Die gegenwärtigen Außenbeziehungen der EU leiden unter einer Fragmentierung der Kompetenznormen einerseits und einer Duplizierung der Institutionen und Instrumente andererseits. Im Ergebnis spricht die Europäische Union gegenüber den Drittstaaten mit zwei Stimmen. Eine Stimme des Rates durch den Hohen Vertreter für gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und eine Stimme der Europäischen Kommission für die Geschäftsbereiche der Außenbeziehungen. Nicht ausgeschlossen ist auch, dass die EU nach außen sogar von bis zu 28 Stimmen vertreten wird: den 25 Mitgliedstaaten, der Ratspräsidentschaft, dem hohen Vertreter und der Kommission. Dieses führt zu Missverständnissen und Problemen von der Seite der Drittländer, die sich entscheiden müssen, an welchen der Repräsentanten der Europäischen Union sie sich wenden müssen. Nicht auszuschließen ist auch die Tatsache, dass die Repräsentanten des Rates und der Kommission, die wir in den wichtigen Städten wie New York haben, möglichst nicht miteinander reden, weil es sich um nichts anderes, als um einen Wettbewerb handelt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Stellung des Außenministers
2.1 Gewinne des Außenministers
2.2 Mögliche Reibungsfelder in der Praxis
3. Der Europäische Auswärtige Dienst
3.1 Personal
3.2 Zuständigkeitsbereiche
3.3 Institutionelle Verankerung
3.4 Gewinn des EAD
4. Der Außenminister und der EAD trotz der „gescheiterter“ Verfassung
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die gegenwärtigen Außenbeziehungen der EU leiden unter einer Fragmentierung der Kompetenznormen einerseits und einer Duplizierung der Institutionen und Instrumente andererseits. Im Ergebnis spricht die Europäische Union gegenüber den Drittstaaten mit zwei Stimmen. Eine Stimme des Rates durch den Hohen Vertreter für gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und eine Stimme der Europäischen Kommission für die Geschäftsbereiche der Außenbeziehungen. Nicht ausgeschlossen ist auch, dass die EU nach außen sogar von bis zu 28 Stimmen vertreten wird: den 25 Mitgliedstaaten, der Ratspräsidentschaft, dem hohen Vertreter und der Kommission.[1] Dieses führt zu Missverständnissen und Problemen von der Seite der Drittländer, die sich entscheiden müssen, an welchen der Repräsentanten der Europäischen Union sie sich wenden müssen. Nicht auszuschließen ist auch die Tatsache, dass die Repräsentanten des Rates und der Kommission, die wir in den wichtigen Städten wie New York haben, möglichst nicht miteinander reden, weil es sich um nichts anderes, als um einen Wettbewerb handelt.[2]
Die Hoffnung zur Lösung dieser Probleme liegt unter anderem an den Neuerungen des Verfassungsvertrags: dem Außenminister der Union und dem Europäischen Auswärtigen Dienst. Beide Innovationen werden of als „ganz wesentlichen Projekten der Verfassungsentwurfs“ bezeichnet, die ja auf einer „hervorhebender Stelle“ stehen. Sie sollen für die Kohärenz des Auswärtigen Handeln der Union sorgen.
In der vorliegenden Arbeit befasse ich mich mit diesen beiden Innovationen, ihrer Stellung im Verfassungsentwurf und ihren Vorteilen für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union. Ebenso befasse ich mich mit den Perspektiven für den Außenminister und den Europäischen Auswärtigen Dienst trotz des Scheiterns des Ratifizierungsprozesses.
2. Die Stellung des Außenministers der Union
Der Verfassungsentwurf ordnet dem Außenminister eine zentrale Rolle beim auswärtigen Handeln der Union zu. Die zu seinem Tätigkeitsprofil zählende lange Reihe von Funktionen könnte tatsächlich das auswärtige Handeln der Union verbessern. Bei den Beratungen des Konvents setzte sich die von Deutschland und Frankreich vorgeschlagene „Doppelhut-Lösung“ durch.[3] Hiernach führt der Außenminister den Vorsitz in der Ratsformation Auswärtige Angelegenheiten (Art. I-28 (3)), hat - wie die Mitgliedstaaten - ein Vorschlagsrecht zur Festlegung der GASP (I-27 (2)) und ein Initiativmonopol zur dessen Durchführung im Auftrag des Ministerrats (Art. I-28 Abs. 2 VVE). Gleichzeitig ist er auch der Vizepräsident der Kommission (I-27(3)). Er ist dort mit den Außenbeziehungen und der Koordinierung der übrigen Aspekte des Auswärtigen Handels der Union betraut.
Der Außenminister ist generell der „Leiter“ der GASP (Art.I-27(1)), auch wenn die Leitlinien der GASP immer noch von dem Europäischen Rat - an dessen Beratungen der Außenminister Teil nimmt (I-21(2)) - gegeben werden (I-20(2)). Der Verfassungsentwurf weist ihm eine ähnliche Rolle zu, wie sie der Kommission als „Hüterin der Verträge“ für die Europäische Union insgesamt zukommt. Der Europäische Außenminister trägt Sorge für die Durchführung der von dem Europäischen Rat und dem Ministerrat verfassten Europäischen Beschlüsse (III-197(1)).
Innerhalb der GASP wird die Union von dem Außenminister vertreten. Er erfüllt die Funktion des „Gesichts und Stimme“ der Union bei der Durchführung des politischen Dialogs und die Vertretung des Standpunkts der EU auf internationalen Konferenzen (Art. III-196 (2)). Er trägt auch Sorge für die Koordinierung der Aktionen der Mitgliedstaaten der Union in den internationalen Gremien (III-206). Ebenso kann er beauftragt werden, vor dem Sicherheitsrat der Vereinigten Nationen den Standpunkt der Union zu einem bestimmten Thema auf Ersuche der dort vertretenen Mitgliedstaaten vorzutragen, wenn die Union einen Standpunkt zu diesem Thema festgelegt hat (III-206(2)). Formell soll der Außenminister zwar für alle Aspekte des auswärtigen Handels verantwortlich sein, in der Praxis werden aber mehrere Kommissare damit betraut sein.[4]
2.1 Gewinn des Außenministers
Die Erwartungen, die an das Amt des Europäischen Außenministers gestellt werden, sind hoch. So erhofft man von dem Außenminister einen Gewinn an Wirksamkeit und Kohärenz im gemeinsamen auswärtigen Handeln der Union und eine Überwindung des Spannungsfeldes „gemeinschaftlich versus intergouvernemental“. Thomas Risse gibt in seine Arbeit ein Beispiel an, in dem er zeigt, was wäre, wenn es in der Irak - Krise einen europäischen Außenminister gegeben hätte. Dabei kommt er zum Ergebnis, dass dem europäischen Außenminister durch den Verfassungsvertragsentwurf eine Reihe von Instrumenten gegeben werden, mit denen er dem unilateralen Verhalten der Mitgliedstaaten zumindest über eine Strategie des Anprangens und Beschämens (naming and shaming) die Schranken weisen kann. Doch auch die neuen institutionelle Möglichkeiten des Außenministers sind keine Garantie für den Erfolg europäischer Politik - Koordination in der Irak - Krise.[5]
Der Außenminister kann außerdem tatsächlich zum „Sprachrohr“ der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Union werden, mit dem Europa endlich das lang ersehnte einheitliche Gesicht auf der internationalen Bühne erhält. Statt durch vier Personen (Außenminister des Vorsitzlandes, des künftigen Vorsitzes, Hoher Vertreter und Außenkommissar) wird die Union in der operativen Außenpolitik nur noch durch eine Person vertreten. Außerdem ist die Rolle des Außenministers im Vergleich zu dem EU-Außenkommissar beziehungsweise dem Hohen Vertreter der GASP, insgesamt durch das erweiterte Aufgabefeld erheblich gestärkt und ausgebaut.
Die EU muss auf die Kohärenz zwischen den einzelnen Bereichen ihres auswärtigen Handelns sowie zwischen diesen und ihren übrigen Politikbereichen achten. Die Zusammenlegung der Bürokratien des Rates und der Kommission unter dem „Doppelhut“ könnte diese Kohärenz sicherstellen.
Andererseits ist die Zusammenfassung der Außenpolitischen des bisherigen Hohen Vertreters der GASP mit denjenigen des EU-Kommissars für Auswärtige Angelegenheiten in einem Amt des EU-Außenministers wenig revolutionär. Thomas Risse spricht über „eine Institutionalisierung und Weiterentwicklung eines Trends der Europäischen Außenpolitik, der bereits seit langem absehbar ist“[6]. Es ist unbestritten, dass die Kommission bereits heute bei der GASP ein gewichtiges Wort mitzureden hat und dass die Trennung zwischen den Kompetenzen des Rates und der Kommission in der Außenpolitik praktisch kaum noch aufrechterhalten. Vor allem bei den ökonomischen Fragen ist der Einfluss der Kommission auf die Europäische Außenpolitik größer geworden, was Thomas Risse mit einer Geringer Trennung zwischen den wirtschaftlichen und militärischen Aspekten bei meisten Fragen Außen- und Sicherheitspolitik.
2.2 Mögliche Reibungsfelder in der Praxis
Eine mögliche Konkurrenz für den Außenminister bei der Außenvertretung der Union könnte zukünftiger Präsident des Europäischen Rates sein. Im Artikel I-20(2) steht: „der Präsident des Europäischen Rates nimmt auf seiner Ebene die Außenvertretung der Union unbeschadet der Zuständigkeit des Außenministers der Union in Angelegenheiten der GASP wahr“. Durch die Übertragung der Aufgabe der Unionsaußenvertretung, sowohl auf den Außenminister als auch auf den Ratspräsidenten, können zwischen beiden genannten Ämtern Konflikte ausgelöst werden. Die außenpolitische Aufgabe des Ratspräsidenten wird im Verfassungstext nur auf die „Außenvertretung auf eigener Ebene“ begrenzt, ohne weitere Erläuterungen dieser „Ebene“. „Die Wahl des Wortes, unbeschadet’ sollte prinzipiell zu weiterem Nachdenken auffordern, da erkannte Rollenkonflikte nicht in dem Verfassungstext selbst geklärt, sondern auf die zukünftige Alltagspraxis verlagert werden“[7].
Auch die von den meisten Beobachtern gestellten Bezeichnungen des Außenministers als „Gesicht“ und „Stimme“ der Union- und dass die heutigen „vier Repräsentanten“ der Union durch einen Außenminister ausgetauscht werden- könnte mit der Tatsache konfrontieren, dass der Ratspräsident die Außenvertretung der Union wahrnehmen darf. Der Präsident des Europäischen Rates
Es steht noch nicht fest an welches der Organe der Außenminister stärker gebunden werden soll. Dem entsprechend kann er in einen institutionellen Konflikt zwischen die Ziele und Aufgaben des Europäischen Rates und der Kommission geraten. Großbritannien und Frankreich favorisieren die Anbindung des Außenministers an die Vorgaben des Europäischen Rates; kleinere und bündnisfreie Staaten tendieren dagegen eher zu einer vom Europäischen Rat und dessen Präsidenten unabhängigen Position des Außenministers.
Sicher ist, dass der Außenminister nicht ganz unabhängig von dem Europäischen Rat wirken kann. Denn der Europäische Rat bestimmt immer noch die allgemeinen Leitlinien der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (III-196(1)). Erst dann erlässt der Ministerrat auf der Grundlage dieser Leitlinien für die Festlegung und Durchführung der GASP die erforderlichen europäischen Beschlüsse (III-196(2)).
[...]
[1] Vgl. Maurer, Andreas; Reichel Sarah, S.1
[2] Vgl. Brok, Elmar, Der europäische Auswärtige Dienst, Bemerkung zu den Anhörungen der Kommission
[3] Vgl. Beitrag von den Mitgliedern des Konvents Herrn Dominique de Villepin
und Herrn Joschka Fischer
[4] Vgl. Heuser, Anke, Diplomaten für Europa
[5] Vgl. Risse, Thomas, S. 570
[6] Vgl. Risse, Thomas, S. 570
[7] Vgl. Wessels. W, Eine institutionelle Architektur für eine globale (Zivil-) Macht? S. 420.
- Quote paper
- Anton Voronin (Author), 2005, Der Europäische Außenminister und Europäischer Auswärtiger Dienst, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53428
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.