Die Juli-Krise 1917: Bethmann Hollwegs Kriegspolitik und die Faktoren für seine Entlassung


Term Paper (Advanced seminar), 2006

25 Pages, Grade: 2,7


Excerpt


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Die Juli- Krise 1917
2.1 Einleitung zur Juli- Krise
2.2 Die Juli- Krise und ihr Resultat

3. Der Reichskanzler und Kaiser
3.1 Bethmann Hollwegs Politik der Diagonale
3.2 Der Kaiser im ersten Weltkrieg
3.3 Zusammenspiel der beiden Größen

4. Einwirkende Kräfte auf Kaiser und Kanzler
4.1 OHL
4.2 Die Parteien

5. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der erste Weltkrieg stellte für jedes der kriegsführenden Länder eine neue Ära der Kriegsführung dar. Die neue Technologie und die Industrialisierung boten Waffen wie Kampfgas und Flugzeugeinsatz. Aber auch der Stellungskrieg trat zum aller ersten Mal auf und eine hohe Zahl an Opfern. Der Imperialismus sollte auch seine Rolle im Krieg tragen, indem er speziell für Deutschland Gebietserwerbungen verlangte.

Doch auch die Einstellung - auf Deutschland bezogen - trug seine Rechnung. Glaubte man, dass der Krieg schnell und siegreich enden würde und das Land aus seiner politischen Isolierung treten könne- nicht zu vergessen die mit Kriegsgewinn möglichen Forderungen nach Annexionen -, wurde man im Verlauf der folgenden Jahre schwer enttäuscht: neben kurzzeitigen Siegen hatte Deutschland hohe Verluste an den Fronten vor allem im Westen zu zahlen. Mit der englischen Seeblockade kam im Winter 1917 die Hungersnot. Auch das letzte Kriegsmittel, der U- Booteinsatz, war zum Scheitern verurteilt und zog noch den Eintritt der USA gegen die Mittelmächte nach sich.

Die neue Kraft Sozialismus, die zum Sturz des russischen Zarentums führte, bahnte sich ihren Weg nach Deutschland, was die Angst auf Seiten der Monarchie vergrößerte und ein weiterer Faktor war, der die Politik im Lande beeinflusste. Der damalige Reichskanzler Bethmann Hollweg sah sich also einer Vielfalt von Problemen gegenüber, ohne sich auf Erfahrungen früherer Zeiten zurückgreifen zu können. Seine Politik der Diagonale, die die Sozialisten und die Konservativen zusammenhalten sollte, provozierte das Gegenteil. Auch der Kaiser, der neuen Lage nicht mächtig, sah sich gefangen zwischen seinen militärischen Beratern und dem von ihm ernannten Reichskanzler und versuchte wie B.H., einen Mittelweg zu gehen, der letztendlich zur Entlassung des Reichskanzlers führte.

In meiner Hausarbeit, die sich auf das Verhältnis vom Reichskanzler zum Kaiser und der Entlassung des Reichskanzlers fokussiert, gebe ich erst einen Abriss der Juli- Krise 1917. Kapitel 3 befasst sich mit den Figuren Bethmann Hollweg und Kaiser Wilhelm II. genauer, während der dann folgende Abschnitt auf die einwirkenden Kräfte eingeht, die auf den Kaiser Einfluss hatten bzw. auf den Kanzler. Das letzte Kapitel ist eine Zusammenfassung und ein persönliches Fazit über die Geschehnisse 1917, die zur Entlassung Bethmann Hollwegs führten.

Ich möchte durch meine Ausführungen einen Einblick in die politische Lage gegen Ende des Krieges geben zu können, wobei mein Augenmerk auf der Frage liegt, ob Bethmann Hollwegs Entlassung notwendig war. Also, ob sie vom Kaiser oder durch B.H. selbst hätte verhindert werden können.

2. Die Juli- Krise 1917

Die Juli- Krise 1917 steht für den Zeitabschnitt, in dem der Reichskanzler entlassen wurde. Die bürgerlichen Parteien Zentrum, Mehrheitssozialisten, die Fortschrittliche Volkspartei und später auch die Nationalliberalen schlossen sich zu dem Interfraktionellen Ausschuss zusammen, um Reformen im Verfassungsrecht aber auch in der Friedensfrage durchzusetzen.

Die OHL, die gegen den Reichskanzler war, versuchte diesen aus seiner Position zu entfernen und leitete entsprechende Wege ein. Aber auch die Pressezeitungen, die als national galten, positionierten sich nun auf die „Anti- Kanzler “- Seite. Und selbst der Kronprinz Wilhelm war für die Entlassung Bethmann Hollwegs.

Im Juli 1917 bündelten sich also die wichtigsten Faktoren gegen den Reichskanzler und sorgten absichtlich für den Sturz B.Hs.

2.1 Einleitung zur Juli- Krise

In der Heimat hatten die hinterbliebenden Frauen und Familien seit dem Winter 1915/1916 mit Hungersnot und Kälte zu kämpfen. Sie mussten teils mehrere Stunden für alltägliche Güter wie Butter und Fett in Geschäften anstehen oder in weiter weg gelegene Orte fahren. Güter konnten teilweise nur auf dem Schwarzmarkt ersteigert werden, und damit zu überhöhten Preisen. Die von den Soldaten frei gewordenen Arbeitsplätze wurden von jungen oder älteren Männern, teils auch von Frauen übernommen. All diese Faktoren führten zu einem sozialen Wandel[1]. Branchen, wie die Metallverarbeitung, Maschinenbau, Chemie und Elektro konnten vom Krieg profitieren, da sie für die Waffenherstellung gebraucht wurden. So genannte Friedensindustrien zeigten dagegen Einbußen auf, die auch Schließungen nach sich zogen. Auch ein höherer Bedarf in der Schwer- und Waffenindustrie konnte diesen Anteil der entstandenen Arbeitslosen nicht kompensieren. Dazu kam, dass sich der Stand der Selbständigen und der Unternehmer immer mehr verbesserte, während die privilegierte Position der Angestellten verloren ging und sich dem Niveau der Arbeiterschaft annäherte. Die Unzufriedenheit in der Arbeitergesellschaft wuchs im Februar 1917 immer weiter und auch die Wut gegen die sich stärker herausbildende Unterteilung zwischen Proletariat und Bourgeoisie[2]. Nationale Presse, Schulen und Universitäten versuchten die Moral in der Bevölkerung weiter aufrecht zu erhalten, indem sie an die Vorbildfunktionen der Männer an der Front appellierten. Ebenso würde ein Jammerbrief aus der Heimat die Kampfbereitschaft an der Front senken. Doch all diese Appelle konnten Ausschreitungen von Jugendlichen auf der Straße nicht verhindern. Die unzureichende Versorgungslage in den industriellen Zentren sorgte für Massenstreiks, wie der im April 1917 in Leipzig. Er ist ein Zeugnis für das Entstehen nach Wünschen von politischen Gerechtigkeiten. Beim Streik in Leipzig forderten die Arbeiter nicht nur Material, sondern auch politische Reformen, wie die der Aufhebung des Drei- Klassenwahlrechts in Preußen. Mit der Entwicklung in Russland bekamen die hiesigen Arbeiterschaften das Bedürfnis nach Mitspracherecht und eine Gleichstellung der Verhältnisse im politischen Leben.

Die Sozialdemokraten und Freien Gewerkschaften setzten sich für ein baldiges Ende des Streiks ein, auch auf die Gefahr hin, dass sie ihren moralischen Kredit mit der USPD verspielen könnten[3]. Ihr Ziel war ein weiterhin stabiles Bild der Einheitsfront. Bethmann Hollwegs Antwort war sein bleibender Kurs der Diagonale. Dabei versuchte er der Linken entgegen zu kommen, indem er die Osterbotschaft bei Wilhelm II. erwirkte. In ihr wurde eine Reform des preußischen Wahlrechts nach Beendigung des Krieges versprochen. Allerdings sprach der Kaiser von einer direkten, allgemeinen und geheimen, aber nicht gleichen Wahl[4]. Daher wirkte die Osterbotschaft auf die breite Masse wie eine Provokation.

Auf Seiten der rechten Politik löste die Erklärung ein Alarmsignal aus: Bethmann Hollweg mache der Linken unangemessene Zugeständnisse und sorge für eine „rote Flut“ in Preußen. Der Reichskanzler könne ihrer Meinung nach die Linken nicht mehr bei Stange halten[5], wie der Wunsch der Konservativen lautete. Dies führte zu einer Zusammenarbeit mit der OHL mit dem sich nun festigendem Ziel, den Reichskanzler zu stürzen. Gelegenheit bot sich in der Diskussion zur Friedensfrage: Mit dem Beginn des U- Bootkrieges Anfang 1917 versprach die Regierung einen baldigen Sieg und damit ein Ende der Notstände in Deutschland. Bethmann Hollweg, der eher niedrigere Erwartungen über den Ausgang des uneingeschränkten U- Bootkrieges hatte, stimmte ihm nur zu, weil er doch hoffte, dass durch diesen Einsatz, Italien und eventuell Frankreich kapitulieren würden. Doch im Gegensatz zu den sich euphorisch verbreitenden Aussage, der Krieg sei binnen sechs Monaten zu gewinnen, warnte er Presse und Parteien mit Nachdruck, von übertriebenen territorialen Erwerbungen zu sprechen[6]. Ebenso wirkte er aber auch auf die Sozialdemokraten ein, ihre Aussagen über den Frieden ohne Annexionen und Kontributionen zu lassen oder einzuschränken. Am 19. April 1917 wurde trotzdem im Blatt „Vorwärts“ die Erklärung der USPD nach einem Frieden ohne Annexionen gedruckt. Die Mehrheitssozialisten versuchten, weiterhin den Burgfrieden zu wahren, doch konnten auch nicht darauf verzichten, den Verständigungsfrieden abzulehnen[7].

Der Artikel zwang Bethmann Hollweg zu einer Offenlegung seiner Haltung gegenüber der russischen Erklärung. Er stand nun unter dem Vorwurf, die Sozialisten nicht eindämmen zu können und stimmte am 23. April der Kriegszielvereinbarung zu. Das in Bad Kreuznach erstellte Kriegszielprogramm war umfangreicher und ungleicher als bisher und trotzte der realen Situation[8]. Der Reichskanzler nahm daher Zuflucht auf eine geheime Aktennotiz, in der er sich bei konkreten Friedensverhandlungen über die getroffenen Vereinbarungen hinweg setzen konnte. Doch überhaupt der Abschluss dieses Programms war eine Ablehnung der sozialistischen Forderungen. Bethmann Hollweg schien einen zweigleisigen Weg zu fahren. Seine vagen Äußerungen über seine Stellung zum Friedensprogramm bekundete nur die Hilflosigkeit der Reichsleitung und er büßte dies mit Vertrauensverlusten auf Seiten der Sozialisten ein. Es entstand der Glaube, die Regierung sei in ihrer jetzigen Verfassung nicht fähig, konsequent Entschlüsse zu schließen bzw. ihr fehle eine stärkere Bindung an das Parlament. Die Nationalliberalen mit Stresemann als Wortführer und die Fortschrittliche Volkspartei, vertreten durch Haußmann, verlangten eine verstärkte Parlamentarisierung. Haussmann erklärte, dass unter den bestehenden Verhältnissen, keine Partei die Führung habe und der Reichskanzler auch nicht. Stresemann begründete und versuchte die Angst vor der Schwächung der Monarchie zu schmälern durch seine Aussage, „ Kein Monarch ist stärker [...] als derjenige, der darauf hinweisen kann, dass hinter ihm und seiner Regierung die Mehrheit des Volkes stehe.“[9]. Damit zeigte sich seitens der Linken die Möglichkeit zur Aufhebung der Vertrauenskrise. Hierfür bildeten im Mai die Parteien Zentrum, Nationalliberalen, Sozialisten und die Fortschrittliche Volkspartei den Verfassungsausschuss. Er hatte die gewünschte engere, institutionelle Verbindung von Reichsleitung und- Parteien zur Aufgabe. Die Konservativen sahen sich durch diese Entwicklung isoliert und nahmen daher wie erwähnt Kontakt zur OHL auf. Ihr Wunsch nach einem Siegfrieden wurde von der Heeresleitung und den Anhängern des Alldeutschen Verbandes geteilt, der eine territoriale Ausweitung in Richtung Osten vorsah, Bereicherung der Kolonien in Afrika und Ressorterwerb im Osten wie im Westen. Ihre Herrschaftsform war in diesem Falle eine militärische Diktatur, da sich die Reichsleitung nicht als stark genug erwies[10]. Resultat des Kreuznacher Programms war ein Konflikt mit dem österreichisch- ungarischen Außenminister Czernin, der einen Sonderfrieden mit Russland anstrebte. Im Mai entstand nach langen Verhandlungen ein neuer Kriegszielkatalog, dessen Forderungen weiterhin übertrieben waren hinsichtlich der militärischen Lage Deutschlands, dessen Niederlage schon feststand. Die Verhandlungen, die von der Obersten Heeresleitung geführt wurden, hatten die Absicht, die Stellung Bethmann Hollwegs zu untergraben und ihn zu bezichtigen, im Schlepptau der Sozialdemokratie zu fahren.

[...]


[1] Düffler, Jost: Deutschland als Kaiserreich (1871-1918), in: Vogt, Martin (Hg): Deutsche Geschichte, Vollst. neu bearb. und illustr. Ausgabe, J.B. Stuttgart, 1987, S.560

[2] Mommsen, J. Wolfgang: Deutschland, in: Mommsen, Becker (Hg): Europa im ersten Weltkrieg, Frankfurt 1984, S.23

[3] ebd., S.25

[4] Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. V: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung, Stuttgart 1978, S.156

[5] Mommsen, J. Wolfgang: Deutschland, S. 20

[6] Mommsen, J. Wolfgang: Die deutsche Öffentliche Meinung und der Zusammenbruch des Regierungssystems Bethmann Hollweg im Juli 1918, S. 660-664 in: Vierteljahresheft für Zeitgeschichte, Zg. 17, 1969

[7] Mommsen, J. Wolfgang: Bürgerstolz und Weltmachtstreben. Deutschland unter Wilhelm II. 1890-1918, Bd. 7, Berlin 1995, S. 748-749

[8] ebd., S. 750

[9] Mommsen, J. Wolfgang: Bürgerstolz ..., S. 746

[10] Mommsen: Bürgerstolz und Weltmachtstreben, S.750-752

Excerpt out of 25 pages

Details

Title
Die Juli-Krise 1917: Bethmann Hollwegs Kriegspolitik und die Faktoren für seine Entlassung
College
University of Duisburg-Essen
Grade
2,7
Author
Year
2006
Pages
25
Catalog Number
V53231
ISBN (eBook)
9783638487382
ISBN (Book)
9783638848688
File size
586 KB
Language
German
Keywords
Juli-Krise, Bethmann, Hollwegs, Kriegspolitik, Faktoren, Entlassung
Quote paper
Sara Afra (Author), 2006, Die Juli-Krise 1917: Bethmann Hollwegs Kriegspolitik und die Faktoren für seine Entlassung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53231

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