In diesem Text geht es um die Analyse des Tattoos des Erzengels Michael, das bei einigen Truppenmitgliedern der Fallschirmjäger der Bundeswehr auftritt. Als Referenz wird die Betrachtung Michaels als Kriegsengel aus der Dissertation von Frau Dr. Grüninger zugrunde gelegt.
Am Donnerstag den 16. Januar 2020 fand die Tagung "Körper-Zeugnisse - Tattoos als Selbstausdruck religiöser Bekenntnisse"im Beckmanns Hof an der Ruhr-Universität in Bochum statt. Einige Referenten stellten ihre Forschungen im Bereich der Tattoo-Kultur vor. Besonders interessierte mich der Vortrag von Herrn Niklas Peuckmann unter dem Titel "Wenn Kameradschaft unter die Haut geht: Fallschirmjäger und der Erzengel Michael".
Herr Peuckmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Praktische Theologie der Ruhr-Universität Bochum und forscht zur Seelsorgetheorie im konkreten Hinblick auf die Militärseelsorge. Sein Promotionsprojekt lautet "Militärseelsorge - Seelsorge zwischen den Fronten". Außerdem ist er Mitglied in der Arbeitsgruppe „Seelsorge und Begleitung“ in der Theologisch-Ethischen Arbeitsgemeinschaft (ThEA) der Evangelischen Militärseelsorge Berlin. In seinem Vortrag bezeichnete er seinen Forschungsbereich auch als Seelsorge in der Lebenswelt der Bundeswehr. Diese Formulierung käme dem komplexen Bereich der Bundeswehr am nächsten, als es nur als "Militärseelsorge" zu bezeichnen.
Wintersemester 2019/2020
„Körper-Zeugnisse“ – Deutungen der christlichen Tattoo-Kultur
Interdisziplinäres Basismodul
Rebecca Czayka
Das Tattoo des Erzengels Michael bei den Fallschirmjägern der Bundeswehr
Am Donnerstag den 16. Januar 2020 fand die Tagung „Körper-Zeugnisse‘- Tattoos als Selbstausdruck religiöser Bekenntnisse“ im Beckmanns Hof an der Ruhr-Universität in Bochum statt. Einige Referenten stellten ihre Forschungen im Bereich der Tattoo-Kultur vor. Besonders interessierte mich der Vortrag von Herrn Niklas Peuckmann unter dem Titel „Wenn Kameradschaft unter die Haut geht: Fallschirmjäger und der Erzengel Michael“. Herr Peuckmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Praktische Theologie der Ruhr-Universität Bochum und forscht zur Seelsorgetheorie im konkreten Hinblick auf die Militärseelsorge1. Sein Promotionsprojekt lautet „Militärseelsorge- Seelsorge zwischen den Fronten“. Außerdem ist er Mitglied in der Arbeitsgruppe „Seelsorge und Begleitung“ in der Theologisch-Ethischen Arbeitsgemeinschaft (ThEA) der Evangelischen Militärseelsorge Berlin. In seinem Vortrag bezeichnete er seinen Forschungsbereich auch als Seelsorge in der Lebenswelt der Bundeswehr. Diese Formulierung käme dem komplexen Bereich der Bundeswehr am nächsten, als es nur als „Militärseelsorge“ zu bezeichnen.
Auf den folgenden Seiten werde ich mich mit dem Vortrag von Herrn Peuckmann auseinandersetzen und noch einmal genauer auf die Figur des Engels Michael in Bezug auf den Krieg eingehen. Mein Ziel dieser Arbeit ist es weitere Parallelen zwischen den Soldaten der Fallschirmjäger und der Figur des Michaels zu herauszuarbeiten. In der Bundeswehr gibt es viele verschiedene Truppen mit eigenen Aufgabenbereichen: die Infanterie, die Pioniere und weitere. Herr Peuckmann hat die Truppe der Fallschirmjäger in den Fokus seines Vortrags gerückt. „Sie springen als Soldatin bzw. Soldat der Fallschirmjägertruppe immer mitten ins Geschehen: Als Mitglied der Luftlandetruppe meistern Sie mit Ihrer ausgeprägten körperlichen und mentalen Stärke sowohl im In- als auch im Ausland besondere Herausforderungen.“2, heißt es in der Jobbeschreibung auf der Homepage der Bundeswehr. Nach Aussage von Herrn Peuckmann ist die Arbeit der Fallschirmjäger sehr von einem kameradschaftlichen Umfeld geprägt, was sich auch durch das verbreitete Motiv des Erzengels Michael in Form eines Tattoos ausdrückt. Dieses Motiv trete seit dem ISAF-Einsatz in Afghanistan vermehrt auf. ISAF steht für International Security Assistance Force und wurde aufgrund einer Bitte um eine Schutzmission ins Leben gerufen. Es war einer der größten Einsätze in der Geschichte der Bundeswehr. Erstmals seit 1955 gab es schwere Geschütze, in die die Bundeswehr involviert war. „Innerhalb dieses Einsatzes verloren viele Menschen ihr Leben und vor allem die Truppe der Fallschirmjäger hatte mit großen Verlusten zu kämpfen“, so Niklas Peuckmann. 55 Soldaten fielen, davon 35 durch Fremdeinwirkung. Für alle Soldaten eine emotionale und seelische Belastung. So wird das Tattoo des Erzengels auch ein Zeichen der Zusammengehörigkeit der Soldaten, die in Afghanistan im ISAF-Einsatz gedient haben. Eine erste kleine Parallele zu dem Erzengel Michael lässt sich am Barettabzeichen der Fallschirmjäger erkennen. Es zeigt einen Adler im Lorbeerkranz, wobei die Flügel besonders ausgeprägt und auffallend sind. Die Flügel werden im westlich-europäischen Bild meist einem Engel zugeschrieben. Als ein Beispiel dafür zu nennen sind die kleinen pausbäckigen Engel des Künstlers Raffael aus seinem Werk der sixtinischen Madonna3, wobei es unzählige geflügelte Darstellungen von Engelwesen mit Flügeln in der Kunstgeschichte bis heute gibt.
Um Parallelen zwischen den Fallschirmjägern und dem Erzengel Michael ziehen zu können, möchte ich zunächst noch genauer auf die Figur des Michaels eingehen. Niklas Peuckmann stellte ihn in seinem Vortrag so dar, dass es sich bei Michael um einen Kriegsengel handelt, der sogar interreligiös existiert. Er käme auch im Islam beim jüngsten Gericht vor. Er sei einer der höchsten Engel. Seine Funktionen seien die kollektive Verantwortung für das ganze Volk Israels, als eine Art Schutzengel, und der Kampf gegen das Böse, sowie der Schutz der Schutzbedürftigen. Diese Aussagen habe ich ebenfalls der Dissertation von Dr. Ann-Christin Grüninger entnehmen können. Sie schreibt: „Die Funktion des Schutzes ist nur eine von vielen Aufgaben der biblischen Engelgestalten.“4 Diese Schutzfunktion stellen Martin Rösel und Dirk Schwiderski in ihrer Bibelkunde zum Thema Engel ebenfalls heraus: „Sie schützen und retten Gottes Auserwählten (Gen 22) oder das ganze Gottesvolk (Ri 2, vgl. auch den Engel in Num 22). Dies kann dann auch dazu führen, dass der Würgeengel das gegnerische Volk schlägt, vgl. Ex 12,22f.“5 Weiter führen sie aus: „Michael, der Engelsfürst, ist nach Dan 10,13 und 12,1 in ausgezeichneter Weise für den Schutz Israels zuständig, er wird auch die endzeitliche Verherrlichung der Gerechten in Israel bringen.“6 Auch wenn hier explizit die Rede vom Volk Israels ist, so ist der Wunsch auf Schutz auch bei den Soldaten fest verankert. Dieser kann zum Beispiel in Gebeten in der St. Michaels Kapelle, die Kapelle der Fallschirmjäger in Seedorf, ausgesprochen werden. Eine weitere Verbindung der Soldaten und Michael.
Als nächstes gehe ich auf das Tattoo des Erzengels ein. Wenn der Erzengel als Tattoo erscheint, dann wird er meist in kriegerischer Pose mit Schwert dargestellt. Dieses Tattoo wird als Symbol der Zugehörigkeit der Soldat*innen gesehen, wenn man in Afghanistan war, wie zuvor schon geschrieben. In diesem Zusammenhang wird wieder die Charakterisierung Michaels deutlich. Der Kriegsengel als Beschützer. Im biblischen Sinne zwar für das Volk Israel, aber wichtig ist seine schützende Funktion. Es scheint, dass diese Funktion der Träger eines Michael-Tattoos sich für seine Einsätze erhofft. „Ein Talisman, der unter die Haut geht“, um Herrn Peuckmann zu zitieren. Laut Duden ist ein Talisman ein kleiner Gegenstand oder ein Erinnerungsstück, dem jemand eine zauberkräftige oder Glück bringende Wirkung zuschreibt.7 Wenn man so manchen Rücken eines/einer Soldaten/Soldatin sieht, passt die Eigenschaft „klein“ nicht mehr, wenn dieser über die gesamte Fläche einen kriegerischen Michael zeigt. An dieser Stelle wird aber die Bezeichnung des Erinnerungsstücks bedeutender sein. Eine Erinnerung, die für immer unter die Haut gebracht ist. Nun komme ich noch zu Parallelen zwischen Michael und den Fallschirmjägern. Im Vergleich von den Soldat*innen und dem Erzengel Michael lassen sich einige Prallelen erkennen. Dr. Grüninger schreibt: „Kriegerische Engelwesen kommen nämlich in ganz unterschiedlichen Kontexten und Situationen vor: Einmal löscht ein einziger Kriegsengel die gesamte feindliche Streitmacht aus (2Kön), ein anderes Mal bekriegen sich Engelwesen als Stellvertreter unterschiedlicher Völker in einer überirdischen Sphäre (Dan) oder sie erscheinen als Gruppe auf Pferden zur Schlachtunterstützung auf der Erde (2Makk).“8 Wenn man diese Aspekte der kriegerischen Engelwesen, wie auch Michael einer ist, auf die Fallschirmjäger bezieht, sind Parallelen zu erkennen. Das Auslöschen einer feindlichen Streitmacht kann auch als ein Verteidigungseinsatz der Bundeswehrsoldaten im Kollektiv gesehen werden, wenn dabei angreifende Gegner durch eine Verteidigungshandlung ums Leben kommen. Ebenso sind die Soldat*innen eine Art Stellvertreter ihrer Nationen in den Kriegsgebieten, wie es die Engelwesen für die Völker in den Sphären sind. Und die Schlachtunterstützung ist Hauptaufgabe der Soldat*innen, wenn auch in verteidigender Haltung. „Wie aus der bisherigen Untersuchung der Belege im Danielbuch ersichtlich wurde, ist Michael eine Art Kriegsengel und himmlischer Repräsentant für Israel - so geht es auf jeden Fall aus den Reden des Offenbarungsengels hervor. Dieser bezeichnet Michael nämlich als ‚euer Fürst‘ (Dan 10,21), also als Fürsten Israels.“9, schreibt Dr. Grüninger. Während hier von Michael als Repräsentant Israels ausgegangen wird, sind die Soldat*innen in ihren Einsätzen stets auch Repräsentanten ihrer Nationen. Die Bundeswehrsoldat*innen für die Bundesrepublik Deutschland genauso wie die Streitkräfte der Vereinigten Staaten für die USA. Eine weiterer Parallele sind die hierarchischen Strukturen. Die Bundeswehr hat verschiedene Dienstgrade, welche die Soldat*innen in eine Rangordnung einordnet: vom Gefreiten über den Unteroffizier bis hin zum General, um nur drei der vielen zu nennen. Auch Dr. Grüninger weist Michael eine Art militärischen Rang zu, wenn sie auf seine Beschreibung als Heerführer eingeht. „Neben dieser Beschreibung Michaels als Befehlshaber und Heerführer des Volkes Israel, [...].“10. Weiter führt sie aus: „So können die präsentierten Belege insofern zusammen gesehen werden, als dass Michael als himmlischer Repräsentant und Heerführer des Volkes gilt und mit dessen Geschick auf militärisch-kriegerischer Ebene verflochten zu sein scheint. Zudem ist diese Michael-Tradition des Wächterbuches und Danielbuches in den Bilderreden aus dem 1. Jh. v. Chr. insofern weitergebildet worden, als dass es Michael anscheinend erlaubt ist, einzelne Engel zu senden, was eine Führungsposition gegenüber diesen Impliziert.“11 Als abschließende Parallele zitiere ich noch einmal aus dem Buch von Dr. Grüninger: „Ab PS 18,8 wird nun das Herabkommen Gottes als Theophanie, d.h. in einer Gotteserscheinung, als Antwort auf das Beten des Beters in seiner Not geschildert: 8 Da wankte und schwankte die Erde, und die Grundfesten der Berge erzitterten und wankten, denn er war zornentbrannt (...) 10 Er neigte den Himmel und fuhr herab, Wolkendunkel unter seinen Füßen. 11 Er ritt auf dem Kerub und flog daher und schwebte auf den Flügeln des Windes. 12 Er machte Finsternis zu seiner Hülle um sich her, Wasserdunkel, dichte Wolken zu seinem Zelt. 13 Aus dem Glanz vor ihm brachen seine Wolken hervor, Hagel und feurige Kohlen. 14 Es ließ der HERR im Himmel den Donner erdröhnen und der Höchste seine Stimme erschallen, mit Hagel und feurigen Kohlen. 15 Er schoss seine Pfeile und zerstreute die Feinde, er schleuderte Blitze und setzte sie in Schrecken. [zitiert nach Züricher Bibel (2007)]“12 Diesen Teil interpretiere ich mit einem Einsatz der Fallschirmjäger. Wenn das Dröhnen der Flugzeuge über den Köpfen der am Boden stehenden Menschen erklingt, mag es sich eventuell so anfühlen, als wenn Boden und Berge wanken. (Vgl. Vers 8). Wenn er dann vom Himmel herabfährt und das Wolkendunkel unter den Füßen hat (Vgl. Vers 10), kann es auch ein Fallschirmjäger im Fallschirmflug sein. Wenn jemand von unten direkt hinauf in den Himmel blickt, wird von unten nur ein großer dunkler Schatten zu erkennen sein. Eine Art dunkle Wolke vielleicht. Mit seinem Schirm schwebt der Jäger auf den Wolken dahin, wie es in Vers 11 beschrieben ist. Ähnlich, wie schon in Vers 10, steht Vers 12 mit der finsteren Hülle für mich im Zusammenhang mit dem Fallschirmjäger, der hoch oben in der Luft eher dunkel und finster erscheinen mag. Die Angriffsbegriffe aus den Versen 13 bis 15 kann ich schwerlich mit den Fallschirmjägern verbinden, da ich einen Angriff mit Waffen während eines Fallschirmfluges für nicht durchführbar halte. Dennoch wären kämpferische Handlung mit diesen nach einer Landung vorstellbar. Dieser Gedanke würde die feurigen Kugeln, Pfeile und Blitze nur auf die Ebene der Erde bringen, anstatt sie in den Vorgang des Herabfahrens aus dem Himmel zu situieren.
[...]
1 http://www.ev.rub.de/pt-karle/peuckamm.html.de
2 https://www.bundeswehrkarriere.de/fallschirmjäger-soldat/137162
3 Vgl. https://www.welt.de/kultur/article1484114/Die-beruehmtesten-Luemmel-der-Kunstgeschichte.html , Abbildung
4 Grüninger, Ann-Christin: Die Engel und der Krieg, 2018, S.16
5 Rösel, Martin; Schwiderski, Dirk: Bibelkunde des Alten Testaments, 2015, S. 183
6 A. a. O., S. 183
7 https://www.duden.de/rechtschreibung/Talisman
8 Grüninger, Die Engel und der Krieg, S.17
9 A. a. O., S.58
10 A. a. O., S.99
11 Ebd.
12 A. a. O., S.80
- Arbeit zitieren
- Rebecca Czayka (Autor:in), 2020, Das Tattoo des Erzengels Michael bei den Fallschirmjägern der Bundeswehr, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/537709
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