala: Das Herzstück der Ausarbeitung. Es werden die Modellannahmen des Raschmodells (Eindimensionalität und lokale stochastische Unabhängigkeit) detailliert erklärt. Der Abschnitt erläutert die Bedeutung dieser Annahmen für die Gültigkeit und Interpretierbarkeit der mit dem Raschmodell gewonnenen Ergebnisse. Der zentrale Teil dieses Kapitels beschreibt die praktische Anwendung des Raschmodells, indem ein fünfstufiger Algorithmus zur Konstruktion einer Raschskala vorgestellt wird. Jeder Schritt wird detailliert erläutert und mit Beispielen illustriert. Es werden die Begriffe Schwierigkeitsmatrix, Logit-Matrix, Personen- und Itemparameter sowie deren Standardisierung präzise definiert und in den Kontext des gesamten Rechenprozesses eingebunden.
Schlüsselwörter
Raschmodell, Probabilistische Testtheorie, Klassische Testtheorie, Latent-Trait-Modelle, Item-Charakteristik-Kurve (ICC), Eindimensionalität, Lokale stochastische Unabhängigkeit, Gutman-Modell, Itemschwierigkeit, Personenfähigkeit, Logit-Transformation, Parameterschätzung.
Häufig gestellte Fragen zur Ausarbeitung: Probabilistische Testtheorie und das Raschmodell
Was ist der Inhalt dieser Ausarbeitung?
Diese Ausarbeitung behandelt die probabilistische Testtheorie, mit besonderem Fokus auf das Raschmodell. Sie beinhaltet eine Einleitung, eine Erklärung von Latent-Trait-Modellen (inkl. Item-Charakteristik-Kurve), eine detaillierte Beschreibung des Raschmodells (inkl. Modellannahmen und einem fünfstufigen Rechenbeispiel zur Konstruktion einer Raschskala), eine kritische Zusammenfassung und ein Literaturverzeichnis. Die Arbeit vergleicht das Raschmodell auch mit der Klassischen Testtheorie und dem Gutman-Modell.
Welche Zielsetzung verfolgt die Ausarbeitung?
Die Ausarbeitung zielt darauf ab, die probabilistische Testtheorie und das Raschmodell zu erläutern. Sie demonstriert die praktische Anwendung des Raschmodells anhand eines detaillierten Rechenbeispiels und setzt sich kritisch mit dem Modell auseinander, indem sie es mit anderen Testmodellen vergleicht.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die wichtigsten Themen sind: Probabilistische Testtheorie im Vergleich zur Klassischen Testtheorie; die Modellannahmen des Raschmodells (Eindimensionalität, lokale stochastische Unabhängigkeit); die praktische Anwendung des Raschmodells (Rekonstruktion einer Raschskala); ein Vergleich des Raschmodells mit dem Gutman-Modell; und eine kritische Bewertung des Raschmodells.
Was sind die Modellannahmen des Raschmodells?
Die zentralen Modellannahmen des Raschmodells sind die Eindimensionalität (das zu messende Merkmal ist eindimensional) und die lokale stochastische Unabhängigkeit (die Antworten auf die Items sind unabhängig voneinander, gegeben die Fähigkeit des Probanden).
Wie wird das Raschmodell praktisch angewendet?
Die Ausarbeitung beschreibt einen fünfstufigen Algorithmus zur Konstruktion einer Raschskala. Dieser beinhaltet die Erstellung einer Schwierigkeitsmatrix, die Umwandlung in eine Logit-Matrix, die Annäherung an Personen- und Itemparameter, die rechnerische Reproduktion der Schwierigkeitsindizes und die Standardisierung der bestätigten Parameter.
Wie wird das Raschmodell mit anderen Testmodellen verglichen?
Die Ausarbeitung vergleicht das Raschmodell mit der Klassischen Testtheorie und dem Gutman-Modell. Es werden die Stärken und Schwächen der verschiedenen Modelle im Hinblick auf ihre Annahmen und ihre praktische Anwendbarkeit diskutiert.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Ausarbeitung?
Wichtige Schlüsselwörter sind: Raschmodell, Probabilistische Testtheorie, Klassische Testtheorie, Latent-Trait-Modelle, Item-Charakteristik-Kurve (ICC), Eindimensionalität, Lokale stochastische Unabhängigkeit, Gutman-Modell, Itemschwierigkeit, Personenfähigkeit, Logit-Transformation, Parameterschätzung.
Welche Kapitel umfasst die Ausarbeitung?
Die Ausarbeitung gliedert sich in folgende Kapitel: Einleitung, Latent-Trait-Modelle (inkl. ICC), Die Raschskala (inkl. Modellannahmen und Rechenbeispiel), Kritische Zusammenfassung und Literaturverzeichnis.
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- Heiko Böttcher (Author), 2005, Die Probabilistische Testtheorie und das Raschmodell, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55973