Der Mittelrhein ist eine der beliebtesten Kultur- und Tourismusregionen in Mitteleuropa, jedes Jahr drängeln sich tausende Besucher aus dem In- und Ausland durch die engen Gassen der kleinen Winzerorte mit ihren Fachwerkhäusern und Stadtmauern, besichtigen die prächtigen und bilderbuchhaften Burgen und Schlösser auf den felsigen Höhen und wohl jedes Kind kennt die Sage der hübschen Loreley auf gleichnamigem Felsen.
Vermutlich ist nur wenigen Touristen bewusst, dass gerade diese Kulturlandschaft des zerklüfteten Rheintales wie kaum eine andere ihren Charakter einem großen Umgestaltungsprogramm seit Anfang des 19. Jh. zu verdanken hat. Natürlich ist gerade das Rheinland als ehemalige römische Provinz und durch ihre wechselhafte Geschichte im Mittelalter mit historischen Überbleibseln reichhaltig übersäht, jedoch versah das neuzeitliche Phänomen der Rheinromantik dieses Erbe mit einer ganz besonderen Fassade.
Das Rheinland, vor allem Rhein- und Moseltal, erreichte eine neue Art von Besucherstrom. Reisende aus verschiedenen Ländern bestaunten die wilde Natur- und Kulturkulisse. Felsengebilde, Ruinen und mystische Orte waren die Attraktionen. Da verwundert es nicht, wenn es kurz darauf unter den Wohlhabenden oder den Regierenden Mode wurde, eine Ruine zu besitzen; besser noch, sie wie zu vermeintlich alten Zeiten wiederherzustellen, also aus den Trümmern eine ideale Ritterburg zu schaffen, und zu bewohnen.
Vergleicht man die damaligen zahlreichen Um- und Ausbauten der Burgruinen, die historistischen Neubauten von Villen und Kirchen, die Schaffung künstlicher Ruinen, die Parklandschaften, Denkmäler und scheinbar mittelalterlichen Stadtkulissen mit heutigen Maßstäben, so könnte man provokanterweise von einem Disneyland des 19. Jahrhunderts sprechen. Gerade was den Mittelrhein angeht, ist dies sogar aus relativ aktuellem Anlass nachvollziehbar. Auf der japanischen Pazifikinsel Okinawa steht seit wenigen Jahren eine perfekte Kopie der Marksburg. Zwischen Palmen leuchtet diese in einem weißen Anstrich und ist die Hauptattraktion des „German Village“, eine durch deutsche Schiffbrüchige gegründete Siedlung. Auch hier ist ein durch den Tourismus und bestimmte Vorstellungen vom Rheinland geprägtes Ideal entstanden.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Begriffserklärung: Romantik
- Entstehung der Rhein- und Burgenromantik
- Das Rheinland im Mittelalter und Neuzeit
- Der englische Einfluss
- Der Rhein als Reiseziel des 18/19. Jahrhunderts
- Der Wiederaufbau der ersten Ruinen durch Preußen
- Schloss Stolzenfels
- Geschichte und Form der mittelalterlichen Burganlage
- Zustand am Anfang des 19. Jahrhunderts
- Der Wiederauf- und Ausbau
- Vorbilder und stilistische Vergleiche
- Ausbaupläne und Ausführung durch Schinkel und Lassau/x bis 1840
- Weiterer Ausbau durch Naumann, Stüler und Schnitzler bis 1847
- Ausstattung und Inszenierung
- Bedeutung und Funktion des erneuerten Schlosses
- Zeitgenössiche Meinungen und Debatten
- Nutzung bis in die Gegenwart
- Einsetzender Wandel — Der Mittelrhein erhält ein neues Gesicht —
- Weitere Burgenaufbauten der Folgezeit
- Inszenierung einer Landschaft
- Erschließung: Technischer Fortschritt hinter historischer Kulisse
- Fazit
- Literatur
- Abbildungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Rheinromantik und ihre markantesten Erscheinungsformen, insbesondere den Wiederaufbau von Schloss Stolzenfels. Sie beleuchtet die historischen, politischen und kulturellen Hintergründe der Rheinromantik und analysiert, wie die Architektursprache und Inszenierung des Schlosses eine Verbindung zwischen Preußen und dem Rheinland vermittelt.
- Die Rolle des Mittelalters und der Burgen im Rheinland
- Der Einfluss der englischen Neugotik auf die Rheinromantik
- Die politische Intention des preußischen Königshauses im Rheinland
- Die Inszenierung von Landschaft und Geschichte im 19. Jahrhundert
- Die Bedeutung des technischen Fortschritts für die Entwicklung des Rheintals
Zusammenfassung der Kapitel
Das Vorwort stellt den Mittelrhein als Kultur- und Tourismusregion vor und thematisiert den Einfluss der Rheinromantik auf die Landschaft. Es wird die Bedeutung des Wiederaufbaus von Burgen und Schlössern im 19. Jahrhundert hervorgehoben, die eine neue Art von Tourismus hervorrief.
Kapitel 2 erläutert den Begriff der Romantik und ihre Bedeutung in der Architekturgeschichte. Es wird die Rolle der Natur und der Landschaft in der Romantik betont und die Entwicklung des Historismus als stilistische Ausprägung der Romantik dargestellt.
Kapitel 3 beschreibt die Entstehung der Rhein- und Burgenromantik. Es wird die Bedeutung des Rheintals als Fundgrube für Sagen und Geschichten sowie die Rolle der Architektur des Historismus im Rheinland hervorgehoben. Die Kapitel behandelt auch den Einfluss der englischen Neugotik auf die Rheinromantik und den Beginn des Wiederaufbaus von Burgen durch das preußische Königshaus.
Kapitel 4 widmet sich dem Schloss Stolzenfels als einem der bedeutendsten Beispiele der preußischen Burgenromantik. Es werden die Geschichte und Form der mittelalterlichen Burganlage, der Zustand am Anfang des 19. Jahrhunderts und der Wiederauf- und Ausbau des Schlosses behandelt. Die Kapitel beleuchtet die Vorbilder und stilistischen Vergleiche, die Ausbaupläne und Ausführung durch Schinkel und Lassaulx sowie den weiteren Ausbau durch Naumann, Stüler und Schnitzler. Die Ausstattung und Inszenierung des Schlosses wird im Detail beschrieben.
Kapitel 5 behandelt den Wandel des Mittelrheins im 19. Jahrhundert. Es wird die Bedeutung des Tourismus und der Erschließung des Rheintals durch Verkehrswege wie Schifffahrt, Straßen und Eisenbahn hervorgehoben. Die Kapitel behandelt auch den Wiederaufbau weiterer Burgen und Schlösser sowie die Inszenierung der Landschaft durch Denkmäler und Parkanlagen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Rheinromantik, die preußische Burgenromantik, Schloss Stolzenfels, den Mittelrhein, den Historismus, die Architektur des 19. Jahrhunderts, die Inszenierung von Landschaft und Geschichte, den Tourismus, die technische Entwicklung und die politische Bedeutung des Rheintals.
- Arbeit zitieren
- Andreas Priesters (Autor:in), 2006, Preußische Burgenromantik am Rhein - Schloss Stolzenfels, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55281
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