Die Liturgie, der Ablauf und die Handlung des Gottesdienstes, ist gegenwärtig wieder ein wichtiger Gegenstand praktisch-theologischer Reflexion geworden.
Die vorliegende Arbeit versucht, die oben umrissene Problemstellung über die Untersuchung der Dramaturgie des Gottesdienstes anzugehen. Dies mag zunächst befremden, doch ist es nicht der erste Versuch, den Ablauf des Gottesdienstes dramaturgisch beleuchten , wenn auch die damit verbundenen methodischen Implikationen meines Wissens so noch nicht vollzogen wurden.
Zur durchgängigen Strukturierung erscheint der Begriff der ′Dramaturgie′ hinsichtlich der geforderten strukturellen Eindeutigkeit und kreativen Offenheit für das Formelement im Gottesdienst im Kontext der praktisch-theologischen Fragestellung besonders hilfreich. Dramaturgie bezieht sich sowohl auf das Kompositionsprinzip der ′Vorlage′ (äußere Bauform, innere Struktur), sprich der Agende, als auch auf die praktisch-szenische Realisierung des ′Stückes′ .
Die momentane Ausgangslage wird im allgemeinen als Krise des Gottesdienstes beschrieben. In Auswertung empirischer Untersuchungen läßt sie sich auf den "allgemeinen Sachverhalt einer gestörten Kommunikation in der gottesdienstlichen Situation" hin verdichten, der noch durch die "projektive Rollenzumutung" seitens der Kirche gegenüber ihrem Klientel erschwert wird. Somit scheint hier ein Problem berührt, das auch der ureigensten Frage nach der dramaturgischen Vermittlung des Stückes auf dem Theater im Bannkreis von ′Zuschauenden′ und ′Handelnden′ zugrunde liegt .
Doch nicht nur die aktuelle Fragestellung macht eine Verbindung des Theateraspektes mit der Frage nach dem Gottesdienst sinnfällig. Eine generative Verwandtschaft des Gottesdienstes mit dem Drama der Antike ist über die Begriffe ′Kultus′ und ′Ritual′ spätestens seit der religionsgeschichtlichen Forschung von theologischer Seite akzeptiert und auf den Vergleich mit der modernen Alltagswelt ausgedehnt worden.
Inhaltsverzeichnis
- 0. Einleitung
- 1. Der Darstellungsaspekt des Gottesdienstes.
- 1.1 Die Dramaturgie als Problem der Liturgie
- 1.1.1 Gestaltung als Aufgabe theologischer Ästhetik
- 1.1.2 Exkurs zum 'theatrum mundi'
- 1.2 Darstellung und öffentliches Handeln
- 1.2.1 Exkurs: Diderots \"Paradox über den Schauspieler"
- 1.3 Der Gottesdienst als öffentliche Darstellung
- 1.3.1 Der öffentliche Charakter des Gottesdienstes
- 1.3.2 Exkurs: 'Offentliche reytzung' oder 'Arkandisziplin'?
- 1.3.3 Gottesdienst als 'darstellendes Handeln'
- 2. Die Dramaturgie des Gottesdienstes
- 2.1 Ansätze zur Dramaturgie der Liturgie
- 2.1.1 Gottesdienst als liturgisches Drama
- 2.1.2 Die Frage nach der \"theatralischen Situation\"
- 2.2 Die dramatischen Elemente des Gottesdienstes
- 2.2.1 Raum
- 2.2.2 Kostüme
- 2.2.3 Die Handlung
- 2.2.4 Akteure
- 3. Fallbeispiel: \"Der bewegte Tod\"\n
- 3.1 'Neue Form Gottesdienst'
- 3.2 'Choralgraphisches Theater': \"Der bewegte Tod\"
- 3.3 'Kurs Bibliodrama'
- 4. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht den Gottesdienst unter der Perspektive der Dramaturgie. Ziel ist es, einen Begriff für das Wesentliche des Gottesdienstes zu finden, der sowohl strukturelle Eindeutigkeit als auch kreative Offenheit ermöglicht. Dazu werden die dramaturgischen Elemente des Gottesdienstes analysiert und in Beziehung zu aktuellen Darstellungstheorien gesetzt.
- Der Gottesdienst als 'darstellendes Handeln'
- Dramaturgie als Kompositionsprinzip und szenische Realisierung
- Der Bezug zwischen Gottesdienst und Theater
- Die Frage nach der 'theatralischen Situation' im Gottesdienst
- Aktuelle Darstellungstheorien in Bezug auf den Gottesdienst
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung erläutert die aktuelle Debatte um den Gottesdienst und die Suche nach einem neuen Begriff, der die kreative Arbeit am Gottesdienst im Sinne des Vorentwurfs zur Erneuerten Agende berücksichtigt. Die Arbeit schlägt die Dramaturgie als einen solchen Begriff vor.
Kapitel 1 beleuchtet den Darstellungsaspekt des Gottesdienstes. Es untersucht die Dramaturgie als Problem der Liturgie und beleuchtet den öffentlichen Charakter des Gottesdienstes. Weiterhin wird der Gottesdienst als 'darstellendes Handeln' definiert.
Kapitel 2 untersucht die Dramaturgie des Gottesdienstes im Detail. Es werden verschiedene Ansätze zur Dramaturgie der Liturgie präsentiert, darunter der Vergleich mit dem liturgischen Drama. Die dramatischen Elemente des Gottesdienstes, wie Raum, Kostüme, Handlung und Akteure, werden analysiert.
Kapitel 3 präsentiert ein Fallbeispiel: 'Der bewegte Tod'. Dieses Beispiel zeigt, wie die dramaturgischen Prinzipien im konkreten Gottesdienst umgesetzt werden können.
Schlüsselwörter
Gottesdienst, Liturgie, Dramaturgie, Darstellungstheorie, öffentliches Handeln, Theater, Ritual, 'theatralische Situation', Agende, Gestaltung, Kreativität
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- Diplom-Theologe Harry Hauber (Author), 1992, Gottesdienst als darstellendes Handeln der Kirche. Perspektiven zur Dramatik evangelischer Liturgie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54147