Um Entwicklungspsychopathologie zu definieren, ist es zunächst notwendig, den Begriff der Pathologie genauer zu spezifizieren: sie wird als "Störung, Verformung oder Degeneration normaler Funktionen" (vgl. Petermann, 1998) gesehen. Aus dieser Begriffsbestimmung folgt, daß man auffälliges Verhalten nur dann definieren kann, wenn man das Normale versteht; man lernt also mehr über die Abweichung, wenn man die Normalität untersucht und umgekehrt.
Nach Ansicht von Sroufe und Rutter (1984) "beschäftigt sich die Entwicklungspsychopathologie mit den Ursachen und dem Verlauf individueller Muster fehlangepaßten Verhaltens, ungeachtet des Alters bei Störungsbeginn, der einzelnen Ursachen und der Veränderungen im beobachtbaren Verhalten, und ungeachtet der Komplexität der Faktoren, die an der Entwicklung beteiligt sind" (Sroufe und Rutter, 1984 nach Petermann, 1998). Andere Forscher definieren Entwicklungspsychopathologie als "das auffällige Verhaltensrepertoire, kognitive und sprachliche Funktionen, soziale und emotionale Prozesse sowie Veränderungen der anatomischen Strukturen und physiologischen Gehirnprozesse während der gesamten Lebensspanne" (vgl. Cicchetti, 1999). Übereinstimmung besteht jedoch darin, daß man "den psychischen Funktionsstatus auf der Basis der Bewertung ontogenetischer, biochemischer, genetischer, biologischer, physiologischer, kognitiver, sozialkognitiver, sozioemotionaler und kultureller Bedingungen sowie aufgrund der Einflüsse durch Umgebung und Gesellschaft auf das Verhalten untersuchen" (vgl. Cicchetti, 1999) sollte.
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Inhaltsverzeichnis
- Allgemeines zur Entwicklungspsychopathologie.
- Definition
- Merkmale
- Aufgaben und Ziele
- Historischer Überblick
- Der Beitrag der Psychiatrie
- Der Beitrag der Entwicklungstheorie
- Erkenntnis- und wissenschaftstheoretische Grundlagen
- Das Menschenbild in der Entwicklungspsychopathologie
- Die organismische Metapher
- Die mechanistische Metapher
- Die kontextualistische Metapher
- Forschungsdesigns.
- Forschungsstrategien.
- Forschungsfelder und -methoden in der Entwicklungspsychopathologie.
- Intervention
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Entwicklungspsychopathologie zielt darauf ab, die Ursachen und den Verlauf individueller Muster fehlangepassten Verhaltens zu verstehen und zu erklären. Sie befasst sich mit den Entwicklungsverläufen, die zu psychischen Störungen führen, und untersucht die Faktoren, die diese Prozesse beeinflussen. Dabei geht es auch darum, Präventionsmaßnahmen und Interventionen zu entwickeln, um Störungen zu verhindern oder ihren Verlauf zu mildern.
- Die Definition und Merkmale der Entwicklungspsychopathologie
- Die historischen und theoretischen Grundlagen der Entwicklungspsychopathologie
- Das Menschenbild in der Entwicklungspsychopathologie
- Forschungsdesigns und -methoden in der Entwicklungspsychopathologie
- Interventionen in der Entwicklungspsychopathologie
Zusammenfassung der Kapitel
21 Allgemeines zur Entwicklungspsychopathologie
Dieses Kapitel führt den Leser in das Gebiet der Entwicklungspsychopathologie ein. Es definiert den Begriff der Pathologie und erklärt, wie sie im Kontext der Entwicklungspsychopathologie verstanden wird. Die wichtigsten Merkmale der Entwicklungspsychopathologie, wie ihre integrative Natur, die Betonung der zeitlichen Komponente und die Berücksichtigung der gesamten Lebensspanne, werden vorgestellt. Außerdem werden die Aufgaben und Ziele der Entwicklungspsychopathologie erläutert, die sich auf die Früherkennung und Prävention von Störungen konzentrieren. Der Fokus liegt auf der Analyse von Risikofaktoren und Schutzfaktoren, die die Entstehung von Störungen beeinflussen können.
Schlüsselwörter
Entwicklungspsychopathologie, Pathologie, Entwicklungsverläufe, Risikofaktoren, Schutzfaktoren, Vulnerabilität, Resilienz, Intervention, Prävention, psychische Störungen.
- Quote paper
- Dipl.-Psych. Susanne Sassenberg (Author), 2001, Ziele und Grundlagen der Entwicklungspsychopathologie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5440