BACHs Umgang mit den existierenden evangelischen Kirchenchorälen und deren 4-stimmige Aussetzung waren keineswegs nur routiniert ausgeführte Tonsatzübungen. Der Komponist ändert entsprechend, um mit seinen "musikrhetorischen" Mitteln den Text zu interpretieren, und ebenhierzu benutzt er auch das harmonische satztechnische Vokabular. Sogar scheinbare "Fehler" in der Komposition sind inhaltlich gerechtfertigt und begründbar. Die Arbeit versucht, ein kleines Beispiel für eine in diese Richtung zielende Analyse zu geben.
Inhaltsverzeichnis
- DER "STOLLEN"
- DER "ABGESANG"
- DIE "HARMONIK"
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der vorliegende Text analysiert den vierstimmigen Choral "Allein zu dir, Herr Jesu Christ" von Johann Sebastian Bach. Die Analyse konzentriert sich auf die Klausulierungen und die textdeutende Setzweise im Choralsatz. Der Autor untersucht, wie Bach durch die musikalische Gestaltung des Satzes die Bedeutung des Textes unterstreicht und die theologischen Inhalte des Liedes hörbar macht.
- Die Bedeutung der Zahl Sieben in Bachs Satz
- Die Rolle von Klauseln und Kadenzbildung in der Choralsatzgestaltung
- Die textdeutende Funktion von musikalischen Figuren und Motiven
- Die Beziehung zwischen Text und Musik im Choralsatz
- Die Bedeutung von Pausen und Taktverkürzungen in Bachs Satz
Zusammenfassung der Kapitel
DER "STOLLEN"
Der "Stollen" des Choralsatzes, der die ersten vier Takte des Originalliedes umfasst, wird von Bach auf sieben Takte erweitert. Die Melodie zeichnet sich durch eine kontinuierlich ansteigende Tonleiterfigur aus, die die Richtung des Gedankens nach oben zu Gott symbolisiert. Die Häufung von Kreuzvorzeichen in den Baß- und Altstimmen während der Phrase "Herr Jesu" deutet auf die Bedeutung des Kreuzestodes Christi für die Hoffnung des Christen hin. Die Gestaltung des Wortes "Erden" durch Ligaturen, die eine Kreisform bilden, stellt die "Form" der Erde tonsymbolisch dar. Der dritte Sopranton von "Erden" ragt über den Cantus-Firmus-Rahmen hinaus und bildet eine Septime einer Dominante, die ihre tonikale Auflösung im vorletzten Takt der Zeile erheischt. Die "clausula perfecta" erfolgt erst im letzten Takt, wodurch ein retardierender Moment entsteht.
DER "ABGESANG"
Der "Abgesang" des Choralsatzes beginnt mit einem unvollständigen Takt, der die Textstelle "auf Erden ist kein Mensch geboen..." verdeutlicht. Durch die Taktverkürzung wird die Unzulänglichkeit und Fehlerhaftigkeit des Menschen symbolisiert. Die Aposiopesis-Figuren im Abgesang, die durch gehäufte Generalpausen gekennzeichnet sind, lassen sich als ein Rufen nach dem Heiland deuten, der helfen soll. Die Stimmkreuzung zu Beginn der letzten Choralzeile, bei der der Tenor unter den Baß geht, symbolisiert die "gewagte" Handlung des gläubigen Christen, der sein Vertrauen ganz auf Christus setzt. Durch die Pausensetzung und die Taktverkürzung werden aus den ursprünglich neun Choraltakten dreizehn, die die Zahl des Todes nach Augustinus/Prauzsch symbolisieren.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Klausulierung, die textdeutende Setzweise, den Choralsatz "Allein zu dir, Herr Jesu Christ", die Analyse von Bachs Kompositionstechnik, die Bedeutung von musikalischen Figuren und Motiven, die Verbindung von Text und Musik, die theologischen Inhalte des Liedes und die symbolische Bedeutung von musikalischen Elementen.
- Quote paper
- Manfred Schwenkglenks (Author), 2008, Zu den Klausulierungen und der textausdeutenden Setzweise im Bach-Choral "Allein zu dir, Herr Jesu Christ", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5351