Seit der Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2006 dürfen Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf am Unterricht in Regelschulen teilnehmen. Dies stellt die Schulen vor beträchtliche Herausforderungen. Um inklusive Konzepte an Regelschulen umzusetzen, sind die Einstellungen von Lehrkräften, SchülerInnen sowie deren Eltern zur Inklusion entscheidend.
Welche Einstellung haben Kinder der ersten und zweiten Jahrgangsstufe zur Inklusion? Gibt es Unterschiede in der Einstellung von Kindern einer Inklusionsklasse im Vergleich zu Kindern einer Regelkasse? Und inwieweit beeinflusst die Einstellung der MitschülerInnen den Erfolg von Inklusion?
Die Autorin Annika Trefz wirft einen Blick auf inklusive Konzepte an Regelschulen und deren Erfolg. Trefz stellt Äußerungen von SchülerInnen einer Inklusionsklasse sowie einer Regelklasse gegenüber und bestimmt so, wie wichtig die Einstellung der SchülerInnen zur Inklusion für deren Gelingen ist.
Aus dem Inhalt:
- Integration;
- Sozialpsychologie;
- Inklusionsklasse;
- Lernbedingungen;
- Therapieangebote;
- Chancengerechtigkeit
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Schlüsselwörter
Abstract
Vorwort
1 Einleitung
2 Forschungstand
2.1 Inklusion
2.2 Behinderung
2.3 Einstellungen
2.4 Einstellungen zur Inklusion
2.5 Einstellungen und Verhalten gegenüber behinderten Menschen
3 Forschungsfrage
4 Methodik und Stichprobe
4.1 Design und Ablauf des Spiels
4.2 Design des Beobachtungsbogens
4.3 Auswertungsverfahren
4.4 Beschreibung der Stichprobe
5 Ergebnisdarstellung
5.1 Positives Spielverhalten
5.2 Negatives Spielverhalten
5.3 Vergleich zwischen Inklusionsklasse und Regelklasse
6 Diskussion
6.1 Interpretation der Ergebnisse
6.2 Einbettung der Ergebnisse in den bisherigen Forschungsstand
6.3 Limitierung der Aussagekraft
7 Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Impressum:
Copyright © Social Plus 2020
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Covergestaltung: GRIN Publishing GmbH
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 : Die eindimensionale Sichtweise von Einstellungen
Abbildung 2: Die zweidimensionale Sichtweise von Einstellung
Abbildung 3: Sechs Dimensionen der Einstellungsforschung
Abbildung 4: Positive Subkategorien innerhalb der Kategorien
Abbildung 5: Positives Spielverhalten
Abbildung 6: Negative Subkategorien innerhalb der Kategorien
Abbildung 7: Negatives Spielverhalten
Abbildung 8: Vergleich IK und RK der SK im Verhältnis 1:1
Abbildung 9: Aufbau der Legoschule (aus der Vogelperspektive)
Abbildung 10: Nina (Kind mit Körperbehinderung)
Abbildung 11: Tom (Kind mit ADHS)
Abbildung 12: Lisa (Kind mit Lernbehinderung)
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Einstellungsergebnisse aus der Forschung bezüglich der Einstellung von Grundschullehrkräften zur Inklusion von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf
Tabelle 2: Einstellungen zu Menschen mit Behinderung
Tabelle 3: Kategorieleitfaden der K1
Tabelle 4: Kategorie Verhalten
Tabelle 5: Übersicht über die untersuchten Probanden
Tabelle 6: Kategorie: Verhalten
Tabelle 7: Durchschnittliche Aussagen der Probanden in K1
Tabelle 8: Kategorie: Schulbegleiterin
Tabelle 9: Durchschnittliche Aussagen der Probanden in K2
Tabelle 10: Kategorie: Fremdheit
Tabelle 11: Durchschnittliche Aussagen der Probanden in K3
Tabelle 12: Kategorie Fähigkeit
Tabelle 13: Durchschnittliche Aussagen der Probanden in K4
Tabelle 14: Kategorie: Partizipation
Tabelle 15: Durchschnittliche Aussagen der Probanden in K5
Tabelle 16: Kategorie: Wissen über Behinderung
Tabelle 17: Durchschnittliche Aussagen der Probanden in K6, eigene Darstellung der gewonnen Ergebnisse
Tabelle 18: Kategorie: Leistung
Tabelle 19: Durchschnittliche Aussagen der Probanden in K7
Tabelle 20: Vergleich der Notengebung
Tabelle 21: Untersuchungen bzgl. des Zusammenhanges von Einstellung und Verhalten
Tabelle 22: Kategorieleitfaden
Schlüsselwörter
Inklusion, Integration, inklusive Pädagogik, Behinderung, Körperbehinderung, ADHS, Lernbehinderung, Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, Einstellungen, Sozialpsychologie, Einstellungsforschung, Grundschullehrkräfte, Eltern, Inklusionsklasse, Regelklasse
Abstract
Das Konzept der Inklusion setzt sich für eine uneingeschränkte Teilhabe von Menschen mit Behinderung ein. In der inklusiven Pädagogik sollen Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Regelschulen unterrichtet werden. Das Gelingen einer inklusiven Beschulung ist abhängig von der Einstellung der Lehrkräfte, Eltern und Mitschüler. In der Einstellungsforschung liegen zahlreiche empirische Befunde zur Einstellung von Lehrkräften und Eltern zur Inklusion von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf vor. Die Einstellung von Grundschulkindern zur Inklusion von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf wurde nur wenig erforscht. Die vorliegende Arbeit widmet sich der Frage, welche Einstellung Kinder der ersten und zweiten Jahrgangsstufe zur Inklusion von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf haben. Gleichzeitig soll erforscht werden, ob Unterschiede in der Einstellung von Kindern einer Inklusionsklasse im Vergleich zu Kindern einer Regelkasse, ersichtlich sind. Die Untersuchung fand im Rahmen eines konzipierten Spiels statt und wurde auf der Grundlage der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) ausgewertet. Aus dem spielerischen Verhalten und den Äußerungen der untersuchten Kinder, soll auf eine positive bzw. negative Einstellung dieser geschlossen werden. Insgesamt wurden 25 Kinder befragt. Die Ergebnisse ergaben, dass sowohl die Kinder der Inklusionsklasse, als auch die Kinder der Regelklasse eine überwiegend positive Einstellung zur Inklusion von Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf haben. Unterschiede zwischen den Klassen waren unter anderem in dem Wissen über die Behinderungsarten erkennbar.
Vorwort
„Die zentrale Ressource ist die eigene Veränderung. Integration/Inklusion fängt in den Köpfen an, in unseren!“ (Feuser 1985, S.11)
Der Wahrheitsanspruch des Zitats von Feuser ist bis heute gültig. Die Erforschung von Einstellungen zur schulischen Inklusion zählt zu den Themen, die in den letzten Jahrzehnten am meisten erforscht wurden. Der „Boom“ der Einstellungsforschung belegt die Notwendigkeit der Forschung, die Befunde zusammenzufassen und die Forschung methodisch weiterzuentwickeln.
Das Thema Inklusion liegt mir sehr am Herzen. Ich befürworte eine inklusive Beschulung, in der Kindern mit und ohne Behinderung gemeinsam unterrichtet werden. Außerdem stimmte ich der Hypothese zu, dass für das Gelingen der Umsetzung des Inklusionskonzepts im schulischen Kontext, die positive Einstellung der beteiligten Akteure relevant ist. Aufgrund dessen habe ich mich dazu entschieden, die Einstellungsforschung zur Inklusion in meiner Zulassungsarbeit zu thematisieren.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit habe ich versucht, die empirischen Befunde der Einstellungsforschung von Grundschullehrkräften und Eltern zusammenzufassen. Zudem habe ich eine Übersicht über die Ergebnisse der Meinungen von Menschen ohne Behinderung zu Menschen mit Behinderung zusammengestellt. Da die Einststellung von Kindern zur Inklusion bis jetzt am wenigsten erforscht wurde, habe ich mich dazu entschieden in diesem Bereich zu forschen. Da ich denke, dass man aus dem spielerischen Verhalten der Kinder am besten Erkenntnisse über deren Einstellung gewinnen kann, habe ich mir überlegt, ein von mir konzipiertes Spiel mit den Kindern durchzuführen. Die Ergebnisse werden in dieser Arbeit vorgestellt.
Meinem Betreuer Tobias Tretter danke ich für sein allzeitiges zur Verfügung stehen um aufkommende Fragen während des Schreibprozesses der Zulassungsarbeit zu beantworten. Zudem danke ich meiner Kommilitonin und Freundin Jule Abt für die fachliche, soziale und seelische Unterstützung beim Schreiben der Arbeit. Herzlichen Dank!
1 Einleitung
Bei der Inklusion handelt es sich um ein Konzept, das der Institutionalisierung, welche die soziale Segregation zur Folge hat, entgegenwirken soll (vgl. Theunissen 2010, S. 21). Statt der Ausgliederung mittels institutioneller Differenzierung, soll Teilhabe in Regelinstitutionen organisiert werden. Damit einher geht eine Heterogenität von (Lern-) Gruppen, der es methodisch zu begegnen gilt. Eine inklusive Pädagogik stellt die Lebenswelt eines jeden Kindes in den Mittelpunkt (vgl. Boenisch 2016, S. 226). Die inklusive Beschulung einer heterogenen Schülerschaft hat zum Ziel, eine aufkommende Diskriminierung zu minimieren und gleichzeitig die soziale Teilhabe aller Kinder zu maximieren (vgl. Werning 2016, S. 229).
Zum Verständnis der Begriffe Inklusion und Behinderung liegen in der Literatur unterschiedliche Auffassungen vor. Diese wurden mit der Zeit weiterentwickelt und sind stark kontextabhängig. Die Entstehung und Weiterentwicklung der Begrifflichkeiten sollen in der vorliegenden Arbeit konzeptuell dargestellt werden.
Inklusive Beschulung schließt Kinder/Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf, Kinder/Jugendliche mit Migrationshintergrund, Kinder/Jugendliche aus prekären Verhältnissen, Kinder/Jugendliche mit bestimmter sexueller Orientierung, sowie Kinder/Jugendliche mit Spezial-bzw. Hochbegabung mit ein (vgl. Saalfrank und Zierer 2017, S. 35). Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Inklusion von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf.
Seit der Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2006 ist es Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf gesetzlich erlaubt, am Unterricht in Regelschulen teilzunehmen. Die Umsetzung einer inklusiven Pädagogik an Regelschulen steht dadurch vor beträchtlichen Herausforderungen. Lehrkräfte erleben die Heterogenität der Lerngemeinschaft ihrer Schulklassen als pädagogische Herausforderung. So berichtet beispielsweise eine Lehrerin im SPIEGEL, dass aufgrund von unstimmigen Rahmenbedingungen optimale Lernbedingungen und Fördermöglichkeiten für die inkludierten Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf nicht realisiert werden könnten. Sie begründet diese Angabe mit der Begründung, dass sie in ihrem inklusiven Unterricht nicht allen Kindern in gleicher Weise gerecht werden könne (vgl. Henrich 2017). Inklusive Pädagogik erfordert also neben der Schaffung optimaler Rahmenbedingungen, eine Haltung, die Diversität zulässt oder gar fördert.
Für die Realisierung von inklusiven Konzepten an Regelschulen, sind die Einstellungen der Personen, die das Konzept umsetzen bzw. an dessen Umsetzung beteiligt sind, entscheidend (Boer 2012, S. 8). Dazu gehören primär die Lehrkräfte, die Schüler- und Schülerinnen des Klassenverbands und deren Eltern. Bezüglich der Einstellung von betroffenen Lehrkräften und Eltern zur Inklusion von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, liegen bereits zahlreiche Forschungsergebnisse vor (vgl. Kap. 2.4.). Die Einstellung der Schüler/-innen ohne Behinderung, bezüglich der gemeinsamen Beschulung, wurde bisher nur wenig erforscht. Da die Schüler/-innen in einem direkten Kontakt mit dem Kind bzw. den Kindern mit Behinderung stehen und hierbei ein stetiger, wechselseitiger Austausch stattfindet, stelle ich die Hypothese auf, dass die Einstellungen der Mitschüler/-innen besonders bedeutend für eine gelingende Inklusion sind.
Die Bildung von Werten, Einstellungen, Vorurteilen und der Stigmatisierung bestimmter Personengruppen, gehören zur Disziplin der Sozialpsychologie. Im Rahmen meiner Zulassungsarbeit habe ich mich mit den Einstellungen von Grundschülern/-innen der ersten und zweiten Jahrgangsstufe zur Inklusion von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf gezielt auseinandergesetzt und diese mithilfe von Äußerungen der Schüler/-innen in spielerischen Handlungen herausgearbeitet.
Hierbei beschränkte ich mich auf die Inklusion von Kindern mit körperlicher Behinderung, so wie Lernbehinderung und ADHS, nach dem Konzept der Einzelintegration (vgl. Kap. 2.1.4.4) beschult werden. Gleichzeitig habe ich die positiven wie negativen Äußerungen der Schüler/-innen einer Inklusionsklasse mit denen einer Regelschulklasse verglichen und untersucht, ob Unterschiede ersichtlich sind. Das Agieren und die Äußerungen der Schüler/-innen habe ich mittels einer anonymisierten Filmaufnahme und mithilfe eines Beobachtungsbogens dokumentiert und beides auf der Grundlage der qualitativen Inhaltsforschung nach Mayring (2015) ausgewertet.
Im Folgenden wird aufgrund der leichteren Lesbarkeit bei Angaben wie beispielsweise Schüler, Lehrer, Schulbegleiter, die männliche Form verwendet.
Aus Gründen des Datenschutzes wurden alle Namen anonymisiert.
2 Forschungstand
Um Antworten auf die Forschungsfrage (vgl. Kap. 3.) zu erlangen ist es zunächst notwendig herauszuarbeiten, welche Forschungsergebnisse bereits in der Einstellungsforschung zum Thema Inklusion existent sind. Hierzu soll zunächst die Entwicklung des Begriffs Inklusion, die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und die praktizierenden, inklusiven Konzepte zusammenfassend dargestellt werden.
Es schließt sich eine Übersicht über drei ausgewählte Behinderungsmodelle, welche grundlegend für die Entstehung verschiedener Behindertenbegriffe sind, an. Darüber hinaus sollen die Behinderungsarten: Körperbehinderung, die Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) und die Lernbehinderung vorgestellt und das Gelingen einer inklusiven Beschulung der betroffenen Kinder reflektiert werden. Es folgt eine Übersicht über die Struktur, Funktion, Messung und Änderung von Einstellungen, sowie die Auswirkungen von Einstellungen auf gezeigtes Verhalten aus sozialpsychologischer Perspektive.
Abschließend wird eine Zusammenfassung der bereits existenten Forschungsergebnisse aus der Einstellungsforschung von Grundschullehrkräften, Grundschülern und Eltern zur Inklusion von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, so wie der Einstellung zu Menschen mit Behinderung aus der „Soziologie der Menschen mit Behinderung“ von Cloerkes (2001) dargestellt.
2.1 Inklusion
Grundschulklassen sind vor allem durch eine steigende Heterogenität der Schüler/-innen geprägt (vgl. Boenisch 2016, S. 224). Statistiken belegen, dass etwa zwei Drittel (ca. 61,0%) aller Mädchen und Jungen, bei denen ein sonderpädagogischer Förderbedarf (vgl. Kap. 3.2.2.5) diagnostiziert wurde, inklusiv an Grundschulen unterrichtet werden (vgl. Schnell 2009, S. 358)
Baake und Rehle befragten viele Grundschulkinder und kamen zu dem Schluss, dass trotz der gegebenen Vielfalt, alle Kinder, unabhängig von einer vorhandenen Behinderung, die gleichen elementaren, anthropologischen Bedürfnisse und Fähigkeiten haben. Dazu gehören das Bedürfnis sich angenommen zu fühlen, das Bedürfnis nach Geborgenheit, das Bedürfnis neue Erfahrungen zu machen, das Bedürfnis nach Lob und Anerkennung, das Bedürfnis Verantwortung zu übernehmen und selbstständig zu agieren und das Bedürfnis nach Orientierung und Zusammenhang (vgl. Baacke 1992, S. 333). Außerdem strebt jedes Kind danach etwas lernen zu dürfen, Erfolg zu haben und mit anderen in Kontakt zu treten. Jedes Kind zeigt Neugier, hat individuelle Kompetenzen und wendet eigene Strategien an (vgl. Rehle 2010, S. 42).
Die Aufgabe inklusiven Unterrichts, als Unterricht für alle, besteht darin, der heterogenen Gemeinschaft und gleichzeitig jedem einzelnen Individuum wertschätzend zu begegnen. Beispielsweise lag der Fokus der Schuleingangsdiagnostik bisher auf der Schulfähigkeit des Kindes. Die inklusive Schule möchte dagegen weg von der Segregation nach Leistungsmöglichkeit und hin zur Schaffung optimaler Lernbedingungen. Sie fragt nach den Rahmenbedingungen, welche gegeben sein müssen, damit „dieses Kind an dieser Schule die optimalen Lernbedingungen bekommt.“ (Lüke et al. 2015, S. 11).
2.1.1 Die Entwicklung des Inklusionskonzepts
Die Grundlage für das gegenwärtige Verständnis von Inklusion wurde 1990 in der Konferenz mit dem Titel „The World Conference on Education for All“ (Final Report 1990, S.2) von Jomtien, in Thailand geschaffen. Die Vertreter der Konferenz forderten die Realisierung einer Bildung, die uneingeschränkt allen Menschen zusteht (vgl. Saalfrank und Zierer 2017, S. 31). Auch die Frage, welche Rahmenbedingungen geschafft werden müssen um eine inklusive Beschulung realisieren zu können, war ein bedeutendes Thema der Konferenz. Die Vertreter der Konferenz sprachen sich dafür aus, dass allen Kindern und Jugendlichen eine einheitliche Grundbildung in Schulen vermittelt werden soll. Die Vorbeugung von Bildungsbenachteiligungen und die Schaffung einer gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeit für alle wurden als Zielformulierungen festgehalten (vgl. Saalfrank und Zierer 2017, S. 31).
In der, vom 7. bis 10. Juni 1994 im spanischen Salamanca tagenden, Weltkonferenz „World Conference on Special Needs Education: Access und Quality“ (UNESCO 1994) wurde der Fokus speziell auf die Inklusion und das inklusive Lernen von Menschen mit Behinderung gerichtet (vgl. Boysen et al. 2012, S. 38). Die Vertreter der Konferenz postulierten die Einzigartigkeit eines jeden Kindes und betonten den Anspruch auf eine individuelle Förderung (vgl. Boysen et al. 2012, S. 39). Die Forderung, Kindern und Jugendlichen mit einer Behinderung den Zugang in das Regelschulsystem zu ermöglichen, wurde in der Salamanca Erklärung festgehalten (vgl. Saalfrank und Zierer 2017, S. 32). Schulen müssten einen Weg finden, „alle Kinder erfolgreich zu unterrichten, auch jene, die massive Benachteiligungen und Behinderungen haben.“ (Die Salamanca Erklärung und der Aktionsrahmen zur Pädagogik für besondere Bedürfnisse 1994, S. 3). Der bestehenden Defizitorientierung solle durch eine gezielte Ressourcenorientierung entgegengewirkt werden. Unterstützerangebote sollen geschaffen werden, um inklusive Strukturen realisieren zu können (vgl. Saalfrank und Zierer 2017, S. 33). Inklusion und eine inklusive Schule meint im Sinne der Salamanca Erklärung, eine „Schule bzw. ein Schulsystem zu schaffen, das Strukturen hervorbringt, in dem alle Kinder und Jugendlichen jenseits etikettierender Zuschreibungen willkommen sind und gemeinsam lernen können, wobei entsprechende Unterstützungssysteme in pädagogischer bzw. personeller sowie technischer Art installiert werden müssen.“ (Ebd., S. 33).
2.1.2 Inklusion oder Integration?
Der englische Begriff „inclusion“ aus der Salamanca-Erklärung kann im Deutschen sowohl mit Integration, als auch mit Inklusion übersetzt werden (vgl. Saalfrank und Zierer 2017, S. 33). Beide Begriffe werden in der Literatur synonym verwendet.
Bei der Verwendung des Begriffs Integration, unterscheidet Textor konzeptuell zwischen einer „bedingten Integration“ (Textor 2015, S. 25) und einer „unbedingten Integration“ (Ebd, S. 25). Unter einer „bedingten Integration“, versteht sie eine Form der Integration, welche die Eingliederung einzelner Schüler/-innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf, abhängig von den zur Verfügung stehenden individuellen, zeitlichen, räumlichen und personellen Voraussetzungen der jeweiligen Institution sieht. Es werden folglich einzelne Schüler/-innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf additiv in bestehende Schulen eingegliedert, ohne dass es zu einer Veränderung der Organisationsformen der Schule bzw. des Unterrichts kommt.
[...]
- Quote paper
- Annika Trefz (Author), 2020, Inklusion an Regelschulen. Wie die Einstellung von SchülerInnen den Erfolg von Inklusion bestimmt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/535889
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