In der Bundesrepublik Deutschland existierten im Jahre 2002 ca. 950.000 GmbHs und 14.814 AGs , von denen nur etwa 1.000 AGs börsennotiert waren. Verglichen mit den Zahlen aus dem Jahre 1992 (549.659 GmbHs; 3.219 AGs) hat sich die Anzahl der Kapitalgesellschaften innerhalb von zehn Jahren um über 74,5 Prozent erhöht. Entsprechend der gestiegenen Anzahl an Kapitalgesellschaften und einer dadurch vermehrten Übertragung dieser Anteile durch Vererbung oder Schenkung gewinnt die Frage nach der „richtigen“ erbschaftsteuerlichen Bewertung von nicht börsennotierten Anteilen an einer Kapitalgesellschaft an Bedeutung.
Während sich der erbschaftsteuerliche Unternehmenswert bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften aus dem Substanzwert (Wirtschaftsgüter ./. Wirtschaftslasten ) errechnet und bei börsennotierten Kapitalgesellschaften der Börsenwert die Wertermittlungsbasis darstellt, wird bei der Bewertung nichtnotierter Anteile an einer Kapitalgesellschaft ein eigenes Unternehmensbewertungsverfahren, das sog. Stuttgarter Verfahren (SV), angewendet. Dieses Verfahren, das neben der Substanzbewertung auch eine Ertragsbewertungskomponente einfließen lässt, findet nicht nur in der erbschaftsteuerlichen Unternehmenswertermittlung Gebrauch, sondern wird auch für nicht steuerliche Bewertungszwecke verwendet. So wird das SV regelmäßig zur Ermittlung des Abfindungsanspruchs eines aus der Kapitalgesellschaft ausscheidenden Gesellschafters verwendet, weil sich dadurch ein objektivierter Unternehmenswert auf einfache Weise ermitteln lässt, ohne einen Sachverständigen hinziehen zu müssen.
Ein wichtiger unternehmerischer Aspekt ist im SV jedoch nicht entsprechend seiner Bedeutung berücksichtigt: das Risiko. Eine sich seit längerem verschärfende Risikosituation in Unternehmen, deren Auswirkung in der anwachsenden Zahl von Insolvenzen erkennbar ist, findet in den verschiedensten Bereichen bereits große Berücksichtigung. So sind beispielsweise die gesetzlichen Anforderungen im Umgang mit Unternehmensrisiken durch das KonTraG in jüngster Vergangenheit insofern deutlich verschärft worden, als dass die Unternehmensvorstände einer AG seit 1998 zur Einrichtung eines Risikofrüherkennungssystem und eines internen Überwachungssystems im Unternehmen verpflichtet sind. Zudem verpflichten die Regelungen von Basel II die Kreditinstitute künftig, risikoreichere Kredite mit mehr Eigenkapital zu unterlegen als risikoärmere.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Problemstellung
- Ziel der Arbeit
- Aufbau der Arbeit
- Das Stuttgarter Verfahren
- Einordnung des Verfahrens
- Ermittlung des Anteilswert mit Hilfe des Stuttgarter Verfahrens
- Regelbewertung
- Vermögenswert
- Ertragshundertsatz
- Bestimmung des Gemeinen Wertes
- Abschläge und Zuschläge
- Sonderregelungen
- Risikoberücksichtigung im derzeitigen Stuttgarter Verfahren
- Identifikation von Risiken mittels einer modifizierten Due-Diligence
- Der Risikobegriff
- Steuerliche Risiken
- Arten von Steuerrisiken
- Informationsquellen
- Tax-Due-Diligence vs. Betriebsprüfung
- Rechtliche Risiken
- Arten von Rechtsrisiken
- Informationsquellen
- Umweltrisiken
- Arten von Umweltrisiken
- Informationsquellen
- Risiken im personellen Bereich
- Harte Fakten
- Weiche Fakten
- Marktrisiken
- Unternehmensumweltanalyse
- Globale Unternehmensumweltanalyse
- Geschäftsfeldanalyse
- Unternehmensanalyse
- Konkurrentenanalyse
- Kundenzentrierte Analyse
- Informationsquellen
- Finanzielle Risiken
- Rechnungswesenorganisation und Informationssysteme
- Vergangenheitsanalyse
- Planungsanalyse
- Checkliste als Instrument zur Risikoidentifikation
- Quantitative Risikoanalyse
- Erwartungswert
- Risikoportfolio
- Wahrscheinlichkeitsverteilung
- Monte Carlo-Simulation
- Abschlag vom Gemeinen Wert
- Kritik an einer exakten Risikomessung
- Praktikabler Alternativvorschlag
- Konzept des pauschalen Risikoklassenabschlags
- Branchen-Insolvenzrisiko
- Unternehmensspezifische Risiko- und Insolvenz-Kennzahlen
- Eigenkapitalquote
- Statische Liquidität
- Dynamischer Verschuldungsgrad
- Endgültige Risikoklasse und Risikoklassenabschlag
- Kritische Betrachtung des pauschalen Risikoklassenabschlags
- Fallbeispiel
- Fallbeschreibung
- Wertermittlung mittels des derzeitigen Stuttgarter Verfahrens
- Ermittlung des Vermögenswerts
- Ermittlung des Ertragshundertsatzes
- Ermittlung des Gemeinen Werts
- Abschläge
- Wertermittlung unter Berücksichtigung von Risikoabschlägen aus modifizierter Due-Diligence und quantitativer Risikoanalyse
- Monte Carlo-Simulation
- Risikoabschlag vom Gemeinen Wert
- Wertermittlung unter Berücksichtigung des pauschalen Risikoklassenabschlags
- Kriterien
- Branchen-Insolvenzrisiko
- Eigenkapitalquote
- Statische Liquidität
- Dynamischer Verschuldungsgrad
- Endgültige Risikoklasse und Risikoabschlag
- Vergleich der Verfahren
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese wissenschaftliche Arbeit untersucht die Modifikation des Stuttgarter Verfahrens durch Risikoabschläge am Beispiel einer deutschen nicht börsennotierten Kapitalgesellschaft. Ziel der Arbeit ist es, ein Verfahren zur Berücksichtigung von Risiken im Rahmen des Stuttgarter Verfahrens zu entwickeln und zu evaluieren.
- Risikoidentifikation im Rahmen einer Due-Diligence
- Quantitative Risikoanalyse
- Modifikation des Stuttgarter Verfahrens durch Risikoabschläge
- Entwicklung und Evaluation eines alternativen Verfahrens zur pauschalen Berücksichtigung von Risiken
- Anwendung der entwickelten Verfahren in einem Fallbeispiel
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt die Problemstellung der Arbeit dar und erläutert das Ziel der Arbeit sowie den Aufbau der Arbeit.
- Kapitel 2 beschreibt das Stuttgarter Verfahren und geht auf die Einordnung des Verfahrens, die Ermittlung des Anteilswert mit Hilfe des Stuttgarter Verfahrens und die Risikoberücksichtigung im derzeitigen Stuttgarter Verfahren ein.
- Kapitel 3 beschäftigt sich mit der Identifikation von Risiken mittels einer modifizierten Due-Diligence. Es werden die verschiedenen Risikobereiche wie steuerliche Risiken, rechtliche Risiken, Umweltrisiken, Risiken im personellen Bereich, Marktrisiken und finanzielle Risiken behandelt.
- Kapitel 4 befasst sich mit der quantitativen Risikoanalyse. Es werden verschiedene Methoden wie der Erwartungswert, das Risikoportfolio, die Wahrscheinlichkeitsverteilung, die Monte Carlo-Simulation und der Abschlag vom Gemeinen Wert diskutiert.
- Kapitel 5 stellt einen praktikablen Alternativvorschlag zur Berücksichtigung von Risiken dar. Es wird das Konzept des pauschalen Risikoklassenabschlags vorgestellt und kritisch betrachtet.
- Kapitel 6 zeigt die Anwendung der entwickelten Verfahren in einem Fallbeispiel. Es werden die Wertermittlung mittels des derzeitigen Stuttgarter Verfahrens, die Wertermittlung unter Berücksichtigung von Risikoabschlägen aus modifizierter Due-Diligence und quantitativer Risikoanalyse sowie die Wertermittlung unter Berücksichtigung des pauschalen Risikoklassenabschlags dargestellt.
Schlüsselwörter
Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Stuttgarter Verfahren, Unternehmensbewertung, Risikoanalyse, Due-Diligence, Monte Carlo-Simulation, pauschaler Risikoklassenabschlag, nicht börsennotierte Kapitalgesellschaft.
- Quote paper
- Dipl.-Kfm. Thomas Spiegl (Author), 2005, Modifikation des Stuttgarter Verfahrens durch Risikoabschläge am Beispiel einer deutschen nicht börsennotierten Kapitalgesellschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53236