Die Auseinandersetzung um die richtige Deutung der Einsetzungsworte aus dem Neuen Testament1erhitzte nicht nur zur Zeit der Reformation die Gemüter der Theologen, sondern war auch noch zur Zeit der Konfessionalisierung aktuell. Zwar blieben die dogmatischen Positionen der Lutheraner und Reformierten in dieser Frage spätestens seit dem Consensus Tigurinus von 1549 weitgehend unverändert, die Argumente, mit denen Luther, Zwingli und Calvin ihre Positionen stützen, spielten im Zeitalter der Konfessionsbildung dennoch eine wichtige Rolle. So bezogen sich Theologen beider Parteien auf die Thesen ihrer großen Reformatoren, wenn es darum ging, den apodiktischen Geltungsanspruch ihrer Konfession gegen die jeweils anderen zu rechtfertigen.
Die Oldenburger Kirchenordnung von 1573 ist ein anschauliches Beispiel dafür: In dem Abschnitt, der von den „sacramentirern“ handelt,2wird die eigene lutherische Position für die Realpräsenz in Brot und Wein gegen die calvinistische Auffassung verteidigt, die von der geistlichen Speisung (nur) der Gläubigen ausgeht. Der argumentativ-rechtfertigende Stil der Verordnung erklärt sich aus der Tatsache, daß die lutherische Lehre in der Grafschaft Oldenburg noch längst nicht von jedermann angenommen worden und zugleich vom benachbarten - reformierten - Ostfriesland ständiger Bedrohung ausgesetzt war. So ist es nicht verwunderlich, daß sich die Kirchenordnung auch nicht so liest, wie wir uns gemeinhin einen Gesetzestext vorstellen: Die Verordnung und deren Begründung werden nicht voneinander getrennt; die Kirchenordnung ist mehr als eine Vorschrift, es wird - teilweise polemisch - für eine Position argumentiert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Historischer Hintergrund
- Der Abendmahlsstreit im 16. Jahrhundert
- Anlässe für die Entstehung der Oldenburger Kirchenordnung von 1573
- Argumentationsstruktur des Abschnittes über das Abendmahl (S. 1054-1057)
- Glaube und Vernunft: Verteidigung der Realpräsenz
- Mensch und Gott: Ubiquitätslehre und Christologie
- Ergebnisse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert die argumentative Struktur des Abschnitts „Von den sacramentirern“ in der Oldenburger Kirchenordnung von 1573. Das Ziel ist es, den Stil und die argumentativen Mittel aufzuzeigen, die die Autoren der Kirchenordnung im Abendmahlsstreit verwendeten.
- Die verschiedenen Positionen im Abendmahlsstreit zwischen Lutheranern und Reformierten
- Die Entstehung der Oldenburger Kirchenordnung im Kontext des Abendmahlsstreits
- Die Argumentationsstruktur des Abschnitts „Von den sacramentirern“ in der Oldenburger Kirchenordnung
- Die Rolle von Glaube und Vernunft in der Abendmahlsdebatte
- Die christologische Dimension des Abendmahlsstreits
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Abendmahlskontroverse ein und stellt die Oldenburger Kirchenordnung von 1573 als Beispiel für die Auseinandersetzung mit dieser Thematik im Zeitalter der Konfessionsbildung vor.
Das Kapitel „Historischer Hintergrund“ beleuchtet zunächst den Abendmahlsstreit im 16. Jahrhundert und die Positionen von Luther, Zwingli und Calvin. Anschließend wird auf die Entstehung der Oldenburger Kirchenordnung und ihren Kontext eingegangen.
Das Kapitel „Argumentationsstruktur des Abschnittes über das Abendmahl“ analysiert die argumentative Struktur des Abschnitts „Von den sacramentirern“ in der Oldenburger Kirchenordnung. Es werden die Argumente für die Realpräsenz und die Ubiquitätslehre sowie deren Beziehung zum Abendmahlstreit untersucht.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter der Arbeit sind: Abendmahlsstreit, Kirchenordnung, Realpräsenz, Ubiquitätslehre, Luther, Zwingli, Calvin, Konfessionsbildung, Argumentationsstruktur, Glaube und Vernunft.
- Quote paper
- Till Stüber (Author), 2005, Die Abendmahlskontroverse in der Oldenburger Kirchenordnung von 1573 - Analyse der Argumentationsstruktur eines Beitrages zum Abendmahlsstreit im Zeitalter der Konfessionsbildung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53300