Ziel dieser Arbeit ist es, zu untersuchen, welchen Einfluss die Rahmenstruktur auf das Unheimliche der Erzählung ausübt, wenn die Binnenhandlungen als Vorgeschichte betrachtet werden. Dazu wird der Fokus auf drei verschiedene Analyseschwerpunkte gelegt, die in folgenden Untersuchungsfragen zusammengefasst sind und als Leitfaden dieser Arbeit dienen: Welche Bedeutung und Funktion nehmen die Dynamisierung der Handlungsstruktur, das Nicht-Wissen und die intradiegetische Angst im Erzählprozess des Unheimlichen ein? Welche neuen Deutungsansichten ergeben sich aus diesem Perspektivwechsel?
Unheimlich ist, „wenn die Grenze zwischen Phantasie und Wirklichkeit verwischt“, so schreibt es Freud in seinen Ausführungen über das Unheimliche im Jahr 1941. Das Unheimliche ist also etwas, „das real vor uns hintritt, was wir bisher für phantastisch gehalten haben“. Für die Unterhaltungsindustrie und vor allem auch für die Gesellschaft stellt diese Verflechtung einen ganz besonderen Reiz dar und so zeigt sich in den letzten Jahrzehnten ein zunehmender Trend zum unheimlichen Unterhaltungsgenre. Die Zahl an klassischen Mystery-Serien und -Filmen oder Fantasy-Büchern hat sich vervielfacht. Insbesondere die Produktionen, deren Protagonisten oder Antagonisten Untote wie Vampire und Zombies oder fantastische Monster darstellen, gewinnen konstant an Beliebtheit.
Dieses Interesse ist jedoch nichts Neuartiges, denn bereits vor mehr als 150 Jahren wurde das unheimliche Erzählen beherrscht. Thomas Degering spricht sogar von „einer der unheimlichsten und beunruhigendsten Novellen, die jemals geschrieben wurde“. Gemeint ist Jeremias Gotthelfs wohl bekanntestes Werk Die schwarze Spinne (1842). Doch wie gelingt es Gotthelf diese bemerkenswert unheimliche Atmosphäre zu schaffen? Ein besonderes strukturelles Merkmal dieser Novelle ist die Kombination aus Rahmen und Binnenhandlungen. Auch die Rahmenerzählung als Stilmittel zu nutzen, ist kein unbekanntes Phänomen, sondern findet seinen Ursprung Jahrhunderte zuvor. Bereits die Geschichtenerzähler von Tausendundeiner Nacht (8. Jh.) nutzten die Unwissenheit des Zuhörers (und der Protagonisten), um den Spannungsbogen möglichst lang zu halten und immer wieder für überraschende Entwicklungen zu sorgen. Auch wenn populäre Produktionen noch heute auf dieses stilistische Phänomen zurückgreifen, feiert die Rahmenerzählung im 19. Jahrhundert ihre Blütezeit.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung.
- 2. Handlung und konventionelle Deutungen der >Schwarzen Spinne< .
- 3. Zum Verständnis von Rahmen und Binnenerzählung..
- 4. Nicht-Wissen in der Literatur...
- 5. Das Unheimliche nach Freud..
- 6. Das Unheimliche in >Die schwarze Spinne<
- 6.1 Dynamisierung als Steuermechanismus .
- 6.2 Nicht-Wissen als Katalysator der Angst..
- 6.3 Intradiegetische Angst als Quelle des Unheimlichen
- 7. Fazit..
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Analyse des Motivs des Unheimlichen in Jeremias Gotthelfs Novelle >Die schwarze Spinne<. Der Fokus liegt dabei auf der Untersuchung des Einflusses der Rahmenstruktur auf die unheimliche Atmosphäre der Erzählung. Dabei werden die drei Analyseschwerpunkte Dynamisierung der Handlungsstruktur, Nicht-Wissen und intradiegetische Angst in Bezug auf ihren Einfluss auf den Erzählprozess des Unheimlichen beleuchtet.
- Die Bedeutung der Rahmenstruktur in der Entstehung des Unheimlichen.
- Die Rolle des Nicht-Wissens als Katalysator der Angst in der Erzählung.
- Die Darstellung von intradiegetischer Angst als Quelle des Unheimlichen.
- Die Bedeutung von Gut und Böse in der Novelle.
- Die Verflechtung von Religion und Glaube in der Handlung.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema des Unheimlichen und seine Relevanz in der Unterhaltungsindustrie und Literatur ein. Sie beleuchtet auch die Bedeutung der Rahmenstruktur in Erzählungen und erläutert die Ziele der Arbeit. Das zweite Kapitel bietet eine Zusammenfassung der Handlung und konventioneller Deutungsansätze der >Schwarzen Spinne<. Es geht dabei auf die Religion und den Glauben an Gott sowie die Bedeutung von Gut und Böse ein. Kapitel drei analysiert das Verständnis von Rahmen und Binnenerzählungen und untersucht deren Funktion im literarischen Kontext. Kapitel vier befasst sich mit dem Konzept des Nicht-Wissens in der Literatur. Das fünfte Kapitel beleuchtet das Unheimliche aus Freudscher Perspektive, während Kapitel sechs die Dynamisierung, das Nicht-Wissen und die intradiegetische Angst als zentrale Aspekte des Unheimlichen in Gotthelfs >Die schwarze Spinne< analysiert.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter und Themenschwerpunkte der Arbeit sind: Jeremias Gotthelf, Die schwarze Spinne, Unheimliches, Rahmenstruktur, Binnenerzählung, Dynamisierung, Nicht-Wissen, intradiegetische Angst, Religion, Glaube, Gut und Böse. Die Arbeit beschäftigt sich mit der Analyse des Unheimlichen in einem spezifischen literarischen Kontext, wobei die Rahmenstruktur der Novelle als maßgeblicher Faktor für die Entstehung der unheimlichen Atmosphäre betrachtet wird.
- Quote paper
- Sophie Hohmann (Author), 2019, Das Motiv des Unheimlichen in Jeremias Gotthelfs "Die schwarze Spinne", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/538139