Spielten im Bundestagswahlkampf 2002 noch außenpolitische Fragestellungen, etwa eine etwaige deutsche Beteiligung am Irakkrieg, eine zentrale Rolle, bietet im Wahlkampf 2005 nunmehr der Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik das größte Polarisierungspotenzial. Von einer Merkel-Steuer etwa ist da die Rede, von konservativer Familienpolitik,gar von einer schwarzgelben Politik der Angst.Das Gegenkonzept der SPD hingegen verspricht Zukunftschancen, Solidarität, Wachstum und Beschäftigung.Definiert man mit Bodo Hombach Wahlkampf „als öffentliches Ringen um demokratische Mehrheiten mit den Mitteln der politischen Rhetorik und der politischen Werbung“ (Hombach 1991, 38), so zählen Schlagwörter ganz sicher zu den Hauptinstrumenten dieses öffentlich ausgetragenen Ringkampfes der politischen Kontrahenten. Unter den Blicken des kritischen Wahlvolks kommt es so zu einem verbalen Schlag(wort)abtausch, der weniger der Beeinflussung des Gegners als der gezielten Einwirkung auf das Ringpublikum gilt, das letztlich über Sieg oder Niederlage zu entscheiden hat.
Sehr deutlich wird hieran die enge Verwandtschaft des Gebrauchs von Schlagwörtern mit der persuasiven Kommunikation. Denn gelten Schlagwörter in der Sprach- und in der Politikwissenschaft gemeinhin als „Instrumente der politischen Beeinflussung“ (Klein 1989, 11), so liegt die These nahe, diese schillernden Vertreter der politischen Kommunikation seien gleichsam als Indikatoren für die Persuasivität von Texten allgemein sowie politischen Texten im Speziellen zu betrachten.
Auf der Grundlage dieser Annahme soll die vorliegende Untersuchung der Frage nachgehen, welche Aufgaben und Funktionen Schlagwörter - insbesondere in Zeiten des Wahlkampfes - zu übernehmen vermögen, d. h. welche Dienste sie politischen Parteien im Rahmen ihrer Selbstdarstellung bzw. der Darstellung des Gegners leisten können. Ausgangspunkt dieser Betrachtung soll ein semiotisches Kommunikationsmodell sein, das Schlagwörter als Zeichen definiert und - unter Berücksichtigung entsprechender Kommunikationsbedingungen - Zeichenproduzent und Zeichenrezipient zueinander in Beziehung setzt.
Eine Untersuchung des Bundestagswahlkampfes 2005 soll abschließend Aufschluss darüber geben, inwieweit diese Prämissen tatsächlich auf die Praxis des Wahlkampfes Anwendung finden. Exemplarisch soll dies anhand der Wahlkampfstrategie der SPD untersucht werden, deren Kampagne sehr deutlich auf den politischen Gegner ausgerichtet zu sein scheint.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung, Methoden, Zielstellung
- Zum Wesen des Schlagworts
- Der Begriff des Schlagworts
- Bedeutungsebenen von politischen Schlagwörtern
- Klassifikation von Schlagwörtern
- Herleitung einer Klassifikation
- Klassifikation anhand der denotativen Bedeutung
- Klassifikation anhand des Gruppenbezugs
- Das „Besetzen von Begriffen“ – Der Kampf um politische Schlagwörter
- Denotative Lesartenkonkurrenz
- Evaluative Lesartenkonkurrenz
- Nominationskonkurrenz
- Tagespolitischer Exkurs: Der Kampf um Gerechtigkeit
- Schlagwörter im SPD-Bundestagswahlkampf 2005
- Die Eigendarstellung der SPD im Rahmen des Wahlkampfes
- Der politische Gegner im Fokus des SPD-Wahlkampfes
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit befasst sich mit der Analyse von Schlagwörtern im politischen Wahlkampf, speziell am Beispiel des SPD-Bundestagswahlkampfes 2005. Sie untersucht die Rolle von Schlagwörtern als Instrumente der politischen Beeinflussung und Kommunikation, insbesondere im Hinblick auf die Selbstdarstellung der SPD und die Darstellung des politischen Gegners.
- Die Funktion und Bedeutung von Schlagwörtern in der politischen Kommunikation
- Die Bedeutungsebenen und Klassifikationen von politischen Schlagwörtern
- Der Kampf um Schlagwörter als strategische Herausforderung im politischen Wahlkampf
- Die Rolle von Schlagwörtern in der Selbstdarstellung und Gegnerdarstellung im Wahlkampf
- Der Einsatz von Schlagwörtern im SPD-Bundestagswahlkampf 2005
Zusammenfassung der Kapitel
- Das erste Kapitel stellt die Zielsetzung der Arbeit und die gewählte Methode vor. Die Analyse fokussiert auf den Zusammenhang zwischen Schlagwörtern und politischer Persuasivität.
- Das zweite Kapitel befasst sich mit dem Wesen des Schlagworts. Es definiert den Begriff, erläutert seine verschiedenen Bedeutungsebenen und entwickelt eine Klassifikation von Schlagwörtern anhand ihrer denotativen Bedeutung und des Gruppenbezugs.
- Das dritte Kapitel analysiert den „Kampf um politische Schlagwörter“, wobei verschiedene Formen der Konkurrenz bei der Verwendung von Schlagwörtern betrachtet werden.
- Das vierte Kapitel analysiert die Verwendung von Schlagwörtern im SPD-Bundestagswahlkampf 2005. Es betrachtet die Eigendarstellung der SPD im Rahmen des Wahlkampfes und die Art und Weise, wie der politische Gegner in den Fokus der Kampagne gerückt wird.
Schlüsselwörter
Politischer Wahlkampf, Schlagwörter, politische Kommunikation, Persuasion, SPD, Bundestagswahlkampf, Kommunikationsstrategie, Gegnerdarstellung, Selbstdarstellung, Bedeutungsebenen, Klassifikation, Denotation, Konnotation, Gruppenbezug, Semiotisches Kommunikationsmodell.
- Quote paper
- Sylvia Ullrich (Author), 2006, Schlagwörter im politischen Kontext - Eine Untersuchung am Beispiel des SPD-Bundestagswahlkampfes 2005, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55805