Storytelling in Mini- Filmen und die Persönlichkeitseigenschaft Offenheit für Erfahrungen. Wirkung und Zusammenhang


Bachelor Thesis, 2018

81 Pages, Grade: 1,7

Anonymous


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG
1.1 Hinführungzum Thema
1.2 Problemstellung
1.3 Aufbau und Zielsetzung der Arbeit

2 AKTUELLERFORSCHUNGSSTAND
2.1 Storytelling
2.7.7 Begriffsklärung und Einordnung
2.1.2 Historie des Geschichtenerzählens
2.1.3 Psychologische und neurobiologische Wirkungsweise
2.1.4 Arten von Storytelling und deren Ziele
2.1.5 Bestandteile einer erfolgreichen Geschichte
2.2 Persönlichkeitsforschung
2.2.7 Begriffsklärung Persönlichkeit
2.2.2 Das Eigenschaftsparadigma
2.2.2.1 Das Fünf- Faktoren- Modell der Persönlichkeit
2.2.2.2 OffenheitfürErfahrungen
2.3 Ergänzende Begriffserklärungen

3 FORSCHUNGSZIELE
3.1 Forschungsfrage
3.2 Hypothesen

4 METHODISCHES VORGEHEN
4.7.7 Forschungsdesign
4.1.2 Erhebungsinstrument
4.1.3 Pretest
4.1.4 Stichprobe und Durchführung
4.1.5 Gütekriterien
4.1.5.1 Objektivität
4.1.5.2 Reliabilität
4.1.5.3 Validität
4.1.6 Vorgehensweise bei derAuswertung

5 ERGEBNISSE
5.7.7 Darstellung der Ergebnisse
5.1.2 Interpretation der Ergebnisse
5.1.3 Methodendiskussion

6 FAZIT/AUSBLICK

7 LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG

Abstract

Diese empirische Untersuchung beschäftigt sich mit der Erforschung des Zusammenhangs der Persönlichkeitseigenschaft Offenheit für Erfahrungen und der überzeugenden Wirksamkeit der Marketingmethode Storytelling in Mini- Filmen. Als Erhebungsinstrument wurde ein Online­Fragebogen herangezogen, welcher von 202 Probanden aus Deutschland verschiedenen Alters und Geschlecht vollständig ausgefüllt wurde. Der Fragebogen gliedert sich in zwei Hauptaspekte. Zum einen werden die Offenheitswerte der Probanden abgefragt und darauffolgend werden den Probanden drei Mini- Filme mit narrativem Inhalt präsentiert. Diese werden durch die Probanden bewertet, indem die Wirksamkeit durch die Konstrukte Einstellung zum Mini- Film, Einstellung zur Marke und Kaufabsicht operationalisiert wurden. Menschen mit hohen Werten der Persönlichkeitseigenschaft Offenheit für Erfahrungen des Fünf- Faktoren- Modells der Persönlichkeit gelten als besonders kreativ, neugierig und phantasievoll, weshalb ein positiver Einfluss dieser Persönlichkeitseigenschaft auf die Einstellung zum Mini- Film, die Einstellung zur Marke und zur Kaufabsicht vermutet wird. Um eine detaillierte Ursache- Wirkungs- Erforschung der Konsumentenpersönlichkeit in diesem Bereich vornehmen zu können, werden speziell die sechs Unter-Facetten Phantasie, Ästhetik, Gefühle, Werte, Ideen und Handlungen der Dimension Offenheit für Erfahrungen betrachtet.

Das Ergebnis dieser Untersuchung demonstriert, dass der erwartete Einfluss der Facetten nur zu geringen Teilen bestätigt wurde. Die Facette Gefühle hat hierbei einen geringen, signifikant positiven Einfluss auf die Einstellung zum Mini- Film. Weiterhin hat die Einstellung zum Mini- Film einen positiven Einfluss auf die Einstellung zur Marke und auf die Kaufabsicht. Die Einstellung zur Marke wirkt sich zudem positiv auf die Kaufabsicht aus.

Diese Studie leistet sowohl für Wissenschaftler als auch für die praktische Anwendung in der Marktforschung einen wesentlichen Beitrag zur zukünftigen Forschung im Content Marketing­Bereich.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Unternehmens-, Marken- und Produktgeschichte

Abbildung 2 Der Golden Circle

Abbildung 3 Fünf- Faktoren- Modell der Persönlichkeit nach Costa und McCrae (1997)

Abbildung 4 Forschungsmodell

Abbildung 5 Altersverteilung der Gesamtstichprobe

Abbildung 6 Einstellung zu Mini- Film, Marke und Kaufabsicht

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Reliabilitätswerte

Tabelle 2 Offenheits- Mittelwerte und Standardabweichungen nach Geschlecht

Tabelle 3 Offenheits- Mittelwerte und Standardabweichungen nach Alter

Tabelle 4 Wirksamkeits- Mittelwerte und Standardabweichungen nach Geschlecht

Tabelle 5 Wirksamkeits- Mittelwerte und Standardabweichungen nachAlter

Tabelle 6 Korrelationen zwischen den Facetten von Offenheit, EMi, EMa und KA

Tabelle 7 Korrelationen zwischen EMi, EMa und KA

Tabelle 8 Einfluss aufdie Einstellung zum Mini- Film

Tabelle 9 Einfluss aufdie Einstellung zurMarke

Tabelle 10 Einfluss aufdie Kaufabsicht 1

Tabelle 11 Einfluss aufdie Kaufabsicht 2

1 Einleitung

1.1 HinführungzumThema

„Marketing is no longer about the stuff that you make, but about the stories you teil“ (Seth Godin nach Nihill, 2016, Seite 6).

Das Erzählen von Geschichten existiert im eigentlichen Sinne seitdem es die menschliche Sprache gibt. Es zählt somit zu einer der ältesten Kommunikationsformen zur Weitergabe von Wissen und Informationen. Mit Hilfe des Erzählens von Geschichten ist es den Menschen möglich, Erlebnisse, Erfahrungen und Gefühle weiterzugeben und mit ihren Mitmenschen zu teilen (Herbst, 2014).

Mit der Entwicklung der menschlichen Spezies über Jahrhunderte hinweg erweiterten sich auch die Mittel zur Weitergabe und Sicherung von Geschichten. Beginnend mit der einfachen mündlichen Weitergabe von Geschichten, setzte sich die historische Entwicklung mit einer schriftlichen Vermittlung in Büchern oder Zeitungen fort, sowie der Kommunikation über tertiäre Medien wie Film, Fernsehen und schließlich über das Internet (Liebrand, Schneider, Bohnenkamp, & Frahm, 2005). Geschichten bestechen besonders durch ihre emotionalisierende Wirkung auf den Menschen. Durch diese Wirkung können durch Geschichten abstrakte Informationen lebendig gemacht werden, wodurch sie besser aufgenommen, behalten und verstanden werden. Außerdem wirken narrative Inhalte persuasiv, das heißt die Einstellungen und Meinungen der Rezipienten können verändert werden (Schach, 2016). Tatsächlich werden Geschichten 22-fach besser erinnert als trockene Fakten. Dies bestätigen Ergebnisse aus der Gehirnforschung, welche besagen, dass das Langzeitgedächtnis nur Informationen speichert, die Emotionen auslösen (Bruner, 2003). Laut einer Studie von Microsoft (2015) wird sich die Aufmerksamkeitsspanne der Konsumenten auf Grund der digitalen Informationsflut zudem weiter reduzieren, wodurch es in der Werbebranche immer schwerer wird, auf sein Produkt oder seine Marke aufmerksam zu machen. Aktuell liegt die Konzentrationsspanne von Internetusern nur bei acht Sekunden. Dies ist einem Schutzmechanismus geschuldet, welcher sich mit der wachsenden Flut an Informationen, denen der „POPC“- Mensch jeden Tag ausgesetzt ist, gebildet hat. „POPC“ ist ein Akronym für „permanently online, permanently connected“, womit amerikanische Medienwissenschaftler passend die heutige Gesellschaft betiteln (Sammer, Von Hollywood lernen? Erfolgskonzepte des Corporate Storytelling, 2017).

Die Erkenntnis, dass sich Probanden in werbliche Geschichten besser hineinversetzen konnten und somit den Film sowie auch die Marke besser bewertet haben, wurde bereits durch mehrere Studien belegt (siehe Lundqvist, Liljander, Gummerus, & van Riel, 2013; Chen, 2015; Zheng, 2014). Daher nutzen viele Unternehmen diese positiven Eigenschaften des Geschichtenerzählens, besonders im Marketing-Bereich unter dem Begriff des „Storytellings“, um zum Beispiel ein positives Markenimage aufzubauen oder eine Produkteinführung zu bewerben. Der US-amerikanische Bestseller- Autor und Marketingexperte Seth Godin stellt eine allgemeingültige Regel für das moderne Marketing auf: Es spiele keine Rolle mehr, was für ein Produkt man bewirbt, sondern es gehe nur darum, welche Geschichte man zu erzählen hat (Seth Godin nach Nihill, 2016). Auch laut Karin Thier (2010) ist diese Marketingmethode bereits vor einigen Jahren in den obersten Etagen vieler Konzerne „in aller Munde“ (Thier, 2010, S. 2).

Doch bewerten und erleben wirklich alle Menschen diese Marketingmethode gleich? Können sich phantasievolle und kreative Menschen besser in Geschichten hineinversetzen oder besteht kein Unterschied zwischen den Persönlichkeitseigenschaften, die der Rezipient besitzt und der Werbewirkung? Das noch bestehende Forschungsinteresse liegt in diesem Feld darin, zu erforschen, ob Storytelling auf alle Menschen eine gleichsame Wirkung hat oder ob die Bewertung eines Mini- Filmes, welcher Storytelling beinhaltet, von bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen beeinflusst wird. Da eine bereits bestehende Studie von Chen (2015) einen Zusammenhang mit der Persönlichkeitseigenschaft Offenheit für Erfahrungen des Fünf- Faktoren- Modells der Persönlichkeit vermuten lässt, wird diese für die Untersuchung herangezogen. Eine ausführliche Begründung zur Wahl der Eigenschaft findet im Gliederungspunkt 3 statt. Da sich die Persönlichkeitsmerkmale des Fünf- Faktoren- Modells der Persönlichkeit in verschiedene Unterkategorien einteilen lassen, stehen im besonderen Fokus der Untersuchung diese sogenannten Facetten der Persönlichkeitsdimension Offenheit für Erfahrungen. Die überzeugende Wirkung von Storytelling in Mini- Filmen wird gemessen anhand der Einstellung der Probanden zum Mini- Film, der Einstellung zur Marke und der Kaufabsicht. Nähere Ausführungen hierzu folgen im Methodenteil. Die ausführliche Struktur der Arbeit ist im Gliederungspunkt 1.3 dargestellt.

1.2 Problemstellung

Storytelling als Marketingmethode in der Werbung erfreut sich aktuell großer Beliebtheit und wird von vielen Unternehmen, beispielsweise im Rahmen einer Imagekampagne, genutzt (Dietrich & Schmidt-Bleeker, 2013). Die Wirkungsforschung zu dieser relativ jungen Methode beschränkt sich jedoch zumeist bisweilen auf die generellen Einflüsse des Storytellings auf die Rezipienten, jedoch ohne diese selbst näher zu untersuchen. Es fehlt daher an vielen Stellen die Untersuchung des Einflusses der individuellen Voraussetzungen der Menschen auf die Wirkung der Marketingmethode. Chen (2015), Zheng (2014) und Yu und Chang (2013) haben einzelne Konstrukte wie Sympathie, Empathie, Transportationsfähigkeit (Fähigkeit, sich in eine Geschichte hineinzuversetzen) und Phantasiefähigkeit in diesem Zusammenhang untersucht. Es fehlt jedoch eine detailliertere Untersuchung, inwiefern die Konsumentenpersönlichkeit die Wirkung der Marketingmethode beeinflusst. Auf Grund des Umfangs dieser Arbeit kann jedoch nicht die komplette Persönlichkeit der einzelnen Probanden erfasst werden, da sich zudem eine Untersuchung auf Mikroebene, das heißt auf Grundlage der einzelnen Facetten der Persönlichkeitsdimension, zum Ziel gesetzt wurde.

Eine Erforschung der individuellen Konsumentenpersönlichkeit, auf welche die Werbemaßnahme mehr beziehungsweise weniger überzeugend wirkt, trägt einen wesentlichen Beitrag zur Marktforschung und zu neuen Erkenntnissen der Werbepsychologie bei. Aus den Ergebnissen können mögliche Implikationen bezüglich Werbeerstellung und Platzierung abgeleitet werden.

1.3 Aufbau und Zielsetzung derArbeit

Die folgende wissenschaftliche Arbeit ist grundsätzlich in einen theoretischen Teil und einen darauffolgenden empirischen Teil gegliedert. Dabei orientiert sich die Struktur der Abhandlung entlang der zentralen Forschungsfrage: Wie wirken sich die Mikroebenen der Persönlichkeitseigenschaft Offenheit für Erfahrungen auf die Einstellung zum Mini- Film, die Einstellung zu der Marke und auf die Kaufabsicht aus?

Ziel dieser Arbeit ist es, anhand von theoretischen Befunden zur eben genannten Forschungsfrage, Hypothesen abzuleiten, die mit Hilfe einer empirischen Untersuchung bestätigt oder falsifiziert werden. Die Arbeit ist dazu in sechs Hauptkapitel unterteilt.

Nach dem Einleitungstext, welcher die inhaltlichen Schwerpunkte derArbeit aufzeigt, folgt im ersten Kapitel die theoretische Auseinandersetzung mit dem Modell „Storytelling“ und der Persönlichkeitseigenschaft Offenheit für Erfahrungen, welche dem Fünf- Faktoren- Modell der Persönlichkeit zuzuordnen ist. Dabei wird der aktuelle Forschungsstand zu beiden Themengebieten ausgiebig beleuchtet. Beginnend mit der Marketingmethode Storytelling ist es unerlässlich, zuerst auf Grundbausteinen wie Begriffsklärung und Historie der Methode zurückzugreifen. Es folgt daraufhin eine Erläuterung der psychologischen und neurobiologischen Wirkungsweise der Methode, sowie die verschiedenen Arten des Storytellings - auch über den Marketing-Bereich hinaus - sowie die Bestandteile einer erfolgreichen Geschichte. Der Schwerpunkt der Ausarbeitung der theoretischen Grundlagen liegt dabei auf der Werbepsychologie und dem Anwendungsbereich Marketing.

Nachdem das Modell des Storytellings umfassend beleuchtet wurde, folgt die theoretische Ausarbeitung zum Themengebiet der Persönlichkeitspsychologie. Wiederum beginnend mit einer Erklärung des Begriffes „Persönlichkeit“ schließt sich daraufhin die Erläuterung des Eigenschaftsparadigmas an, wozu das Fünf- Faktoren- Modell der Persönlichkeit gehört. Im weiteren Verlauf erfolgt die schwerpunktmäßige Auseinandersetzung mit eben diesem Modell, insbesondere mit der Dimension Offenheit für Erfahrungen. Diese Dimension und deren Facetten bilden den Untersuchungsgegenstand der empirischen Arbeit.

Zudem werden letzte wichtige Begriffe definiert, um das Verständnis der darauffolgenden Untersuchung gewährleisten zu können. Zu diesen zählen die Begriffe „Einstellung“, „Mini- Film“, „Marke“ und „Kaufabsicht“. Im letzten Teil der theoretischen Grundlagen erfolgen die genaue Beschreibung und Begründung der Forschungsfrage, sowie die darauffolgenden Hypothesen, welche auf den zuvorerarbeiteten theoretischen Grundlagen basieren.

Nachdem die theoretischen Grundlagen beider zu untersuchenden Konstrukte geschaffen sind, folgt der empirische Teil der Arbeit. Beginnend mit dem methodischen Vorgehen wird das Forschungsdesign, das Erhebungsinstrument, die Stichprobe, die Durchführung der Studie und die Vorgehensweise bei der Auswertung näher beleuchtet. Da es sich bei der Untersuchung um ein quantitatives Forschungsdesign handelt, wird als Erhebungsinstrument ein Online-Fragebogen hinzugezogen. Die spezifischen Ausführungen dazu sind in den jeweiligen Kapiteln zu lesen. Die aus dieser Erhebung gewonnenen Daten werden innerhalb des 5. Kapitels „Ergebnisse“ dargestellt, interpretiert und diskutiert. Zuletzt werden die Ergebnisse zusammengefasst und in den Kontext des aktuellen Forschungsstandes gebracht, sowie Implikationen für die Praxis abgeleitet.

2 Aktueller Forschungsstand

2.1 Storytelling

2.1.1 Begriffsklärung und Einordnung

Als Grundlage für diese Arbeit und zur Darstellung der thematischen Komplexität, die das Storytelling mit sich bringt, bedarf es zunächst einer theoretischen Aufarbeitung der Thematik. In diesem Kapitel wird zunächst der Begriff „Storytelling“ erläutert sowie Abgrenzungen und Zuordnungen getroffen, die als Ausgangssituation für die Folgekapitel fungieren sollen.

Bei dem Begriff „Storytelling“ handelt es sich um keinen wissenschaftlichen Terminus, der klar umrissen ist, weshalb die Erklärung je nach Anwendungsfeld differiert (Schach, 2016). Daher existieren unter dem Begriff seit mehreren Jahren eine Vielzahl von verschiedenen Ansätzen, Methoden und Anwendungsgebieten (Thier, 2010).

Das Wort „Storytelling“ setzt sich zusammen aus dem englischen Substantiv für „Geschichte“ („story“) und dem englischen Verb „to teil“, was „erzählen“ bedeutet. Zusammengesetzt ist Storytelling also die Kunst des Geschichtenerzählens. Mit Geschichten haben Menschen die Möglichkeit, Erfahrungen, Erlebnisse, Ideen und Visionen weiterzuerzählen und an ihre Mitmenschen weiterzugeben. Dabei geben sie explizites und implizites Wissen, Geschichte, Moral und Regeln weiter, was wiederum eine immer fortwährende Entwicklung innerhalb der Historie der Menschheit mit sich gebracht hat. Mit Hilfe des Geschichtenerzählens können Denkprozesse angeregt, Lebenserfahrungen weitervermittelt und Lösungen aufgezeigt werden. Zudem enthalten Geschichten einen hohen Grad an Unterhaltungswert und Motivation (Wieskamp, 2016). In einem unternehmerischen Kontext ist Storytelling immer dann angesiedelt, sobald Geschichten bewusst und zielgerichtet eingesetzt werden, um die Ziele des Unternehmens zu erreichen (Schach, 2016). Die Anwendungsgebiete differieren dabei ebenso stark wie die genutzten Kanäle. Geschichten können über Sprache, Text, Bild oder Videos in unterschiedlichsten Kontexten bewusst zur Anwendung kommen. So findet die Methode Anwendung in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, dem Marketing, im Change-Management oder als therapeutischer Ansatz in der klinischen Psychologie und Medizin (Wieskamp, Storytelling: Digital- Multimedial- Social, 2016).

Da es in dieser Arbeit schwerpunktmäßig um den Einsatz der Methode innerhalb der Werbepsychologie geht, ist besonders herauszustellen, dass das Storytelling eine Methode des sogenannten Content Marketings ist. Die Kenntnis einer Definition des Begriffes „Marketing“ wird in diesem Zusammenhang vorausgesetzt und somit textuell nicht verarbeitet. Es wird auf einschlägige Literatur verwiesen (zum Beispiel Bruhn, 2004, S. 14). „Content“ ist ein englisches Substantiv und bedeutet in diesem Zusammenhang übersetzt „qualifizierter Inhalt“. Hinter Content Marketing „steht die Idee, mit informierenden, beratenden und unterhaltenden Inhalten die Zielgruppe anzusprechen und den Kontakt mit einem Unternehmen oder einem Produkt so zu gestalten, dass für den Kunden ein möglichst unmittelbar spürbarer Mehrwert entsteht“ (Schellhorn & Adler, 2015, S. 26). Prof. Dr. Michael Bürker beschreibt die relevanten Inhalte innerhalb des Content Marketings zudem als „inspirierend, informativ, anregend, unterhaltend und emotional“ (Bürker, 2015, S. 430). Daher stellt ein besonders bedeutender Bestandteil eines „guten Storytellings“ das Verpacken von nicht emotionalen Inhalten in eine emotionale Geschichte dar, um beim Rezipienten Gefühle auszulösen und das Interesse zu wecken (Mattscheck, kein Datum).

Diese neue Marketingmethode ersetzt die „aufmerksamkeitsheischenden Werbemittel“ (Schellhorn & Adler, 2015, S. 26), wie sie innerhalb der klassischen Werbung zu finden sind. Content Marketing­Aktivitäten bedienen sich weiterhin der sogenannten „Pull- Strategie“, bei welcher der Endkunde direkt angesprochen wird. Es wird beim potentiellen Konsumenten ein Produktverlangen ausgelöst, sodass dieser das Produkt auf den Markt „zieht“. Dagegen richten sich die Marketingmaßnahmen in der gegenläufigen „Push-Strategie“ auf den Händler, indem beispielsweise Mengenrabatte gegeben werden und die Produkte bis zum Endkunden „gedrückt“ werden (Kotier, Armstrong, Wong, & Saunders, 2011).

2.1.2 Historiedes Geschichtenerzählens

Wie bereits in den einleitenden Sätzen erwähnt, existiert das Erzählen von Geschichten seitdem es die menschliche Sprache gibt. Petra Sammer bezeichnet Storytelling als das älteste Knowledge­Sharing- System der Welt (Sammer, Storytelling: Strategie und Best Practice für PR und Marketing, 2017). Vor tausenden von Jahren war es so schon mit Hilfe von Geschichten möglich, sich mit anderen Menschen zu verständigen und diesen von Gefahren und deren Vermeidung zu berichten. Die ersten nachgewiesenen Zeugnisse jener Geschichten bilden Höhlenmalereien, die unterschiedliche Berichte über das Leben der damaligen Menschen widerspiegeln. Die Geschichten der damaligen Zeit thematisierten bildhaft und verbal hauptsächlich Jagden und das Gemeinschaftsleben der Erzählenden und der jeweiligen Stämme. So konnten wichtige Erkenntnisse von Generation zu Generation überliefert werden. Die Geschichten transportierten die Kultur der Menschen über Jahrhunderte hinweg (Herbst, 2014).

Ziel dieser Art des Geschichtenerzählens war es also, aus Erfahrungen lernen zu können, sowie einen Wissenstransfer in die nächsten Generationen gewährleisten zu können.

Im weiteren Verlauf der Historie ist ein bekanntes Beispiel für das Geschichtenerzählen die griechische und römische Mythologie. Mythen- abgeleitet von dem altgriechischen Wort „mythos“ und dem lateinischen „mythus“ für „Laut, Rede“- sind sagenhafte Geschichten, in denen zumeist das Leben der Menschen mit der Welt der Götter verknüpft wird. Sie zählen zur weltweit erfolgreichsten und prägendsten Erzählform und sind auch bis heute in Regionen wie Indien oder Arabien verbreitet und angesehen (Sammer, Storytelling: Strategie und Best Practice für PR und Marketing, 2017). Noch heute prägen viele mythologische Begriffe das alltägliche Leben im europäischen Raum, so zum Beispiel spricht man immer noch von dem „Ödipus-Konflikt“ oder der „Apokalypse“. Weiterhin wurde „Hermes“ der Götterbote zum Namensgeber eines Post-Unternehmens und die Begrifflichkeit einer „Odyssee“ für eine lange Irrfahrt ist noch immer im täglichen Sprachgebrauch verankert. So haben die Geschichten über Jahrhunderte hinweg überdauert und sind noch immer Bestandteil des schulischen Unterrichtes. Außerdem zu nennen ist der griechische Gelehrte Aristoteles, welcher sich im 4. Jahrhundert wohl als erster Mensch Gedanken über das Konstrukt der Geschichten machte (Ettl-Huber, 2017).

Als weiterer wichtiger Meilenstein in der Entwicklung des Geschichtenerzählens ist um 1500 die Erfindung von Johannes Gutenberg zu sehen, welcher die beweglichen Lettern und die Druckpresse erfand. Mit Hilfe dieser Erfindungen war es möglich, Bücher, wie zum Beispiel die Bibel, zu drucken und damit allen Menschen zugänglich zu machen. Diese Erfindung stellte jedoch nicht das Ende von oralen Erzählformen dar (Sammer, Storytelling: Strategie und Best Practice für PR und Marketing, 2017). Die Bibel als Werk an sich, welche die Schöpfungsgeschichte und die Entstehung der Welt beinhaltet, zeigt eine weitere wichtige Eigenschaft von Geschichten auf: die Orientierung. Die Bibel liefert Erklärungen für das menschliche Erleben und Verhalten und wie Gemeinschaften entstehen und bestehen können. Dabei werden Regeln und Gebote aufgestellt, an die sich die Menschen in derGesellschaft halten sollen (Herbst, 2014).

Weiterhin ist die Entwicklung von Märchen und Fabeln zu nennen, wobei im deutschsprachigen Raum die Erwähnung von den Gebrüdern Grimm und ihrem berühmten Werk „Kinder- und Hausmärchen“ nicht fehlen darf (Sammer, Storytelling: Strategie und Best Practice für PR und Marketing, 2017). Die Elemente aus Fabeln und Märchen werden auch heutzutage vielfach in der Werbeindustrie eingesetzt. So zum Beispiel dienen Fabeltiere als Werbemaskottchen oder einprägsame Geschichten aus Märchen werden als Werbespot neu inszeniert (Herbst, 2014).

Einen genauen Zeitpunkt, von welchem an das Storytelling Einzug in die Werbebranche hielt, ist schwer auszumachen. Das Thema ist in der Forschung jedoch in den vergangenen Jahren sehr populär geworden, was durch die Publikationen zahlreicher Autoren, die in dieser Arbeit Erwähnung finden, bestätigt wird. Zudem entstanden viele Agenturen, welche die Verarbeitung der Methode des Storytellings für Unternehmen professionell anbieten (Adlmaier-Herbst & Musiolik, 2017). So zum Beispiel Narrata Consult (2018), welche für die Erforschung der Anwendung in der Unternehmenskommunikation und den Public Relations im deutschen Raum das Jahr 1998 festsetzt und selbst seit dieser Zeit die Methode anbietet.

Heutzutage gibt es unzählige Anwendungsgebiete für die Methode des Geschichtenerzählens. Egal ob in der Musikbranche, der Unternehmenskommunikation oder in der Radio-Werbung, Storytelling begleitet die Menschen in ihrem Alltag auf Schritt und Tritt. Herauszustellen ist, dass es sich bei jeglichen Formen von Fabeln, Mythen, Märchen und Geschichten in der Werbung um konstruierte Geschichten handelt, welche ein konkretes unternehmerisches Ziel verfolgen. Unterhaltung, Vermarktung und Verkauf steht nun im Vordergrund und verändert damit deutlich die Ziele des historischen Geschichtenerzählens, wie zuvor beschrieben (Schach, 2016).

2.1.3 Psychologische und neurobiologischeWirkungsweise

Um die Methode des Storytellings in verschiedenen Gebieten wirksam anzuwenden, ist es sinnvoll, die Wirkung von Geschichten auf den Menschen zu verstehen. Vor allem in einer überkommunizierten Welt, wie es Etzold (2017) beschreibt, müssen Unternehmen auffällig und von Wettbewerbern unterscheidbar sein. Dabei ist es bekannt, dass insbesondere Werbung nicht nur mit den funktionalen Vorteilen eines Produktes überzeugen darf, sondern auch unbewusste Wünsche, Bedürfnisse und Gefühle erreichen muss (Sommer, 2010). Viele Forschungsergebnisse aus verschiedenen Disziplinen wie der Neurowissenschaft, der Psychologie und den Kulturwissenschaften machen das Phänomen um die Wirkungsweise von Geschichten erklärbar (Herbst, 2014).

Als wichtigste Komponente innerhalb der Thematik gelten wohl die Emotionen. Passend dazu das Sprichwort, welches oft im Zusammenhang mit dem Marketingbereich angewendet wird: ,,no emotions- no money“ (Adamczyk, 2015, S. 34). In Form von Geschichten lassen sich leicht Emotionen transportieren, welche das menschliche Belohnungssystem stimulieren (Adamczyk, 2015).

Geschichten haben das Ziel zu beeinflussen und zu überzeugen, was mit Hilfe von rationaler Persuasion oder emotionaler Persuasion geschehen kann. Rational bedeutet, mit Daten und Fakten auf eine intellektuelle und bewusste Art zu überzeugen. Diese sprechen die linke, logische Gehirnhälfte an. Rationale Persuasion ist aber nur bei Menschen erfolgreich, die die gleichen Interessen, Meinungen und Werte vertreten, wie auch der Sender der Botschaft. Zudem müssen die Rezipienten dieselbe Aufmerksamkeit und Zeit aufwenden wollen. Wenn dies nicht der Fall ist, suchen sie nach logischen Fehlern in den Fakten und werden zunehmend skeptischer oder verlieren schnell das Interesse an der Botschaft. Zusammenfassend werden also die meisten rationalen Fakten nicht aufgenommen, verarbeitet, gespeichert geschweige denn erinnert. Die zweite Form der Überzeugung, die emotionale Persuasion, spricht die gesamten Regionen des Gehirns an und vor allem die gefühlsbetonte rechte Seite. Es handelt sich um einen intuitiven und unbewussten Prozess, wobei mit Hilfe von Geschichten, Bildern oder Musik eine Identifikation mit der abgebildeten Situation oder Person stattfindet. Der Rezipient kann in das Geschehen eintauchen (Immersion) (Sammer, Von Hollywood lernen? Erfolgskonzepte des Corporate Storytelling, 2017). Dabei spielen auch die sogenannten Spiegelneuronen eine Rolle, durch welche das Gehirn Gesehenes und Gehörtes verarbeitet. Dabei laufen fast dieselben Prozesse im Gehirn ab, als wenn man die Geschichte, welche man beispielsweise im Fernsehen sieht, selbst erlebt hätte (Sommer, 2010). Weitere Forschungserkenntnisse bestätigen zudem, dass Emotionen die Voraussetzung zum Treffen von rationalen Entscheidungen sind. Dies erforschte der Neurologo Antonio Damasio, indem er in zwei Fallbeispielen Menschen untersuchte, die auf Grund einer Funktionsunfähigkeit einer bestimmten Gehirnregion nicht mehr zu rationalen Entscheidungen fähig waren (Bechara, Damasio, & Damasio, 2003).

Auch das sogenannte Phänomen des „Flow-Erlebens“, welches vom Glücksforscher Mihály Csikszentmihalyi erforscht wurde, wird durch Geschichten und deren Immersions- und Identifikationsvermögen ausgelöst (Sammer, Von Hollywood lernen? Erfolgskonzepte des Corporate Storytelling, 2017). „Flow“ bezeichnet das völlige Versinken in einer Tätigkeit, sei es eine bestimmte Sportart oder das Lesen eines Buches, bei welcher man das Zeitgefühl verliert und alles andere um sich herum ausblendet (Csikszentmihalyi, 1990). Ein weiteres Flow-ähnliches Modell, welches in Bezug auf die überzeugende Wirkung von narrativen Texten erforscht wurde, ist das Transportation- Imagery- Model von Melanie C. Green und Timothy C. Brock. Transportation definierten sie dabei als ,,a convergent process, where all mental Systems and capacities become focused on events occurring in the narrative“ (Green & Brock, 2000, S. 701). Durch dieses Hineinversetzen in die Geschichte oder die Handelnden können die Einstellungen der Rezipienten geändert werden (Green & Brock, 2000).

Zheng (2014) untersuchte die Transportation am Beispiel von narrativen Radiowerbespots und kam zu dem Ergebnis, dass je stärker die Probanden sich in eine Geschichte hineinversetzen konnten, desto besser wurden der gezeigte Werbespot, die beworbene Marke und das Produkt bewertet. Dabei wurden besonders Personen beeinflusst, welche über eine hohe visuelle Vorstellungskraft verfügten. Wie auch in dieser empirischen Arbeit zu diesem Thema, bildeten die sogenannten Mini­Filme die Grundlage einer weiteren Forschungsarbeit von Chen (2015). Eine genaue Definition hierzu erfolgt im Punkt 2.3. Auch diese Ergebnisse bestätigten den positiven Effekt der Transportation. Die Filme wurden umso besser bewertet, je besser sich die Teilnehmer in die Geschichte hineinversetzen konnten- alsoje höher der Grad der Transportation war. Diese positive Einstellung zum Film führte wiederum zu einer besseren Bewertung der Marke und zu einer steigenden Kaufabsicht. Ein besonders hohes Potential für Transportation wurde bei Personen festgestellt, welche eine hohe Neigung zur Phantasiefähigkeit (Fantasy Proneness) hatten. Weiterhin zählt zu den psychologischen Wirkungsweisen des Storytellings, neben dem vereinfachten Verständnis von Informationen und der verbesserten Erinnerung von Gesehenem, das einfache Entstehen von Sympathie und Empathie zum Film, zur Marke oder zum Produkt. Dies wiederum verstärkt die emotionale Verbindung der Konsumenten zur Marke (Yu & Chang, 2013). Dabei spieltjedoch auch die Beschaffenheit der Geschichte eine große Rolle. Wenn die werbliche Geschichte eine offensichtlich manipulative Absicht hat, sind die Rezipienten den Absichten der Werbetreibenden gegenüber misstrauischer eingestellt. Dies beeinflusst die Wirkung des Storytellings insofern, dass erklärende („expository format“) Anzeigen besser bewertet werden. Wenn jedoch die manipulative Absicht nicht offensichtlich erkennbar ist, werden Anzeigen mit narrativem Inhalt besser bewertet als die im „Erklär-Format“ (Wentzel, Tomczak, & Herrmann, 2010).

2.1.4 Arten von Storytelling und deren Ziele

Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei dem Begriff des Storytellings um eine Methode, die in verschiedenen Einsatzgebieten zur Anwendung kommt. Außerdem differieren zahlreiche Autoren bezüglich der Unterscheidungsarten des Storytellings, weshalb zunächst eine Aufarbeitung der Umsetzung von Storytelling in einigen ausgewählten Einsatzgebieten erfolgt. Darauf aufbauend werden die zukünftigen Trends innerhalb der Methode beleuchtet.

Ein wichtiges Einsatzgebiet für Storytelling, neben dem Marketing, ist in der Unternehmens­kommunikation und PR (Public Relation) zu sehen. Hierfür gibt es verschiedenste externe Anbieter, welche narratives Management für Unternehmen anbieten. Unter anderem zu nennen ist hier das Unternehmen NARRATA Consult (2018), welche eine Matrix zum internen Storytelling in Unternehmen aufgestellt hat. Diese wird im Folgenden kurz erläutert. Die erste Unterscheidung bilden die sogenannten „Alltagsgeschichten“, worunter Alltagsgespräche und Anekdoten gehören. Diese sind authentische Geschichten und entstehen durch wenig beziehungsweise keine Steuerung des Managements. Sie verfolgen das Ziel des „Common Ground“, was bedeutet, dass mit den Geschichten gemeinsame Interessen, Glaubenssätze und Meinungen in der Gruppe geschaffen werden sollen. Als Methode hierfür werden gemeinsam gestaltete Abende oder eine Kaffeeküche vorgeschlagen, wodurch sich die Mitarbeiter näher kennen lernen und in ein Gespräch kommen können. Des Weiteren wird in „Geschichten als Kunst- und Kulturform“ unterschieden, welche ebenfalls durch wenig oder keine Steuerung durch das Management entstehen. Diese Geschichten sind aber im Gegensatz zu den Alltagsgeschichten konstruiert, also erdacht. Beispielhaft stehen hierfür Fabeln und Märchen, welche, wie auch schon im Punkt 2.1.2 herausgestellt, grundsätzlich der Unterhaltung dienen, dabei jedoch auch eine Botschaft übermitteln sollen. Weiterhin sind die Storys zu betrachten, die durch eine zielgerichtete Steuerung des Managements entstanden sind. Hierzu zählen die „Erfahrungsgeschichten“, die eine authentische Geschichte darstellen. Sie haben das Ziel, die Mitarbeiter aus Erfahrungen lernen zu lassen und ein Wissenstransfer zu gewährleisten. Beispielhaft aufgeführt wird hierbei das Project Debriefing, welches ermöglicht, dass im gesamtem Unternehmen nach bestimmten Projektabschnitten oder nach Abschluss des Projektes die gewonnen Erfahrungen geteilt werden können. Als Methode kann hierbei Learning Histories oder Lessons Learned angewendet werden. Die letzte Form mit hohem Einfluss des Managements sind die „konstruierten Geschichten“, wie zum Beispiel Unternehmenscomics oder Werbung. Ihr Ziel ist es vor allem, zu vermarkten, verkaufen, verändern und zu unterstützen. Methodisch sind hierbei Story Construction, Change- Comics oder Unternehmenstheater zu nennen (NARRATA Consult, 2018). Diese Beispiele beziehen sich aber eher auf die interne Werbung innerhalb des Unternehmens und sind dadurch nicht zu verwechseln mit dem Storytelling, welches Bestandteil dieser empirischen Untersuchung ist.

In der externen Unternehmenskommunikation, worunter auch die Marketingkommunikation zählt, unterteilt Sammer (2014) in „Unternehmensgeschichten“, „Markengeschichten“ und „Produktgeschichten“ (Sammer, Storytelling- Die Zukunft von PR und Marketing, 2014, S. 55). Diese Unterteilung ist in Abbildung 1 in Form einer kreisförmigen Ebenenunterteilung dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 Unternehmens-, Marken- und Produktgeschichte.

Aus Sammer, P. (2014). Storytelling- Die Zukunft von PR und Marketing. Köln: O'Reilly Verlag GmbH & Co. KG.

Die sogenannten Unternehmensgeschichten, auch Corporate Stories, beschäftigen sich mit dem Unternehmen an sich und/oder dessen Akteuren. Inhaltlich werden Leitbild, Mission oder Vision des Unternehmens vorgestellt. Sie stellen daher die Unternehmensmarke vor und bekräftigen zugleich die Identität des Unternehmens, die sogenannte „Corporate Identity“. Zumeist richtet sich diese Art des Storytellings an die Öffentlichkeit, die Gesellschaft oder an neue potentielle Mitarbeiter in Form von Employer Branding (Sammer, Storytelling- Die Zukunft von PR und Marketing, 2014). In der klassischen Unternehmenskommunikation hat das Corporate Storytelling laut Schach (2016) einen „hohen Professionalisierungsgrad“ (Schach, 2016, S. 14) erreicht. Als Treiber sieht sie die wachsende Wichtigkeit von Social Media, wodurch die Kommunikation persönlicher, mit einem direkten Bezug zum Autor und dialogorientiert stattfindet. Die nächste Art des Storytellings, die „Markengeschichten“, sind ein bewährtes Mittel im Marketing. Bei den „Brand Stories“ wird vor allem die Marke an sich unterstützt, indem auf sie aufmerksam gemacht und das Image gestützt wird. Als Basis für die Markengeschichten fungieren Markenkern, Markenwert und Charaktereigenschaften der Marke. Sie dienen „langfristig der Sicherung von Markenloyalität, Absatzsicherung und Verkaufssteigerung“ (Sammer, Storytelling- Die Zukunft von PR und Marketing, 2014). Weiterhin wird in „Produktgeschichten“ unterschieden, welche Teil des Marketings und des Vertriebes sind. Ziel dieserArt des Geschichtenerzählens ist es, die Bekanntheit eines Produktes auszubauen oder auch neue Produkte ins Interesse der Öffentlichkeit zu lenken, wobei die Produkte erklärt und im „richtigen Licht“ präsentiert werden. Der konkrete Produktnutzen für den Konsumenten, die allgemeinen Produkteigenschaften sowie Unterscheidungsmerkmale zu vergleichbaren Produkten der Wettbewerber werden dafür als Grundlage verwendet (Sammer, Storytelling- Die Zukunft von PR und Marketing, 2014).

Als eine weitere wichtige Art des Storytellings ist das digitale Storytelling zu nennen. Das Internet, welches uns ein Maximum an verfügbaren Informationen bietet, ließ in den vergangenen Jahren das Interesse am Storytelling steigen, so Ellt-Huber (2017). Gerade mit den neuen Anforderungen und Möglichkeiten der Digitalisierung müssen beispielsweise Medienhäuser weiterhin gute Geschichten finden und spannend erzählen, damit sie im starken Konkurrenzkampf der Branche triumphieren (Sturm, 2013).

„Digital Storytelling“ bezeichnet „das Erzählen von Geschichten mit den Besonderheiten der digitalen Medien“ (Herbst, 2014, S. 155). Zu diesen Besonderheiten zählen die sogenannten „Big Four“: Integration, Verfügbarkeit, Vernetzung und Interaktivität. Unter Integration versteht man die Verbindung verschiedener neuer Geräte, Dienste und Technologien, Medienobjekte und Kommunikationsinstrumente. So lassen sich Geschichten auf digitalen Endgeräten wie Smartphones und Tablets konsumieren, sowie in digitalen Schaufenstern, Augmented Reality, Virtual Reality und vielem mehr. Der Konsument kann dabei aktiv selbst entscheiden, welche Plattform oder welches Medium er nutzt. Es steht ihm eine riesige Brandbreite eines komplexen Systems zur Verfügung. Des Weiteren ist eine Besonderheit des digitalen Storytellings die Zugänglichkeit. Zugänglich heißt, die Storys sind „jederzeit, weltweit und in unbegrenzten Mengen“ (Adlmaier-Herbst & Musiolik, 2017, S. 44) abrufbar. Vernetzt sind digitale Geschichten durch zum Beispiel Hyperlinks, wodurch der User einfach von einer Plattform zur anderen springen kann und so einer Story folgt. Die letzte Besonderheit besteht in der Interaktivität des digitalen Storytellings. Durch diese neue Erzählform werden Inhalte und Menschen miteinander vernetzt, welche beispielsweise auf Grund der Kommentarfunktion die Möglichkeit haben, sich untereinander auszutauschen. Es wird aber auch eine Gefahr dieses neuen Trends ersichtlich. Die digitalen Storys lassen sich schwerer kontrollieren und steuern, da es sich um ein sich selbst organisierendes System handelt. Dies erfordert eine wesentlich höhere Spontanität der Unternehmen, was zu einer unsichereren Kommunikation und einer geringeren Machtdistanz zwischen Sender und Rezipient führt. Für die User bringt das Digital Storytelling mehr Möglichkeiten, aktiv den Verlauf einer Geschichte und eigene Beiträge zu gestalten. Auf Grund dieser aktiven Beteiligung (Involvement) kann man die Kommunikation im digitalen Storytelling als „Pull-Kommunikation“ verstehen, wodurch sich die Aufmerksamkeitsspanne deutlich erhöht (Adlmaier-Herbst & Musiolik, 2017).

Etliche Forschungseinrichtungen und Unternehmen beschäftigen sich mit der Frage, wie die Zukunft des digitalen Storytellings aussieht und entwickeln stetig Innovationen und neue Techniken, um Storytelling verbessert einsetzen zu können. So auch das MIT Media Laboratory (MIT= Massachusetts Institut of Technology), welches zusammen mit den Plymouth Rock Studios 2008 das Center of Future Storytelling eröffnete. Ziel der Forschungseinrichtung ist es, das Geschichtenerzählen des 21. Jahrhunderts zu revolutionieren, indem Geschichten interaktiver, improvisierender und sozialer gemacht werden. Hierfür werden neue Methoden und Spitzentechnologien eingesetzt. Der Rezipient soll ein aktiver Teilnehmer des Prozesses werden und jeder soll die Möglichkeit haben, Geschichten selbst zu erzählen und zu teilen (MIT News Office, 2008).

Das folgende Zitat von Adlmaier- Herbst und Musiolik (2017) liefert eine Zusammenfassung für das aktuelle Kapitel zum Aufbau eines erfolgreichen digitalen Storytellings: „Digitales Storytelling ist erfolgreich, wenn die Summe der gewählten Kanäle zusammen mehr ergibt als die jeweiligen Kanäle allein - ein Gesamterlebnis.“ (Adlmaier-Herbst & Musiolik, 2017, S. 54)

Nachdem im diesem Abschnitt die verschiedenen Arten des Storytellings beleuchtet wurden, folgen im nächsten Gliederungspunkt die wichtigsten Bestandteile einer erfolgreichen Geschichte.

2.1.5 Bestandteile einer erfolgreichen Geschichte

Je nach Autor differiert auch hier die Meinung, was eine gute und erfolgreiche Geschichte ausmacht. Demnach gibt es kein allgemeingültiges „Erfolgsrezept“. Es werden im Folgenden jedoch die Grundelemente erläutert.

Petra Sammer (2014) beispielsweise entwickelte fünf Grundbausteine für ein gelungenes Storytelling: 1. Jede gute Geschichte hat einen Grund erzählt zu werden, 2. Jede gute Geschichte hat einen Helden, 3. Jede gute Geschichte beginnt mit einem Konflikt, 4. Jede gute Geschichte weckt Emotionen und 5. Jede gute Geschichte ist viral. Viele Autoren stimmen der Notwendigkeit eines Helden in einer guten Geschichte zu, welcher eine Kernbotschaft verkörpert und mit welchem sich der Konsument bestenfalls identifizieren kann (z.B. Adamczyk, 2015). Dies baut auf den Erkenntnissen von Joseph Campbell (1904-1987) auf, welcher die Heldenreise in seinem Buch ,,A hero with a thousand faces“ und das allgemeingültige Muster für eine erfolgreiche Geschichte entwickelte (Campbell, 2008). In Literatur und Film hat diese Theorie an vielen Stellen Anwendung gefunden. So orientierte sich beispielsweise George Lucas in der weltweit bekannten Reihe „Star Wars“ an Campbells Werk. Die Heldenreise besteht aus, von Campbell festgelegten, Etappen und Figuren, welche in universellen Kontexten eingesetzt werden können, um eine erfolgreiche Geschichte zu konstruieren (Adamczyk, 2015). Die Bestandteile der Heldenreise sind Aufbruch, Berufung, Ablehnung, Helfer, Mentor, Schwelle, Straße der Prüfungen, ultimative Herausforderung, Belohnung und das Zurück in die normale Welt (Campbell, 2008).

Mit diesen alten Mythen und Ur-Themen, die immer noch in uns verankert sind und nach denen wir uns unbewusst sehnen und nach ihnen streben, wird oft im Storytelling gearbeitet. Die sogenannten „Archetypen“ handeln von Menschen und davon, was uns zu ihnen macht. So findet man zum Beispiel die Ur-Themen Leben und Tod, Ankunft und Abschied, Liebe und Hass, Geborgenheit und Furcht, Wahrheit und Lüge, Stärke (Macht) und Schwäche, Treue und Betrug, Gut und Böse in vielen Geschichten wieder. Sie eignen sich als Mustervorlage, um Menschen emotional anzusprechen und sind daher sehr beliebt im Einsatz für Werbung und Marketing (Wieskamp, 2016). Außerdem wird auch dem Spannungsbogen eine hohe Wichtigkeit zugeschrieben. Mit seiner Hilfe soll das Publikum bewusst „auf die Folter gespannt“ werden und dann ein „Aha-Effekt“ ausgelöst werden. „Der Spannungsbogen hilft, die Aufmerksamkeit, das Interesse und die Erwartung des Publikums aufrechtzuerhalten“ (Wieskamp, 2016, S. 80). Der Spannungsbogen besteht üblicherweise aus einem Beginn, einem Spannungsanstieg auf Grund von aufkommenden Schwierigkeiten, welche gelöst werden müssen und einer finalen Auflösung. Diese kann positiv in Form eines „Happy Ends“ sein oder negativ, wodurch der Akteur etwas lernt (Edelkraut & Balzer, 2016). Ein weiterer Ansatz der Beschaffenheit einer guten Idee, auf welcher eine Geschichte aufbauen kann, analysierten die Brüder Dan und Chip Heath in ihrem Best-Seller „Made to stick- why some ideas take hold and others come unstuck“ (2007). Sie betrachteten gelungene oder weniger gelungene Geschichten in verschiedenen Kontexten und stellten daraus sechs Aspekte (SUCCES für Simple, Unexpected, Concrete, Credible, Emotional, Stories) einer guten Werbeidee heraus. Zum einen sollte die Idee nach Meinung der Brüder Heath „simple“, also „einfach“ sein. Damit ist „einfach“ nicht auf eine „dumbing down“ ( zu deutsch „verblödete“) Art gemeint, sondern das Ziel sollte „finding the core ofthe idea“ (Heath & Heath, 2007, S. 27), also das Kernelement der Idee zu finden, sein. Dies wird möglich, indem man die Idee bis auf den entscheidensten Faktor herunterbricht. Es folgt der Aspekt „unexpected“, was so viel heißt wie „überraschend“. Eine Idee bekommt die Aufmerksamkeit der Rezipienten durch zwei Emotionen: Überraschung und Interesse. „Suprise gets our attention[...] Interest keeps our attention.“ (Heath & Heath, 2007, S. 65). Weiterhin führt ein gewisses Maß an Abstraktion dazu, dass man Geschichten und Ideen nicht versteht oder diese schlechter in Erinnerung behält. Deshalb steht das erste ,,C“ in „SUCCES“ für „concrete“. Diese Eigenschaft baut auf dem ersten Prinzip der Einfachheit auf. Der Aspekt „Credible“ steht für „Glaubhaftigkeit“. Eine Werbung wird nur dann von den Konsumenten ernsthaft wahrgenommen, wenn sie ihnen als glaubhaft erscheint. Dabei differieren die Quellen für Glaubhaftigkeit je nach Werbung/ Produkt/ Marke. Manchmal ist es glaubwürdiger, Statistiken und nackte Zahlen anzubringen, manchmal hilft die Bewerbung durch ein Testimonial oder ein Familienmitglied/ Freunde. Das Emotionen (E= Emotional) einen wesentlichen Einfluss auf die Wirkung von Geschichten haben, wurde bereits in den vergangenen Abschnitten erläutert. Dan und Chip Heath nennen ebenfalls Emotionalität als wesentlichen Bestandteil einer Idee, die haften bleibt. Dabei geht es vor allem darum, eine Assoziation von einer Sache zu schaffen, um welche man sich gerade noch nicht kümmert, zu etwas Anderem, auf das die Leute Wert legen („The most basic way to make people care is to form association between something they don't yet care about and something they do care about“ (Heath & Heath, 2007, S. 173)). Der letzte Bestandteil einer guten Idee bildet das Wort „Stories“, wodurch sich der Kreis zum Storytelling schließt. Eine erfolgreiche Werbeidee ist also zusammengefasst eine ,,Simple[,] Unexpected[,] Concrete[,] Credible [and] Emotional Story“ (Heath & Heath, 2007, S. 289), was zusammen das englische Akronym „succes(s)“ für deutsch „Erfolg“ bildet.

Als eine weitere wichtige Erkenntnis in der Kommunikationsforschung lässt sich der „Golden Circle“ (Goldener Kreis) von Simon Sinek herausstellen. Innerhalb seines Buches „Start with Why“ (2016) und der gleichnamigen TED-Rede analysiert er verschiedene bedeutende Persönlichkeiten wie Martin Luther King oder bedeutende Unternehmen wie Apple. Aus dem Vergleich der Kommunikationen dieser Personen oder Institutionen kristallisierte sich ein einfaches Kommunikationsmodell heraus, welches den Erfolg von Reden und die Wirkung herausragender Redner erklären soll und sich somit auf Storytelling in verschiedenen Bereichen anwenden lässt. Das Modell besticht zweifellos durch Einfachheit. Es besteht aus drei Kreisen, welche die Fragen Why? (Warum?), How? (Wie?) und What? (Was?) von innen nach außen stellen (siehe Abbildung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 Der Golden Circle.

Aus Sinek, S. (2016). Frag immer erst: Warum. (C. Gonsa, Übers.) München: Redline Verlag.

Das Modell wurde von Sinek vom Goldenen Schnitt abgeleitet. Beide Modelle finden „Ordnung und Vorhersagbarkeit im menschlichen Verhalten“ (Sinek, 2016, S. 40). Die Quintessenz seiner Theorie lautet in einem Satz zusammengefasst, welchen er auch immer wieder in zahlreichen Reden wiederholt: „People don't buy what you do; they buy why you do it.“ (Sinek, 2016, S. 44) (zu deutsch: Leute kaufen nicht was du tust, sondern warum du es tust). Die meisten Unternehmen gehen ebendiesen Weg von innen nach außen nicht, sondern sie beginnen mit dem WAS und enden bei dem WARUM. Dies macht sie laut Sinek zu weniger erfolgreichen Kommunikatoren. Diese Theorie lässt sich sehr gut auf das Storytelling in der Werbung anwenden. Im Storytelling sollten nicht nur alle drei Fragen beantwortet werden, sondern das WARUM sollte im Vordergrund stehen, das heißt, es sollte von innen nach außen gearbeitet werden. Nicht das Produkt und dessen Eigenschaften sollte im Vordergrund sein, sondern WARUM das Unternehmen etwas tut, was es ausmacht und wo der tiefere Beweggrund angesiedelt ist.

Sommer (2010) stellt vier grundsätzliche Fragestellungen auf, welche beantwortet werden müssen, damit erfolgreiches Storytelling in der Werbung zu Stande kommen kann. Zum einen sind die Fragen „Liegt meiner Geschichte ein psychischer Verbraucherkonflikt zugrunde, der durch mein Produkt gelöst oder gemindert werden kann?“ (Sommer, 2010, S. 45) und “Bietet die Geschichte eine relevante und attraktive Konfliktlösung an?“ (Sommer, 2010, S. 45) zu nennen. Ein typisches Beispiel für eine Art des Konfliktlösens wäre dem Verbraucher durch die Geschichte und somit durch das Produkt eine Flucht aus dem Alltag zu ermöglichen. Weiterhin stellt sich die Frage: „Ist die Marke der Hero der Geschichte, liefert sie den entscheidenden Beitrag zur Konfliktlösung?“ (Sommer, 2010, S. 45). In dieser Fragestellung findet sich der Ansatz von Campells Heldenreise wieder. Als letzten Gedankengang stellt Sommer (2010) die Frage: „Kann ich mich mit dem Betroffenen identifizieren und so die Geschichte auf mich übertragen?“ (Sommer, 2010, S. 45). Dies bezieht sich auf die bereits erwähnte psychologische Wirkung des Storytellings, die Identifikation und Immersion. Zusammenfassend gibt es viele verschiedene Theorien und Modelle, welche erklären sollen, was eine erfolgreiche Geschichte ausmacht, von denen einige derwichtigsten in diesem Abschnitt erläutert wurden. Dabei haben alle eine gemeinsame Schnittmenge und basieren auf der selben psychologischen und neurobiologischen Wirkung von Geschichten. Letztendlich ist die Anwendung der Methode Storytelling individuell und sollte deshalb auch individuell und speziell an Unternehmen, Marke oder Produkt angepasst werden. So etwas wie ein „Geheimrezept“ gibt es nicht.

2.2 Persönlichkeitsforschung

2.2.1 Begriffsklärung Persönlichkeit

Die „Persönlichkeit“ eines Menschen ist in der Alltagspsychologie ein häufig genutzter Begriff, um die Gesamtheit der individuellen Besonderheiten der Menschen in körperlicher Erscheinung, sowie in Verhalten und Erleben zu beschreiben, vorherzusagen und zu erklären (Neyer & Asendorpf, 2018). Allgemein gehen die Menschen davon aus, dass es ihnen leicht fällt, eine Person intuitiv zu beurteilen und sich dementsprechend auf sie einzustellen (Schwaiger, 2014).

Diese von den Menschen tagtäglich angewendete Alltagspsychologie beruht auf kulturell tradierten Überzeugungen und ist deshalb schwer zu verwerfen. Zwar sind die Begriffe des alltagspsychologischen und des psychologischen Konzeptes die gleichen, jedoch ist der wissenschaftliche Begriff der Persönlichkeit deutlich präziser und mit einer anderen Bedeutung bedacht (Neyer & Asendorpf, 2018).

Das Wort „Persönlichkeit“ leitet sich aus dem lateinischen Wort „persona“ ab, womit ursprünglich die Masken von Schauspielern im Theater bezeichnet wurden. Somit beschränkte sich damals der Begriff auf die öffentliche äußerliche Erscheinung des Menschen, das verborgene Wesen der Person spieltjedoch ebenfalls eine Rolle bei der Begriffsbestimmung (Rammsayer&Weber, 2016).

Betrachtet man den wissenschaftlichen Terminus der Persönlichkeit in der Psychologie, stellt man fest, dass von verschiedenen Autoren eine Vielzahl an Definitionen und Erklärungen existieren (Schwaiger, 2014). Bereits 1959 trug der US- amerikanische Psychologe Gordon Allport 50 verschiedene Definitionen zusammen, wobei er selbst Persönlichkeit als „die dynamische Ordnung derjenigen psychophysischen Systeme im Individuum, die seine einzigartigen Anpassungen an

seine Umwelt bestimmen“ (Allport, 1959, S. 49), definierte. Eine aktuelle Definition stammt von Asendorpf: „Persönlichkeit ist die Gesamtheit aller nichtpathologischen Persönlichkeitseigenschaften, nämlich individueller Besonderheiten in der körperlichen Erscheinung und in Regelmäßigkeiten des Verhaltens und Erlebens, in denen sich jemand von Gleichaltrigen derselben Kultur unterscheidet“ (Asendorpf, 2018, S. 8).

Bezüglich einer allgemeingültigen Definition herrscht zwischen den Forschern Uneinigkeit. Beispielsweise wird bei der eben genannten Definition von Asendorpf kritisiert, dass die Basis zum Verstehen von Persönlichkeit und den Persönlichkeitsunterschieden zwischen Menschen nicht gegeben ist, da Kultur und Alter gleichgeschaltet werden, obwohl die Größen einen Einfluss auf das Konstrukt haben könnte (Schwaiger, 2014).

In Gerrig und Zimbardo (2008) wird weiterhin beschrieben, dass die Persönlichkeit des Individuums „eine Vielzahl von (offenen und verdeckten) charakteristischen konsistenten Verhaltensmustern“ (Gerrig & Zimbardo, 2008, S. 520) beeinflusst. Dies ist besonders wichtig im Kontext dieser emprischen Arbeit, da in dieser angenommen wird, dass auf Grund einer bestimmten Persönlichkeitseigenschaft sich das Erleben und Verhalten in Bezug auf das Storytelling unterscheidet.

Persönlichkeitstheorien sind Zusammenstellungen von Annahmen über die Struktur und Funktion von Persönlichkeitseigenschaften, welche Aspekte der Persönlichkeit erklären und vorhersagen sollen. Da jedoch verschiedene Theorien und Paradigmen bestehen, können sich auch dementsprechend die Vorhersagen unterscheiden (Gerrig & Zimbardo, 2008). Sechs Paradigmen haben sich im aktuellen Forschungsstand etabliert: das Eigenschaftsparadigma, das Informationsverarbeitungsparadigma, das dynamisch-interaktionistische Paradigma, das neurowissenschaftliche Paradigma, das molekulargenetische Paradigma und das evolutionspsychologische Paradigma (Neyer & Asendorpf, 2018). Da in dieser Arbeit eine Untersuchung der Persönlichkeitseigenschaft Offenheit für Erfahrungen aus dem Fünf- Faktoren­Modell der Persönlichkeit vollzogen wird, wird im Folgenden nur auf das Eigenschaftsparadigma eingegangen.

2.2.2 Das Eigenschaftsparadigma

Die Erforschung der Persönlichkeitsstruktur ist so alt wie die Erforschung des menschlichen Daseins selbst. So kategorisierte bereits Aristoteles verschiedene Charakterdispositionen (Judge & Bono, 2000). Wie bereits erwähnt, haben sich im Verlaufe der Forschung auf dem Gebiet der Persönlichkeitspsychologie verschiedene Paradigmen gebildet, wovon eines das Eigenschaftsparadigma ist. Wie auch Aristoteles vor Jahrhunderten versuchte, verschiedene Dispositionen in der Persönlichkeit zu kategorisieren, beschäftigt sich das Eigenschaftsparadigma mit der Klassifizierung funktional äquivalenter Verhaltens- und Erlebnisweisen. Diese sind zeitlich stabil und werden über verschiedene Situationen hinweg gezeigt (Konsistenz). Die verschiedenen Eigenschaftstheorien unterscheiden sich in der Anzahl an Kategorien, welche sie benötigen, um die menschliche Persönlichkeit zu erklären und zu beschreiben (Rammsayer & Weber, 2016).

Damit ist das Eigenschaftsparadigma eines der ältesten Ansätze zur Persönlichkeitsbeschreibung (Gerrig & Zimbardo, 2008). Aber laut Judge und Bono (2000) ist erst seit dem letzten Jahrzehnt eine taxonomische Struktur der Kategorisierung der Persönlichkeit weitgehend anerkannt. Gemeint ist das Fünf- Faktoren- Modell der Persönlichkeit, auch „Big 5“ genannt, welches im nächsten Gliederungspunkt ausführlich erläutert wird.

Historisch zurückblickend, tätigte eine bekannte Art der Persönlichkeitstypologie William Sheldon in den 1940er Jahren. Erteilte die Menschen nach ihrem Körperbau ein (endomorph, mesomorph und ektomorph) und ordnete diesen bestimmte Persönlichkeitsmerkmale zu. So gelten seiner Meinung nach endomorphe Menschen, welche als dick und rund zu beschreiben sind, als entspannt und gesellig (Gerrig & Zimbardo, 2008). Diese Unterteilung erscheint heutzutage jedoch sehr vereinfacht und hat vor allem keinen Stellenwert in der Wissenschaft, da es viele Mischformen dieser aufgezählten Kategorien gibt. Entgegen einer Unterscheidung in Typen, welche diskontinuierlich und getrennt von einander betrachtet wurden, unterschied man im Folgenden in Eigenschaften. Eigenschaften, oder auch Traits, sind „generalisierte Handlungstendenzen, über die Menschen in unterschiedlichen Maße verfügen“ (Gerrig & Zimbardo, 2008, S. 523). Dabei wurden verschiedene Ansätze verfolgt. Der sogenannte ideographische Ansatz, dessen bekanntester Vertreter Gordon Allport ist, geht davon aus, dass jede Person eine individuelle, einzigartige Kombination aus Persönlichkeitseigenschaften besitzt. Da er dadurch aber nur Einzelfälle und die individuellen Charaktere von Personen untersuchte, wurde ein allgemeiner Ansatz angestrebt, welcher die Persönlichkeit von allen Menschen umfassen sollte (Gerrig & Zimbardo, 2008). Allport und Odbert führten hierzu eine erste systematische Studie 1936 durch, indem sie Wörterbücher nach Wörtern durchsuchten, welche eine Person beschreiben konnten. Anhand der Sedimentationshypothese, auch als lexikalischer Ansatz bekannt, ging man davon aus, dass sich die wichtigen Eigenschaften in einer Kultur in der Sprache niedergeschlagen haben. Viele Wissenschaftler versuchten die ursprünglichen 13.412 Wörter auf die wesentlichen Worte herunterzubrechen (Asendorpf, 2018). Ernest Tupes and Raymond Christal entdeckten letztendlich die heute gültigen fünf Eigenschaften der Persönlichkeit, indem sie die Daten von Raymond Catteil reanalysierten (Judge & Bono, 2000). Den endgültigen Nachweis der fünf robusten Dimensionen der Persönlichkeit erbrachten Paul Costa und Robert McCrae. Sie entwickelten das sogenannte Fünf-Faktoren-Inventar (NEO- Personality Inventory, NEO-PI) zur Messung dieser fünf Dimensionen (McCrae & John, 1992). Die deutschen Forscher Borkenau, Angeleiter und Ostendorf untersuchten das Modell über mehrere Jahre hinweg (siehe Borkenau & Ostendorf, 1989). Schließlich konnte 2004 das das Modell und der NEO-PI für den deutschsprachigen Raum bestätigt und in die deutsche Sprache übersetzt werden (Ostendorf & Angleitner, 2004).

2.2.2.1 Das Fünf- Faktoren- Modell der Persönlichkeit

Das Fünf- Faktoren-Modell der Persönlichkeit, oder Big 5-Modell, erfährt laut Judge und Bono (2000) durch seine „robustness of structure across cultures and measures“ (Judge & Bono, 2000, S. 752) eine weitverbreitete Akzeptanz unter den Persönlichkeitspsychologen. Wie bereits beschrieben, basiert die Erforschung des Modells auf Wortlisten zur Beschreibung der individuellen Unterschieden von Versuchspersonen, welche sich selbst dahingehend einschätzten beziehungsweise durch Fremdbeurteilungen eingeschätzt wurden. Die Daten wurden mit Hilfe der Faktorenanalyse ausgewertet, wodurch es möglich wurde, Dimensionen aufzudecken, welche unabhängig voneinander existieren (Rammsayer & Weber, 2016). Mit Hilfe dieser Schritte konnten in zahlreichen Untersuchungen fünf robuste Persönlichkeitsfaktoren ermittelt und bestätigt werden, welche je nach Untersuchung und Wissenschaftler verschiedene Bezeichnungen tragen. Im derzeit anerkanntesten Modell von Costa und McCrae (1997) werden diese fünf Faktoren als: Neurotizismus (Neuroticism), Extraversión (Extraversión), Offenheit für Erfahrungen (Openness to Experience), Verträglichkeit (Agreeableness) und Gewissenhaftigkeit (Conscientiousness) bezeichnet. Im Englischen bilden die Anfangsbuchstaben das Wort „OCEAN“, wodurch das Modell auch unter diesem Akronym bekannt ist (Asendorpf, 2018). Das Modell ist in Abbildung 3 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 Fünf- Faktoren- Modell der Persönlichkeit nach Costa und McCrae (1997). (Eigenentwurf)

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Excerpt out of 81 pages

Details

Title
Storytelling in Mini- Filmen und die Persönlichkeitseigenschaft Offenheit für Erfahrungen. Wirkung und Zusammenhang
College
Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft
Grade
1,7
Year
2018
Pages
81
Catalog Number
V542827
ISBN (eBook)
9783346180582
ISBN (Book)
9783346180599
Language
German
Keywords
storytelling, big five, Persönlichkeit, Werbewirkung
Quote paper
Anonymous, 2018, Storytelling in Mini- Filmen und die Persönlichkeitseigenschaft Offenheit für Erfahrungen. Wirkung und Zusammenhang, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/542827

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