Feinstaub – an diesem Nachrichtenthema scheiden sich momentan die Geister. Für die einen ist diese Debatte entfernt von wissenschaftlichen Forschungen und durch Medien überspitzt dargestellt, während die anderen Feinstaub als eine der größten Gefahren für den Menschen wahrnehmen.
Obwohl bereits durch einige Maßnahmen versucht wird, die Feinstaubkonzentration im Ökosystem Stadt zu senken, stellt dieser immer noch eine Bedrohung für die Biozönose dar. In dieser Arbeit soll geklärt werden, inwiefern die Biozönose geschädigt wird und vor allem, wie die Feinstaubkonzentration durch den Menschen reduziert werden kann.
Inhalt
Inhalt
1. Einleitung
2. Entstehung von Feinstaub
3. Historische Entwicklung der Feinstaubkonzentration
4. Verteilung des Feinstaubs in der Atmosphäre
5. Einfluss des Feinstaubs auf die Biozönose
a. Auswirkungen auf Pflanzen
b. Auswirkungen auf den Mensch
6. Maßnahmen zur Reduzierung der Feinstaubbelastung
a. Politische Grundlage
b. Luftreinhalte- und Aktionsplan der Stadt Neu-Ulm
c. Filterung des Feinstaubs durch Stadtbegrünung
7. Fazit
8. Abbildungsverzeichnis
9. Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Feinstaub – An diesem Nachrichtenthema scheiden sich momentan die Geister. Für die einen ist diese Debatte entfernt von wissenschaftlichen Forschungen und durch Medien überspitzt dargestellt, während die anderen Feinstaub als eine der größten Gefahren für den Menschen wahrnehmen.
Ein Leser der Ärzte Zeitung schreibt beispielsweise, dass „die Werte [...] aufgrund technischen Fortschrittes kontinuierlich in unseren Städten [sinken]. [Trotzdem werden] aufgrund medialer und politisch inszenierter Angstmache [...], die wissenschaftlich vorliegenden Daten zur Forderung einer sofortigen Einschränkung der Mobilität von Diesel-Fahrern verwendet.”1
Vor allem die Vertreter der Automobilindustrie und des Handels äußern sich negativ zu den Bestrebungen der Politik, die Feinstaubkonzentration zu senken. So ist zum Beispiel die Hauptgeschäftsführerin des Baden-Württembergischen Handelsverbandes Sabine Hagmann erleichtert, „dass Politik das Problem erkannt hat“2 3. Allerdings meint sie hier nicht das Problem der hohen Feinstaubkonzentration, sondern die, in ihren Augen, unsinnigen Fahrverbote.
Auf der anderen Seite wiederum äußert sich Karl Lauterbach zu dieser Thematik mit einer völlig anderen Meinung. Er ist sich sicher, dass die Gefahren des Feinstaubs real sind und auch, dass dies bei internationalen Wissenschaftlern unstrittig sei[3]. Wobei auch hier wieder Zweifel aufgrund des Statements von Dieter Köhler aufkommen, der sagt, dass es „sehr wahrscheinlich [ist], dass die wissenschaftlichen Daten, die zu diesen scheinbar hohen Todeszahlen führen, einen systematischen Fehler enthalten"[4]. Auch wenn hier nur vier Zitate vorgestellt wurden, lässt sich doch schon klar erkennen, dass sich die Meinungen beim Thema Feinstaub sehr deutlich unterscheiden. Obwohl bereits durch einige Maßnahmen versucht wird, die Feinstaubkonzentration im Ökosystem Stadt zu senken, stellt dieser immer noch eine Bedrohung für die Biozönose dar. In dieser Seminararbeit soll geklärt werden, inwiefern die Biozönose geschädigt wird und vor allem, wie die Feinstaubkonzentration durch den Menschen reduziert werden kann.
2. Entstehung von Feinstaub
Bevor näher darauf eingegangen wird, welche Folgen die Feinstaubbelastung für die Biozönose des Ökosystems Stadt hat, muss erst geklärt werden, wie Feinstaub entsteht bzw. warum gerade das Ökosystem Stadt betroffen ist.
Eine allgemein gültige Definition für Feinstaub ist nicht aufzufinden, auch das Umweltbundesamt definiert Feinstaub als winzige, nicht mit dem Auge wahrzunehmende Partikel, die nicht sofort zu Boden sinken, sondern eine Weile in der Atmosphäre verbleiben.4 Dennoch kann man Feinstaub aufgrund einiger Kriterien definieren. Zum einen wäre hier als Kriterium die Größe zu nennen, auf die später nochmals eingegangen wird. Zum anderen lässt sich der Feinstaub auch nach Toxizität, wobei hierbei nicht mehr nur der Feinstaub an sich untersucht wird, sondern vor allem auch zusätzliche Substanzen, die an dem Feinstaub haften.
Außerdem kann man die Stäube man anhand ihrer Entstehungsquellen kategorisieren. Es gibt sowohl die direkten Quellen, vor allem Verbrennungsvorgänge bei denen Aerosole freigesetzt werden, als auch sekundäre Quellen, wobei Aerosole durch chemische Reaktionen anorganischer Vorläufersubstanzen wie NH3 , NO x , SO 2 oder NMVOC5 entstehen. Außerdem lassen sich die direkten Quellen noch in anthropogene und natürliche Quellen unterscheiden.
In der nebenstehenden Grafik sieht man einige dieser anthropogenen Quellen. Insbesondere entsteht der Feinstaub hier durch künstlich verursachte Bodenaufwirbelungen (Schüttgutumschlag) und Verbrennungsprozesse (Industrie, Energie, Holzfeuerung, Verkehr). Allerdings entsteht gerade der Feinstaub, der durch den Straßenverkehr freigesetzt wird nicht nur durch die Verbrennung von Treibstoff, sondern zu einem großen Teil auch aus Reifen-, Bremsbelag- und Straßenabrieb.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Neben diesen Hauptquellen gibt es aber auch kleinere Quellen wie Kerzen, Zigaretten oder Tintendrucker, die kaum jemand als Gefahrenquellen wahrnimmt. Obwohl genau diese Quellen die Feinstaubbelastung gerade in geschlossenen Gebäuden erhöhen und so den Mensch direkt den Gefahren des Feinstaubs aussetzen.
Hier sieht man auch, warum gerade das Ökosystem Stadt besonders von der Feinstaubbelastung betroffen ist. Alle diese anthropogenen Quellen finden sich in einer Stadt in großer Zahl und auf kleinem Raum wieder, wodurch die Konzentration des Feinstaub in der Luft höher ist als beispielsweise auf dem Land, dadurch kommt es zwangsläufig auch zu einer grundlegend höheren Feinstaubbelastung. Feinstaub entsteht aber nicht nur durch anthropogene Einflüsse, es gibt auch natürliche Quellen. Dazu zählen unter anderem Waldbrände, Vulkanausbrüche, natürliche Bodenaufwirbelungen wie der Saharastaub und biogene Aerosole wie Pollen, Viren, Sporen, Algen, Zellteile oder Ausscheidungen.6 Eine weitere natürliche Quelle sind die Seesalzaerosole, die nicht schädigend auf den Mensch wirken, sondern teilweise sogar dabei helfen, Atemwegserkrankungen zu heilen bzw. deren Symptome zu lindern.7 Zu diesen direkten, natürlichen und anthropogenen Emittenten kommen auch sekundäre Quellen dazu. Diese sekundären Feinstaubpartikel entstehen durch chemische Umwandlungen der sogenannten Vorläufersubstanzen , wie beispielsweise NH3 , NOx , SO2 oder NMVOC.
Neben den Quellen lassen sich die Stäube auch nach Größe unterscheiden. Hier sind vor allem drei Gruppen wichtig: Zum einen der sogenannte inhalierbare Grobstaub und der Feinstaub (PM10 oder PM2 ,58 ), sowie die ultrafeinen Partikel. Hierbei gibt die Zahl hinter dem PM 9, den aerodynamischen Durchmesser der Partikel in Mikrometer an. Warum diese Unterscheidung wichtig ist, zeigt sich, wenn erläutert wird, welche Folgen eine Exposition für den Menschen hat. Allerdings wird bisher bei keiner Feinstaubmessung auf die verschiedenen Bestandteile Rücksicht genommen, d.h. beispielsweise wird auf einem Feinstaubmessgerät an einer Küste auch eine Belastung angezeigt, obwohl dort der Feinstaub hauptsächlich aus den teils positiv wirkenden Seesalzaerosolen besteht.
3. Historische Entwicklung der Feinstaubkonzentration
Wie man bereits an den verschiedenen Quellen sieht, muss sich die Feinstaubkonzentration in der Luft über die Zeit stark verändert haben. Von der Zeit, als es noch keinerlei anthropogene Einflüsse gab, bis heute, nachdem die Industrielle Revolution stattfand, und die Hauptenergiequelle verschiedenste Verbrennungsprozesse sind.
Obwohl es in den Medien momentan so dargestellt wird, als würde die Feinstaubbelastung kontinuierlich steigen, ist das Gegenteil der Fall.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie man an dem nebenstehenden Bild sehen kann, sinken die Feinstaubmesswerte in Deutschland seit 1985 (links oben bis 2008 rechts unten) kontinuierlich (je dunkler die Fläche, desto größer der PM10 - Jahresmittelwert).
Allerdings kann man auch erkennen, dass in einigen Jahren, vorher helle Flächen wieder dunkler wurde, dass kann daran liegen, dass die Messwerte starken zwischenjährlichen Schwankungen, aufgrund von meteorologischen Einflüsse, unterliegen und auch durch die Lage der Messstationen bzw. durch das sich ändernde Umfeld der Messstation beeinflusst werden. So können beispielsweise neu angelegte Straßen oder größere Siedlungen in der Nähe einer Messstationen zu veränderten Messwerten führen.
Ein weiteres Beispiel für das Sinken der Feinstaubkonzentration ist die Stadt London. Während hier im späten 20. Jahrhundert Smog aufgrund von Emission, in England vor allem durch die wachsende Industrie, normal war, ist dies heutzutage nicht mehr der Fall.10 Aufgrund dieser Grafiken kann man zu einem ähnlichen Schluss wie Detlev Möller kommen, der sich fragt, ob es überhaupt möglich ist, die Feinstaubbelastungen noch weiter zu senken oder ob sie sich bereits auf dem niedrigsten Niveau befindet.11
4. Verteilung des Feinstaubs in der Atmosphäre
Aufgrund seines Gewichts sinkt keiner der Stäube nach seiner Emission direkt auf den Boden; stattdessen steigen sie in die Luft und werden durch meteorologische Prozesse teils über weite Strecken transportiert. Die Stäube steigen bis in die Tropos- bzw. Stratosphäre auf.
In diesen zwei Sphären werden die Aerosole , zu denen feinste , schwebende, flüssige oder feste Stoffe, unter anderem die Vorläufersubstanzen, Rauch, Nebel, aber auch Feinstaub gehören12 durch meteorologische Faktoren verteilt.13 Die Feinstaubkonzentration hängt insbesondere mit der Austauschgeschwindigkeit der Umgebungsluft zusammen.
Sowohl trockene Winter als auch heiße Sommer erhöhen beispielsweise die PM10 - Konzentration in der Luft.14 Aufgrund der Hochdruckgebiete, die diese Wetterlage verursachen, ist die Windgeschwindigkeit niedrig, was dazu führt, dass sich der Feinstaub in der Atmosphäre wie unter einer Glocke sammelt und nicht verteilt wird, das wiederum führt unteranderem zum sogenannten Wintersmog.
Auf der anderen Seite, sorgen Wetterlagen mit guten Durchmischungsbedingungen zwar dafür, dass der Feinstaub sich nicht an einem Ort staut, aber auch dafür, dass dieser höher in die Atmosphäre steigen kann und so vom Wind weiter verteilt wird. Ein sehr bekanntes Beispiel für diese Verteilung des Staubes ist der sogenannte Saharastaub15, der in der Wüste durch ein Tiefdruckgebiet aufgewirbelt und durch die Atmosphäre bis nach Mitteleuropa getragen wird. In der Stadt werden diese Umwälzungs- und Verteilungsprozesse noch durch weitere Faktoren beeinflusst. Auf dem Land gibt es im Gegensatz zur Stadt weniger Bebauung und somit größere Flächen, die direkt von Winden getroffen werden, wodurch der Feinstaub leichter verteilt wird. In der Stadt, ist diese Umverteilung durch die starke Bebauung eingeschränkt. Hinzukommen in der Stadt lokale hot spots , hierzu zählen beispielsweise stark frequentierte Straßenkreuzung oder Industriekraftwerke, in Verbindung mit der Bebauung, entsteht hier eine wesentlich höhere Feinstaubkonzentration. Diese zwei Faktoren werden in der Messung als Hintergrundbelastung registriert und bei der Interpretation der Messwerte berücksichtigt.
5. Einfluss des Feinstaubs auf die Biozönose
Um den Einfluss der Feinstaubkonzentration auf das Ökosystem Stadt untersuchen zu können, ist die Biozönose wichtig. In der Stadt besteht diese aus Pflanzen, meist in kleineren Kohorten als in ländlichen Regionen, Tieren und Menschen. In dieser Arbeit soll der Fokus auf den Folgen und Reaktionen des Menschen liegen, weswegen im Folgenden nur ein Beispiel für die Auswirkungen der Feinstaubbelastung auf Pflanzen angeführt werden soll.
a. Auswirkungen auf Pflanzen
Pflanzen werden vor allem durch die Impaktion, also die Ablagerung des Feinstaub auf den Blättern beeinträchtigt. Dabei fanden Forscher der Universität Bonn heraus, dass diese Ablagerung dazu führen, dass die Spaltöffnung der Pflanzen, die sowohl für die Aufnahme von CO2 und somit der Photosynthese, als auch zur Flüssigkeitsregulierung der Pflanzen nötig sind, verstopft werden. Gerade die Flüssigkeitsregulierung der Pflanzen wird stark beeinträchtigt, da die Abgabe von Wasserdampf erschwert und durch die oft salzhaltigen Aeorosolablagerungen zusätzlich Flüssigkeit aus den Blättern gezogen und an den Feinstaub gebunden wird. Langfristig führt also eine erhöhte Feinstaubbelastung möglicherweise zu einem Austrocknen der photosynthesebetreibenden Pflanzen und somit auch zu einer verminderten Sauerstoffproduktion, wovon alle aeroben Lebewesen beeinträchtigt wären.16 Eines dieser aeroben Lebewesen ist der Mensch. Dieser wird aber auch direkt durch den Feinstaub beeinflusst, das soll im nächsten Kapitel geklärt werden.
b. Auswirkungen auf den Mensch
Der Feinstaub gelangt über die Atemwege in den Körper des Menschen.
Der inhalierbare Grobstaub (>10µm) wird bereits von den Schleimhäuten aus der Atemluft gefiltert und wieder aus dem Körper entfernt.17 Wie man an der nebenstehenden Skizze sieht gelangt der PM10 noch bis zum Kehlkopf, durch die Schleimhäute an dieser Stelle, wirkt er wie ein Filter, und auch diese Partikel werden aus der Atemluft gefiltert.
PM2,5 und die ultrafeinen Partikel gelangen weitestgehend ungefiltert bis in die Bronchien bzw. sogar bis in die Alveolen, wo der Gasaustausch des Blutes stattfindet.
An den Alveolen werden zwar PM2,5- Partikel größtenteils herausgefiltert, die ultrafeinen Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 1µm können allerdings die Membran der Alveolen passieren und gelangen dadurch in den Blutkreislauf. Alle Partikel die vom Körper aus der einströmenden Atemluft gefiltert werden, werden entweder direkt mit der ausgeatmeten Luft wieder aus dem Körper befördert oder an Schleim gebunden und ausgehustet bzw. ausgeschnäuzt.
Besonders großen Anteil an den negativen, gesundheitlichen Folgen hat der rußige Bestandteil des Feinstaubs, der sogenannte black carbon . Dieser zählt zum ultrafeinen Feinstaub und ist ein Gemisch aus unverbrannten Bestandteilen der zu verbrennenden Stoffe, meistens Öl, Diesel oder Kohle. Dieser Ruß ist teilweise als kanzerogen (krebsauslösend) und mutagen (Mutationen auslösend) eingestuft, da das Immunsystem den körperfremden Stoff zerstören will und dabei auch körpereigenes, gesundes Gewebe zerstört. Aus diesem Grund kann dieser als einer der Hauptverursacher der Gesundheitsrisiken durch Feinstaub angesehen werden.18
[...]
1 in: Ärzte Zeitung, Heft 53, 2019, S.2
2 in: Rundschau für den Lebensmittelhandel, Nr.03, 2019, S. 76
3 Graw, Ansgar (2019) Le Ker, Heike (2019)
4 Umweltbundesamt (Hrsg., 2013)
5 n on- m ethane v olatile o rganic c ompounds = flüchtige, organische Verbindungen ohne Methan
6 Umweltbundesamt (Hrsg., 2009)
7 Melzer, Martina (2018)
8 Deutscher Wetterdienst (Hrsg., 2017)
9 PM = p articulate m atter; Größeneinheit für Feinstaub, angegeben in µm (Abbildung der filterbaren Teilchen der Atemwege (siehe Kapitel 4.b.)
10 Europäische Umweltagentur (Hrsg., 2013)
11 Möller, Detlev (2009)
12 Kasang, Dieter
13 Umweltbundesamt (Hrsg., 2009)
14 Umwelt Bundesamt (Hrsg., 2018): Feinstaub-Belastung
15 Lingenhöhl, Daniel (2014)
16 Schwincke, Matthias (2018)
17 Weiß, Johannes (2014)
18 Möller, Detlev (2009)
- Quote paper
- Philipp Axmann (Author), 2019, Feinstaub als unsichtbare Gefahr im Ökosystem Stadt. Entstehung, Auswirkungen und Maßnahmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/535925
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