Erziehung stellt eine zentrale, alltägliche Aufgabe der Familie dar (vgl. Tschöpe-Scheffler, 2003), kann aber von immer weniger Eltern verantwortungsvoll ausgeübt werden, weil „Väter und Mütter sich unsicher, überfordert, hilflos und allein gelassen fühlen“ (S. 13). Der Spiegel (29/2005; 18.07.05) macht diese Hilflosigkeit zum Titelthema mit der Überschrift „Die Erziehung der Eltern“, „Abends in die Elternschule“ (S. 124) und beginnt den Artikel mit „Deutschlands Väter und Mütter sind überfordert...“. Gleichzeitig wird die Frage diskutiert, ob sich der richtige Umgang mit Kindern überhaupt lernen lässt. „Erziehen üben!“ überschrieb Die Zeit ihr Dossier bezüglich dieses Themas bereits im Oktober 2004 (Ausgabe Nr. 44, vom 21.10.2004). Die Zeitschrift „Spielen und Lernen“ (Heft 11, November 2004) stellt unter „Ghandi im Kinderzimmer“ eine spezielle Kunst des gewaltfreien Widerstands vor, ein Elterncoaching für Familien mit aggressiven und schwierigen Kindern. Die Zeitschrift „Hörzu“ beschäftigt sich unter dem Titelthema „Eltern in der Klemme“ mit der Frage, warum sich „Mutter und Vater als Erzieher heute so schwer tun und was Experten raten, um den Familienfrieden zu retten“ (S.7, Ausgabe 3, 14.01.2005). In all diesen beispielhaft genannten Artikeln werden die allgemeine Hilflosigkeit der Eltern, das „Erziehungselend“ (Hörzu), die Ratlosigkeit sowie die vielen Fragen der Eltern zur Erziehung ihrer Kinder thematisiert. Dass sich viele Väter und Mütter mit den Fragen überdierichtige Erziehung beschäftigen, zeigt neben der Zuschauerquote der „SuperNanny“ (4,4 Millionen, vgl. Gorris, im Spiegel 29/2005; bis zu 5,5 Millionen, vgl. Hoffman, in Hörzu Ausgabe 3) auch der Betrag, der für Erziehungsbücher und Zeitschriften ausgegeben wurde: im vergangenen Jahr waren dies 750 Mio. Euro laut Spiegel, die Hörzu spricht sogar von über 1 Milliarde, die die Deutschen pro Jahr für entsprechende Ratgeberliteratur ausgeben. Dabei kann aus einem breiten Angebot gewählt werden, eine Marktforschung ergab 360 Titel, 360 Erziehungsberater, Handreichungen usw. (vgl. Gorris, Spiegel 29/2005, S. 135). In dieses Angebot reihen sich ein die Vielzahl an Elterntrainings oder Elternschulen. Allgemeine Zielsetzung von Elterntrainings ist es, den Eltern eine professionelle Hilfestellung zu geben, um den Erziehungsalltag besser bewältigen zu können. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
1.1 Aufbau der Arbeit
2. Theoretische Einordnung
2.1 Erziehung und Erziehungsstile
2.2 Eltern-Training
3. Triple P: Positive Parenting Programm oder Positives Erziehungsprogramm
3.1 Die Ziele
3.2 Das Angebot von Triple P
3.2.1 Der Mehrebenen- Ansatz
3.2.2 Die Materialien
3.3 Inhaltliche Darstellung von Triple P
3.4 Methoden und Arbeitsweisen im Elterntraining
3.5 Evaluation
3.6 Theoretischer Hintergrund
3.6.1 Verhaltenstherapie
3.6.2 Geschichte und Entwicklung Kognitive Verhaltenstherapie
3.6.3 Das Menschenbild
4. Das Gordon-Familientraining
4.1 Die Ziele
4.2 Das Verhaltensfenster
4.3 Das Prinzip des Problembesitzes
4.3.1 Der Bereich des annehmbaren Verhaltens
4.3.2 Der Bereich des nicht annehmbaren Verhaltens
4.3.3 Der Konflikt
4.4 Methoden und Arbeitsweisen im Familientraining
4.5 Evaluation
4.6 Theoretischer Hintergrund
4.6.1 Der klienten- oder personzentrierte Ansatz von Carl Rogers
4.6.2 Das Menschenbild der personzentrierten Psychotherapie
4.6.3 Die Persönlichkeits- und Beziehungstheorie
5. Vergleichende Gegenüberstellung der Elterntrainings anhand ausgewählter Schwerpunkte
5.1 Das Menschenbild und der Erziehungsstil
5.2 Die Ziele
5.3. Kontrolle – Beeinflussung
5.3.1 Angemessenes Verhalten fördern (Triple P) – akzeptables Verhalten (Gordon):
5.3.2 Umgang mit Problemverhalten (Triple P) - nicht akzeptables Verhalten (Gordon):
5.3.3 Diskussion von Konfliktlösungen
5.3.4 Konsequenz (Triple P) - Inkonsequenzprinzip (Gordon):
5.4 Ausrichtung und Ziel der Elterntrainings
6. Resümee
Literaturverzeichnis
Anhang
Erklärung
1. Einführung
Erziehung stellt eine zentrale, alltägliche Aufgabe der Familie dar (vgl. Tschöpe-Scheffler, 2003), kann aber von immer weniger Eltern verantwortungsvoll ausgeübt werden, weil „Väter und Mütter sich unsicher, überfordert, hilflos und allein gelassen fühlen“ (S. 13). Der Spiegel (29/2005; 18.07.05) macht diese Hilflosigkeit zum Titelthema mit der Überschrift „Die Erziehung der Eltern“, „Abends in die Elternschule“ (S. 124) und beginnt den Artikel mit „Deutschlands Väter und Mütter sind überfordert...“. Gleichzeitig wird die Frage diskutiert, ob sich der richtige Umgang mit Kindern überhaupt lernen lässt.
„Erziehen üben!“ überschrieb Die Zeit ihr Dossier bezüglich dieses Themas bereits im Oktober 2004 (Ausgabe Nr. 44, vom 21.10.2004). Die Zeitschrift „Spielen und Lernen“ (Heft 11, November 2004) stellt unter „Ghandi im Kinderzimmer“ eine spezielle Kunst des gewaltfreien Widerstands vor, ein Elterncoaching für Familien mit aggressiven und schwierigen Kindern.
Die Zeitschrift „Hörzu“ beschäftigt sich unter dem Titelthema „Eltern in der Klemme“ mit der Frage, warum sich „Mutter und Vater als Erzieher heute so schwer tun und was Experten raten, um den Familienfrieden zu retten“ (S.7, Ausgabe 3, 14.01.2005).
In all diesen beispielhaft genannten Artikeln werden die allgemeine Hilflosigkeit der Eltern, das „Erziehungselend“ (Hörzu), die Ratlosigkeit sowie die vielen Fragen der Eltern zur Erziehung ihrer Kinder thematisiert.
Dass sich viele Väter und Mütter mit den Fragen über die richtige Erziehung beschäftigen, zeigt neben der Zuschauerquote der „SuperNanny“ (4,4 Millionen, vgl. Gorris, im Spiegel 29/2005; bis zu 5,5 Millionen, vgl. Hoffman, in Hörzu Ausgabe 3) auch der Betrag, der für Erziehungsbücher und Zeitschriften ausgegeben wurde: im vergangenen Jahr waren dies 750 Mio. Euro laut Spiegel, die Hörzu spricht sogar von über 1 Milliarde, die die Deutschen pro Jahr für entsprechende Ratgeberliteratur ausgeben. Dabei kann aus einem breiten Angebot gewählt werden, eine Marktforschung ergab 360 Titel, 360 Erziehungsberater, Handreichungen usw. (vgl. Gorris, Spiegel 29/2005, S. 135).
In dieses Angebot reihen sich ein die Vielzahl an Elterntrainings oder Elternschulen.
Allgemeine Zielsetzung von Elterntrainings ist es, den Eltern eine professionelle Hilfestellung zu geben, um den Erziehungsalltag besser bewältigen zu können. Elterntrainings sollen der Aufklärung und Information sowie der Kompetenzentwicklung der Eltern dienen. Dabei wird der Begriff „Elterntraining“ nicht einheitlich verwendet, gebräuchlich sind u.a. auch Elternschulen, Elternkurse oder Familientraining.
Aus dem Angebot an Elterntrainings werden in dieser Arbeit zwei Elterntrainings herausgegriffen und ausführlich dargestellt, und zwar das Elterntraining Triple P und das Gordon- Familientraining.
Vorrangiges Ziel ist es, Inhalte und Zielsetzungen beider Elterntrainings zu analysieren, zu vergleichen und Unterschiede herauszustellen. Es soll nicht um die Diskussion der generellen Notwendigkeit von Elternkursen gehen, auch nicht darum, eine polarisierte Diskussion zwischen diesen beiden Elterntrainings zu führen, sondern darum aufzuzeigen, welche Wertvorstellungen und Erziehungsvorstellungen den Inhalten dieser Elterntrainings zugrunde liegen.
Untrennbar verbunden mit den Inhalten und Zielen von Elternkursen sind Inhalte, Ziele und Maßnahmen von Erziehung. Gleichzeitig hat die Art und Weise der Erziehung Einfluß auf die Eltern-Kind-Beziehung und umgekehrt. Aber was ist eine gute Erziehung und wie definiert man eine gute Beziehung?
Beide Elterntrainings haben hier zwar unterschiedliche Vorstellungen und Vorgehensweisen, haben aber beide das Ziel, eine gute Eltern-Kind-Beziehung aufzubauen. Allerdings vertreten sie unterschiedliche Konzepte von Erziehung, denen unterschiedliche Menschenbilder zugrunde liegen. Triple P ist verhaltenstherapeutisch ausgerichtet, sieht das Kind also eher als Objekt der Erziehung, das Gordon- Familientraining ist humanistisch orientiert, das Kind wird also als eigenständiges Subjekt angesehen. Um diese wesentlichen Unterschiede herauszustellen, wird zu jedem der beiden Konzepte die zugrundeliegende theoretische Orientierung einschließlich des zugrundeliegenden Menschenbildes dargestellt.
1.1 Aufbau der Arbeit
Unter Punkt 2 erfolgt zunächst eine theoretische Einordnung der wesentlichen Begriffe der Arbeit. Dazu gehört der Begriff Erziehung sowie der Begriff Elterntraining.
Unter Punkt 3 und 4 werden die Elterntrainings Triple P und Gordon hinsichtlich ihrer Ziele, Inhalte, Methoden, Materialien und Evaluationen dargestellt. Einen besonderen Schwerpunkt bildet dabei der theoretische Hintergrund. Daran schließt sich die vergleichende Gegenüberstellung wesentlicher Schwerpunkte unter Punkt 5 an. Punkt 6 beinhaltet ein abschließendes Resümee.
2. Theoretische Einordnung
2.1 Erziehung und Erziehungsstile
Erziehung ist nach Brockhaus (S. 147) die „beabsichtigte Einflussnahme von Eltern, Erziehern und Lehrern auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen mit dem Ziel, ihnen bestimmte Fähigkeiten, Kenntnisse, Einstellungen und Werte zu vermitteln. Von dieser intentionalen Erziehung, die bestimmte Effekte beabsichtigt, wird häufig die funktionale Erziehung unterschieden, bei der Einflüsse eher unbeabsichtigt, aber dennoch erzieherisch wirken, z.B. durch Vorbilder oder spontane Reaktionen der Umwelt...“
Die Vorstellungen von Erziehung sind sowohl historisch, gesellschaftlich, aber auch schichtspezifisch bedingt. Es gibt keine einheitlichen zeitlosen erzieherischen Normen. Allerdings werden verhältnismäßig stabile Typen erzieherischen Verhaltens angegeben. Die bekannteste und verbreitetste Form ist hier die Unterteilung in den demokratischen oder sozialintegrativen, den laissez-faire und den autokratischen bzw. dominanten oder autoritären Stil (vgl. Lewin, Lippitt & White, 1939; Tausch/Tausch, 1998). Der autoritäre Erziehungsstil ist durch häufiges Anordnen, nicht konstruktive Kritik, häufiges Zurechtweisen und Tadeln sowie durch seltenes Gewähren von Entscheidungsmöglichkeiten gekennzeichnet. Beim laissez-faire Stil wird das Kind im Wesentlichen sich selbst überlassen, es besteht ein Mangel an Ordnung, Kontrolle und Lenkung bei den Kindern. Der demokratische Erziehungsstil dagegen toleriert nicht nur Selbständigkeit und Eigenaktivität, sondern regt sie auch an, Sympathie und Lob werden deutlich und häufig geäußert und bei Problemen wird Hilfe angeboten.
Kurt Lewin führte in den 1930er Jahren als einer der ersten Untersuchungen zu Erziehungs- und Führungsstilen durch (vgl. Lewin et al., 1939). Von besonderem Interesse war, welche Effekte unterschiedliche Erziehungsstile hervorriefen. Zusammenfassend ergaben sich beim autoritären und laissez-faire Stil eher negative Effekte in Form von starken Konflikten, Rivalität, Auflehnung und mangelndem Sozialverhalten bzw. Lustlosigkeit, Unproduktivität und Orientierungslosigkeit und beim demokratischen Erziehungsstil eher positive Effekte in Form von größerer Flexibilität und Spontaneität, geringeren Spannungen in der Gruppe und weniger Unzufriedenheit.
In anderen Forschungsansätzen wurde das Verhalten von Erziehern nicht anhand von Typenkonzepten, sondern mithilfe verschiedener Dimensionen untersucht. Hierzu gehören die Studien der beiden deutschen Psychologen Reinhard und Annemarie Tausch. In ihren Studien erfassten sie das Ausmaß an Lenkung einerseits und emotionaler Wärme und Wertschätzung andererseits.
Nach den Psychologen Tausch und Tausch (1998, S. 28) ist Erziehung „ein gegenseitig befriedigendes, das bedeutsame Lernen und die Persönlichkeitsentwicklung förderndes Zusammenleben von Menschen. Personen mit vielfältigen Erfahrungen, gewissen Fähigkeiten, mit Zeit und Interesse sind bemüht, durch ihre eigene Person jüngere oder andere Personen zu fördern und ihnen zu helfen, zu lernen und sich fortzuentwickeln...Den konkret gelebten zwischenmenschlichen Beziehungen kommt hierbei eine hohe Bedeutung zu. Sie sind zu einem wesentlichen Teil Erziehung“. Die Autoren weisen darauf hin, dass bei dieser Charakterisierung der Begriff Erziehung weitgehend in den Hintergrund fallen kann zugunsten „des Aspektes eines gegenseitig befriedigenden humanen Zusammenlebens und der Förderung von Personen“. Diese Art des Zusammenlebens und die damit verbundene Möglichkeit der Förderung der Personen beschreiben Tausch und Tausch als „vier wesentliche Dimensionen in zwischenmenschlichen Beziehungen“ (1998, S. 100). Dazu zählen
Achtung- Wärme- Rücksichtnahme,
vollständiges einfühlendes Verstehen,
Echtheit- Übereinstimmung- Aufrichtigkeit und
viele fördernde nichtdirigierende Tätigkeiten.
Dabei wurden die ersten drei Dimensionen von Carl Rogers (1957) als notwendige und weitgehend hinreichende Bedingungen für die Förderung der konstruktiven Persönlichkeitsentwicklung in zwischenmenschlichen Beziehungen definiert und entwickelt und die vierte Dimension von Tausch und Tausch verfasst. Zusätzlich wurden von letztgenannten Autoren die Dimensionen in Form von Einschätzskalen näher definiert.
Durch die Beschreibung der zwischenmenschlichen Beziehung anhand dieser vier Dimensionen erübrigt sich auch die Verwendung von Erziehungsstilen als relativ stabile Typen erzieherischen Verhaltens. Obwohl diese Typenkonzepte eine „komplexe anschauliche Demonstration günstiger und ungünstiger Verhaltensstile ermöglichen“ (Tausch/Tausch, 1998, S. 111), hat die Verwendung von Typenkonzepten doch gegenüber der Verwendung der 4 Dimensionen deutliche Nachteile. Nach Tausch und Tausch (1998) ist die Zuordnung des Verhaltens von Erziehern und Lehrern zu diesen Typen oder Verhaltensstilen zu ungenau, zumal diese Typen meist Extremausprägungen der emotionalen und der Lenkungsdimension sind. So ist autokratisches Verhalten „weitgehend charakterisiert durch den ungünstigen Bereich der emotionalen Dimension (Geringschätzung- Kälte- Härte) sowie durch ein hohes Ausmaß in der Dimension Dirigierung- Lenkung“ (S. 111). Sozialintegratives Verhalten ist dagegen charakterisiert durch „ein deutliches Ausmaß des günstigen Bereiches der emotionalen Dimension (Achtung- Wärme- Rücksichtnahme) sowie ein geringes bis mittleres Ausmaß in der Dimension Dirigierung- Lenkung“. Bei den Typen ist es nach Ansicht der Autoren auch nicht möglich, das emotionale Verhalten, das Lenkungsverhalten und das Ausmaß nicht-dirigierender Tätigkeiten gesondert zu erfassen. Desweiteren fehlen die bedeutsamen Haltungen einfühlendes Verstehen sowie Echtheit des Erzieherverhaltens.
Hier wird deutlich, dass die Typisierung vermeintlich klar abgrenzbarer Erziehungsstile zwar eine fruchtbare Anregung für die Forschung war, jedoch keine Abbildung des in Wirklichkeit viel komplexeren Verhaltens von Eltern und Erziehern darstellt. Dennoch werden diese Typenkonzepte vielfach verwendet, um eine erste anschauliche Orientierung zur Beschreibung auch von Elterntrainings zu liefern. Gordon z.B. stellt sein Training als „kooperatives“ Training dar (homepage www.gordonmodell.de), und lehnt den autoritären und den gewährenden Erziehungsstil ab. Triple P wird als autoritativ (homepage www.triplep.de) bezeichnet, „Triple P unterstützt Eltern darin, ihre Kinder mit einem autoritativen Erziehungsstil zu erziehen, der auch partizipativ oder demokratisch genannt wird und nicht zu verwechseln ist mit autoritär“.
Es wird aber auch deutlich, dass Erziehung und die Beziehung von Eltern und Kindern sehr eng zusammenhängen.
Was die Eltern-Kind-Beziehung angeht, fasst z.B. Schneewind (1999, S. 139) die Forschungsergebnisse so zusammen: „Kompetente Eltern haben auch kompetente Kinder“. Dies bedeutet, „Eltern, die auf die Erziehung ihrer Kinder mit Zuneigung und emotionaler Wärme, mit klaren und erklärbaren Regeln, mit der Bereitstellung entwicklungsangemessener Anregungsbedingungen und mit der Gewährung sich erweiternder Handlungsspielräume Einfluß nehmen, können im Schnitt damit rechnen, dass ihre Kinder sich zu selbstbewussten, emotional stabilen, sozial kompetenten, selbstverantwortlichen und leistungsfähigen Personen entwickeln“. Wichtig ist, diese Beziehung nicht einseitig, d.h. im Sinne eines „deterministischen Einbahnstraßenmodells“ (Schneewind, 1999, S. 139) zu sehen, sondern im Sinne einer sich wechselseitig beeinflussenden Beziehung. Belege für eine solch transaktionale Sichtweise sieht Schneewind in der Bindungstheorie (vgl. Bowlby, 1969; Ainsworth et al., 1978) und in der sozialen Lerntheorie (z.B. Patterson, 1982). Die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung wird jedoch von weiteren Einflußgrößen beeinflusst. Nach Belsky (1984) gehören dazu die Temperamentsmerkmale des Kindes, die Persönlichkeitsmerkmale der Eltern, die Beziehungserfahrungen der Herkunftsfamilie, die Qualität der Ehebeziehung und die Elternallianz, Arbeitsplatzerfahrungen, soziale Unterstützung und die ökonomische Lage. Diese Determinanten wirken in einer komplexen Art und Weise zusammen und haben insgesamt Einfluß auf die elterliche Erziehungskompetenz.
Um diese Erziehungskompetenz geht es in den folgenden Abschnitten. Das Ziel von Elterntrainings ist es nämlich, diese Erziehungskompetenz zu entwickeln oder zu stärken. Wie diese Kompetenz im Einzelnen aussieht, wird bei der Beschreibung der jeweiligen Trainings deutlich.
2.2 Eltern-Training
Elterntraining bezeichnet nach Brockhaus (2001, S. 129) eine „in der Erziehungsberatung unter fachlicher Leitung praktizierte Zusammenkunft von Eltern, die diesen z.B. eine bessere Wahrnehmung und Äußerung eigener Bedürfnisse und Wünsche ermöglichen und dazu beitragen soll, dass sich die Beziehung zu ihrem Kind oder die Partnerschaft entspannt. Elterntrainings finden in der Regel entweder über einen längeren Zeitraum ein- oder zweimal wöchentlich oder (in Blockform) im Rahmen einwöchiger Kurse statt. Sie wirken sich oft positiv auf das tatsächlich auffällige Verhalten der Kinder oder auf dessen Bewertung durch die Eltern aus“.
Nach Tschöpe-Scheffler (2003, S. 114) liegt der Schwerpunkt von Elternkursen „auf der Vermittlung von Fähigkeiten und Inhalten, die im Alltag weiterhelfen sollen, außerdem werden neue Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit Konfliktsituationen eingeübt, die es den Einzelnen erlauben, Bewältigungsstrategien zu finden, auch in komplexen Situationen und unter Streß“.
Ein Elterntraining lässt sich unter dem Begriff „familiäre Intervention“ einordnen. Familiäre Intervention kann als ein „Instrument einer formellen Familienunterstützung“ angesehen werden (Schneewind, 1999, S. 215). Dazu zählen die Familientherapie, die Familienberatung und familienorientierte Beziehungstrainings. Aufgabe dieser Interventionsformen liegen „a) in der Behebung bzw. Reduzierung manifester psychischer und psychosomatischer Störungen und b) in der Bereitstellung von Wissen sowie der Erweiterung von Handlungsmöglichkeiten mit dem Ziel einer Stärkung des individuellen und familiären Bewältigungspotentials in unterschiedlichen Lebensbereichen und Lebensphasen“ (Schneewind, 1999, S. 215). Ziele von Interventionsmaßnahmen liegen nach Morill et al. (1974, in Schneewind, 1999) in der „Entwicklungsoptimierung“, d.h. Maßnahmen zur Realisierung von Entwicklungspotentialen, in der „Prävention“, d.h. vorbeugende Maßnahmen zur Abwendung von Fehlentwicklungen, und „Remediation“, d.h. Maßnahmen zur Behebung oder Reduzierung unerwünschter Zustände bzw. Entwicklungsdefizite.
Die traditionelle Klassifikation von Präventionsformen unterteilt diese in primäre, sekundäre und tertiäre Prävention (Bloom, 1994). Primäre Präventionsmaßnahmen sollen „das Auftreten von Gewalt bereits vorbeugend verhindern, sie vermitteln Fähigkeiten und Fertigkeiten, die sowohl für die Herstellung der eigenen Entwicklungsbalance als auch für den Aufbau von Beziehungen hilfreich sind“ (Tschöpe-Scheffler, 2003, S. 112). Bei der primären Prävention geht es also um „Entwicklungsoptimierung“ (s.o.), d.h. schwerpunktmäßig um die Verbesserung der Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen bei unauffälligen Familien. Bei der sekundären Prävention geht es um die Verhinderung von erwartbaren Symptomen bei Risikofamilien, d.h. um die Vermittlung von Bewältigungsstrategien für den Fall, dass diese Krise tatsächlich eintritt. Es geht also um die Stärkung des Bewältigungspotentials von Risikofamilien mit dem Ziel, das Auftreten unerwünschter bzw. behandlungsbedürftiger Symptome zu verhindern. Die tertiäre Prävention greift bei „manifesten Störungen ein, versucht die negativen Folgeerscheinungen zu beheben und mögliche Schäden zu verringern“ (Tschöpe-Scheffler, 2003, S. 112). Nach Schneewind (1999, S. 220) verbindet die tertiäre Prävention Remediation und Prävention mit der Zielsetzung, „den Zustand der Verletzlichkeit zu verringern und anschließend durch präventive Maßnahmen den therapeutischen Effekt zu festigen“. Hier geht es dann also um eine „Rückfallprophylaxe“ im Anschluß an eine Therapie.
Eine weitere Form der Unterteilung von Präventionsformen nimmt Hahlweg vor (2001). Er unterscheidet zwischen universeller, selektiver und indizierter Prävention. Universelle Programme zielen dabei auf die Allgemeinbevölkerung ab und sind unabhängig von individuellen Risikofaktoren. Selektive Programme zielen auf Personen bzw. Familien mit erhöhten Belastungen bzw. mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer psychischen Störung. Indizierte Programme beziehen sich auf Personen, die bereits Zeichen einer psychischen Störung aufweisen, die jedoch noch „nicht die Kriterien einer psychischen Störung vollständig erfüllen“ (Hahlweg/Kessemeier, 2003), bzw. auf Familien mit Frühsymptomen von Auffälligkeiten.
Triple P und das Gordon-Eltertraining lassen sich allgemein den Präventionsprogrammen zur Stärkung der Eltern-Kind-Beziehung zuordnen. Im Detail muss man jedoch unterscheiden. Das Gordon-Elterntraining zählt eher zu den primären Präventionsangeboten bzw. zu einem Präventionsprogramm für Eltern mit „unauffälligen“ Kindern (vgl. homepage).
Auf der homepage wird es folgendermaßen beschrieben:
„Das Gordon-Familientraining ist das Kursprogramm zum Weltbestseller Familienkonferenz. Es ist ein präventives, verhaltenspsychologisch orientiertes Trainingsprogramm mit dem Ziel, Eltern Einsichten und Fertigkeiten zu vermitteln, die nötig sind, verantwortlich Kinder zu erziehen und befriedigendere bzw. psychisch gesunde Familienbeziehungen herzustellen.“ Es ist in erster Linie bestimmt „für Eltern von sehr jungen Kindern, bei denen sich noch keine Schwierigkeiten oder Probleme zeigen“. Dabei handelt es sich „weder um eine Elterngesprächsrunde oder eine Diskussionsrunde, noch um ein Kommunikationstraining, sondern um ein systematisch entwickeltes pädagogisches Konzept, das von einem mit dem Gordon-Modell vertrauten autorisierten Kursleiter durchgeführt wird“.
Triple P bezieht ausdrücklich den therapeutischen Bereich mit ein. Triple P wird als „positives Erziehungsprogramm für universelle, selektive und indizierte Prävention“ bezeichnet (Hahlweg/Kessemeier, 2003). Je nach Intensitätsgrad bzw. nach dem Ausmaß der Defizite werden unterschiedliche Interventionsstufen mit individuell zugeschnittenen Maßnahmen angeboten. Wie dies im Einzelnen aussieht, wird im folgenden Punkt näher ausgeführt.
3. Triple P: Positive Parenting Programm oder Positives Erziehungsprogramm
Triple P ist ein Trainingsprogramm für positive Erziehung. Es wurde in Australien von Matthew Sanders und seiner Arbeitsgruppe in langjähriger Forschung an der Universität Queensland, Brisbane, entwickelt. Dort wird es bei stark auffälligen Kindern mit medizinischen Indikationen auf verhaltenstherapeutischer Grundlage eingesetzt. In Deutschland wird Triple P als präventives Programm zur Unterstützung der Eltern bei der Kindererziehung angeboten. Über die Entwicklung eines günstigen Erziehungsverhaltens und den Aufbau einer positiven Eltern-Kind-Beziehung sollen Verhaltensprobleme von Kindern verhindert bzw. reduziert werden.
Auf der Homepage www.triplep.de wird Triple P folgendermaßen beschrieben:
„Das bewährte Triple P-Erziehungsprogramm kann Eltern helfen, ihre Kinder liebend und gern zu erziehen und sie in ihrer Entwicklung zu fördern. Sie erhalten Anregungen, wie sie eine positive Beziehung zu ihrem Kind aufbauen und den Familienalltag einfacher und schöner gestalten können. Auch zum Umgang mit schwierigen Situationen bzw. deren Vorbeugung finden Eltern Rat und Unterstützung.“
„Triple P“ steht für die drei Ps von „Positive Parenting Programm“, auf Deutsch: Positives Erziehungsprogramm“. Die folgenden Beschreibungen beziehen sich auf das Angebot in Deutschland. Unter der Leitung von Prof. Dr. Kurt Hahlweg, TU Braunschweig, Institut für Psychologie, Abteilung für Klinische Psychologie, Psychotherapie und Diagnostik wurden die verschiedenen Materialien übersetzt und an deutsche Verhältnisse angepasst.
3.1 Die Ziele
Die Ziele von Triple P werden sowohl im universellen, selektiven sowie indizierten Bereich der Prävention eingeordnet (s.o.). Sie zielen im Einzelnen ab auf
die Förderung der Entwicklung, der Gesundheit und der sozialen Kompetenz von Kindern,
die Förderung einer guten Eltern- Kind- Beziehung,
das Ersetzen von ungünstigem, dysfunktionalem oder gewalttätigem Erziehungsverhalten durch hilfreiches, konstruktives und förderliches Verhalten,
die Erweiterung der Erziehungskompetenz von Eltern und dadurch Vorbeugung von Gewalt gegenüber Kindern,
die Reduktion von Stress und Steigerung der Zufriedenheit in der Familie.
3.2 Das Angebot von Triple P
Das Angebot von Triple P umfasst neben allgemeinen Informationen und Informationsmaterialien sowohl Einzeltrainings und Einzelinterventionen als auch den Erfahrungsaustausch in Gruppen. Dafür gibt es ein nach Art der Probleme abgestuftes Programm. Das Angebot gliedert sich auf in 5 Ebenen oder Interventionsstufen. Es wird dabei vom „Mehrebenen – Ansatz“ gesprochen (vgl. homepage). Dieser soll sicherstellen, dass mit Hilfe von Triple P auf breiter Basis präventive Wirkung entfaltet werden kann. Die Abstimmung der Materialien, Beratungen und Kurse ermöglicht so, den „unterschiedlichen Situationen, Bedürfnissen und Ressourcen der Eltern gerecht zu werden“ (homepage). Desweiteren erleichtert es dieser Mehrebenen-Ansatz, nach dem „Suffizienzprinzip“ zu arbeiten, das heißt,
„soviel Hilfe und Unterstützung wie nötig und gleichzeitig so wenig wie möglich zu geben“ (homepage). Damit soll das Suffizienzprinzip sowohl der Eigenverantwortung, der Selbstregulation als auch der Kosteneffektivität Rechnung tragen.
3.2.1 Der Mehrebenen- Ansatz
Ziele der Ebene 1 sind, über die Inhalte von Triple P zu informieren, den Zugang zu erleichtern und die gesellschaftliche Akzeptanz von Elterntrainings zu fördern.
Auf der ersten Ebene werden alle Personen angesprochen, die sich „über die Förderung der kindlichen Entwicklung informieren möchten“ (homepage). Mit der Hilfe von verschiedenen Materialien werden allgemeine Hilfen und Informationen gegeben, u.a. zur Umsetzung einer positiven Erziehung. Diese Materialien werden im folgenden Punkt (3.2.2) näher erläutert.
Die Ebene 2 beinhaltet eine Kurzberatung für spezifische Erziehungsprobleme. Hier können Eltern konkreten Rat zu spezifischen Fragen zum Verhalten ihrer Kinder bekommen, der durch Fachleute mit einer Triple P-Beraterausbildung erteilt wird. Meist sind dies Kinderärzte, Lehrer oder Erzieher, die in Erziehungsfragen oft die ersten Ansprechpartner von Eltern sind. Das Angebot beinhaltet bis zu zwei telefonische oder persönliche Kurzkontakte mit ca. 20 Minuten. Beratungsgrundlage sind die „Kleinen Helfer“, die für häufige Erziehungsfragen Problemlösungen bereitstellen (s.u.).
Die Beratung auf der Ebene 3 umfasst vier Kurzberatungen mit einem Umfang von jeweils 20-30 Minuten. Die Eltern erlernen spezifische Erziehungsfertigkeiten, die sie zur Förderung der Entwicklung ihrer Kinder benötigen. Strategien für bestimmte Problembereiche werden auf der Grundlage der „Kleinen Helfer“ in Rollenspielen eingeübt. Ziel ist es u.a., die individuellen Problemlösefähigkeiten der Eltern zu stärken.
Die Ebene 4 beinhaltet das Triple P Elterntraining. Es umfasst ein breites Informationsangebot und ein umfassendes Training von Erziehungsfertigkeiten. Hier können Eltern in einem intensiven persönlichen Training lernen, wie sie die Entwicklung ihres Kindes fördern und mit Problemverhalten umgehen können. Insgesamt wird den Eltern ein breites Spektrum an Erziehungsstrategien angeboten, die sie auch in Rollenspielen einüben können.
Auf der Ebene 5 wird denjenigen Eltern eine individuelle Trainingseinheit durch psychotherapeutisch ausgebildete Trainer angeboten, die spezifische erziehungsrelevante Belastungen oder Partnerschaftskonflikte zu bewältigen haben.
3.2.2 Die Materialien
Zu den Materialien gehören eine Broschüre „Positive Erziehung“, Ratgeber „Kleine Helfer“ für verschiedene Altersstufen (Säuglinge, Kleinkinder, Kindergartenkinder, Grundschulkinder) und ein 45-minütiger Videofilm „Überlebenshilfe für Eltern“, der die Inhalte von Triple P bildlich darstellt, sowie das Triple P- Elternarbeitsbuch. Alle Materialien sind für Kinder im Alter von 0 – 12 Jahren vorgesehen.
Neu im Programm ist der Bereich „Teen Triple P-Erziehungsratgeber“. Dazu gehört wiederum die Broschüre „Positive Erziehung für Eltern von Teenagern“ und der Ratgeber „Kleine Helfer-Teenager“ für zwölf Erziehungsthemen.
Die Broschüre beschreibt auf etwa 14 Seiten die Inhalte des Programms. Insgesamt geht es um die Beschreibung der positiven Erziehung, die Förderung der kindlichen Entwicklung, Ursachen von Verhaltensproblemen und den Umgang mit Problemverhalten.
Die Ratgeber „Kleine Helfer“ beschreiben auf jeweils 2-4 Seiten die als häufig angesehenen Problembereiche und den Umgang damit für verschiedene Altersstufen. Hier gibt es
1. die Reihe „Eltern“ bzw. „Positive Erziehung“ mit den Schwerpunkten „Elternschaft“, „Wie Sie Ihr Kind auf ein neues Baby vorbereiten“, „Depressionen nach der Geburt“, „Unterstützung des Partners“, „Stressbewältigung“ und „Sicherheit im Haushalt“;
2. die Reihe „Säuglinge“ mit den Schwerpunkten „Förderung der kindlichen Entwicklung“, „Fremdeln“, „Schlafen“, „Schreien“;
3. die Reihe „Kleinkinder“ mit den Schwerpunkten „Schlafprobleme“, „Ungehorsam I“, „Anderen weh tun“, „Selbständig essen“, „Sprachentwicklung“, „Teilen“, „Wutanfälle“, „Sauberkeitserziehung“, „Weglaufen“ und „Jammern“;
4. die Reihe „Kindergartenkinder“ mit den Schwerpunkten „Ungehorsam II“, „Aggressives Verhalten“, „Gäste“, Ständiges Stören“, „Kinder bei Tisch“, „Alpträume“, „Trennungsängste“, „Aufräumen“, „Einkaufen“ und „Autofahren“;
5. die Reihe „Grundschulkinder“ mit den Schwerpunkten „Bettnässen“, Probleme in der Schule“, „Mobbing“, „Mitarbeit im Haushalt“, „Ängste“, „Hausaufgaben“, „Lügen“, „Stehlen“, „Fluchen“ und „Förderung des Selbstwertgefühls“;
6. die Reihe „Teenager“ mit den Schwerpunkten „Raue Töne und Respektlosigkeit“, „Geld und Jobben“, „Trends und Moden“, „Depressionen“, „Alkohol“, Sexualität und Beziehungen“, „Schule schwänzen“, „Drogenkonsum“, „Ängste bewältigen“, „Beziehungen zu Freunden und Gleichaltrigen“, „Rauchen“ und „Essgewohnheiten“.
Das Triple P-Elternarbeitsbuch ist der „Ratgeber zur positiven Erziehung mit praktischen Übungen“ für Eltern, die nicht die Gelegenheit haben, an einem Elternkurs teilzunehmen. Mit Hilfe des Arbeitsbuches haben Eltern so die Möglichkeit, die Inhalte des Trainings zuhause durchzuarbeiten.
Der Inhalt dieser Materialien, die auch dem Elterntraining zugrunde liegen, wird im folgenden dargestellt.
3.3 Inhaltliche Darstellung von Triple P
Der Inhalt von Triple P wird anhand folgender Themenbereiche beschrieben:
1. Was ist „Positive Erziehung“?
2. Ursachen von Verhaltensproblemen
3. Verhaltensbeobachtung
4. Förderung der kindlichen Entwicklung
5. Umgang mit Problemverhalten
Zu 1: Positive Erziehung (S. 1 der Broschüre; S. 2 des Elternarbeitsbuches) hat „das Ziel, die kindliche Entwicklung zu fördern und mit kindlichem Verhalten in einer konstruktiven und nicht verletzenden Weise umzugehen. Grundlage dafür sind Zuwendung und eine angemessene Kommunikation. Eltern können ihren Kindern durch eine positive Erziehung helfen, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und ein positives Selbstbild aufzubauen. Diese Kinder werden mit geringerer Wahrscheinlichkeit Verhaltensauffälligkeiten entwickeln“.
Die positive Erziehung von Triple P basiert auf folgenden Grundprinzipien (S. 1 der Broschüre, S. 2 ff des Elternarbeitsbuches):
Für eine sichere und interessante Umgebung sorgen: dies sorgt dafür, dass das Kind aktiv und beschäftigt ist und somit die Wahrscheinlichkeit von Problemverhalten verringert wird;
eine positive und anregende Lernatmosphäre schaffen: wenn Kinder Unterstützung, Zuwendung oder Aufmerksamkeit brauchen, sollten Eltern für ihre Kinder da sein; weiterhin sollen Eltern Kinder ermutigen, Dinge selbst auszuprobieren; wenn Eltern ein Verhalten gefällt, sollen sie ihrem Kind Aufmerksamkeit schenken, damit dies erneut gezeigt wird;
sich konsequent verhalten: „Konsequent sein bedeutet, konstant (d.h. in jedem Fall) und sofort auf unangemessenes Verhalten zu reagieren und dem Kind zu vermitteln, was es stattdessen tun soll“; Konsequenz ist deswegen von zentraler Bedeutung, weil Kinder damit lernen, „selbst Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen, die Bedürfnisse anderer zu erkennen und Selbstkontrolle zu erlangen“ (S. 3 des Arbeitsbuches);
nicht zu viel von sich und den Kindern erwarten: „Probleme können auftreten, wenn Eltern zu früh zuviel erwarten oder wenn sie glauben, ihr Kind müsste perfekt sein. Wenn Eltern beispielsweise verlangen, dass ihre Kinder immer höflich, fröhlich und hilfsbereit oder immer ordentlich sind, kann dies zu Enttäuschungen und Konflikten führen“;
auch die eigenen Bedürfnisse beachten:„Nur wenn Ihre eigenen Bedürfnisse erfüllt werden, sind Sie selbst ausgeglichen, und es ist viel leichter für Sie, geduldig mit Ihren Kindern umzugehen...“.
Zu 2: Ursachen von Verhaltensproblemen
Zu diesem Thema werden den Eltern lerntheoretische Grundkenntnisse vermittelt. Ziel ist es, den Eltern aufzuzeigen, warum Kinder ein bestimmtes Verhalten zeigen, wie es sich entwickeln kann und wie Verhaltensauffälligkeiten entstehen. Dafür werden verschiedene Aspekte beleuchtet, die genetischen Anlagen, das familiäre Umfeld und die Gesellschaft, in der die Kinder und die Eltern leben. Unter dem ersten Punkt wird den Eltern erklärt, dass unterschiedliches Verhalten der Kinder auch genetische Ursachen haben kann. Als gesellschaftliche Einflüsse, die das Verhalten der Kinder beeinflussen können, werden Freunde und Gleichaltrige, die Schule und Medien und Technologien genannt.
Um zu verstehen, wie sich das familiäre Umfeld auf das Verhalten der Kinder auswirkt, werden u.a. folgende Beispiele beschrieben: die zufällige Belohnung von unerwünschtem Verhalten, Eskalationsfallen (hier lernen Kinder, das problematische Verhalten zu steigern, um ihren Willen zu bekommen), Ignorieren von wünschenswertem Verhalten, das Lernen durch Beobachtung und der Gebrauch von Strafe. Gerade der ungünstige Gebrauch von Strafe kann dazu führen, dass Kinder Verhaltensprobleme entwickeln. Darunter wird verstanden, dass z.B.
Strafe angedroht, aber nicht ausgeführt wird: Kinder lernen so, Anweisungen zu ignorieren, wenn Eltern die angedrohte Strafe nicht ausführen;
Strafe im Zorn erteilt wird: hier besteht das Risiko, dass Eltern die Kontrolle verlieren und dem Kind Schaden zufügen;
Strafe als letzte Möglichkeit gesehen wird: wenn Eltern zu lange mit der Reaktion auf Problemverhalten warten, besteht die Gefahr, dass die Strafe zu hart ausfällt;
inkonsequent bestraft wird: „wenn Instruktionen und Regeln nicht immer konsequent durchgehalten werden, Eltern sich nicht einig sind, in ähnlichen Situationen unterschiedlich reagieren, oder den Partner vor den Kindern nicht unterstützen, können Kinder nicht einschätzen, was von ihnen erwartet wird“ (S. 11 des Elternarbeitsbuches).
Als weitere Ursachen für Verhaltensprobleme werden genannt „Emotionale Mitteilungen“, die das Kind als Person und nicht sein Verhalten kritisieren; dies kann dazu führen, dass das Selbstwertgefühl des Kindes leidet, es nur aus Scham gehorcht, es kann aber auch das Kind wütend machen oder unkooperatives Verhalten zur Folge haben; des weiteren „Überzeugungen und Erwartungen von Eltern, die wenig hilfreich sind und die Erziehung erschweren können“; dazu gehören „es ist nur eine Phase“, „er/sie macht das mit Absicht, nur um mich zu ärgern“ oder „es ist meine Schuld, dass er/sie so ist“. Diese Überzeugungen führen dazu, dass nicht sofort konsequent auf Problemverhalten reagiert wird oder die Schuldzuweisungen einseitig ablaufen, auch das hindert daran, geduldig und konsequent zu reagieren.
Zu 3: Verhaltensbeobachtung
Im Anschluß an die oben vermittelten lerntheoretischen Grundlagen werden den Eltern „verhaltenstherapeutische“ Techniken vermittelt, die zur Verhaltensänderung des Kindes beitragen können. Zunächst werden die Eltern jedoch angeregt, sich Ziele zu setzen, z.B. „Welches Verhalten und welche Fähigkeiten von Kindern sollten gefördert werden?“ (S. 4 der Broschüre) und dann zu entscheiden, welches Verhalten ihres Kindes sie beunruhigt bzw. welches für sie ein Problem darstellt. Dieses Verhalten soll dann systematisch beobachtet werden. Dazu wird ein Verhaltenstagebuch empfohlen, in dem neben dem beschriebenen Problemverhalten auch vermerkt wird, wann und wo es auftrat und was vorher bzw. nachher passierte. Das Verhaltenstagebuch wird in unterschiedlichen Varianten angeboten, als Häufigkeitsbogen „für Verhaltensweisen, die zehn bis 15 Mal am Tag auftreten“ (S. 19 des Elternarbeitsbuches), als Zeitprotokoll, „wenn Sie wissen möchten, wie lange ein Verhalten dauert“ (S. 20 des Elternarbeitsbuches), und als Zeitabschnittbogen für „Verhalten, das schnell auftritt und sofort wieder verschwindet, das in einer kurzen Zeitspanne mehrmals auftritt oder für Verhalten, das keinen eindeutigen Anfang und kein eindeutiges Ende hat“ (S. 21 des Elternarbeitsbuches).
Das Verhaltenstagebuch soll ungefähr eine Woche vor dem Anfang einer neuen Erziehungsstrategie begonnen werden, nach Einführung der neuen Erziehungsmethode aber noch weitergeführt werden, um erkennen zu können, ob „der Plan erfolgreich ist“. Für die neue Erziehungsmethode wird eine „Versuchszeit“ von 7 bis 10 Tagen angesetzt. „Sobald neue Gewohnheiten, Regeln oder Verhaltensweisen gefestigt sind, reicht es, das Tagebuch noch einmal pro Woche zu führen. Lassen Sie das Tagebuch erst dann ganz weg, wenn Sie sicher sind, einen Fortschritt erzielt zu haben (S. 5-6 der Broschüre, S. 23 des Elternarbeitsbuches)“.
Zu 4: Förderung der kindlichen Entwicklung
Hier geht es um die Vermittlung von Strategien, um eine positive Beziehung zu seinem Kind herzustellen, erwünschtes Verhalten zu fördern oder auch seinem Kind neue Dinge beizubringen.
Zu der Frage „Wie entwickelt man eine positive Beziehung zu seinem Kind?“ werden folgende Ratschläge gegeben (S. 6 der Broschüre, S. 32 ff des Elternarbeitsbuches):
Verbringen Sie wertvolle Zeit mit Ihrem Kind („Wichtige Zeit für Ihr Kind ist z.B., wenn es sich an Sie wendet, um eine Frage zu stellen oder um Sie in eine Aktivität einzubeziehen. Geschieht dies, unterbrechen Sie wenn möglich Ihre Tätigkeit und schenken Sie Ihrem Kind Aufmerksamkeit. Ist das nicht sofort möglich, versuchen Sie kurz darauf, etwas Zeit mit Ihrem Kind einzuplanen“).
Reden Sie mit Ihrem Kind (Gespräche helfen u.a. bei der Entwicklung von sozialen Fähigkeiten, beim Erlernen von Gesprächsregeln und fördern die Selbstachtung des Kindes).
Zeigen Sie Zuneigung („Gerade in den ersten Lebensjahren hilft körperliche Zuneigung dem Kind, eine feste und sichere Bindung zu den Eltern zu entwickeln“).
Zum Thema „Wie fördert man wünschenswertes Verhalten?“ werden folgende Ratschläge gegeben (S. 6 f der Broschüre) :
Loben Sie Ihr Kind („Schenken Sie Ihrem Kind Aufmerksamkeit und loben Sie es, wenn es etwas tut, das Sie mögen“).
Schenken Sie Ihrem Kind Aufmerksamkeit (Beachtung in Form von Lächeln, Zuzwinkern oder eine Berührung sind Formen, die Kinder genießen und die Eltern benutzen können, um „damit Ihr Lob zu unterstützen und angemessenes Verhalten Ihres Kindes zu verstärken“).
Sorgen Sie für spannende Beschäftigung („Umgebungen, in denen es viele interessante Dinge zum Entdecken gibt, fördern die Entwicklung des Kindes und regen es dazu an, sich selbst zu beschäftigen“).
Zur Fragestellung „Wie kann man Kindern neue Fähigkeiten oder Verhaltensweisen beibringen?“ wird das „Lernen am Modell“, das „beiläufige Lernen“ und die „Fragen-Sagen-Tun-Methode“ beschrieben .
Unter dem Punkt „Lernen am Modell“ wird empfohlen, sich von den Kindern beobachten zu lassen, um neue Verhaltensweisen zu fördern. „Beschreiben Sie, was Sie gerade tun, und lassen Sie Ihr Kind Ihre Handlungen nachahmen“. Helfen Sie, wenn nötig, . Loben Sie Ihr Kind, wenn es etwas geschafft hat“ (Broschüre, S. 7, Elternarbeitsbuch, S. 36).
„Beiläufiges Lernen“ kann man benutzen, wenn sich Kinder an die Eltern wenden, um Hilfe, Informationen oder Aufmerksamkeit zu erhalten. Den Eltern wird empfohlen, dem Kind zu helfen, bei Fragen die Antwort selbst zu finden, und zu schauen, ob „Sie noch mehr Informationen geben bzw. herausfinden lassen können“. Beispiel: „Welche Farbe glaubst du, ist das ? Richtig, das ist rot. Was ist sonst noch rot?“ (Broschüre, S. 7, Elternarbeitsbuch, S. 37)
Ausführlich wird die „Fragen-Sagen-Tun“-Methode erläutert. Als Beispiel dient das Erlernen des Zähneputzens (S. 7 der Broschüre, S. 39 des Elternarbeitsbuches):
„ Fragen Fragen Sie Ihr Kind, was der erste Schritt ist: „Was müssen wir zuerst tun, wenn wir unsere Zähne putzen?“
Sagen Wenn Ihr Kind Ihnen nicht die richtige Antwort gibt, sagen Sie ihm ruhig, wie der erste Schritt aussieht: „Als erstes drücken wir die Zahnpasta auf unsere Zahnbürste“.
Tun Helfen Sie Ihrem Kind, wenn es die erste Handlung nicht ausführt. Öffnen Sie z.B. die Zahnpastatube und legen Sie Ihre Hände über die Ihres Kindes, um sie zu führen. Beenden Sie Ihre Hilfe, sobald die Handlung begonnen hat, und
Loben Sie Mitarbeit und Erfolg...Eine gute Möglichkeit, Ihr Kind zu motivieren, ist, zu wiederholen, was es gesagt oder getan hat: „Das ist richtig. Wir drücken etwas Zahnpasta auf unsere Zahnbürste. Ja, sehr schön machst du das.“
Wiederholen Sie die Methode Fragen - Sagen-Tun bei jedem Schritt“
Im folgenden wird der Umgang mit einer Punktekarte erläutert. Eine Punktekarte wird dabei als „wirkungsvolle kurzfristige Strategie beschrieben, die für wenige Wochen angewendet wird und dann ausklingt“ (S. 8 der Broschüre). Das Kind kann sich hier „Punkte, Sterne, Smilies oder Aufkleber für erwünschtes Verhalten verdienen, die dann in einer Tabelle...aufgeklebt werden... Eine Punktekarte kann noch unterstützt werden, wenn bei einer bestimmten Anzahl von Punkten oder Sternen eine besondere Belohnung winkt“. Es folgt die detaillierte Beschreibung anhand von 11 Richtlinien.
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- Quote paper
- M.A. Ines Leue (Author), 2005, Analyse und vergleichende inhaltliche Gegenüberstellung der Elterntrainings Triple P und Gordon, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53099
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