In diesem Essay soll folgende Fragestellung auf erörtert werden: Wie sinnvoll ist die Dauerausstellung zur Geschichte der SS unter Berücksichtigung eines potenziellen Praktikums für Studenten der Geschichtswissenschaft aufgebaut?
Heute ist die Wewelsburg besonders für die nachfolgenden Generationen der Bewohner eben dieser Region der unmittelbarste Ort, an dem der größenwahnsinnige und menschenverachtende Zeitgeist dieser wohl schrecklichsten Epoche deutscher Geschichte erfahrbar ist. Der Museumsbereich der Wewelsburg steht heute vor mehreren schwierigen Aufgaben, die ihn als Ort der Auseinandersetzung und Erinnerung ebenfalls besonders machen. Zum einen wird versucht, darauf aufmerksam zu machen, dass die Wewelsburg auch bereits vor ihrer Nutzung durch die Nationalsozialisten eine interessante Geschichte besaß, zum anderen stellt der Umgang mit der Anziehungskraft dieses Ortes besonders für neo-nationalsozialistische Kreise eine besondere Herausforderung dar.
Um die Forschungsfrage beantworten zu können, wird zunächst der Aufbau der Dauerausstellung in groben Zügen vorgestellt. Anschließend wird abgewogen, inwiefern sie sich in die Fachliteratur zur Museologie einordnen lässt. Dann folgt dasselbe für den Inhalt der Dauerausstellung in Reflexion zum Forschungsstand der Fachliteratur zur SS. Abschließend wird das Fazit die Argumentation zusammenfassen und eine Beurteilung des Verfassers enthalten.
Universität Bielefeld
Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie
Abteilung Geschichte
SoSe 2019
Geschichtswissenschaft und Berufspraxis
Die Wewelsburg als Arbeitsplatz?
Eine Reflexion über ein Praktikum im Museumsbereich der Wewelsburg für Studenten der Geschichtswissenschaften.
Niklas Gohrbandt
„Diese wundervolle Verwendung der reckenhaften Wewelsburg als Reichsführerschule der SS, wie sie idealer nicht gedacht werden kann, bedeutet für unsere heimische Gegend manchen großen Vorteil. Es wird ein Ort stiller Sammlung und geistiger Anregung für höchste, verantwortliche Männer unseres Vaterlandes werden.“
Die Bürener Zeitung über die zukünftige Rolle der Wewelsburg, Januar 1934.1
Wie aus diesem Zitat der zeitgenössischen Lokalzeitung in Büren hervorgeht, spielte die Wewelsburg nicht nur mindestens ab der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland für die Menschen in Westfahlen-Lippe eine wichtige Rolle. Heute ist sie besonders für die nachfolgenden Generationen der Bewohner eben dieser Region der unmittelbarste Ort, an dem der größenwahnsinnige und menschenverachtende Zeitgeist dieser wohl schrecklichsten Epoche deutscher Geschichte erfahrbar ist. Der Museumsbereich der Wewelsburg steht heute vor mehreren schwierigen Aufgaben, die ihn als Ort der Auseinandersetzung und Erinnerung ebenfalls besonders machen. Zum einen wird versucht, darauf aufmerksam zu machen, dass die Wewelsburg auch bereits vor ihrer Nutzung durch die Nationalsozialisten eine interessante Geschichte besaß, zum anderen stellt der Umgang mit der Anziehungskraft dieses Ortes besonders für neonationalistische Kreise eine besondere Herausforderung dar.2 So mag der Gedanke nahe liegen, als Student der
Geschichtswissenschaft ist das Sammeln praktischer Erfahrungen im Rahmen des Bachelorstudiums im Kreismuseum der Wewelsburg außerordentlich gewinnbringend. Diesen Gedanken will dieser Essay diskutieren. Genauer soll folgende Fragestellung auf den nächsten Seiten erörtert werden: Wie sinnvoll ist die Dauerausstellung zur Geschichte der SS unter Berücksichtigung eines potenziellen Praktikums für Studenten der Geschichtswissenschaft aufgebaut? Um das beantworten zu können, wird zunächst der Aufbau der Dauerausstellung in groben Zügen vorgestellt. Anschließend soll abgewogen werden, inwiefern sie sich in die Fachliteratur zur Museologie einordnen lässt. Dann folgt dasselbe für den Inhalt der Dauerausstellung in Reflexion zum Forschungsstand der Fachliteratur zur SS. Abschließend wird das Fazit die Argumentation zusammenfassen und eine Beurteilung des Verfassers enthalten.
Um sich von der wissenschaftlichen Arbeit des Kreismuseums ein Bild zu verschaffen, sind drei Arbeiten von zentraler Bedeutung: Der aktuellste Sammelband, der von und mit den Mitarbeitern des Kreismuseums Wewelsburg veröffentlicht wurde, beschäftigt sich mit der Rezeption des „Mythos Wewelsburg“ in Esoterik, der Pop-Kultur, Science-Fiction und besonders in rechten Ideologien.3 Darin verweist John-Stucke, die Museumsleitung des Kreismuseums,4 auf einen weiteren, etwas älteren Sammelband von Jan E. Schulte,5 dessen Einflüsse ihren Weg in die Neukonzeption der Dauerausstellung „Ideologie und Terror der SS“ fanden.6 Außerdem erschien ein Jahr nach der Neueröffnung der Dauerausstellung ein Begleitband zu eben dieser:7 In „Endzeitkämpfer. Ideologie und Terror der SS.“ wird nicht nur die Austellungskonzeption der Dauerausstellung erläutert, sondern auch Exponate und begleitende Beschriftungen vorgestellt.8 So wird dieser Sammelband zentraler Untersuchungsgegenstand, um den Forschungsstand der Dauerausstellung einordnen zu können.
„Endzeitkämpfer“ stellt die Ausstellung mit den Inhalten der Geschichte der SS und der des Konzentrationslagers Niederhagen vor.9 Im genaueren wird die Schutzstaffel der NSDAP „in ihrer Vielgestaltigkeit und ihrer sich radikalisierenden Entwicklung von den Anfängen bis zum Zusammenbruch des NS-Regimes 1945“ präsentiert, so der begleitende Sammelband.10 Dabei sind besonders die, sich radikalisierenden Verbrechen der SS im allgemeinen sowie deren Entwicklung auf der Mikroebene am Beispiel des KZ Niederhagen als für die Ausstellung von zentraler Bedeutung herauszustellen.11 Besonders bei der Präsentation originaler, „affirmativer Objekte“,12 wie sie der Begleitband nennt, scheinen die Entwickler und Verantwortlichen der Ausstellung keine Mühen gescheut zu haben. Man sei sich einig gewesen, die ideologischen Exponate auszustellen um über die von ihnen glorifizierte Ideologie aufzuklären und den Exponaten selbst ihre Mystik zu nehmen.13 Dabei sind folgende Prinzipien der Ausstellung entwickelt worden: Erstens, das Prinzip „Magazinordnung“, dass die neutrale Präsentation in weißen, magazinschrankähnlichen Vitrinen beschreibt. Zweitens das Prinzip „Verdecken-aber-nicht-Verstecken“, das vorsieht, Uniformen und Möbelstücke der SS teilweise mit Glasdekorfolien zu verdecken, um eine potenzielle Faszination zu stören. Drittens, das Prinzip der Vermassung. Alltägliche Gegenstände der Nationalsozialisten werden in möglichst großer Anzahl ausgestellt, um ihnen den Wert als besonderes Einzelstück zu nehmen. Viertens, das Prinzip der Kontrastierung. Hierbei werden ideologische Ideale der SS mit entsprechend wiedersprechenden Fakten und Zahlen kontrastiert, um ihren partiellen Irrsinn zu betonen. Und fünftens das Prinzip der Verantwortungsbewussten Kontextualisierung. Es besagt, dass Objekte zusammen mit dazu gehörigen Fotos und Dokumenten ausgestellt werden, um die ideologische Aufladung der Exponate zu brechen.14
Um das Prinzip der Ausstellung noch weiterführend verstehen zu können, istes an dieser Stelle sinnvoll, die Fachliteratur zum Themenbereich des Museums zu Rate zu ziehen. Dr. Wolfgang Stäbler, Ansprechpartner für Zeitgeschichte des bayerischen Amts für Denkmalpflege, argumentiert, das die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg 2011 mit dem Bayerischen Museumspreis ausgezeichnet worden ist.15 Dies wurde unter anderem damit begründet, das dieser Ort des Gedenkens durch das Sammeln, Bewahren, Ausstellen und Vermitteln zu einem modernem Informationsort mit „deutlich musealen Bestandteilen“ geworden sei, der die Lagergeschichte und die Rezeption des Ortes nach 1945 darstelle.16 Bereits ein schneller Blick in den Begleitband der Ausstellung verrät uns, das der zwölfte Teil der Ausstellung sich ausschließlich mit der Geschichte der Wewelsburg ab 1945 zuerst mit der Verklärung ihrer Geschichte und anschließend mit ihrer Auf- und Erklärung beschäftigt.17 Außerdem argumentiert Stäbler weiter, aufgrund des zunehmenden zeitlichen Abstandes zu den Verbrechen des Nationalsozialismus, verlaufe der emotionale Zugang immer weiter im Sand. Entsprechend stehen die Institutionen der historischen Orte vor der Herausforderung, dem Besucher mit zeitgenössischen Gegenständen und Dokumenten Empathie zu vermitteln.18 Dazu lässt sich auf das bereits genannte Prinzip der verantwortungsvollen Kontextualisierung verweisen.19 Auch der Kulturpädagoge Dr. Andreas Grünewald Steiger rezipiert die Bildungsund Vermittlungsarbeit als vom Bundesverband Museumspädagogik und dem Deutschen Museumsbund zentral benannte Qualitätskriterien für ein Museum.20 Es lässt sich also feststellen, dass die Wewelsburg den Bayerischen Museumspreis zwar selbst nicht gewonnen hat. Allerdings steht sie dem Preisträger in Aktualität in keinem der als zentral genannten Aspekten nach.
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1 John-Stucke, Kirsten, Himmlers Pläne und Aktivitäten in Wewelsburg, in: John-Stucke, Kirsten u.a. (Hg.), Mythos Wewelsburg, Fakten und Legenden, (Schriftenreihe des Kreismuseums Wewelsburg 10), Paderborn 2015, S.16.
2 Vgl. Dazu die offizielle Internetseite des Kreismuseums Wewelsburg, die jeweils auf die beiden Dauerausstellungen verweist: Historisches Museum des Hochstifts Paderborn Museum zur Geschichte des Fürstbistums in: Kreismuseum Wewelsburg, https://www.wewelsburg.de/de/historisches-museum/ [Stand 19.112019] Und Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg 1933 - 1945: „Dauerausstellung: Terror und Ideologie der SS“ in: Kreismuseum Wewelsburg. https://www.wewelsburg.de/de/gedenkstaette-1933-1945/dauerausstellung.php [Stand 19.11.2019].
3 John-Stucke, Kirsten u.a. (Hg.), Mythos Wewelsburg, Fakten und Legenden, (Schriftenreihe des Kreismuseums Wewelsburg 10), Paderborn 2015.
4 Kontakt: Service, in: Kreismuseum Wewelsburg: https://www.wewelsburg.de/de/service/kontakt.php [Stand 19.11.2019].
5 Schulte, Jan Erik, Die SS, Himmler und die Wewelsburg, (Schriftenreihe des Kreismuseums Wewelsburg 7), Paderborn 2009.
6 John-Stucke, Kirsten, Himmlers Pläne und Aktivitäten in Wewelsburg, in: John-Stucke, Kirsten u.a. (Hg.), Mythos Wewelsburg, Fakten und Legenden, (Schriftenreihe des Kreismuseums Wewelsburg 10), Paderborn 2015, S.14.
7 „Dauerausstellung: Terror und Ideologie der SS“ in: Kreismuseum Wewelsburg. https://www.wewelsburg.de/de/gedenkstaette-1933-1945/dauerausstellung.php [Stand 19.11.2019].
8 Brebeck, Wulff E. (Hg. u.A.), Endzeitkämpfer. Ideologie und Terror der SS, (Schriftenreihe des Kreismuseums Wewelsburg 8), Berlin 2011.
9 Ebd. S. 21.
10 Brebeck, Endzeitkämpfer, S. 21.
11 Ebd.
12 Ebd. S. 24.
13 Ebd.
14 Vgl. Zu den fünf Prinzipien: Ebd. S. 24 u. S. 25.
15 Stäbler, Wolfgang, „Historische Orte“ in: Walz, Markus (Hg.), Handbuch Museum, Geschichte, Aufgaben, Perspektiven, Stuttgart 2016, S. 133.
16 Stäbler, Historische Orte, S. 134.
17 Brebeck, Endzeitkämpfer, S. 411.
18 Stäbler, Historische Orte, S. 134.
19 Siehe S.3.
20 Grünewald Steiger, Andreas, Informationen - Wissen - Bildung: Das Museum als Lernort, in: Walz, Markus (Hg.), Handbuch Museum, Geschichte, Aufgaben, Perspektiven, Stuttgart 2016, S.279.
- Quote paper
- Niklas Gohrbandt (Author), 2019, Die Wewelsburg als Arbeitsplatz. Eine Reflexion über ein Praktikum im Museumsbereich für Studenten der Geschichtswissenschaften, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/537817
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