In dieser Arbeit geht es um die Frage, wie Visualisierung von Geschichte in William Kentridges Werk "Stereoscope" vollzogen wird, wobei zwei Aspekte im Fokus stehen. Welche Art der Geschichte wird behandelt und welche Orte der Geschichte zeigt er? In seinen Animationsfilmen beschäftigt sich Kentridge mit verschiedenen Aspekten des Lebens im Kontext der jüngeren Vergangenheit und der Gegenwart in Südafrika. Während die ersten 5 Filme der Reihe im letzten Jahrzehnt der Apartheid fertiggestellt wurden, liegt die Vollendung der restlichen 4 Filme zeitlich nach 1994, dem Ende der Apartheid. Mit Hilfe seiner narrativ strukturierten, aber dennoch hochgradig assoziativen Animationsfilme zeigt er Bilder über die Natur menschlicher Emotionen und Erinnerungen und die Beziehungen zwischen Begierden, Ethik und Verantwortung. Damit thematisiert er die mitunter subtilen Wechselwirkungen zwischen den äußeren Umständen wie Politik, Geschichte und dem Leben und Handeln des Menschen. Die interpretationsoffenen Filmplots bieten auch Bilder persönlicher Betrachtungen über die eigene Identität und Geschichte im Kontext der Apartheid.
Im Film "Stereoscope" (1999) spielt Kentridge mit der Bedeutung des stereoskopischen Sehens, bei welchem mit dem biologischen Prinzip des Sehens gearbeitet wird, wobei die beiden Bilder der Augen, die aus verschiedenen Winkeln schauen, im Gehirn zu einem räumlichen Bild zusammengefügt werden. Der Protagonist in "Stereoscope" wird durch Splitscreen-Technik zu zwei verschieden handelnden Entitäten gemacht, die in der Logik des stereoskopischen Sehens zu einem Bild zusammengefügt werden müssten, um eine wahre Darstellung der Welt zu erhalten. Kentridge zeigt hier durch Doppelungen die potentielle Unmöglichkeit, die verschiedenen Aspekte der eigenen Person harmonisch zusammenzufügen. Die gespaltene oder verdoppelte Persönlichkeit des Protagonisten wird mit seinen Erinnerungen an ein Johannesburg konfrontiert, auf dessen Straßen die Gewalt herrschte. Auf sein Leben in Südafrika der Post-Apartheid bezogen, behandelt Kentridge die Art der Auseinandersetzung mit Fragen der Schuld und Begriffen wie Täter und Opfer, Erinnerung und Vergessen und die im Film explizit genannte Begriffen For/Give/Forgive, also Schuld und Vergebung.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. William Kentridges Animationsfilm „Stereoscope“
- 1.1 „Stereoscope“: Werkbeschreibung
- 1.2 Einordnung von „Stereoscope“ in William Kentridges Werk
- 2. Überblick: Darstellung von Geschichte seit der Aufklärung
- 3 Aspekte der Visualisierung von Geschichte
- 3.1 Was ist Geschichte bei Kentridge?
- 3.2 Kentridges Orte der Geschichte
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Visualisierung von Geschichte am Beispiel von William Kentridges Animationsfilm „Stereoscope“. Die Hauptaufgabe ist es, die Darstellung von Geschichte in Kentridges Werk zu analysieren und zu untersuchen, wie er historische Ereignisse, Erinnerungen und Emotionen in seinem Werk verarbeitet.
- Visualisierung von Geschichte in der bildenden Kunst
- Analyse von William Kentridges Animationsfilm „Stereoscope“
- Darstellung von Geschichte im Kontext der Apartheid in Südafrika
- Verbindung von Kunst, Geschichte und Erinnerung
- Die Rolle von Visualisierung und Animation bei der Vermittlung von Geschichte
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel bietet eine detaillierte Beschreibung von Kentridges Film „Stereoscope“ und seiner Einordnung in die Reihe „9 Drawings for Projection“. Es beleuchtet wichtige Aspekte und Themen des Films und stellt Verbindungen zu seinem geschichtlichen Kontext her. Das zweite Kapitel gibt einen Überblick über die Entwicklung der Darstellung von Geschichte in der bildenden Kunst seit der Aufklärung. Im dritten Kapitel werden die Möglichkeiten der Visualisierung von Geschichte in Kentridges Werk untersucht, wobei zwei Aspekte im Vordergrund stehen: die Art der Geschichte, die Kentridge behandelt, und die Orte, die er in seiner Kunst beleuchtet.
Schlüsselwörter
William Kentridge, „Stereoscope“, Animation, Visualisierung, Geschichte, Apartheid, Südafrika, Erinnerung, Identität, Schuld, Vergebung, Historienmalerei, Zeichnung, Stop-Motion.
- Quote paper
- Rena Gottfried (Author), 2014, Visualisierung von Geschichte am Beispiel von William Kentridges Werk "Stereoscope", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/535524