Die Steuerbelastung gilt als negativer Zielbeitrag bei der Entfaltung ökonomischer Aktivitäten. Nahezu alle unternehmerischen Entscheidungen haben Einfluss auf die Steuerbelastung und infolgedessen auf die Ergebnislage eines Unternehmens. Verschiedene Entscheidungsalternativen in der Unternehmenspraxis können die Steuerbelastung gegebenenfalls unterschiedlich beeinflussen. Die Steuerbelastung wird dadurch oftmals zum maßgeblichen Auswahlkriterium für die Bestimmung einer zu wählenden Handlungsalternative. Voraussetzung dafür ist, dass die zukünftigen Steuerbelastungen der einzelnen Handlungsalternativen abgeschätzt werden können. Die Abschätzung einer zukünftigen Steuerbelastung bezeichnet man als Steuerplanung.
Ein Steuersystem muss entscheidungsneutral sein. Das bedeutet, es muss dem Steuerpflichtigen und seinem Berater im Voraus ermöglichen, die Steuerbelastung von geplanten wirtschaftlichen Handlungen zu ermitteln. Ausgehend von dieser Planung findet die Steuerbelastung Eingang in Wirtschaftlichkeitsüberlegungen und schlägt sich in Entscheidungen nieder. Die Steuerplanungssicherheit und damit die Möglichkeit zuverlässig Auskunft über die Höhe der zukünftig zu erwartenden Steuerbelastung zu bekommen, hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert. Das liegt vor allem an der mangelnden Praktikabilität des Steuerrechts.
Am Beispiel des anschaffungsnahen Herstellungsaufwands und der vielfältigen Rechtsprechung in diesem Bereich, zeigt die Autorin Nicole Zmuda, wie sich die Steuerplanungssicherheit in den vergangenen Jahren verschlechtert hat und somit Steuerplanungsunsicherheit erzeugt wird.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Problemstellung/Begriff der Steuerplanungsunsicherheit
2. Abgrenzung zwischen Anschaffungskosten und Herstellungskosten
2.1 Anschaffungskosten
2.1.1 Betriebsbereiter Zustand im Sinne des § 255 Abs. 1 HGB
2.1.2 Betriebsbereiter Zustand bei Privat-Gebäuden
2.2 Herstellungskosten
3. Die Begriffe Herstellungsaufwand, Erhaltungsaufwand und anschaffungsnaher Herstellungsaufwand
3.1 Herstellungsaufwand
3.2 Erhaltungsaufwand
3.3 Anschaffungsnaher Herstellungsaufwand
4. Steuerliche Auswirkungen durch die Abgrenzungen
5. Probleme beim anschaffungsnahen Aufwand nach früherer Rechtsprechung
6. Die Änderung der Rechtsprechung
6.1 Änderung der Rechtsprechung zum sogenannten anschaffungsnahen Aufwand
6.2 Wesentliche Verbesserung im Sinne des § 255 Abs. 2 HGB
6.2.1 Bauliche Einzelmaßnahmen
6.2.2 Zusammenfassung mehrerer Baumaßnahmen
6.3. Reaktionen des Bundesministeriums der Finanzen
6.4 § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der Fassung des StÄndG 2003
6.5 Anschaffungsnahe Aufwendungen von weniger als 15 v. H. der Anschaffungskosten eines Gebäudes
7. Fazit
Verzeichnis der Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsanweisungen
Rechtsprechungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Wohnstandards nach der neuen Rechtsprechung
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Auswirkungen auf den Werbungskostenabzug
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Problemstellung/Begriff der Steuerplanungsunsicherheit
Im Allgemeinen wird die Steuerbelastung als negativer Zielbeitrag bei der Entfaltung ökonomischer Aktivitäten angesehen. Sie stellt einen Aufwand dar, der bei einer Gewinnerzielungsabsicht langfristig von den erzielbaren Preisen für die Erzeugnisse und Dienstleitungen eines Unternehmens mit getragen werden muss. Nahezu alle unternehmerischen Entscheidungen haben Einfluss auf die Steuerbelastung und somit auf die Ergebnislage des Unternehmens. Da in der Unternehmenspraxis i. d. R. mehrere Entscheidungsalternativen zur Disposition stehen und diese Alternativen die Steuerbelastung ggf. unterschiedlich beeinflussen, kann die Steuerbelastung häufig zum maßgeblichen Auswahlkriterium für die Bestimmung der zu wählenden Handlungsalternative werden.[1] Voraussetzung dafür ist, dass die zukünftigen Steuerbelastungen der einzelnen Handlungsalternativen abgeschätzt werden können. Die Abschätzung einer zukünftigen Steuerbelastung und somit die gedankliche Vorwegnahme einer späteren Steuerbelastung bezeichnet man als Steuerplanung.
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wird die Meinung vertreten, dass wirtschaftliche Entscheidungen nicht durch steuerliche Einflüsse verzerrt werden dürfen. Ein Steuersystem muss entscheidungsneutral sein.[2] Dazu muss es praktikabel sein und dem Steuerpflichtigen und seinem Berater im Voraus ermöglichen, die Steuerbelastung von geplanten wirtschaftlichen Handlungen zu ermitteln. Ausgehend von dieser Planung findet die Steuerbelastung Eingang in Wirtschaftlichkeitsüberlegungen und schlägt sich in Entscheidungen nieder. Die Steuerplanungssicherheit und damit die Möglichkeit zuverlässig Auskunft über die Höhe der zukünftig zu erwartenden Steuerbelastung zu bekommen, hat sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. Das liegt vor allem an der mangelnden Praktikabilität des Steuerrechts.[3]
Ziel dieser Hausarbeit ist es, am Beispiel des anschaffungsnahen Herstellungsaufwands und der vielfältigen Rechtsprechung in diesem Bereich, zu zeigen, wie die Steuerplanungssicherheit sich verschlechtert hat bzw. wie Steuerplanungsunsicherheit erzeugt wird.
Zunächst werden im folgenden Abschnitt der Hausarbeit die Anschaffungs- und Herstellungskosten voneinander abgegrenzt. Daran anschließend werden die Begriffe Herstellungsaufwand, Erhaltungsaufwand und anschaffungsnahe Herstellungsaufwand erläutert. Welche steuerlichen Auswirkungen die Qualifikation eines Aufwands als anschaffungsnaher Aufwand hat, wird im vierten Abschnitt der Arbeit beschrieben. Danach werden die Probleme dargestellt, die nach der alten Rechtsprechung bei den anschaffungsnahen Herstellungsaufwendungen entstehen. Die neuere Rechtsprechung zum anschaffungsnahen Herstellungsaufwand wird im sechsten Abschnitt erläutert. Die Hausarbeit schließt ab mit einer Einschätzung der Steuerplanungssicherheit in bezug auf den anschaffungsnahen Herstellungsaufwand.
2. Abgrenzung zwischen Anschaffungskosten und Herstellungskosten
Als Bewertungsmaßstab für erworbene Wirtschaftsgüter schreibt das EStG im Regelfall die Anschaffungskosten und für selbst hergestellte Wirtschaftsgüter die Herstellungskosten vor. Eigene Definitionen für Anschaffungs- und Herstellungskosten gibt es im Steuerrecht nicht. Seitdem das Bilanzrichtlinien-Gesetz vom 19.12.1985 mit Wirkung ab 1987 die gesetzlichen Definitionen für Anschaffungs- und Herstellungskosten in das HGB eingefügt hat, ist der BFH davon ausgegangen, dass die handelsrechtlichen Definitionen für Anschaffungs- und Herstellungskosten nach § 255 Abs.1 und 2 HGB auch im Steuerrecht Gültigkeit besitzen.[4]
2.1 Anschaffungskosten
In seinem Beschluss vom 22. August 1966 GrS 2/66 hat der Große Senat des BFH Anschaffungskosten definiert als Kosten, die aufgewendet werden müssen, um das Wirtschaftsgut von einem anderen zu erwerben bzw. um es von einer fremden wirtschaftlichen Verfügungsgewalt in die eigene wirtschaftliche Verfügungsgewalt zu überführen.[5] Diese Begriffsbestimmung ist jedoch zu eng, nachdem die Begriffe Anschaffungs- und Herstellungskosten durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz vom 19.Dezember1985 erstmals gesetzlich definiert, in das HGB eingefügt und von der Steuerrechtsprechung als für alle Einkunftsarten maßgeblich übernommen wurden.[6] Gemäß § 255 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB liegen Anschaffungskosten vor bei Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Dazu gehören auch Nebenkosten und nachträgliche Anschaffungskosten. Die Begriffsbestimmung der Anschaffungskosten von 1966 ist mit der Definition in § 255 HGB nicht mehr vereinbar.[7] Anschaffungskosten bilden die Ausgangsbasis für Abschreibungen.[8]
2.1.1 Betriebsbereiter Zustand im Sinne des § 255 Abs. 1 HGB
Es ist zu klären, wann bei einem Vermögensgegenstand ein betriebsbereiter Zustand vorliegt.
Der Begriff der Betriebsbereitschaft wird vor allem im Zusammenhang mit Gegenständen des Sachanlagevermögens verwendet. Betriebsbereit heißt hierbei, dass ein Gegen-stand entsprechend seiner Zweckbestimmung genutzt werden kann.[9] Zu den Anschaffungskosten zählen daher die Aufwendungen, die erforderlich sind, um den Vermögensgegenstand bestimmungsgemäß nutzen zu können. Den Zweck, zu dem ein angeschaffter Vermögensgegenstand genutzt werden soll, bestimmt der Erwerber.[10] Dabei bedeutet Zweck die konkrete Art und Weise, in der ein Erwerber den Vermögensgegenstand zur Erzielung von Einnahmen im Rahmen einer Einkunftsart nutzen will.[11]
2.1.2 Betriebsbereiter Zustand bei Privat-Gebäuden
Bei Gebäuden des Privatvermögens bedeutet betriebsbereit, dass ein Gebäude entsprechend seiner Zweckbestimmung genutzt werden kann. Bei einem Mietwohngrundstück ist entscheidend, ob es vermietbar ist. Dabei ist u. U. nicht auf das gesamte Gebäude abzustellen, sondern auf einzelne Teile, die nach ihrer Zweckbestimmung selbstständig genutzt werden sollen. Bspw. ist denkbar, dass die selbstgenutzte Wohnung benutzt werden kann, während dies bei der zur Vermietung bestimmten Wohnung nicht der Fall ist.[12] Betriebsbereit gemacht werden kann nur ein Gebäude, bevor es nach der Anschaffung zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt wird. Ein Wohngebäude, das im Zeitpunkt des Erwerbs bereits zu Wohnzwecken vermietet ist, ist betriebsbereit, denn der Erwerber nutzt es tatsächlich zur Erzielung von Mieteinnahmen.[13] Selbst wenn sich ein Objekt bei Erwerb in einem ausgesprochen schlechten Zustand befindet, aber vermietet ist, liegt Betriebsbereitschaft vor.[14] Soll ein Gebäude zu Wohnzwecken genutzt werden, dann gehört zur Zweckbestimmung auch die Entscheidung, welchem Standard das Gebäude entsprechen soll (einem sehr einfachen, einem mittleren oder einem sehr anspruchsvollen Standard). Baumaßnahmen, die das Gebäude auf einen höheren Standard bringen, machen es betriebsbereit. Ihre Kosten sind Anschaffungskosten i. S. d. § 255 Abs. 1 HGB.[15]
Darüber hinaus führen Kosten für Baumaßnahmen im Anschluss an den Erwerb und vor der erstmaligen Nutzung eines Gebäudes zu Anschaffungskosten i. S. d. § 255 Abs. 1 HGB, wenn funktionsuntüchtige Teile des Gebäudes, die für seine Nutzung z. B. als Wohnung unerlässlich sind, wieder hergestellt werden oder, wenn Renovierungs- oder Modernisierungsarbeiten gleichzeitig mit dem Kaufvertrag (einheitlicher Vorgang trotz mehrerer Verträge) über eine Eigentumswohnung in einem Altbau in Auftrag gegeben und alsbald durchgeführt werden. Trifft keiner der o. g. Fälle zu, dann führen Kosten für Baumaßnahmen im Anschluss an den Erwerb grundsätzlich nicht zu Anschaffungskosten i. S. d. § 255 Abs. 1 HGB, da sie das Gebäude nicht i. S d. § 255 Abs. 1 HGB betriebsbereit machen.[16] Vor allem laufende Instandsetzungsarbeiten und Schönheitsreparaturen gehören nicht zu den Anschaffungskosten.[17]
2.2 Herstellungskosten
In Abgrenzung zu den Anschaffungskosten liegen gem. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB Herstellungskosten vor, bei Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Handelt es sich bei Aufwendungen unzweifelhaft um Herstellungskosten und fallen in diesem Zusammenhang auch Erhaltungsaufwendungen an, wie bspw. Aufwendungen durch Tapezieren, so gehören auch diese Aufwendungen zu den Herstellungskosten, da in diesem Fall ein wirtschaftlich einheitlicher Fall vorliegt, der auch steuerlich einheitlich zu beurteilen ist.[18]
3. Die Begriffe Herstellungsaufwand, Erhaltungsaufwand und anschaffungsnaher Herstellungsaufwand
Die Unterscheidung zwischen Herstellungs- und Erhaltungsaufwand ist nur von Bedeutung, wenn die Grundstücksaufwendungen nach der Fertigstellung eines Gebäudes anfallen. Bis zur Fertigstellung eines Gebäudes gehören die Aufwendungen zu den Herstellungskosten des Gebäudes. Der Herstellungsaufwand kann sowohl bis zur Fertigstellung eines Gebäudes als auch nach der Fertigstellung anfallen. Nach der Fertigstellung anfallende Herstellungsaufwendungen, werden als nachträgliche Herstellungskosten bezeichnet. Ein Erhaltungsaufwand kann nur nach der Fertigstellung entstehen.
3.1 Herstellungsaufwand
Laut des BFH-Urteils vom 8.3.1966 wurde Herstellungsaufwand allgemein angenommen, wenn das Gebäude durch die ausgeführten Arbeiten in seiner Substanz vermehrt, in seinem Wesen verändert oder – von der üblichen Modernisierung abgesehen – über seinen bisherigen Zustand hinaus erheblich verbessert wird.[19] Grundstücksaufwendungen, die als Herstellungsaufwand gelten, gehören zu den Herstellungskosten von Gebäuden.[20] Daher ist gem. R 157 Abs. 2 Satz 1 EStR 2003 nach der Fertigstellung eines Gebäudes Herstellungsaufwand anzunehmen, wenn Aufwendungen durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Erweiterung oder für die über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung eines Gebäudes entstehen. D. h. die Richtlinie entspricht der handelsrechtlichen Definition für Herstellungskosten. Abweichend von R 157 Abs. 2 Satz 1 EStR 2003 ist auf Antrag ein Aufwand stets als Erhaltungsaufwand zu behandeln, wenn die Aufwendungen nach Fertigstellung eines Gebäudes für die einzelnen Baumaßnahmen nicht mehr als 4.000 Euro (Rechnungsbetrag ohne Umsatzsteuer) je Gebäude betragen. Das gilt nicht, wenn die Aufwendungen der endgültigen Fertigstellung eines neu errichteten Gebäudes dienen.[21]
Nach § 7 Abs. 4 und Abs. 5 EStG i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG sind Herstellungskosten eines zur Einkunftserzielung bestimmten Gebäudes, nur auf die Nutzungsdauer des Gebäudes verteilt im Rahmen der AfA abzugsfähig.[22]
3.2 Erhaltungsaufwand
Zum Erhaltungsaufwand gehören Aufwendungen für die laufende Instandhaltung und für die Instandsetzung. Aufwendungen dieser Art entstehen üblicherweise durch die gewöhnliche Nutzung eines Grundstücks und dienen der Erhaltung eines Gebäudes.[23] Eine gesetzliche Definition des Begriffs Erhaltungsaufwand gibt es nicht. Gemäß R 157 Abs. 1 Satz 1 EStR 2003 liegt regelmäßig Erhaltungsaufwand vor bei Aufwendungen für die Erneuerung von bereits vorhandenen Teilen, Einrichtungen oder Anlagen. Dazu gehören z. B. Aufwendungen für den Einbau messtechnischer Anlagen zur verbrauchsabhängigen Abrechnung von Heiz- und Wasserkosten oder für den Einbau einer privaten Breitbandanlage und einmalige Gebühren für den Anschluss privater Breitbandanlagen an das öffentliche Breitbandnetz bei bestehenden Gebäuden.[24]
Gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG i. V. m. § 21 EStG können Erhaltungsaufwendungen im Jahr der Verausgabung nach § 11 Abs. 2 EStG sofort als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden.
3.3 Anschaffungsnaher Herstellungsaufwand
Bis der BFH mit seinen Urteilen vom 12.9.2001 die Rechtsprechung zu den sog. anschaffungsnahen Aufwendungen geändert hat, galten im Verhältnis zum Kaufpreis hohe Reparatur- oder Modernisierungsaufwendungen, die in zeitlicher Nähe zur Anschaffung, – in der Regel innerhalb von drei Jahren – anfielen als anschaffungsnaher Herstellungsaufwand. Als Folge einer über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung konnten diese zu Herstellungskosten führen.[25] Der Begriff der anschaffungsnahen Herstellungsaufwendungen war kein Gesetzesbegriff; er wurde von der Rechtsprechung geprägt und in die ESt-Richtlinien aufgenommen.[26]
Bei einer Beurteilung anschaffungsnaher Aufwendungen ist zunächst zu prüfen, ob es sich bei diesen Aufwendungen um Anschaffungskosten handelt.[27] Handelt es sich bei den anschaffungsnahen Aufwendungen nicht um Anschaffungskosten, können sie zu Herstellungskosten führen.[28]
Gemäß der Richtlinienregelung des Abschnitts 157 Abs. 4 Satz 2 EStR 2001 musste die Finanzverwaltung für die ersten drei Jahre nach Anschaffung eines Gebäudes in der Regel nicht prüfen, ob anschaffungsnaher Herstellungsaufwand vorlag, wenn die Aufwendungen für Instandsetzung (Rechnungsbetrag ohne Umsatzsteuer) in diesem Zeitraum insgesamt nicht höher als 15 v. H. der Anschaffungskosten des Gebäudes gewesen waren.
Grundlage für R 157 Abs. 4 EStR 2001 war eine Grundsatzentscheidung des Großen Senats aus dem Jahr 1966 über den sog. anschaffungsnahen Aufwand. Der Senat hatte darüber zu entscheiden, ob erhebliche Aufwendungen, die in zeitlichem Anschluss an den Erwerb von Wirtschaftsgütern auf diese gemacht werden (sog. anschaffungsnaher Aufwand) immer Anschaffungskosten sind oder, ob jeweils zu prüfen ist, ob es sich um Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand handelt. Der Große Senat hatte damals festgelegt, dass Aufwendungen, die in zeitlichem Anschluss an den Erwerb auf ein Gebäude gemacht werden, keine Anschaffungskosten sind und auch nicht wie Anschaffungskosten behandelt werden dürfen.[29] Dies wird damit begründet, dass Anschaffungskosten Kosten sind, die aufgewendet werden, um das Wirtschaftsgut von einem anderen zu erwerben. Arbeiten, die ein Steuerpflichtiger nach Erwerb eines Wirtschaftsgutes ausführt, dienen nicht mehr dazu dieses zu erwerben, sondern es in seinem Zustand zu erhalten oder es zu verändern. Die Arbeiten müssen daher daraufhin untersucht werden, ob sie Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand sind. Nur wenn ein Herstellungsaufwand vorliegt, können die Aufwendungen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden.[30]
Laut des Großen Senats ist der Zustand, in dem der Steuerpflichtige das Gebäude erworben hat, ausschlaggebend dafür, ob es sich bei den anschaffungsnahen Aufwendungen um Herstellungsaufwand oder Erhaltungsaufwand handelt. Es ist zu vergleichen, was aus dem Gebäude durch die ausgeführten Arbeiten geworden ist. Allerdings führt nicht jede Veränderung zu Herstellungsaufwand. Herstellungsaufwand ist nur anzunehmen, wenn die Aufwendungen und die durch sie bewirkten Erfolge erheblich sind.[31] Daher ist in der Regel in jedem Fall von Herstellungsaufwand und somit von Herstellungskosten auszugehen, wenn die Aufwendungen im Verhältnis zum Kaufpreis hoch sind und durch sie, im Vergleich zu dem Zustand des Gebäudes im Anschaffungszeitpunkt, das Wesen des Gebäudes verändert, der Nutzungswert erheblich erhöht oder die Nutzungsdauer erheblich verlängert wird.[32]
Dieser Entscheidung lag die Vorstellung zugrunde, dass eine steuerpflichtige Person, die ein instandsetzungsbedürftiges Gebäude zu einem niedrigeren Anschaffungspreis erwirbt und dieses anschließend instandsetzt, steuerlich nicht besser gestellt werden sollte, als eine steuerpflichtige Person, die ein bereits instandgesetztes Gebäude zu einem entsprechend höheren Anschaffungspreis erwirbt.[33]
[...]
[1] Vgl. Grotherr, S. (2000), S. 5.
[2] Vgl. Herzig, N. (2000), S. 1863.
[3] Vgl. ebenda, S. 1864.
[4] Vgl. Paus, B. (2002), S. 362.
[5] Vgl. BFH-Urteil v. 22.8.1966 – Gr. S. 2/66 – DB 1966 S. 1955.
[6] Vgl. BFH-Urteil v. 12.9.2001 – IX R 39/97 – BStBl. II 2003 S. 571.
[7] Vgl. Wolff-Diepenbrock, J. (2002), S. 1286.
[8] Vgl. Helwing, D. (1995), S. 31.
[9] Vgl. Adler, H./Düring, W./Schmaltz, K. (1998), § 255 HGB Tz. 12.
[10] Vgl. BFH-Urteil v. 12.9.2001 – IX R 39/97 – BStBl. II 2003 S. 571.
[11] Vgl. BFH-Urteil v. 12.9.2001 – IX R 52/00 – BStBl. II 2003 S. 576.
[12] Vgl. Paus, B. (2002), S. 363.
[13] Vgl. Wolff-Diepenbrock, J. (2002), S. 1287.
[14] Vgl. Moritz, J. (2002), S. 357.
[15] Vgl. BFH-Urteil v. 12.9.2001 – IX R 52/00 – BStBl. II 2003 S. 574.
[16] Vgl. ebenda, S. 576.
[17] Vgl. Wolff-Diepenbrock, J. (2002), S. 1288.
[18] Vgl. Apitz, W. (1981), S. 456.
[19] Vgl. BFH-Urteil v. 8.3.1966 – I 282/63 – BStBl. III 1966 S. 324.
[20] Vgl. BFH- Urteil v. 9.5.1995 – IX R 116/92 – BStBl. II 1995 S. 633.
[21] Vgl. R 157 Abs. 3 Satz 2 EStR 2003.
[22] Vgl. BFH-Urteil v. 9.5.1995 – IX R 116/92 – BStBl. II 1996 S. 633.
[23] Vgl. Apitz, W. (1981), S. 456.
[24] Vgl. R 157 Abs. 1 Satz 2 EStR 2003.
[25] Vgl. R 157 Abs. 4 Satz 1 EStR 2001.
[26] Vgl. BMF (2001), S. 327.
[27] Vgl. Wolff-Diepenbrock, J. (2002), S. 1286.
[28] Vgl. R 157 Abs. 4 EStR 2001.
[29] Vgl. BFH-Urteil v. 22.8.1966 – Gr. S. 2/66 – DB 1966 S. 1954.
[30] Vgl. ebenda, S. 1955.
[31] Vgl. BFH-Urteil v. 22.8.1966 – Gr. S. 2/66 – DB 1966 S. 1955.
[32] Vgl. Apitz, W. (1981), S. 456.
[33] Vgl. Spindler, W. (2004), S. 507.
- Arbeit zitieren
- Nicole Zmuda (Autor:in), 2006, Steuerplanungsunsicherheit beim anschaffungsnahen Herstellungsaufwand, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55076
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