Für den Erfolg der Wirtschaftsunternehmen ist es entscheidend, die Aufmerksamkeit ihrer Zielgruppe zu gewinnen und sie zum Kaufen zu animieren. Die klassische Werbung verfehlt allerdings zunehmend ihre Wirkung. Kunden schenken ihr Vertrauen heutzutage den Empfehlungen von Freunden und Bekannten. Soziale Netzwerke werden somit zu Hotspots der Markenkommunikation.
Inwiefern hat sich das Marketing durch die Digitalisierung verändert? Wie funktioniert die neue Shoppingfunktion „Checkout on Instagram“? Welchen Mehrwert bietet Instagram als Marketing- und Vertriebsplattform und welche Herausforderungen gehen damit einher? Was verstehen wir unter Marketing 4.0?
Anhand der neuen Checkout-Funktion erläutert Olga Bördgen Chancen und Risiken von Instagram als Marketinginstrument und untersucht das Potenzial der Social-Media-Plattform als Vertriebskanal mit globaler Reichweite. Nach einer Stärken- und Schwächenanalyse spricht sie Unternehmen eine Empfehlung für eine effektive Social-Media-Marketing-Strategie aus.
Aus dem Inhalt:
- Soziale Netzwerke;
- Facebook;
- Influencer Marketing;
- Checkout on Instagram;
- Generation Z
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Kurzfassung / Abstract
1 Einleitung
1.1 Themenrelevanz
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Status quo im Marketing 4.0
2.1 Veränderung des Marketings durch Digitalisierung
2.2 Was ist Marketing 4.0?
3 Marketing- und Vertriebsplattform Instagram
3.1 Soziale Foto- und Videosharing-App Instagram
3.2 Shopping-Plattform Instagram
4 Relevanz von Instagram aus Unternehmenssicht
4.1 Charakteristika von Instagram
4.2 Die Herausforderungen von Instagram-Marketing
4.3 Analyse der Ergebnisse von Kapitel vier
5 Systematisches Literatur-Review
5.1 Definition des Forschungsumfangs
5.2 Durchführung der Literaturrecherche
5.3 Darstellung der Ergebnisse
6 Fazit
Anhang
Anhang 1: Social-Media-Kennzahlen
Anhang 2: Stärken-Schwächen-Analyse für Jahr 2020 (inkl. Checkout)
Quellenverzeichnis
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Impressum:
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Ein Imprint der GRIN Publishing GmbH, München
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Covergestaltung: GRIN Publishing GmbH
Abkürzungsverzeichnis
ADs Advertisement (Werbung)
AR Augmented Reality
BCG Boston Consulting Group
BVCM Bundesverband Community Management
CEO Chief Executive Officer (Geschäftsführer)
CERN Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire
CMO Chief Marketing Officer
CR Customer-Relationship
CRM Customer-Relationship-Management
DACH Akronym für Deutschland, Österreich, Schweiz
DSGVO Datenschutzgrundverordnung
DSL Digital Subscriber Line (Digitaler Teilnehmeranschluss)
EconBiz Recherche-Fachportal für Wirtschaftswissenschaften
EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
IAS Integral Ad Science
IGTV Instagram TV
Inc. Incorporated (Rechtsform Kapitalgesellschaft)
JIM Jugend, Information, (Multi-) Media (Studie)
KI Künstliche Intelligenz
KMU Kleine und mittlere Unternehmen
ROMI Return on Marketing-Investment
SEO Search Engine Optimization
UGC User Generated Content
USD United States Dollar
UWG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
WISO Datenbank für Hochschulen
WiStG Wirtschaftsstrafgesetz
WWW World Wide Web
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Generationenzuordnung im Marketing
Abbildung 2: Die Entwicklung der Digitalisierung im Zeitverlauf
Abbildung 3: Geräteausstattung in deutschen Haushalten in 2018
Abbildung 4: Tägliche Onlinenutzung in Minuten 2007 - 2018
Abbildung 5: Aktivitäten im Internet – Schwerpunkt: Kommunikation
Abbildung 6: Transformation der Phasen der Customer Journey
Abbildung 7: Online-Offline-Integration in der neuen Customer Journey
Abbildung 8: Online-Offline-Integration in der neuen Customer Journey
Abbildung 9: Nutzerschwund bei Facebook im Zeitverlauf 2011-2018
Abbildung 10: Der News Feed von Adidas und Tagesschau
Abbildung 11: Anzahl der monatlich aktiven Instagram-Nutzer 2013-2018
Abbildung 12: Grundtendenzen der wichtigsten Sozialen Medien
Abbildung 13: Statistische Auswertung der Abonnentendaten
Abbildung 14: Im Post markierte Produkte mit dem Link zur Webseite
Abbildung 15: Kaufprozess über Checkout on Instagram
Abbildung 16: Die Nutzungsfrequenz Sozialer Netzwerke
Abbildung 17: Branchenübergreifende Verteilung der Distributionen
Abbildung 18: Kosten für eine Werbeanzeige im Zeitverlauf
Abbildung 19: Wahrnehmung von Werbeanzeigen im Umfeld-Kontext
Abbildung 20: Mögliche Unternehmensziele für Instagram-Marketing
Abbildung 21: Stärken-Schwächen-Analyse: Instagram vs. Facebook
Abbildung 22: Recherche nach dem Schneeballsystem
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Veränderungen im Marketing von 1.0 bis 4.0
Tabelle 2: Identifizierte Literaturquellen der Jahre 2006 - 2019
Tabelle 3: Identifizierte statistische Quellen 2019
Tabelle 4: Identifizierte Artikel aus Zeitschriften/Magazinen 2007- 2019
Tabelle 5: Identifizierte Internetquellen 20013- 2019
Kurzfassung / Abstract
In der vorliegenden Bachelorarbeit werden die Charakteristika und das Potenzial von Instagram als Marketing- und Vertriebskanal mittels eines systematischen Literatur-Reviews erforscht und dokumentiert. Darüber hinaus wird im Kontext von Marketing 4.0 und auf Basis der Ergebnisse einer Stärken- und Schwächenanalyse eine Empfehlung für eine effektive Social-Media-Marketing-Strategie ausgesprochen. Inspiriert wurde diese Arbeit durch die für 2020 geplante Einführung der Instagram-Checkout-Funktion. Diese erlaubt erstmals eine Integration aller Phasen des Kaufentscheidungsprozesses und transformiert das Soziale Netzwerk in einen zukunftsorientierten Vertriebskanal mit globaler Reichweite.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
This bachelor thesis explores and documents the characteristics and potential of Instagram as a marketing and sales channel through a systematic literature review. Furthermore, in the context of Marketing 4.0 and based on the results of a strength and weakness analysis, a recommendation for an effective social media marketing strategy is given. This work was inspired by the introduction of the Checkout on Instagram function planned for 2020. For the first time, this function allows the integration of all phases of the purchase decision process and transforms the social network into a future-oriented sales channel with a global reach.
1 Einleitung
1.1 Themenrelevanz
Gegenwärtig ist es für Wirtschaftsunternehmen erfolgskritisch in der fragmentierten Medienlandschaft mit den zahlreichen Kommunikationskanälen und einer Informationsübersättigung, die Aufmerksamkeit der Zielgruppe zu gewinnen, um ihren Kaufentscheidungsprozess zu dirigieren. In dieser Zeit der Aufmerksamkeitsökonomie und der multiplen Nutzung von mobilen Endgeräten, verfehlt die klassische Werbung zunehmend ihre Wirkung.1 Laut einer Nielsen -Umfrage schenken in der Ära der Sozialen Medien 83 Prozent der Konsumenten ihr Vertrauen den Empfehlungen von Freunden, Familie, Bekannten und nicht der Werbung.2 Aus diesem Grund avancieren die Sozialen Netzwerke3 immer stärker zu Hotspots der Markenkommunikation und die Influencer4 zu authentischen Markenbotschaftern. Demzufolge gewinnen in vielen Industrien die Unternehmen große Marktanteile, die ihre Wettbewerbsstrategie auf digitalen plattformbasierten Ökosystemen aufbauen.5
Instagram ist ein solches Ökosystem: Es ist ein Soziales Netzwerk und eine kostenlose App zur Verbreitung von Fotos und Videos. Darüber hinaus bündelt es mobile, soziale und visuelle Kommunikation in einem Kanal und wird in naher Zukunft ein multifunktionaler Onlineshop mit globaler Reichweite sein. Denn am neunzehnten März 2019 informierte Mark Zuckerberg die Medienwelt darüber, dass der Mutterkonzern Facebook Inc ., wozu das Tochterunternehmen Instagram gehört, im Geschäftsjahr 2019 das Thema Kommerzialisierung auf die Agenda setzt. Die angekündigte Funktion Checkout on Instagram ist ein Meilenstein auf dem Weg zum definierten Ziel.6
1.2 Zielsetzung
Die vorliegende Arbeit verfolgt das Ziel, durch ein systematisches Literatur-Review und basierend auf der Entwicklung der letzten zwei Jahre, das Marketing- und Vertriebspotenzial der Social-Media-Plattform Instagram aufzuzeigen.
In dieser Arbeit wird davon Abstand genommen, detailliert die Sozialen Medien und das Influencer-Marketing zu erörtern, da über die genannten Fachgebiete bereits reichlich Fachliteratur vorhanden ist. Für eine bessere Verständlichkeit werden die zuvor genannten Fachgebiete als Definition in den Kontext dieser Arbeit eingefügt. Parallel wird die Betrachtung der Zielgruppe, im Einklang mit dem Thema der vorliegenden Arbeit, auf die Entwicklung von Instagram Shopping angelehnt und vordergründig die digital affine und mobil vernetzte Generation Z fokussiert. Die generierten Forschungsergebnisse können als Basis für weitere wissenschaftliche Arbeiten fungieren und sind daher für das Fachpublikum als relevant anzusehen.
1.3 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit ist in drei grundlegende Abschnitte gegliedert. Kapitel zwei erörtert die Veränderungen im Marketing durch die Digitalisierung. Bezugnehmend auf das Web 2.0 und die Generation Z in Kapitel 2.1, wird in Kapitel 2.2 die Erklärung für die Relevanz einer neuen Betrachtung der Customer Journey und die Notwendigkeit von Marketing 4.0 geliefert.
Die Kapitel drei und vier schildern Instagram als Marketing- und Vertriebsplattform. Kapitel 3.1 liefert Zahlen, Daten, Fakten und Kapitel 3.2 fokussiert die Shopping-Funktion. Kapitel 4.1 zeigt die Relevanz aus Unternehmenssicht und geht auf Charakteristika und den Mehrwert von Instagram ein, während Kapitel 4.2 die Herausforderungen und Risiken aufzeigt.
In Kapitel fünf sind die Durchführung und die Ergebnisse des Literatur-Reviews verschriftlicht. Abschließend wird diese Arbeit mit dem Fazit in Kapitel sechs analytisch resümiert und darauf aufbauend eine Handlungsempfehlung abgegeben.
2 Status quo im Marketing 4.0
2.1 Veränderung des Marketings durch Digitalisierung
Mit der voranschreitenden Digitalisierung wird das Marketingmanagement zunehmend mit der Erhebung und der Verwertung von personenbezogenen Daten und der Optimierung des Nutzererlebnisses entlang der Customer Journey konfrontiert. Leistungsstärkere Endgeräte und vielfältige Medienangebote schaffen innovative Kommunikations- und Vertriebswege und ermöglichen den Verbrauchern eine exzessive Nutzung der vielfältigen Marktangebote mit Hilfe von Multichannel-Touchpoints7. Die omnipräsente Smartphone-Nutzung und der stetige Fortschritt in den Bereichen Big Data8, Künstliche Intelligenz und Data Mining9 ermöglicht es den Wirtschaftssubjekten auf das sich schnell ändernde Konsumentenverhalten zeitnah reagieren und ihre Marketingaktivitäten zielgerichtet anpassen zu können.
In diesem Zusammenhang konzentrieren sich die Marketingfachleute zunehmend auf die junge, ab 1994 geborene Generation Z, als bevorzugte Zielgruppe (siehe Abbildung 1). Sie sind digital gut vernetzt, risiko- und experimentierfreudig und neuen Technologien gegenüber aufgeschlossen. Sie setzten Trends und werden als Jetzt-gleich-Verbraucher bezeichnet, die als Game Changer Einfluss auf Mainstream-Kunden ausüben.10
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Generationenzuordnung im Marketing11
2.1.1 Digitalisierung – Die Grundlage für Soziale Medien
Der Ursprung und der Innovationstreiber der Digitalisierung ist das Internet. Kostengünstiger Internetzugang und neue Technologien wie Breitbandzugang, Glasfasernetz und die Weiterentwicklung der Mobilfunkstandards, haben ein Tor zu unbegrenzten Informations- und Datenmengen geöffnet. Lag die Zahl der Internetnutzer im Jahr 2007 noch bei 1,3 Mrd., verdreifachte sich diese bis zum Jahr 2018 auf fast vier Milliarden Nutzer. Vier von zehn Menschen auf der Welt sind vernetzt.12 Allen voran hat die mobile Nutzung des Internets an Intensität zugenommen. So haben im Jahr 2018 über 91 Prozent der Nutzer von mobilen Endgeräten im Durchschnitt täglich 240 Minuten auf das Internet zugegriffen.13
Die digitale Evolution der Internetindustrie begann mit der Einführung des World Wide Web (WWW). Am 20. Dezember 1990 stellte Tim Berners-Lee, ein Wissenschaftler am CERN 14, die erste Website der Welt online: http://info.cern.ch/hypertext/WWW/TheProject.html
Sie beinhaltete Information und Anekdoten zur Entstehung der Website. Es war die Geburtsstunde des World Wide Web.15 Theoretisch konnte von nun an von jedem Computer mit Internetzugang auf Websites und deren Inhalte zugegriffen werden. Es handelte sich dabei um ein reines Bereitstellen von Informationen und Wissen. Das Web 1.0 war geboren. Den Nutzern war es im Rahmen des Web 1.0 nur möglich, Inhalte zu konsumieren.16
Der Begriff Web 2.0 wurde im Jahr 2005 durch die gleichlautende Web 2.0 Conference des Computerbuchverlages O'Reilly Media und den viel beachteten Artikel What is Web 2.0 des Verlagsgründers und Softwareentwicklers Tim O´Reilly in der Öffentlichkeit verbreitet. Der Begriff Web 2.0 ist an die Softwaresprache angelehnt, in der die Kennung 2.0 die Folgeversion nach der Release-Version 1.0 bezeichnet. Das Wort Web bezieht sich auf den Internetdienst WWW.17 Er beschreibt u.a. eine aktive Teilnahme der Nutzer und deren Mitgestaltung an Inhalten und Applikationen im Internet.18 Das Web 2.0 bildet die technologische und ideologische Plattform für das Erstellen und Austauschen von medialen Inhalten, die von Endnutzern erstellt und veröffentlicht werden (engl. User Generated Content, UGC). Jeder Nutzer ist somit Konsument und Produzent zugleich. Das Web 2.0 führt zu einer globalen Veränderung der Kommunikationsmechanismen und zur Entstehung der Sozialen Medien.19 Es wird von der Boston Consulting Group (BCG) auch als Transaktional Digital bezeichnet (siehe Abbildung 2). Allerdings darf die Entstehung der Sozialen Medien nicht ausschließlich auf die Technologische Komponente reduziert werden. Eine Vielzahl von Definitionen legt den Fokus auf die virtuelle Beziehungsebene, auf der die gegenseitige Interaktion und der Austausch von Inhalten stattfindet.20 Hettler definiert den Begriff Social Media als „Persönlich erstellte, auf Interaktionen abzielende Beiträge, die in Form von Text, Bildern, Video oder Audio über Onlinemedien für einen ausgewählten Adressatenkreis […] veröffentlicht werden.“21
Web 3.0 stellt die Folgeversion von Web 2.0 dar. Der wesentliche Aspekt von Web 3.0, das auch Semantic Web genannt wird, ist die Fähigkeit die Informationen von Maschinen in logische Beziehungen zueinander zu bringen. Ein solches semantisches Web benutzt Mikroformate, Data Mining, maschinenunterstütztes Lernen und künstliche Intelligenz (KI), damit die Computer die Informationen verstehen, interpretieren und einordnen können. Wie bei Web 2.0 ist jeder Teilnehmer ein Prosument. Web 3.0 ermöglicht die Erstellung von personifizierten Nutzerprofilen nach den Vorlieben des Nutzers und die Erschaffung von virtuellen Welten.22 Es wird von der BCG auch als Sozial Digital bezeichnet (siehe Abbildung 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Die Entwicklung der Digitalisierung im Zeitverlauf23
Das Buzzword Web 4.0 schwebt zwar bereits in den unendlichen Weiten des digitalen Raums, eine offizielle Definition dafür gibt es jedoch nicht. Zwar sind Themen wie Digitale Vernetzung, Internet der Dinge, Künstliche Intelligenz und Mobilität 4.0 medial allgegenwärtig, es handelt sich hierbei jedoch nicht um einen evolutionären Entwicklungssprung, sondern um Entfaltung der Potenziale der Vorgängerversion. Es ist eine neue Qualität der Wertschöpfungsprozesse durch Kollaboration in Netzwerken und durch die unterstützende Intelligenz und Automatisierung von Prozessen, die die nächste Evolutionsstufe des Webs eingeläutet hat.24
Der wirkungsmächtigste Megatrend der Gegenwart ist Konnektivität (von engl. connectivity). Das Prinzip der Vernetzung dominiert den gesellschaftlichen Wandel und eröffnet ein neues Kapitel in der Evolution der Gesellschaft. Digitale Kommunikationstechnologien verändern heute das Leben grundlegend, reprogrammieren soziokulturelle Codes und lassen neue Lebensstile und Verhaltensmuster entstehen. Um diesen fundamentalen Umbruch erfolgreich zu begleiten, brauchen Unternehmen neue Netzwerkkompetenzen und ein ganzheitlich-systemisches Verständnis des digitalen Wandels.25 Anderenfalls verlieren sie den Anschluss an die gut vernetzte und mobile Generation Z.
2.1.2 Medien-Nutzungsverhalten der Generation Z
Mobile Endgeräte, allen voran das Smartphone, sind ein ständiger Begleiter der vernetzten Konsumenten, vor allem der jungen Generation Z.26 Mit der JIM-Studie 2018 dokumentiert der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest zum zwanzigsten Mal seit 1998 das Medien- und Freizeitverhalten der Zwölf- bis Neunzehnjährigen in Deutschland und deckt damit die Generation Z und somit die Zielgruppe vieler Unternehmen, weitgehend und im Zeitverlauf ab. Die Studie bietet als Basisuntersuchung einen Überblick über die mediale Haushaltsausstattung der Jugendlichen in Deutschland und dokumentiert die wichtigsten Kennzahlen der Mediennutzung über die verschiedenen Gattungen. Ebenfalls beleuchtet sie die inhaltlichen Aspekte der Nutzung.27
In den zurückliegenden Dekaden konnte eine grundlegende Änderung des Mediennutzungsverhaltens beobachtet werden. Im Jahr 1998 hatte das Internet keine Alltagsrelevanz, da nur 18 Prozent zu den Nutzern zählten. Auch ein Mobiltelefon war Ende der 90er Jahre eher die Ausnahme als die Regel. Lediglich acht Prozent hatten ein eigenes Handy.28 Heute ist es unvorstellbar, wie das Internet ohne Google und YouTube funktionieren konnte und wie es überhaupt möglich war, im Freundeskreis ohne Smartphone und ohne die Kommunikation über Soziale Netzwerke und Messenger zurechtzukommen. All das ist heutzutage selbstverständlich und gehört zum Alltag.
Im Jahr 2018 erreichte die Ausstattung der Haushalte mit mobilen Endgeräten mit knapp 100 Prozent die Sättigungsgrenze. Die Abdeckung der Haushalte mit Smartphones lag bei 99 Prozent, mit Internetzugang bei 98 Prozent und mit Computer oder Laptop bei 98 Prozent. Das bedeutet, dass nahezu jeder heranwachsende Jugendliche digital und mobil vernetzt ist und über mehrere Geräte für den Onlinezugangs verfügt (siehe Abbildung 3).29
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Geräteausstattung in deutschen Haushalten in 201830
Dabei ist laut der Studie das Smartphone das Gerät, das mit 88 Prozent von den weiblichen und mit 71 Prozent von den männlichen Nutzern am häufigsten als Onlinezugang verwendet wird. An zweiter Stelle folgt bei den weiblichen Nutzern mit sechs Prozent das Laptop und bei den männlichen Nutzern der Computer mit 21 Prozent. Unabhängig vom Verbreitungsweg haben heute fast alle Befragten einen uneingeschränkten Zugang zum Internet. Und dabei hat sich die Nutzungsdauer gegenüber 2017 nochmals verlängert. Nahezu 91 Prozent, der im Rahmen der Studie Befragten, sind täglich im Netz unterwegs – im Vergleich zum Vorjahr ist es eine Steigerung um zwei Prozent. Dabei sind 93 Prozent der Mädchen und 90 Prozent der Jungen täglich online. Bei der Selbsteinschätzung des zeitlichen Aufwandes der Internetnutzung geben die Jugendlichen, nach dem recht deutlichen Zuwachs des Vorjahres um 21 Minuten, ihre durchschnittliche tägliche Nutzungsdauer im Jahr 2018 mit 214 Minuten und damit sieben Minuten weniger als im Vorjahr an. Im Verlauf der letzten zehn Jahre hat sich die tägliche Online-Nutzungsdauer mehr als verdoppelt. Im Schnitt und nach Selbsteinschätzung verbringt die Generation Z drei Stunden und vierunddreißig Minuten am Tag online (siehe Abbildung 4).31
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Tägliche Onlinenutzung in Minuten 2007 - 201832
Die Liste der präferierten Online-Angebote wird mit deutlicher Führung vom Videoportal YouTube mit 63 Prozent angeführt, das für knapp zwei Drittel der Jugendlichen zu einem ihrer drei liebsten Internetangebote zählt. Den zweiten Platz belegt WhatsApp mit 39 Prozent und Platz drei geht an die Bild- und Video-Sharing-Plattform Instagram mit 30 Prozent. Auffällig sind dabei die gestiegene Beliebtheit von Serienanbieter Netflix, der mit einem Plus von zehn Prozent den Vorjahreswert von acht Prozent mehr als verdoppelt hat und die stagnierende Beliebtheit der Social-Media-Plattform Facebook, die den Vorjahreswert mehr als halbiert hat und um neun Prozent, auf nur noch sechs Prozent gefallen ist. Beide Werte bilden in dieser Statistik die Ausreißer.33
Der Austausch von Nachrichten in Form von Text, Emojis, Fotos oder Bewegtbildern bildet ein zentrales Nutzungsmotiv der Kommunikation. Die Nutzung der Social-Media-Plattformen verfestigt sich kontinuierlich im Alltag der Jugendlichen. Die Liste potenzieller Dienste wird mit deutlichem Abstand von WhatsApp angeführt: 95 Prozent nutzen diesen Messenger mehrmals pro Woche. Instagram verzeichnet 67 Prozent der regelmäßigen Nutzer, Snapchat 54 Prozent und Facebook landet mit 15 Prozent auf dem vierten Rang. Der Vorjahresvergleich zeigt erneut ein deutliches Wachstum bei Instagram um zehn Prozent und auch die regelmäßige Nutzung von Snapchat hat sich um fünf Prozent erhöht. Facebook hat bei den Jugendlichen nochmals an Bedeutung verloren, und zwar um zehn Prozent gegenüber 2017 (siehe Abbildung 5).34
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Aktivitäten im Internet – Schwerpunkt: Kommunikation35
Das auf den Ergebnissen der JIM-Studie basierende Mediennutzungsverhalten der deutschen Generation Z ist nahezu deckungsgleich mit dem der jungen Menschen in den USA, in Brasilien, Großbritannien und in weiteren Ländern der Welt und kann daher als repräsentativ angesehen werden.36
Erwiesenermaßen gehört die Generation Z zu den Digital Natives: Hineingeboren in das digitale Zeitalter, sind sie von frühester Jugend mit dem Internet, den Sozialen Netzwerken und den mobilen Systemen vertraut und bewegen sich im Web gezielt und selektiv auf den Kanälen ihres Vertrauens. Die digitale Evolution hat eine hyperkognitive Generation hervorgebracht. Diese sucht für sich den größtmöglichen Nutzen zu generieren, indem sie die Informationsquellen sammelt, vergleicht, um sie in ihre Online- und Offline-Erfahrungen zu integrieren.37 Aufmerksamkeitsdefizit durch Information-Overload und der Einsatz von Werbeblockern führen dazu, dass die klassische Werbung im Zeitalter der Konnektivität nicht mehr wahrgenommen wird und ihre Wirkung verfehlt.
2.1.3 Modifikation der klassischen Werbung
„Die Klassische Werbung ist tot“38 - diese provokative These vertritt Raja Rajamannar, der internationale Marketingchef von Mastercard, und empfiehlt den Unternehmen neue Wege zu finden, um Kunden zu erreichen.39
Traditionell steht am Anfang einer Werbekampagne die Aufteilung des Marktes in homogene Gruppen, die auf ihrem geografischen, demografischen, psychographischen und verhaltensbezogenen Profil basiert. In der Fachsprache Segmentierung genannt. Auf die Segmentierung folgt die Zielgruppenbestimmung. Beide Aspekte ermöglichen eine effiziente Ressourcenallokation und eine Positionierung der Marke. Jedoch sind sowohl Segmentierung als auch die Zielgruppenbestimmung einseitige Entscheidungen, ohne die Einbindung der Konsumenten in den Entscheidungsprozess. Sie sind vergleichbar mit dem Sender-Empfänger-Model von Shannon und Waver40, in dessen Rahmen die Kommunikation und das Werbeversprechen der Unternehmen eine unilaterale und formale Ausrichtung haben und ausschließlich dem Zweck der Beeinflussung der Kaufentscheidung dienen. Die Einbindung der Konsumenten ist auf den Input in die Ergebnisse der Marktforschung begrenzt.41 Als Folge dessen sinkt die Werbewirkung, da durch die Medienvielfalt und die Informationsflut potenzielle Kunden einer täglichen Reizüberflutung ausgesetzt sind. Täglich begegnen ihnen 8.000 bis 12.000 Werbebotschaften. Dafür ist auch die zunehmende Marken-, Produkt- und Servicevielfalt verantwortlich. Allerdings ist der Anteil der wahrgenommenen Informationen heute signifikant kleiner als ein Prozent. Besonders einseitige, für die Zielgruppe nicht relevante, Werbebotschaften werden einfach ausgeblendet.42
Im gegenwärtigen konnektiven Zeitalter sind die Verbraucher mobil und in Sozialen Netzwerken miteinander verbunden. Die Communities sind die neuen Segmente. Jedoch anders als die traditionellen Segmente werden sie durch die Konsumenten gebildet und sind daher selbstbestimmend und gegen uninteressantes Push-Marketing immun. Um als Marke wahrgenommen und gelikt oder geteilt zu werden, muss sie eine Freundschaftsanfrage stellen, die von den Konsumenten nur in dem Fall bestätigt wird, wenn die Marke es schafft, Emotionen und Interesse der Konsumenten zu wecken.
Durch die Digitalisierung und die Sozialen Medien verändern sich die Mechanismen der Markenkommunikation. Die Wirtschaftswelt hat sich grundlegend verändert, Konsumenten stellen heute ganz andere Ansprüche an Unternehmen als noch vor 15 Jahren. Sie haben den Anspruch, als etwas Besonderes behandelt zu werden - als Soziale Individuen. Infolgedessen wollen sie medial ebenfalls individuell angesprochen werden. Digitale Schnittstellen bieten hierbei neue Interaktionswege zwischen einer Marke und den Nutzern. Das klassische Sender-Empfänger-Modell wird durch eine „digitale, mehrdimensionale, multidirektionale und multisensorische Kommunikation“43 ersetzt. Der Wert und die Wahrnehmung einer Marke werden demnach nicht mehr hauptsächlich durch das Marketing bestimmt, sondern zunehmend durch die Beurteilung und die Empfehlungen der Sozialen Netzwerke, denn authentische Kundenempfehlungen sind die denkbar beste Werbung.44
Das soll jedoch nicht heißen, dass die klassische Werbung tot sei. Beide Formen haben ihre Daseinsberechtigung und sollten wechselseitig, nach ihren Kompetenzen, in verschiedenen Phasen des Kaufentscheidungsprozesses eingesetzt werden. Tatsächlich reicht ein einziger Moment der unerwarteten Begeisterung, ein so genannter „Wow-Moment“45, um aus einem Verbraucher einen Markenbotschafter zu machen. Diesen Moment zu erzeugen und die Wertversprechen von Marken zielgerichtet zu übermitteln, ist die Bestimmung im Marketing 4.0.
2.2 Was ist Marketing 4.0?
Marketing 4.0 ist die digitale Stufe in der Marketingentwicklung. Es beschreibt eine Phase des Marketings, in der die Digitalisierung und, in Anlehnung an Philip Kotler46, zugleich die Menschenzentrierung im Mittelpunkt stehen und Online- und Offline-Interaktionen zwischen Unternehmen und Konsumenten kombinieren. Die Nummerierung 4.0 resultiert aus der Versionierung von Software und wird hergeleitet aus der populär gewordenen Zusammenfassung von prägenden Trends im Internet, basierend auf der technologischen Entwicklung von Web 1.0 zu Web 3.047, die derzeit auf Phasenbeschreibungen in vielen Teilen der Gesellschaft angewandt wird.48
2.2.1 Machtverschiebung im Marketing
Im folgenden Kapitel wird angelehnt an Philip Kotler eine kurze Retrospektive des Marketings von Marketing 1.0 bis Marketing 4.0 kompakt skizziert und tabellarisch visualisiert (siehe Tabelle 1), um darauf aufbauend die Machtverschiebung zu verdeutlichen.
Im Marketing 1.0, auf der Zeitachse ab ca. 1950 angesiedelt und somit mitten im Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit, sind die Marketingaktivitäten auf das Produkt ausgerichtet. Die Sicht auf den Kunden basiert auf der Befriedigung seiner Bedürfnisse. Der industrielle Aufschwung ist der Treiber, das primäre Marketingziel ist die klassische Produktwerbung und marktorientierte Unternehmensführung - die Kernkompetenz des Marketings.49
Mit Marketing 2.0 erfolgte ab ca. 1970 eine grundlegende Umstellung von produktorientiertem auf verbraucherorientiertes Marketing. Jetzt steht der Konsument im Fokus der Marketingaktivitäten. Der Wettbewerb steigt und das primäre Marketingziel ist die Differenzierung. Dieses verbraucherorientierte Marketing ist bis heute in weiten Teilen der Branche der Kern des Marketings.50
Mit dem Marketing 3.0 rückt ab ca. 1980 der Mensch als ganzheitliches Individuum mit Kopf, Herz und Seele in den Mittelpunkt der Marketingaktivitäten. IBM stellt den ersten Personal Computer (PC) vor und legt in Kombination mit dem Internet den Grundstein für neue Medien und neue Marketingaktivitäten. Das Kundenmanagement mit Menschenzentrierung prägt nun das Marketing.51
Marketing 4.0 (ab ca. 2010) wird durch die Digitalisierung und die Sozialen Medien dominiert. Die technische Entwicklung hat in den 30 Jahren von Marketing 3.0 zu Marketing 4.0 einen großen Sprung gemacht.52 Die Konvergenz, der in den letzten Jahren zusammengelaufenen Technologien, hat die Marketingpraxis auf der ganzen Welt beeinflusst und neue Trends zu Tage gefördert, wie z. B. Content Marketing, Customer-Relationship-Management (CRM), social CRM, Now Economy und Sharing Economy. Philip Kotler geht davon aus, dass die technische Konvergenz letztlich zu einer Konvergenz zwischen dem digitalen und dem klassischen Marketing führen wird und folglich Online- und Offline-Interaktionen zwischen Marken und Konsumenten kombiniert.53
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Veränderungen im Marketing von 1.0 bis 4.054
Damit wendet sich das Marketing methodisch von der Verkaufsorientierung ab und dem Customer-Relationship- und Image-Management zu. Die Digitalisierung führt zu einer Online-Offline-Integration in der Kommunikation und die Derivatproduke des Internets verschaffen den Konsumenten Transparenz. So holen sich die Kunden beispielsweise per Smartphone Information über ein Produkt (Online), während sie es im Ladenlokal betrachten (Offline). Der Einsatz von Marketing-Automationen, wie z. B. Big-Data-Analysen mit den Möglichkeiten zur Personalisierung von Produkten, erleichtert die individualisierte Kundenansprache und ermöglicht die Kundenzentrierung.
Die Menschen von heute sind Zeitzeugen einer Machtverschiebung, die nicht nur die Werbebranche, sondern allmählich auch die Gesellschaft betrifft: Die älteren, meist männlichen Primusse werden herausgefordert durch Meinungsführer von Sozialen Gruppen, wie es das jüngste Beispiel des Youtubers Rezo im Folgenden veranschaulicht. Der blauhaarige Influencer veröffentlichte sein Video Die Zerstörung der CDU auf seinem YouTube-Kanal und trat damit einen medialen Aufruhr los wie kaum ein deutscher Youtuber zuvor. Das Video schaffte es in sämtliche Nachrichtensendungen und wurde auf politischer Ebene Gegenstand intensiver Debatten. Rezo generierte damit 16,4 Millionen Views und wurde erfolgreichster deutscher Youtuber 2019.55
Gegenwärtig lassen sich die jungen Menschen eher auf Twitter, YouTube und Facebook von Bürgerjournalisten über aktuelle Themen informieren, anstatt von renommierten Tageszeitungen und seriösen Nachrichtensendern.56 Inzwischen verlagert sich die Macht von einzelnen Personen der Chefetagen in Richtung vernetzter Gruppen und somit auf das mit 2,7 Mrd.57 Netzbürgern bevölkerungsreichste Land der Erde: die United States of Facebook Inc.58
Die Erkenntnisse dieses Kapitels resümierend lässt sich schlussfolgern, dass das Marketing 4.0 die Aufgabe inne hat, diese gut informierten und vernetzten Konsumenten auf ihrem Weg von der Wahrnehmung einer Marke bis zur gewünschten Handlung zu begleiten, ihre Customer Journey an die Veränderungen der digitalen Wirtschaft permanent anzupassen und während des gesamten Prozesses ein hohes Nutzererlebnis zu gewährleisten.
2.2.2 Customer Journey 4.0
„Der Begriff Customer Journey bezeichnet im Marketing 4.0 die Reise (engl. Journey) eines potenziellen Kunden über verschiedene Kontaktpunkte mit einem Produkt, einer Marke oder einem Unternehmen (engl. Touchpoints), bis er eine gewünschte Zielhandlung durchführt“59, auch Kaufentscheidungsprozess genannt. Die Touchpoints sind jede Art von Kontaktpunkten, wie z. B. klassische Werbung (Print, TV, Radio etc.), Onlinemarketing-Maßnahmen (Homepage, E-Mail, SEA etc.), sowie die Meinung eines Freundes bzw. Informationen von Bewertungsportalen. Eine Customer Journey kann sich über mehrere Stunden oder Tage erstrecken. Gängige Zielhandlungen sind Kauf, Bestellung, Anfrage und Empfehlung.60
Eines der ersten, bis heute noch verbreiteten Modelle eines Kaufentscheidungsprozesses, ist das Vier-Phasen-Modell AIDA, dessen Verfasser nicht eindeutig identifiziert ist und das u.a. auf E. St. Elmo Lewis und das Jahr 1903, also weit in das präkonnektive Zeitalter zurück geht.61 Demnach sollen Werbetexte und Verkaufsargumente Aufmerksamkeit erregen (engl. A ttention), Interesse wecken (engl. I nterest), einen Besitzwunsch auslösen (engl. D esire) und letztendlich zu einer Handlung animieren (engl. A ction) (siehe Abbildung 6).62 Aus heutiger Sicht, sowie im Hinblick auf die Potenziale der Konnektivität und der Digitalisierung, kann das Modell wegen seiner Einfachheit, lediglich als Checkliste fungieren.
Ein neueres Vier-Phasen-Modell erfasst zusätzlich das Kundenverhalten nach dem Kauf und ermöglicht eine Messung der Kundenbindung. Die AIDA-Abwandlung von Derek Rucker, die als vier As bezeichnet wird, fasst Interesse und Besitzwunsch unter Einstellung (engl. Attitude) zusammen und führt mit Act again eine neue Phase hinzu (siehe Abbildung 6). Dieses Modell beschreibt einen trichterartigen Prozess, den Konsumenten bei der Bewertung von Marken in ihrer Erwägungssituation durchlaufen: Erfahren von der Marke (engl. A ware); sie mögen sie oder lehnen sie ab (engl. A ttitude); sie beschließen, ob sie sie kaufen (A ct) und ob es sich lohnt, sie wieder zu kaufen (A ct again). Mit jeder Phase nimmt die Zahl der Konsumenten, die diesen Trichter durchlaufen, ab. Den Haupteinfluss, auf dem Weg zu einer Entscheidung, üben auf den Konsumenten die Schnittstellen zum Unternehmen aus. Solche Touchpoints können z.B. Fernsehwerbung in der Aware-Phase, Verkaufspersonal in der Act-Phase, Kunden-Service in der Act-again-Phase sein. Und alle drei Phasen unterliegen dem Einfluss der Unternehmen. Auch dieses Modell entstammt dem präkonnektiven Zeitalter, indem der Konsument individuell seine Einstellung zur Marke bestimmt hat. Seine Loyalität wurde als Kundenbindung definiert und als Trigger für den erneuten Kauf betrachtet.63
Im konnektiven Zeitalter, also gegenwärtig, wird der Reiz einer Marke vom sozialen Umfeld des Konsumenten beeinflusst. Seine Loyalität wird als Bereitschaft zur Weiterempfehlung definiert. Dabei reicht eine reine Empfehlung aus und impliziert nicht zwangsläufig einen vorangegangenen Kauf (Act), d. h. es kann eine oder mehrere Phasen übersprungen werden. Geht es um Markenwissen, suchen sich die Konsumenten Informationen im Netz und schalten sich mit anderen Konsumenten zusammen, die fundiertere Kenntnisse und mehr Erfahrung aufweisen. Je nach Resonanz, kann an dieser Schnittstelle die Attraktivität einer Marke gesteigert oder gemindert werden. Basierend auf diesen Erkenntnissen sollte die Customer Journey an das konnektive Zeitalter angepasst und neu gestaltet werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Transformation der Phasen der Customer Journey64
Philip Kotler greift diese Problemstellung auf und passt das Modell von Rucker entsprechend an – nämlich als die fünf As: A ware, A ppeal, A sk, A ct, A dvocate (siehe Abbildung 6). In der Aware-Phase ist der konnektive Konsument passiv einer Vielzahl von Marken ausgesetzt, die durch Marketingkommunikation, Erfahrungen und Empfehlungen anderer in sein Bewusstsein gelangen. Hierbei üben die Sozialen Netzwerke und Bewertungsportale einen großen Einfluss aus. Angezogen wird der Konsument jedoch von einer kleinen Auswahl von Marken, die es durch einen Wow-Faktor geschafft haben, in der Appeal-Phase in die engere Auswahl zu rücken. Dabei reagieren junge Konsumenten stärker auf die Attraktivität einer Marke und probieren eher neue Produkte aus. Ist die Neugier geweckt, beginnt die Ask-Phase, in der die Konsumenten aktiv bei Freunden, Familie, in Sozialen Netzwerken oder direkt bei den Marken über die bevorzugten Produkte recherchieren.65
Die Ask-Phase wird aus Sicht der Unternehmen durch die Integration von Offline- und Online-Welt komplizierter. Die konnektiven Konsumenten gehen während des Shopping-Trips online und rufen auf verschiedenen Kanälen Informationen/Meinungen über das Produkt ab und vergleichen die Preise. Deswegen müssen die Unternehmen zumindest in den populärsten Kanälen präsent sein und das Nutzererlebnis (engl. User Experience) zur vollen Zufriedenheit der Kunden gestalten. Lassen sich die Konsumenten in der Ask-Phase durch eingeholte Informationen überzeugen, entschließen sie sich zu handeln und treten damit in die Act-Phase ein. Dabei soll der Konsument das Produkt nicht nur kaufen, sondern mit der Marke auf vielen Ebenen, auch nach dem Kauf, interagieren. Defacto sollte die Marke die Gesamterfahrung des Konsumenten positiv gestalten, um positiv in seinem Gedächtnis zu bleiben und ein Loyalitätsgefühl zu erzeugen. Das ist die Advocate-Phase: Aktive Befürworter empfehlen die Marke, die sie mögen, unaufgefordert und spontan weiter.66
Die Reihenfolge der fünf Phasen ist nicht fix und kann individuell durch den Konsumenten geändert oder übersprungen werden. So kann es vorkommen, dass eine Marke zunächst als unattraktiv empfunden wird und nach einer positiven Empfehlung durch ein Soziales Netzwerk oder Freunde trotzdem gekauft wird, weil dieser Personengruppe Vertrauen geschenkt wird. Wiederum kann ein Konsument die Ask-Phase auslassen und auf der Grundlage der ersten Wahrnehmung, weil diese Begeisterung ausgelöst hat, einen Spontankauf tätigen. Das ist beispielsweise beim Shopping in den Sozialen Netzwerken eine gängige Vorgehensweise.
2.2.3 Verzahnung des traditionellen mit dem digitalen Marketing
Das neue Fünf-Phasen-Modell von Kotler ist ein flexibles, auf alle Branchen anwendbares Modell und ermöglicht den Unternehmen ein genaueres Bild des Konsumentenverhaltens in der konnektiven Konsumgesellschaft zu skizzieren. Es ist ein Ansatz, der ebenfalls die Online- und Offline-Interaktionen zwischen dem Unternehmen und dem Konsumenten in der Customer Journey kombinieren lässt, indem die Instrumente des klassischen und des digitalen Marketings in die einzelnen Phasen, entsprechend ihrer Gewichtung, integriert werden können (siehe Abbildung 7). Dabei macht Kotler deutlich, dass das Brand-Engagement, also die Verbundenheit mit einer Marke am stärksten durch die digitalen Marketingmaßnahmen erreicht wird und die Wahrnehmung einer Marke auch weiterhin mit klassischem Marketing gute Ergebnisse erzielt.67
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Online-Offline-Integration in der neuen Customer Journey68
Um zu entscheiden, welche Kanäle für einen effizienten Media-Mix genutzt werden sollen, ist es notwendig, die Ziele des Unternehmens und die Zielgruppe genau zu kennen. Nur dann führen die Marketingmaßnahmen zum gewünschten Erfolg. Während der Umstellung des Marketingkonzeptes auf den Multichannel-Ansatz ist das Modell von Kotler für Marketingmanager ein hilfreiches Tool, um sowohl klassische als auch digitale Touchpoints, in allen fünf Phasen in einem Modell abbilden zu können. Die in Abbildung 8 vorgeschlagenen Touchpoints stellen lediglich eine willkürliche Auswahl der vorhandenen Möglichkeiten dar. Dabei soll der Fokus auf den Touchpoint Social Media gelenkt werden, der bereits vier Phasen der Customer Journey abdeckt (siehe Abbildung 8). Gleichzeitig soll dadurch verdeutlicht werden, dass die Grenze zwischen online und offline an Bedeutung verliert, da die Konsumenten zunehmend mobiler und kanalagnostischer sind. Sie wechseln von einem Kanal zum anderen und erwarten von einer Marke eine gleich hohe Erfahrung auf allen Kanälen. Der letzte Schritt auf der neuen Customer Journey ist aus Sicht eines Unternehmens der wichtigste: der Schritt von der Act - zu der Advocate-Phase, oder auch der Schritt vom Gelegenheitskäufer zum treuen Markenbotschafter. Es ist der Schritt, der Digital-Marketing gegenüber dem Klassischen hervorhebt.
[...]
1 Vgl. Kobilke (2017) S. 10.
2 Vgl. The Nielsen Company (2015), S. 4.
3 Die Schreibung Soziales Netzwerk/Soziale Medien ist gedeckt durch §63 der Regeln des Rats für deutsche Rechtschreibung. Vgl. Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (2019), o. S.
4 In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.
5 Vgl. Dexheimer und Lechner (2019), S. 308.
6 Vgl. Instagram Business (2019), o. S.
7 Als Touchpoints werden Interaktions- bzw. Berührungspunkte des Konsumenten mit dem Unternehmen bezeichnet. Vgl. Kotler, Kartajaya, Setiawan (2017), S. 35.
8 „Große Mengen an Daten, die u.a. aus Bereichen wie Internet, Mobilfunk, Finanzindustrie […] und aus Quellen wie Sozialen Medien, Kredit- und Kundenkarten […] stammen und die mit speziellen Lösungen gespeichert, verarbeitet und ausgewertet werden“. Bendel (2018).
9 „Anwendung von Methoden und Algorithmen zur automatischen Extraktion empirischer Zusammenhänge zwischen Planungsobjekten, deren Daten in einer hierfür aufgebauten Datenbasis bereitgestellt werden“. Lackes (2018).
10 Vgl. Kotler et al. (2017) S. 47-50.
11 Quelle: Absolventa (2019), o. S.
12 Vgl. International Telecommunication Union (ITU) (2018), S. 13.
13 Vgl. Frees und Koch (2018), S. 398.
14 Das CERN, die Europäische Organisation für Kernforschung, mit Sitz in Genf in der Schweiz. Vgl. Deutschland.de (2015), o. S.
15 Vgl. Deutschland.de (2015), o. S.
16 Vgl. Bauer, A. (2019), o. S.
17 Vgl. Lange (2007), S. 6.
18 Vgl. O'Reilly (2007), S. 18.
19 Vgl. Bruhn und Hadwich(2015), S. 3.
20 Vgl. Hettler (2010), S. 14, Pein (2014), S. 26.
21 Hettler (2010), S. 14.
22 Vgl. Lipinski (2013), o. S.
23 In Anlehnung an Abtan et al. (2016), S. 4.
24 Vgl. Tamble' (2014), o. S.
25 Vgl. Meier (2019), o. S.
26 Generation Z wird in Kapitel 2.1 definiert.
27 Vgl. Feierabend, Rathgeb, Reutter (2018), S. 2.
28 Vgl. Feierabend et al. (2018), S. 65.
29 Vgl. Feierabend et al. (2018), S. 6.
30 Quelle: Feierabend et al. (2018), S. 6, Angaben in Prozent, Basis: alle Befragten in Deutschland, n=1.200.
31 Vgl. Feierabend et al. (2018), S. 31.
32 Quelle: Feierabend et al. (2018), S. 31, JIM 2007 – JIM 2018, Angaben in Minuten, Basis: alle Befragten in Deutschland, n=1.200.
33 Vgl. Feierabend et al. (2018), S. 34.
34 Vgl. Feierabend et al. (2018), S. 38.
35 Quelle: Feierabend et al. (2018), S. 31, JIM 2017, JIM 2018, Angaben in Prozent, Basis: alle Befragten, n= 1.200.
36 Vgl. Francis und Hoefel (2018), S.1-18.
37 Vgl. Francis und Hoefel (2018), S. 1.
38 Rajamannar (2018), o. S.
39 Vgl. Rajamannar (2018), o. S.
40 Vgl. Röhner und Schütz (2012), S. 21-22.
41 Vgl. Kotler et al. (2017), S. 62-63.
42 Vgl. Kreutzer (2016), S.10-12.
43 Haisch (2011), S. 82.
44 Vgl. Haisch (2011), S. 82-83.
45 Kotler et al. (2017), S. 204.
46 Philip Kotler (Jahrgang 1931) ist ein US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler und gilt als Begründer der modernen Marketing-Lehre. Sein Buch „Grundlagen des Marketings“ gilt als das Standartwerk der Branche. Vgl. Schmellenkamp (2019), o. S.
47 Siehe Kapitel 2.1.1 Digitalisierung – Die Grundlage für Soziale Medien.
48 Vgl. Lies (2018), o. S.
49 Vgl. Kotler et al. (2010), S. 43-46.
50 Vgl. Kotler et al. (2010), S. 46-49.
51 Vgl. Kotler et al. (2010), S.50-53.
52 Siehe Kapitel 2.1 Veränderung des Marketings durch Digitalisierung.
53 Vgl. Kotler et al. (2017), S. 12-14.
54 Eigene Darstellung nach dem Text von Kotler et al. (2010), S. 43-53, (2017), S. 12-14.
55 Vgl. Christe (2019), o. S.
56 Vgl. Kotler et al. (2017), S. 18.
57 Vgl. Horizont Online (2019): Facebook macht 6,1 Milliarden Dollar Gewinn - im Quartal.
58 Zu Facebook Inc. gehört u. a. Facebook, WhatsApp und Instagram, siehe hierzu Kapitel 3.1.1 Instagram in Zahlen.
59 Mattscheck (2019), o. S.
60 Vgl. Mattscheck (2019), o. S.
61 Vgl. Hildebrandt (2018), S 40-47.
62 Vgl. Kotler et al. (2017), S 76.
63 Vgl. Rucker und Petty (2006), S 29-52.
64 Eigene Darstellung nach Lewis, Rucker und Kotler.
65 Vgl. Kotler et al. (2017), S 78-83.
66 Vgl. Kotler et al. (2017), S 78-83.
67 Vgl. Kotler et al. (2017), S 69-71.
68 Darstellung nach Kotler et al. (2017), S 70.
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- Olga Bördgen (Author), 2020, Marketing 4.0 - Vertriebskanal Instagram. Warum Unternehmen Social-Media-Marketing-Strategien haben sollten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/536226
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