Kapitalmarktorientierte Unternehmen in der Europäischen Union sind für Geschäftsjahre ab 2005 dazu verpflichtet, ihren Konzernabschluss nach den internationalen Rechnungslegungsnormen (IFRS) aufzustellen.1Die Europäische Kommission hat mit der Verabschiedung der Verordnung Nr. 707/ 2004 die vom IASB veröffentlichten Regelungen des IFRS 1 „First -time Adoption of International Financial Reporting Standards“ für eine erstmalige Anwendung der IFRS als EU-Recht verbindlich anerkannt.2Im Folgenden werden dessen wesentliche Inhalte kurz dargestellt. Vor dem Hintergrund dieser Bestimmungen wird deutlich, dass der Konzernabschluss an den Kapitalmärkten zunehmende Bedeutung erlangt. Aus diesem Grund beziehen sich meine weiteren Ausführungen in Abschnitt 3 in erster Linie auf die für erstmalig nach IFRS aufgestellte Konzernabschlüsse börsennotierter Kapitalgesellschaften wesentlichen Aspekte der Abschlussprüfung. Die Umstellung der Rechnungslegung auf IFRS bringt nicht nur fundamentale Veränderungen für die Unternehmen mit sich sondern hat auch Auswirkungen auf den gesamten Prüfungsprozess. Dies erfordert vom Abschlussprüfer mehr als sich mit den neuen Rechnungslegungsgrundsätzen und den damit einhergehenden Bilanzierungs-, Bewertungs- und Ausweisunterschieden auseinanderzusetzen. Die Umstellung führt im Rahmen der Prüfungsplanung dazu, dass die Risiken vor allem im Hinblick auf eine angemessene Ausgestaltung und Wirksamkeit der eingesetzten Rechnungslegungs- und Kontrollsysteme höher eingeschätzt werden. Dies hat zunächst Konsequenzen für die Planung selbst und Auswirkungen auf die operative Ebene der Prüfung. Aufgrund nachhaltiger Veränderungen in vielen Bereichen des zu prüfenden Unternehmens sind eine umfassend angelegte Systemprüfung und ergebnisorientierte Prüfungen unverzichtbar. Bei der Prüfung eines erstmalig aufgestellten IFRS-(Konzern-)Abschlusses sind zudem die Auswirkungen auf die Berichterstattung insbesondere im Prüfungsbericht zu beachten.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Problemstellung
2 Grundkonzeption des IFRS 1
2.1 Anwendungsbereich und Zielsetzung
2.2 Anwendungsmethoden
2.2.1 Grundsatz der rückwirkenden Anwendung
2.2.2 Verpflichtende Ausnahmen (Verbot der rückwirkenden Anwendung)
2.2.3 Optionale Vereinfachungen (Anwendungswahlrechte)
3 Prüfung eines erstmalig aufgestellten IFRS-(Konzern-)Abschlusses
3.1 Vorbemerkungen
3.2 Auswirkungen auf die strategische Ebene der Prüfung
3.3 Auswirkungen auf die operative Ebene der Prüfung
3.3.1 Systemprüfung und Prüfung des IKS
3.3.2 Ergebnisorientierte Prüfung kritischer Prüffelder
3.3.2.1 Vorbemerkungen
3.3.2.2 Prüfung der Sachanlagen
3.3.2.3 Prüfung des Geschäfts- oder Firmenwerts
3.3.2.4 Prüfung der Rückstellungen
3.4 Auswirkungen auf die Berichterstattung im Prüfungsbericht
4 Thesenförmige Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Rechtsquellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 2-1: Zeitlicher Zusammenhang bei der erstmaligen Anwendung
Abb. 2-2: Optionale Vereinfachungen bei der erstmaligen Anwendung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Problemstellung
Kapitalmarktorientierte Unternehmen in der Europäischen Union sind für Geschäftsjahre ab 2005 dazu verpflichtet, ihren Konzernabschluss nach den internationalen Rechnungslegungsnormen (IFRS) aufzustellen.1 Die Europäische Kommission hat mit der Verabschiedung der Verordnung Nr. 707/ 2004 die vom IASB veröffentlichten Regelungen des IFRS 1 „First -time Adoption of International Financial Reporting Standards“ für eine erstmalige Anwendung der IFRS als EU-Recht verbindlich anerkannt.2 Im Folgenden werden dessen wesentliche Inhalte kurz dargestellt. Vor dem Hintergrund dieser Bestimmungen wird deutlich, dass der Konzernabschluss an den Kapitalmärkten zunehmende Bedeutung erlangt. Aus diesem Grund beziehen sich meine weiteren Ausführungen in Abschnitt 3 in erster Linie auf die für erstmalig nach IFRS aufgestellte Konzernabschlüsse börsennotierter Kapitalgesellschaften wesentlichen Aspekte der Abschlussprüfung.
Die Umstellung der Rechnungslegung auf IFRS bringt nicht nur fundamentale Veränderungen für die Unternehmen mit sich sondern hat auch Auswirkungen auf den gesamten Prüfungsprozess. Dies erfordert vom Abschlussprüfer mehr als sich mit den neuen Rechnungslegungsgrundsätzen und den damit einhergehenden Bilanzierungs-, Bewertungs- und Ausweisunterschieden auseinanderzusetzen. Die Umstellung führt im Rahmen der Prüfungsplanung dazu, dass die Risiken vor allem im Hinblick auf eine angemessene Ausgestaltung und Wirksamkeit der eingesetzten Rechnungslegungs- und Kontrollsysteme höher eingeschätzt werden. Dies hat zunächst Konsequenzen für die Planung selbst und Auswirkungen auf die operative Ebene der Prüfung. Aufgrund nachhaltiger Veränderungen in vielen Bereichen des zu prüfenden Unternehmens sind eine umfassend angelegte Systemprüfung und ergebnisorientierte Prüfungen unverzichtbar. Bei der Prüfung eines erstmalig aufgestellten IFRS-(Konzern-)Abschlusses sind zudem die Auswirkungen auf die Berichterstattung insbesondere im Prüfungsbericht zu beachten.
2. Grundkonzeption des IFRS 1
2.1 Anwendungsbereich und Zielsetzung
Unternehmen, die erstmalig nach den internationalen Rechnungslegungsnormen IFRS (vormals IAS) bilanzieren, haben nunmehr verbindlich die Vorschriften des IFRS 1 zu beachten.3 IFRS 1 ist von allen Unternehmen anzuwenden, die erstmals ihren Jahresabschluss nach IFRS aufstellen und zwar für Berichtsperioden, die am oder nach dem 1. Januar 2004 beginnen, und die ausdrücklich und uneingeschränkt erklären, dass dieser Abschluss mit den IFRS übereinstimmt.4 Als Stichtag für die Gültigkeit der anzuwendenden Standards bzw. Berichtszeitpunkt („ Reporting Date “) wird das Ende der letzten Berichtsperiode, die im ersten veröffentlichten IFRS- Abschluss enthalten ist, bezeichnet.5 Demgegenüber wird der Stichtag für die Eröffnungsbilanz der frühesten im IFRS-Abschluss dargestellten Vergleichsperiode als Umstellungszeitpunkt („ Date of Transition “)6 und deren Ende als „ Date of Comparative Balance Sheet “ verstanden. IFRS 1 bezieht auch die unterjährigen Berichtsperioden des Umstellungsjahres sowie des Vorjahres mit ein.7 Die folgende Grafik veranschaulicht diesen Zusammenhang:8
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2-1: Zeitlicher Zusammenhang bei der erstmaligen Anwendung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zielsetzung des Standards ist die Sicherstellung, dass der erste IFRS-Abschluss qualitativ hochwertige Informationen bereitstellt, die der Transparenz und interperiodischen Vergleichbarkeit sowie der Eignung als Ausgangspunkt für die Berichterstattung und der Wahrung eines angemessenen Kosten-Nutzen- Verhältnisses dient.9 In diesem Zusammenhang verpflichtet IFRS 1 den Bilanzierenden ausdrücklich auf die Umstellung im erstmaligen IFRS-Abschluss hinzuweisen.10 Zudem sind Vergleichsinformationen anzugeben und umfangreiche Erläuterungen zur Umstellung der Rechnungslegung zu machen.11 Insbesondere sind bestimmte Überleitungsrechnungen und in Zwischenberichten ergänzende Angaben darzustellen.12 Es bestehen keine Ausnahmen von Angabepflichten anderer IFRS.
2.2 Anwendungsmethoden
2.2.1 Grundsatz der rückwirkenden Anwendung
IFRS 1 formuliert für die erstmalige Anwendung den Grundsatz, dass alle zum Stichtag des ersten IFRS-Abschlusses („ Reporting Date “) geltenden Bilanzierungs-, Bewertungs- und Ausweisgrundsätze der am „Reporting Date“ gültigen Standards, für alle Perioden, die im ersten IFRS-Abschluss dargestellt werden, rückwirkend anzuwenden sind.13 Folglich hat der erstmalige Anwender in seiner Eröffnungsbilanz sämtliche nach IFRS anzusetzenden Vermögenswerte und Schulden zu bilanzieren. Für alle übrigen Posten besteht ein Bilanzierungsverbot. Sachverhalte, deren bisheriger Bilanzausweis nicht mit den IFRS übereinstimmt, sind zudem umzugliedern.14 Vom Grundsatz kann in einigen Fällen explizit abgewichen werden.
2.2.2 Verpflichtende Ausnahmen (Verbot der rückwirkenden Anwendung)
IFRS 1 verbietet die rückwirkende Anwendung einiger Aspekte anderer Standards. Dies betrifft die Ausbuchung von finanziellen Vermögenswerten und Schulden, die Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen und die Vornahme von Schätzungen.15
2.2.3 Optionale Vereinfachungen (Anwendungswahlrechte)
IFRS 1 sieht optionale Vereinfachungen vor, die ungeachtet der grundsätzl ichen Regelung, bei der Aufstellung des ersten IFRS-(Konzern-)Abschlusses vom Erstanwender unabhängig voneinander in Anspruch genommen werden können.16 Diese Wahlrechte zwischen der rückwirkenden Anwendung und einer anderen Vorgehensweise bestehen in folgenden Bereichen:17
- Unternehmenszusammenschlüsse
- Beizulegender Zeitwert oder Neubewertung als Ersatz für AHK · Leistungen an Arbeitnehmer
- Kumulierte Umrechnungsdifferenzen · Zusammengesetzte Finanzinstrumente
- Vermögenswerte und Schulden von Tochterunternehmen, assoziierten Unternehmen und „ Joint Ventures “
Abb. 2-2: Optionale Vereinfachungen bei der erstmaligen Anwendung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3. Prüfung eines erstmalig aufgestellten IFRS-(Konzern-)Abschlusses
3.1 Vorbemerkungen
Hat der erstmalige IFRS-Anwender seinen ersten (Konzern-)Jahresabschluss nach IFRS aufgestellt18, so ist dieser von einem Abschlussprüfer zu prüfen.19 Ziel dieser Prüfung ist die Abgabe eines hinreichend sicheren Prüfungsurteils darüber, ob der IFRS-(Konzern-)Jahresabschluss den gesetzlichen Regelungen entspricht und ein der Realität entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens vermittelt.20 Die Ergebnisse der Prüfung sind vom Abschlussprüfer in seinem Prüfungsbericht und in einem Bestätigungsvermerk zu dokumentieren.21
3.2 Auswirkungen auf die strategische Ebene der Prüfung
Die Erteilung des Prüfungsauftrags an den durch die Aktionäre gewählten Abschlussprüfer erfolgt durch den Aufsichtsrat des Unternehmens.22 Vor Annahme des Prüfungsauftrags hat der Abschlussprüfer u.a. zu beurteilen, ob er über das nötige rechnungslegungsspezifische Fachwissen der IFRS und über Kenntnisse im Umgang mit neuartigen mandantenspezifischen Softwaresystemen, die aufgrund der Umstellung der Rechnungslegung auf IFRS angeschafft wurden, verfügt, um eine ordnungsgemäße Auftragsausführung gewährleisten zu können. Bei d er Prüfung eines erstmalig aufgestellten IFRS-Jahresabschlusses sollte der Prüfer ausreichende Informationen über Art und Umfang der getätigten Umstellungsmaßnahmen sowie über die Systemumgebung, das IT-Umfeld und über Art und Ausmaß interner Kontrollen im Unternehmen einholen. Der Abschlussprüfer hat ferner zu beachten, dass der Prüfungsauftrag abzulehnen ist, wenn er im Rahmen der Umstellung der Systeme und Prozesse über eine bloße Beratungstätigkeit hinaus, anstelle seines Mandanten Entscheidungen mit direkten Konsequenzen für die Rechnungslegung getroffen hat.23 In die Prüfungsplanung sind auch die Auswirkungen der neuen Rechnungslegungsstandards auf die Berichterstattung i.S. des IDW PS 450 einzubeziehen.24 Der Abschlussprüfer hat zur Entwicklung einer Prüfungsstrategie insbesondere diejenigen Risikofaktoren zu identifizieren und zu analysieren, die aufgrund der Umstellung der Rechnungslegung auf IFRS im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit der vom Mandanten eingesetzten Buchhaltungs - und Kontroll- systeme bestehen. Von besonderer Bedeutung im Rahmen der Risikoanalyse sind weiterhin die Qualität der vorhandenen personellen Ressourcen in Bezug auf die Anwendung der neuen Standards und Verfahren, Prüffelder mit hohem Anpassungsbedarf und die Komplexität der Unternehmensstruktur, da im Zuge einer konzerneinheitlichen Berichterstattung nach IFRS organisatorische Veränderungen im gesamten Konzern notwendig sind.25 Aus den genannten Gründen sollte die Prüfungsplanung ähnlich wie bei einer Erstprüfung umfassender ange legt werden.
[...]
1 Für kapitalmarktorientierte Unternehmen in der EU ergibt sich die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernjahresabschlusses aus der Verordnung (EG) Nr. 707/ 2004 der Europäischen Kommission vom 6. April 2004 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1725/ 2003 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/ 2002 des Europäischen Parlaments und des Rates.
2 Vgl. VO (EG) Nr. 707/ 2004 der Europäischen Kommission, Abl. EU L 111/3 vom 06. April 2004.
3 IFRS 1 ersetzt die bisherige Regelung SIC-8 zur erstmaligen Überleitung auf IFRS als primäre Grundlage der Rechnungslegung. Vgl. IFRS 1.2 i.V. mit IFRS 1.IN1.
4 Vgl. IFRS 1.3 - App. A.
5 Vgl. IFRS 1 - App. A.
6 Vgl. IFRS 1.6.
7 Vgl. Böcking/ Busam/ Dietz, Der Konzern 2003, S. 461.
8 In Anlehnung an KPMG, IFRS aktuell, 2004, S. 4.
9 Vgl. IFRS 1.1 und hierzu ausführlich Böcking/ Busam/ Dietz, Der Konzern 2003, S. 460 f.
10 Vgl. IFRS 1.3.
11 Vgl. IFRS 1.36-38.
12 Vgl. IFRS 1.39-46.
13 Vgl. IFRS 1.7.
14 Vgl. IFRS 1.10.
15 Vgl. IFRS 1.26.
16 Vgl. KPMG, International Financial Reporting Standards, Einführung in die Rechnungslegung nach den Grundsätzen des IASB, 2003, S. 252.
17 Vgl. IFRS 1.13.
18 Nach § 315a HGB-E haben kapitalmarktorientierte Unternehmen, die nach den §§ 290 bis 293 HGB konsolidierungspflichtig sind, ihren Konzernabschluss gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/ 2002 des Europäischen Parlaments und des Rate s vom 19.Juli 2002 ab 2005 nach IFRS aufzustellen.
19 Die Pflicht zur Prüfung des Konzernabschlusses ergibt sich aus § 316 Abs. 2 HGB.
20 Vgl. Küting/ Weber/ Boecker, StuB 2004, S.3.
21 Vgl. hierzu auch die Erläuterungen in Abschnitt 3.4.
22 Vgl. § 111 Abs. 2 S. 3 AktG i.V. mit § 318 Abs.1 S. 4 HGB. Zudem sieht der Deutsche Corporate Governance Kodex in Nr. 7.2.1 vor, dass der Aufsichtsrat vor Unterbreitung des Vorschlags zur Wahl des Abschlussprüfers eine Unabhängigkeitserklärung des Prüfers einholen soll.
23 Hier greift das Verbot der Selbstprüfung gemäß § 319 Abs. 2 Nr. 5 HGB.
24 Vgl. hierzu auch die Erläuterungen in Abschnitt 3.4.
25 Dies betrifft insbesondere die Regelungen zur Durchführung einer Konzernbuchführung nach IFRS.
- Arbeit zitieren
- Roman Damm (Autor:in), 2004, Prüfung der Erstanwendung von International Financial Reporting Standards nach IFRS 1, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54265
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