Das Seminar behandelte die Frage der Rechtmäßigkeit des Bestandsschutzes für Bildungs- und Kulturprogramme in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogrammen. Dieser Bestandsschutz ist in einem Rundfunkstaatsvertrag geregelt. Mitte der 80er Jahre entstanden in Deutschland private Rundfunkprogramme und das 'duale System' nahm seinen Anfang. Schnell klärten sich die Fronten: öffentlich-rechtlich steht für Bildung, Information, Kultur und gehobene Unterhaltung. Die privaten Rundfunkprogramme stehen für den Verfall derselben, also das genaue Gegenteil. Ihr Maßstab – die Quote – verlangt nach immer extremeren, Grenzen verschiebenden Formaten, die schon lange nicht mehr mit dem öffentlich-rechtlichen Anspruch vereinbar sind. Fatalerweise ist im Laufe der Kommerzialisierung der westlichen Welt der Maßstab des eigenen oder selbst auferlegten Anspruchs weitgehend abgelöst worden, von dem rein monetären Interesse der Quote. Folglich steht die Kultur immer wieder in der Kritik; zwar wird sie gefordert, aber die erforderliche Quote bringt sie nicht. Umso erstaunlicher ist es, wenn dann gerade Alexander Kluge seine gewiss schwer verdaulichen Magazine auf privaten Sendern präsentieren kann.
Die Gründe, wie es dazu kommt und welche Auswirkungen das Aufkommen des Privatfernsehens hatte, wird im dritten Kapitel behandelt. Zuvor gibt es eine kurze biografischen Darstellung des Lebens Alexander Kluges und eine Betrachtung dessen, was er als Filmpolitiker alles erreichen konnte. Dabei wird auch beleuchtet, was Kluge unter Öffentlichkeit, Erfahrung und Authentizität versteht. Diese Vorarbeiten zielen darauf ab die von ihm redaktionell betreuten Magazine vorzustellen, samt ihrer Eigenheiten, die sie zu etwas Besonderem und für das Privatfernsehen eigentlich untauglich machen. Dies geschieht im vierten Kapitel und wird nicht nur deutlich machen, warum Kluges Sendungen nicht in das Profil der Privatsender passen, sondern auch, dass er sich deutlich von den Kultursendungen der öffentlich-rechtlichen Sender absetzt. Im Schlusskapitel mündet das Resumee in der Frage, ob sich die heutige Gesellschaft überhaupt noch Kulturfernsehen in der Prägung Alexander Kluges leisten sollte.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Zur Person Alexander Kluges
2.1. Biografisches
2.2. Der Filmpolitiker Alexander Kluge
3. Kulturfernsehen in Deutschland
3.1. Phänomenologie des Fernsehens
3.2. Der Rundfunkstaatsvertrag
3.3. dctp
4. Alexander Kluges Sendungen
4.1. Die Kultursendung
4.2. Kluges eigene Sendungen,
4.2.1. Zehn vor Elf
4.2.2. Prime Time/ Spätausgabe
4.2.3. News & Stories
4.2.4. Mitternachtsmagazin
4.3. Alleinstellungsmerkmale der Sendungen Alexander Kluges
4.3.1 Der Ort der Aufzeichnung
4.3.2 Die thematische Orientierung
4.3.3 Das Interview als Kunstform
4.3.4 Der Einsatz von Schrift und weiteren Medien
4.3.5 Unabgeschlossenheit als Intention
4.4. Sonderfall: XXP
5. Die Bedeutung der Sendungen von Alexander Kluge im Hinblick auf den Rundfunkstaatsvertrag
1. Einleitung
Das Seminar behandelte die Frage der Rechtmäßigkeit des Bestandsschutzes für Bildungs- und Kulturprogramme in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogrammen. Dieser Bestandsschutz ist in einem Rundfunkstaatsvertrag geregelt. Mitte der 80er Jahre entstanden in Deutschland private Rundfunkprogramme und das 'duale System' nahm seinen Anfang. Schnell klärten sich die Fronten: öffentlich-rechtlich steht für Bildung, Information, Kultur und gehobene Unterhaltung. Die privaten Rundfunkprogramme stehen für den Verfall derselben, also das genaue Gegenteil. Ihr Maßstab – die Quote – verlangt nach immer extremeren, Grenzen verschiebenden Formaten, die schon lange nicht mehr mit dem öffentlich-rechtlichen Anspruch vereinbar sind. Fatalerweise ist im Laufe der Kommerzialisierung der westlichen Welt der Maßstab des eigenen oder selbst auferlegten Anspruchs weitgehend abgelöst worden, von dem rein monetären Interesse der Quote. Folglich steht die Kultur immer wieder in der Kritik; zwar wird sie gefordert, aber die erforderliche Quote bringt sie nicht. Umso erstaunlicher ist es, wenn dann gerade Alexander Kluge seine gewiss schwer verdaulichen Magazine auf privaten Sendern präsentieren kann.
Die Gründe, wie es dazu kommt und welche Auswirkungen das Aufkommen des Privatfernsehens hatte, wird im dritten Kapitel behandelt. Zuvor gibt es eine kurze biografischen Darstellung des Lebens Alexander Kluges und eine Betrachtung dessen, was er als Filmpolitiker alles erreichen konnte. Dabei wird auch beleuchtet, was Kluge unter Öffentlichkeit, Erfahrung und Authentizität versteht. Diese Vorarbeiten zielen darauf ab die von ihm redaktionell betreuten Magazine vorzustellen, samt ihrer Eigenheiten, die sie zu etwas Besonderem und für das Privatfernsehen eigentlich untauglich machen. Dies geschieht im vierten Kapitel und wird nicht nur deutlich machen, warum Kluges Sendungen nicht in das Profil der Privatsender passen, sondern auch, dass er sich deutlich von den Kultursendungen der öffentlich-rechtlichen Sender absetzt. Im Schlusskapitel mündet das Resumee in der Frage, ob sich die heutige Gesellschaft überhaupt noch Kulturfernsehen in der Prägung Alexander Kluges leisten sollte.
2. Zur Person Alexander Kluges
2.1. Biografisches
Alexander Kluge, geboren am 14. Februar 1932 in Halberstadt, ist literarischer Autor und Filmemacher. Darüber hinaus zeichnet er sich für die unabhängigen TV-Kulturmagazine 10 vor 11, News & Stories und Prime-Time/Spätausgabe, sowie dem Mitternachtsmagazin in RTL, SAT.1 und VOX verantwortlich. Die Magazine befassen sich mit Buch, Film und Musiktheater. Sie versuchen ein Beispiel zu geben für das 'Fernsehen der Autoren'.
Nach dem Abitur in Berlin studierte er Rechtswissenschaften, Geschichte und Kirchenmusik. Mit der Dissertation "Die Universitätsselbstverwaltung" promovierte er 1956 zum Dr. jur. Zeitweise lehrte er als Professor an der Hochschule für Gestaltung in Ulm (Abteilung für Filmgestaltung), später als Honorarprofessor an der Universität Frankfurt/Main.
Als Assistent von Fritz Lang kam Kluge 1958 zum Film. Seit 1960 drehte er als Regisseur und Produzent Kurzfilme. 1962 war Kluge Mitinitiator des als Abkehr vom alten deutschen Film formulierten "Oberhausener Manifestes". 1963 gründete er eine eigene Produktionsfirma, "Kairos-Film". Nach seinem ersten, auch international erfolgreichen und ausgezeichneten Spielfilm, Abschied von gestern (1966), galt Kluge als Vordenker des Neuen Deutschen Films und dem mit ihm verbundenen Autorenkino.
Zunehmend an der Zusammenarbeit mit anderen Regisseuren und an Kollektivprojekten interessiert, beteiligte sich Kluge in der Folge an Filmen wie Deutschland im Herbst (1978), Der Kandidat (1980; über Franz Josef Strauß) und Krieg und Frieden (1982/83; über die Raketenkrise von 1982).
In den achtziger Jahren drehte Kluge die zwei großen Essayfilme Die Macht der Gefühle (1983; ZDF, 1985) und Der Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit (1985; ZDF, 1988), die - wie auch die vorausgegangene Arbeit Die Patriotin (1979) - aus inszenierten und dokumentarischen Mosaiksteinchen zusammengesetzt wurden und den Zuschauer zu Assoziationen und Interpretationen provozieren sollten.
Anschließend wandte er sich vom Kino ab und dem Fernsehen zu. Ab Mai 1988 sendete die mit einer eigenen nordrhein-westfälischen Sendelizenz ausgestattete DCTP (Development Company for Television Programs), deren Geschäftsführer Kluge ist, ihr unabhängiges Programm auf RTL und SAT.1. Zu diesen Programmen gehören SPIEGEL TV MAGAZIN, STERN TV und die Kluge-eigenen Kulturmagazine. RTL-Programmchef Helmut Thoma bewertete Kluge als "einen Quotenkiller" und "elektronischen Wegelagerer"[1].
2.2. Der Filmpolitiker Alexander Kluge
Kluge ist jedoch nicht nur Filmemacher, sondern war seit jeher in der Filmpolitik aktiv. Der Filmpolitiker Alexander Kluge hat seinen Anfang im Oberhausener Manifest, an dem er federführend beteiligt gewesen ist. Das Oberhausener Manifest wollte das damalige Kino, das von den Akteuren des Neuen Deutschen Films auch als 'Opas-Kino' beleumdet wurde, unter anderem im Hinblick auf seine soziale Verantwortlichkeit und seine Filmsprache revolutionieren. So beschreibt Rainer Stollmann Kluges großes Talent richtigerweise so: „Was die praktische, politische, institutionelle, rechtliche Seite der Geschichte des neuen deutschen Films betrifft, so war Kluge zweifellos die Lokomotive, an die sich viele Wagen der filmischen Bewegung anhängen konnten.“[2] Nicht zuletzt wegen seiner juristischen Kenntnisse, Kluge hatte Jura studiert und konnte sich deswegen gut im 'Paragraphendschungel' bewegen, sondern auch wegen seines filmpolitischen Geschicks, konnte die Bewegung ihr Anliegen erfolgreich vorbringen.
Nachdem man das alte Kino abgesetzt und das Neue Deutsche Kino als Nachfolger eingesetzt hatte, begann Kluge auf dem sich gerade umstrukturierenden Fernsehmarkt zu wirken. „Zu Kluges wichtigsten medienpolitischen Erfolgen zählen weiterhin das Film/ Fernseh-Rahmenabkommen (1974) sowie die Durchsetzung einer Sendelizenz für unabhängige Kulturprogramme bei den privaten Anbietern RTL und SAT1 (1987), die ihm seit 1988 die wöchentlichen Ausstrahlungen der Kulturmagazine 10 vor 1, Prime Time und News & Stories ermöglicht.“[3]
Zuvor jedoch war Kluge Kopf der Abteilung für Filmgestaltung an der Hochschule für Gestaltung in Ulm . Dort wirkte er als Lehrer für kommende Generationen von Filmemachern, weil er die Notwendigkeit erkannte, dass gezielt Nachwuchs für Film und Fernsehen gefördert werden muss. Auch in der Ausbildung junger Filmautoren suchte Kluge nach neuen Ansatzpunkten. „Ohne die Frage nach neuen filmischen Inhalten, nach neuen filmischen Methoden, bleibt eine Filmausbildung steril. Neue Inhalte und neue Ausdrucksformen aber brauchen ihre Inkubationszeit in formellen oder informellen Bildungseinrichtungen.“[4] Im Ulmer Institut sollte die Lehre vom Film mit der Entwicklung neuer filmischer Modelle institutionell miteinander verbunden werden.
Zusammengefasst kann man im Leben des Alexander Kluge drei filmpolitische Themen finden. Zum ersten war dies die Etablierung des Neuen Deutschen Films, die in Oberhausen mit dem Oberhausener Manifest seinen Ausgang genommen hat; dann die Einrichtung eines eignen Instituts zur Forschung und Lehre und schließlich das Eintauchen in die Fernsehlandschaft, in der er bis heute wirkt und aus der er bislang nicht wieder aufgetaucht ist.
Darüber hinaus waren für Kluge die Fragen nach Öffentlichkeit und Erfahrung, sowie die nach der Authentizität von höchster Priorität. In einem Lexikon wird 'Öffentlichkeit' knapp definiert als „die Zugänglichkeit von Veranstaltungen oder Wahrnehmbarkeit von Vorgängen für einen unbegrenzten Personenkreis“ und zugleich als die gebräuchliche Bezeichnung für diesen Personenkreis selbst.[5] Nach Kluge und Oskar Negt produziert das Fernsehen eine Öffentlichkeit, die keine mehr ist, weil das Gemeinsame fehlt. Sie konstruieren zwei Formen der Öffentlichkeit, „also einen Antagonismus von real existierender, massenmedial vermittelter 'Produktionsöffentlichkeit', die Erfahrungen nicht organisiert, sondern ausgrenzt oder kolonialisiert, und idealer 'Öffentlichkeit', in der gesellschaftliche Erfahrungen gemacht und organisiert werden könnten.“[6]
Der Erfahrungsbegriff von Kluge, den er zusammen mit Negt entwickelte, grenzt sinnliche Erfahrung und emotionale Motive nicht aus. Ganz im Gegenteil, „Die eigentliche Stärke vieler Erfahrungen stamme gerade aus dem 'Intimbereich', den unmittelbaren personalen Beziehungen und familiären Prägungen und den mit ihnen verknüpften Gefühlen.“[7] Eben diese Erfahrung ist der eigentliche Rohstoff aller Kommunikation. Erfahrung ist jedoch nicht individuell, sondern immer nur in Gemeinschaft möglich. Die Gesellschaft verifiziert oder falsifiziert jegliche Handlung und daraus ergibt sich für den Ausführenden (oder den Beobachtenden) eine Erfahrung. Ohne den Zusammenhang mit der Gesellschaft, also das Agieren in der Öffentlichkeit, wäre dies nicht möglich.
Öffentlichkeit ist also einerseits der Ort, an dem Erfahrung überhaupt erst produziert werden kann, und sie bedarf zugleich aber solcher Erfahrung als Substanz mit der sie arbeiten kann. Wird dieser Kreislauf unterbrochen, so sind irreparable Schäden auf beiden Polen die Folge: Abgelöst von realer Erfahrung verliert die gesellschaftliche „Formenwelt für das Nachdenken“[8] ihre Substanz und entleert sich ebenso wie die individuelle Erfahrungsaneignung, der keine öffentliche Artikulationsmöglichkeit mehr zur Verfügung steht.[9]
Darüber hinaus entsteht ein ganz anderer Wirklichkeitsverlust, weil durch die Fülle der medial präsentierten Realitäten, die eigene nicht nur öde erscheint – sondern weil man über zu viele alternative Lebensentwürfe weiß und diese den Blick zerstreuen.
„Bloß schriftliche und mündliche Kritik muss gegenüber wirklichen Produkten eines industriellen Gegenübers fast immer unwirksam bleiben“, hatte Kluge bereits 1972 festgestellt und daraus die Konsequenz gezogen, solche „wirklichen Produkte“ ließen sich „wirksam nur durch Gegenprodukte widerlegen.“[10] Es ist zu vermuten, dass 1972 mit dieser Kritik weniger die Fernsehprodukte, also die Dokumentation, der Spielfilm, die Spielshow usw. gemeint waren, als wirklich industriell gefertigte Produkte. Nichts desto trotz wird es im Laufe der Jahre wichtig, auch Gegenprodukte im Fernsehen bereit zu stellen, da dieses mittlerweile einen zentralen Platz in der Gesellschaft eingenommen hat.
Authentische Situationen findet Kluge nicht, wie man annehmen könnte, im Dokumentarischen. Auch sind fiktive Formate für ihn nicht gleichbedeutend mit dem Ausschluss von Authentizität. Vielmehr liegt die Unterscheidung darin, ob der Rezipient eine Situation als echt oder als gespielt wahrnimmt. So kann eine Geschichte durchaus gespielt werden, so lange die dargestellten Situationen von den Schauspielern als echt durchlebt werden. Oder anders herum, ein Interview mit einer realen Person ist nicht echt, wenn sie sich für die Kamera in Pose begibt. Es ist wichtig für Kluge den wahren Ausdruck einer Situation, sei sie fiktiv oder dokumentarisch, zu finden. Darin sieht er Authentizität.
3. Kulturfernsehen in Deutschland
3.1. Phänomenologie des Fernsehens
Mit dem Aufkommen des Fernsehens sahen sich die traditionellen Kinoproduktionsfirmen und auch die Kinobetreiber gleichermaßen in die Enge getrieben. Die Vermutung war, dass das Fernsehen das Kino nicht nur ablösen, sondern es darüber hinaus verdrängen würde. Aus verschiedenen Gründen wurde das Kino bislang nicht komplett vom Fernsehen abgelöst. Einer davon mag die bessere Bildqualität des Kinos sein, die das Fernsehen mit seiner geringen Auflösung nur zerstören konnte.
Diese Zerstörung wurde einerseits aus der geringen technischen Qualität der Fernsehübertragung abgeleitet, die Brillanz, Differenziertheit und Detailreichtum von Filmbildern und -Tönen massiv beeinträchtigte.[11] Die Fernsehübertragung eines Films könne die für die Kinoprojektion kalkulierten Effekte in keiner Weise reproduzieren und reduziere ihn daher unvermeidlich auf die Erzählung seiner Geschichte, während die filmischen Mittel der Anreicherung, Differenzierung und Interpretation des Dargestellten größtenteils verloren gingen. Aus diesem Grund habe das Fernsehen eine eigene, vom Film deutlich unterschiedene Ästhetik entwickelt, die durch Detailarmut, konzentrierte Großaufnahmen und rasche Schnittfolgen charakterisiert sei.[12]
Die Detailarmut des Fernsehens hat weit reichende Folgen, die schlussendlich wieder bis zurück in den Kinofilm reichen. Dadurch, dass der Fernsehschirm um ein vielfaches kleiner ist als die Filmleinwand, lässt er sich in kürzerer Zeit auslesen. Im Kino mussten die Augen noch wandern, wenn sie alles entdecken wollten. Auch kleine Details in der Landschaft gewannen so an Wichtigkeit. Um den Informationsfluss hoch zu halten, muss das Fernsehen also viele Bilder schnell hintereinander schneiden, um aufkommende Langeweile zu verhindern. Das hat dann wieder Rückwirkungen auf das Kino, wenn man davon ausgeht, dass aktuelle Filmemacher ihre hauptsächliche Seherfahrung über das Fernsehen gewinnen und sie sich somit dem 'Fernsehstandard' annähern.
Hierin liegt zugleich ein Haken. Denn das enorme Tempo der Informationsflut „mache die neuen Medien technisch überlegen, entziehe sie aber zugleich auch der menschlichen Wahrnehmungs- und Verarbeitungsfähigkeit, die in ganz anderen Geschwindigkeiten und eigenen Rhythmen arbeite. Die einzige Verarbeitungsform, die mit dieser Überforderung auf Dauer umgehen könne, sei „kollektive Unaufmerksamkeit“.[13] „Es entsteht Wirklichkeitsverlust, nicht weil zu wenig gewusst wird, sondern weil man zu viel weiß, ohne irgend etwas davon steuern zu können“.[14]
Eine weitere Folge des hohen Tempos ist, dass die Aufmerksamkeit des Fernsehzuschauers stärker durch sprachliche Kommentare oder Dialoge gelenkt wird, „die das Bild häufig zur bloßen Illustration ohne eigenständige Bedeutung degradierten.“[15]
„Im Gegensatz zum abgedunkelten Kinosaal, in dem die Leinwand als einzige Lichtquelle alle Aufmerksamkeit auf sich ziehe, biete zudem die Alltagssituation des privaten Wohnraums, in dem der Fernseher normalerweise plaziert ist, zahlreiche Ablenkungen. Das Bewusstsein, es mit einem nur begrenzt leistungsfähigen technischem Medium zu tun zu haben, bliebe beim Fernsehzuschauer immer präsent, so dass auch seine Anteilnahme notwendigerweise geringer ausfalle, da er vom Fernsehen viel weniger gefesselt werde als vom Film, der seine ganze Konzentration in Anspruch nehme.“[16]
[...]
[1] vgl. WELT, 9.9.1996.
[2] Rainer Stollmann, Alexander Kluge zur Einführung, Hamburg 1998, S.65.
[3] Der Autor als Ensemble seiner Eigenschaften, in: Alexander Kluge: In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg nur den Tod: Texte zu Kino, Film, Politik; Vorwerk 8, Berlin 1999.
[4] Vgl.: Das Nichtverfilmte kritisiert das Verfilmte. Die Utopie Film (1964), in: Alexander Kluge, In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg nur den Tod: Texte zu Kino, Film, Politik; Vorwerk 8, Berlin 1999.
[5] dtv-Lexikon in 20 Bänden. München 1995, Bd. 13, S. 172f., zit. nach: Uecker, Matthias: Anti-Fernsehen? Alexander Kluges Fernsehproduktionen, Schüren Verlag Marburg 2000.
[6] Uecker, Matthias: Anti-Fernsehen? Alexander Kluges Fernsehproduktionen, Schüren Verlag Marburg 2000.
[7] Uecker, Matthias: Anti-Fernsehen? Alexander Kluges Fernsehproduktionen, Schüren Verlag Marburg 2000.
[8] Alexander Kluge: Die Macht der Bewusstseinsindustrie und das Schicksal unserer Öffentlichkeit, in: Klaus von Bismarck/ Günter Gaus/ Alexander kluge/ Ferdinand Sieger: Industrialisierung des Bewusstseins. Eine kritische Auseinandersetzung mit den 'neuen' Medien. München und Zürich 1985, S. 51-129, hier S. 66; zit. nach: Uecker, Matthias: Anti-Fernsehen? Alexander Kluges Fernsehproduktionen, Schüren Verlag Marburg 2000.
[9] Uecker, Matthias: Anti-Fernsehen? Alexander Kluges Fernsehproduktionen, Schüren Verlag Marburg 2000.
[10] Oskar Negt/ Alexander Kluge: Öffentlichkeit und Erfahrung. Zur Organisationsanalyse von bürgerlicher und proletarischer Öffentlichkeit, Frankfurt a.M. 1972, S 181; zit. nach: Uecker, Matthias: Anti-Fernsehen? Alexander Kluges Fernsehproduktionen, Schüren Verlag Marburg 2000.
[11] Zu einem unpolemischen, analytischen Vergleich von Film- und Fernsehbild vgl. John Ellis: Visible Fictzions. Cinema – Television – Video, London 1992, bes. S. 53 u. 127, zit. nach: Uecker, Matthias: Anti-Fernsehen? Alexander Kluges Fernsehproduktionen, Schüren Verlag Marburg 2000.
[12] Uecker, Matthias: Anti-Fernsehen? Alexander Kluges Fernsehproduktionen, Schüren Verlag Marburg 2000.
[13] Alexander Kluge: Die Macht der Bewusstseinsindustrie, S. 54; zit. nach: Uecker, Matthias: Anti-Fernsehen? Alexander Kluges Fernsehproduktionen, Schüren Verlag Marburg 2000.
[14] Alexander Kluge: Die Macht der Bewusstseinsindustrie, S. 99, zit. nach: Uecker, Matthias: Anti-Fernsehen? Alexander Kluges Fernsehproduktionen, Schüren Verlag Marburg 2000.
[15] John Ellis: Visible Fictzions. Cinema – Television – Video, London 1992, bes. S. 53 u. 127, zit. nach: Uecker, Matthias: Anti-Fernsehen? Alexander Kluges Fernsehproduktionen, Schüren Verlag Marburg 2000.
[16] ebd.
- Arbeit zitieren
- Bastian Buchtaleck (Autor:in), 2005, Das Fernsehen des Alexander Kluge, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54103
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